Grüngürtel Impuls Köln
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- Til Kopp
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1 Herausgegeben von der Kölner Grün Stiftung Grüngürtel Impuls Köln Grundlage zur Vollendung einer Vision GREVEN VERLAG KÖLN
2 Inhalt Vorworte Fragen an Professor Gerd Aufmkolk Vorgehensweise Zusammenfassung Erkundungsphase Konzeptphase 1 Was geschah nach der Erkundungsphase? Festlegung des Planungsbereiches Kontext zu aktuellen Planungen in Köln Grünversorgung entlang des Grüngürtels Verteilung der gegenwärtigen Nutzungen 2 Wie wurden die Bürger, die interessierte Fachöffentlichkeit und die Politik in die Planung einbezogen? 3 Welche sind die wichtigsten Gebote für die Grüngürtelplanung, und welches besondere Profil hat der Äußere Kölner Grüngürtel? 4 Was bedeuten die Grüngürtelgebote im Raum? Der Grüngürtelweg Information und Wegeleitsystem Verkehrliche Erschließung Neue Grünflä hen Neue Kleingartenanlagen Friedhöfe Spielräume für Kinder und Jugendliche Der Sport im Grüngürtel Gastronomie im Grüngürtel Die Rolle der Landwirtschaft im Grüngürtel Entwicklungen für Natur und Landschaft Besondere Formen der Freiraumaneignung Die Forts und Zwischenwerke Bereiche mit besonders hoher gartenkünstlerischer Bedeutung Chancen bei Extremhochwasser 5 An welchem Ort geschieht was? Abschnitt Stadtbezirke Porz, Kalk, Mülheim Abschnitt Stadtbezirke Rodenkirchen, Lindenthal Abschnitt Stadtbezirke Ehrenfeld, Nippes, Chorweiler 6 Welche Ausstattungen braucht der Grüngürtel, und welche Gestaltungsziele sollen gelten? 7 Wie soll der Grüngürtel gepflegt und unterhalten werden? 8 Welche Maßnahmen sind für die Weiterentwicklung des Grüngürtels besonders wichtig? 9 Kann eine Grüngürtel-Charta zur Sicherung und Weiterentwicklung des Grüngürtels beitragen? 10 Wie kann der Grüngürtel stärker im öffentlichen Bewusstsein verankert werden? 11 Mit welchen Schritten kann es weitergehen? Beschluss des Rates der Stadt Köln und Charta Äußerer Grüngürtel Kommentare Die Autoren
3 22 23 Erkundungsphase Ein kurzer Blick zurück Köln wurde unter preußischer Verwaltung im 19. Jahrhundert zur Festungsstadt ausgebaut. Eine Kette einzelner Forts und Zwischenwerke bildete das Grundsystem für einen inneren und einen äußeren Rayon. Die landwirtschaftlich genutzten, nicht bebaubaren Flächen dienten als freies Schussfeld. Mit 12 Forts und 23 Zwischenwerken wurde so zwischen 1873 und 1881 der äußere Festungsrayon erstellt. Der Versailler Vertrag gebot nach dem Ende des Ersten Weltkrieges die Aufhebung des Festungscharakters, und damit eröffnete sich die Möglichkeit zu einer Konversion. Die Umwandlung der überkommenen militärischen Befestigungsanlagen hatte in Deutschland Tradition. So wurden in Städten wie Bremen, Münster, Frankfurt am Main, Ingolstadt u. a. die Sternschanzen in Grünanlagen umgebaut. Neu und vorausschauend war jedoch für Köln die Schaffung eines doppelten Ringsystems mit der radialen Verknüpfung untereinander und mit der Landschaft nach außen. Die umfangreichen frei gewordenen Flächenkapazitäten nicht der baulichen Stadterweiterung zu opfern ist das singulär herausragende historische Verdienst des in Köln von 1917 bis 1933 regierenden Oberbürgermeisters Konrad Adenauer. Visionär beurteilte er die Bedeutung der Grüngürtel in ihrer sozialen, stadthygienischen und stadtgestalterischen Bedeutung: Gerade die Schaffung dieses äußeren Rayons ist für Köln das größte und wichtigste Ereignis seit Jahrhunderten. Durch die Freihaltung des äußeren Rayons wird, wenn unsere Nachkommen das Erbe, das wir ihnen übergeben d. h. wenn sie das Gelände nicht der Bebauung überantworten etwas geschaffen werden, woran sich noch Jahrhunderte freuen werden. (Konrad Adenauer) Konrad Adenauer befand sich damit in einer Reihe fortschrittlich gesonnener Kommunalpolitiker der Weimarer Republik, die in mehreren deutschen Städten Volksparks der neuen, sozial ausgerichteten Grünpolitik realisierten. Einzigartig ist jedoch das Kölner Vorhaben in seinem systematischen und einen ganzen Stadtgrundriss konstitutiv prägenden Umfang. Konrad Adenauer schuf das allein könnte Rechtsgeschichte schreiben die gesetzlichen Voraussetzungen mit: Freiflä hensystem, F. Schuhmacher dem Umlegungsgesetz vom für den inneren Rayon dem Gesetz Über Enteignungsrecht von Gemeinden bei Aufhebung oder Ermäßigung von Rayonsbestimmungen vom Diese Gesetze waren mit ihren Eingriffsmöglichkeiten in den Privatbesitz radikal und schufen die Voraussetzung für den Erwerb von ha landwirtschaftlich genutzter Fläche bis 1931, davon 462 ha im Enteignungsverfahren. Für eine qualifizierte Planung versicherte sich Konrad Adenauer neben der Kompetenz seiner Verwaltung des bekannten Stadtplaners Fritz Schumacher, den er für drei Jahre zwischen 1920 und 1923 von Hamburg nach Köln verpfli hten konnte. Fritz Schumacher entwickelte u. a. das berühmt gewordene Bild des Gesamtsystems der Kölner Grüngürtel.
4 24 25 Erkundungsphase Äußerer Grüngürtel, Th. Nußbaum 1928 Der Gartendirektor Fritz Encke führte die Planungen fort und konkretisierte sie bis Jedoch wurden seine Planungen nicht umgesetzt. Theodor Nußbaum, Planungsamtsleiter im Gartenamt, stellte 1929 einen Gesamtentwurf auf, der dann realisiert wurde. Das Gelände bot zunächst keine besonderen Vorgaben. Es bestand aus offenen, intensiv genutzten Ackerflä hen in nahezu ebenem Gelände. Einige vorhandene oder in Realisierung begriffene Anlagen, wie z. B. der Stadtwald, die Stadtwalderweiterung, der Blücherpark, der Beethovenpark oder der Sportpark Müngersdorf, konnten in das Gesamtkonzept integriert werden. Die angestrebten Nutzungen entsprachen den Reformideen der Volksparkbewegung, nämlich nutzbare Flächen und Einrichtungen für die Bevölkerung zu schaffen, wie Sportplätze, Spielplätze, Luft- und Sonnenbäder, Schwimmbäder, Waldschulen, Kleingärten, Schulgärten und Restaurants. Der Militärring war als Autopromenade nach dem Vorbild der amerikanischen Parkways gedacht. Die Dimensionen sprengten die Maßstäbe des herrschenden architektonischen Stils. Er findet sich zwar in Teilbereichen (z. B. Decksteiner Weiher mit seiner im Prinzip klaren geometrischen Linienführung), aber die Grundhaltung ist eher landschaftlich zu nennen, wenn auch nicht im Sinne des damals soeben überwundenen Stils der Landschaftsgärten aus dem 19. Jahrhundert. Umfangreiche Wälder umrahmen weite, offene Wiesen, die wie Lichtungen wirken. Diese Wälder das heutige Bild vermitteln den Eindruck, als wären sie dort immer gewesen. Sie wurden systematisch nach klugen forstwirtschaftlichen Prinzipien aufgebaut aus heimischen, standortgerechten und wenigen fremdländischen Arten. Die Wiesen wirken in ihrer Ausdehnung großartig, sie sind nicht kleinräumig verstellt. Ein Netz wassergebundener Wege dient der Erschließung. Künstlich hergestellte und unterhaltene Wasserflä hen bilden Höhenpunkte. Der Aushub für die Wasserflä hen konnte für maßvolle topografis he Überhöhungen verwendet werden. Der Wald- und Wiesengürtel kommt auf wohltuende Weise ohne Mobiliar aus. Mithilfe von Notstandsarbeiten, der Beschäftigung der Arbeitslosen in wirtschaftlich schwieriger Zeit, konnte mit Beginn im Jahr 1927 und Abschluss im Jahr 1929 der Äußere Grüngürtel weitgehend fertiggestellt werden. Ein kleinerer Bereich an der Dürener Straße schloss unter der Verantwortung des Gartenamtsleiters Kurt Schönbohm in den 1950er Jahren das Werk ab.
5 26 These 1 27 Erkundungsphase Neun Thesen 1. Das Kölner Grünsystem ist einzigartig. Aus den Betrachtungen der Erkundungsphase wurden neun erste grundlegende Thesen formuliert. Diese wurden zur Gliederung der Ergebnisse der Bestandsanalyse herangezogen. 1. Das Kölner Grünsystem ist einzigartig. Insgesamt stellen die Kölner Grüngürtel im Vergleich zu anderen europäischen Großstädten eine singuläre Großform dar, die in ihrer Funktion als Erholungsraum, als stadtgestalterisches Element und in ihrer landschaftsarchitektonischen Ausformung von unschätzbarem Wert ist. 2. Die Gesamtvision des Äußeren Grüngürtels ist trotz Fragmentierung und Unvollständigkeit existent. 3. Der Äußere Grüngürtel weist sehr unterschiedlich strukturierte Abschnitte auf. 4. Der Äußere Grüngürtel hat eine hohe Bedeutung für den Naturschutz, das Naturerleben und das Stadtklima. 5. Der Äußere Grüngürtel steht in unterschiedlicher Weise im Dialog mit den angrenzenden Siedlungs- und Verkehrsräumen. 6. Die Nutzungsansprüche an die Flächen des Äußeren Grüngürtels wachsen, und das Nutzungsverhalten der Stadtbürger hat sich erheblich gewandelt. Berlin 7. Der Äußere Grüngürtel dient als Erholungsraum für die angrenzenden Wohngebiete und für die Gesamtstadt. 8. Die Handlungsfelder für die Weiterentwicklung des Äußeren Grüngürtels werden auf drei Ebenen gesehen. 9. Die Weiterentwicklung des Äußeren Grüngürtels braucht ein gestalterisches Leitbild. München Wien Köln
6 40 Was geschah nach der Erkundungsphase? 41 Konzeptphase 1 1 Was geschah nach der Erkundungsphase? Die interdisziplinäre planerische Auseinandersetzung mit einem Raum von der Größe des Äußeren Kölner Grüngürtels ist keine Routineaufgabe. Für den Umgang mit Fragen der Sicherung und Gestaltung des etwa ha großen Raums mit einem Umfang von 42 Kilometern gibt es keine Patentrezepte. Das bedeutet, dass sowohl die methodische Vorgehensweise bei der Entwicklung als auch die relevanten organisatorischen Vorkehrungen sowie die Kommunikation und Beteiligung der Bürgerschaft maßgeschneidert ausgerichtet und von angemessenen Bearbeitungsschritten getragen sein mussten. Nach gründlicher Prüfung war das Kuratorium der Kölner Grün Stiftung der Auffassung, dass eine gesamthafte fachübergreifende Erkundung von Chancen und Risiken einer künftigen Entwicklung des Grüngürtels lohnenswert und von besonderer Bedeutung für die künftige Lebensqualität und Konkurrenzfähigkeit der Stadt Köln sei. Die Stiftung hat sich daher auf eine erste planerische Erkundung eingelassen. Geklärt werden sollten primär Fragen der qualitativen und quantitativen Sicherung des historischen Teils. Im Zuge der Erkundung haben sich aber auch darüber hinausgehende Fragestellungen ergeben. So lautete letztlich die zentrale Frage: Handelt es sich im Fall des Grünraumes nur um den etablierten Raum im Südwesten des rechtsrheinischen Kölns, oder wäre die Gesamtbetrachtung eines vollständigen Ringschlusses unter Einbeziehung der rechtsrheinischen Seite nicht lohnender? Welche Vorteile hätte die Ringfigur gegenüber der eines Halbkreises? Die Chance, eine besondere Marke Äußerer Kölner Grüngürtel zu kreieren und als bedeutsamen Standortfaktor Kölns zu fördern und zu etablieren, wurde im Zuge der Erkundungsphase intensiv diskutiert. Für das weitere Vorgehen wurde schließlich eine integrierte Betrachtung der geschlossenen Gesamtfigur beschlossen. Die allgemeine Einschätzung bestand nicht zuletzt darin, dass der Ringschluss des Äußeren Grüngürtels vermutlich wie keine andere Maßnahme ein zeitnahes räumliches Zusammenrücken der beiden Rheinseiten herbeizuführen vermag. Auch Projekte wie das Rechtsrheinische Entwicklungskonzept, das Projekt RegioGrün sowie die anstehende Ideenkonkurrenz für den Inneren Widdersdorf Stammheim Bocklemünd- Mengenich Lövenich Müngersdorf Junkersdorf Pesch Vogelsang Chorweiler Lindweiler Braunsfeld HÜRTH Heimersdorf Bickendorf Longerich Lindenthal Weidenpesch Innenstadt Klettenberg Zollstock Raderthal Merkenich Niehl RHEIN Flittard Grüngürtel sprechen derzeit für eine Gesamtbetrachtung im Sinne eines zukunftsorientierten Grünsystems. Damit waren der Äußere Grüngürtel als zentraler Untersuchungsraum und das Grünsystem als erweiterter Betrachtungsraum definiert Die Kölner Grün Stiftung und die betroffenen Ämter der Kölner Stadtverwaltung haben sich nach Abschluss der Erkundungsphase bereit erklärt, sich auf vertiefende Fragen und die Erlangung von relevanten Lösungsvorschlägen für den Gesamtraum einzulassen und dies mittels des Projekts Impuls vertiefend zu untersuchen. Poll Rondorf Hahnwald Höhenberg Mülheim Kalk Marienburg Rodenkirchen Humboldt- Gremberg Buchheim Vingst Westhoven Weiß Höhenhaus Holweide Merheim Ostheim
7 48 Was geschah nach der Erkundungsphase? 49 Konzeptphase 1 Der rechtsrheinische Halbkreis wird vor allem in seinem nördlichen Abschnitt durch räumliche Enge und nah heranrückende Siedlungsinseln höherer Dichte bestimmt. Der zerklüftete Korridor und dessen Nutzbarkeit sind stark geprägt von der Zerschneidung durch die Autobahn, sodass vor allem für die Stadtteile östlich des Gürtels eine schwierige Situation für die Zugänglich- und Nutzbarkeit des Gürtels besteht. Während der Bereich Vingst mit seiner hohen Einwohnerdichte von der direkten Lage am Grüngürtel profitiert, fehlt es vor allem im Bereich des Gremberger Wäldchens und der südlich angrenzenden Gewerbefl - chen an einer für den Ort Urbanität erzeugenden Dichte. Mittel- bis langfristig werden sich auch die Anforderungen an raumgreifende und teilweise überdimensionierte Gewerbe- und Industrieanlagen in dicht besiedelten Stadtgebieten wandeln und zugunsten effi zienterer Flächennutzung, Logistik und Nutzungsmischung verändern. Es gilt bei diesen Prozessen, künftig das wertvolle Gut attraktiven Wohnens in der Stadt und dessen intelligente räumliche Ausrichtung auf einmalige Naherholungsräume mitzudenken. Der Äußere Grüngürtel ist ein Faustpfand für Kölns Zukunft als Wohnstadt. Das Projekt Impuls kann diese bedeutsamen Prozesse nicht schlagartig in Gang setzen, aber mindestens dafür werben, dass bei künftigen stadtplanerischen Verfahren die mit dem Gürtel bestehende Grünversorgung als zentrale Begabung gestalterisch und funktional einbezogen werden muss. Damit wird nicht zuletzt auch die Wahrnehmung und Akzeptanz des einmaligen Raums weiter gefördert und gewürdigt. Verteilung der gegenwärtigen Nutzungen Eine Übersicht zu den Hauptnutzungen im Grüngürtel vermittelt einen erhellenden Eindruck dazu, dass bei aller Größe und Ausgedehntheit nur ein verhältnismäßig kleiner Teil als gemähte Rasenflä hen öffentlich genutzt werden kann. Nüssenberger Busch Belvedere-Park Stadtwald Gremberger Wäldchen Wald und Gehölze Landwirtschaft Siedlungsdichte in den Stadtteilen > 180 Einwohner / ha < 180 Einwohner / ha < 95 Einwohner / ha Grün und Freiflä henversorgung in den Stadtteilen < 8 m 2 / EW < 16 m 2 / EW < 50 m 2 / EW Den größten Flächenanspruch erheben die Wälder und baumbestandenen Flächen. Dies gilt sogar für die schmalen und fragmentierten Bereiche im rechtsrheinischen Teil. Damit wird die Bedeutung des Grüngürtels als gliederndes und raumbildendes Strukturelement im Siedlungsgefüge unterstrichen. Auch landwirtschaftliche Nutzungen sind prominent vertreten. Sie bilden Übergänge in die freie Landschaft, vermitteln ein Stück ursprüngliche Landnutzung in der Stadt und erfahren im öffentlichen Bewusstsein eine hohe Akzeptanz. Mit dem neuen Belvedere-Park wird die Landwirtschaft konzeptionell mit gestalterischen und nutzungsorientierten Elementen verknüpft und zu einem neuen Parktypus entwickelt. < 50 Einwohner / ha > 100 m 2 / EW
8 50 Was geschah nach der Erkundungsphase? 51 Konzeptphase 1 Fühlinger See Fühlinger See Rennbahn Weidenpesch Schlosspark Stammheim Merheimer Heide Westfriedhof Mülheimer Friedhof Grünzug Vogelsang Merheimer Heide Sportpark Müngersdorf Stadtwald Decksteiner Weiher Sportpark 1. FC Köln Poller Wiesen Golfplatz Marienburg Südfriedhof Historischer Abschnitt Beethovenpark Poller Wiesen Westhovener Aue Friedenswäldchen Sport Kleingärten Friedhöfe Öffentlich nutzbare Rasenflä hen Freisportanlagen wurden als integrierter Teil der Parkkonzeption von Beginn an begriffen und sind deren unverzichtbarer Bestandteil. Kleingärten sind, ähnlich wie Friedhöfe, ebenfalls wichtige Bausteine des Grüngürtels mit ganz eigenem Charakter. Im Rechtsrheinischen haben sie einen hohen Flächenanteil. Friedhöfe gehören ebenfalls zum Repertoire eines Grünflä hensystems. Sie bieten jeweils unterschiedliche Erlebniswelten, sind frei zugänglich und in das Parkgeschehen eingebunden. Schwerpunkte mit öffentlichen Rasenflä hen und großzügigen Raumerlebnissen, den Möglichkeiten zum Lagern, Bewegen und freiem Spiel liegen im Historischen Abschnitt, in der Merheimer Heide und in der Westhovener Aue.
9 66 Gebote für die Grüngürtelplanung und Profil des Äußeren Grüngürtels 67 Konzeptphase 3 3 Welche sind die wichtigsten Gebote für die Grüngürtelplanung, und welches besondere Profil hat der Äußere Kölner Grüngürtel? Die Abfolge aus Freiräumen freihalten, ausbauen und vernetzen Im komplexen Gefüge einer großen Stadt mit ihren unterschiedlichen Siedlungsund Verkehrsräumen, ihren Zerschneidungen und Fragmentierungen bietet der Grüngürtel schon jetzt die Möglichkeit eines zusammenhängenden Raumerlebnisses von erheblicher Tiefe und Wirksamkeit. Ihn gewissermaßen als Konstante und feste Größe im Gegensatz zu einer sich unaufhörlich wandelnden baulichen Lebensumwelt als lebendig geprägte Situation erfahren zu können ist von unschätzbarem Wert. Erhaltung, pflegli he Behandlung und weiterer Ausbau stehen daher an erster Stelle. Einen Weg finde Zur Auffindbar eit, zum Durchmessen zu Fuß oder mit dem Fahrrad und zur Orientierung braucht es einen klar definierten Hauptweg, attraktiv und störungsfrei im Grün geführt, gut ausgeschildert. In weiten Abschnitten vorhanden, gibt es immer wieder durch Verkehrsbarrieren verursachte Umwege, Unklarheiten und Verunsicherungen, was vor allem für die rechtsrheinischen Stadtteile gilt. Hier sind Bauwerke zur Querung von Bahnlinien unerlässlich. Während eine Rheinquerung im Süden über die Rodenkirchener Brücke möglich ist, kann sie im Norden nur umwegig über die Mülheimer Brücke erfolgen, weshalb eine Fährverbindung von Niehl nach Stammheim ins Gespräch gebracht wird. In diesem Zusammenhang wird auf eine Studie verwiesen, die insgesamt den Rhein in das öffentliche Nahverkehrssystem mit Linienbooten nach Vorbildern aus Hamburg oder Venedig einbeziehen möchte, um zu einer besseren Verknüpfung der links- und rechtsrheinischen Stadtteile und zu einer Entlastung des Straßennetzes zu kommen (Synergon, J. Beste, Jan. 2012). Ein Weg ist flüssig und geradlinig geführt, er soll vor allem dem Radfahrer ein rasches Vorankommen ermöglichen, ein zweiter Hauptweg soll das Erlebnis der Schönheiten und Höhepunkte ermöglichen und wichtige Orte im Grüngürtel erschließen. Der Grüngürtelweg erfüllt nicht nur die Aufgabe der Erholungs- und Freizeit- Mobilität, sondern wird angesichts der erforderlichen Neuorientierung im urbanen Verkehrsgeschehen ein fester Bestandteil alltagstauglicher Bewegungsabläufe, dies auch in Verbindung mit dem öffentlichen Verkehr.
10 68 Gebote für die Grüngürtelplanung und Profil des Äußeren Grüngürtels 69 Konzeptphase 3 Zuwege anbinden, Nutzer hineinführen Der Hauptweg muss Zuwege aus den Siedlungsräumen anbinden und somit die Erreichbarkeit zur Wohnung, zum Arbeitsplatz, zur Schule, zum Einkaufen etc. für den Fußgänger und Radfahrer herstellen. In zahlreichen Abschnitten des Grüngürtels sind diese Bedingungen gegeben, Nachholbedarf besteht vor allem rechtsrheinisch. Besondere Orte herausarbeiten, schaffen, vernetzen und gestalten Im Grüngürtel liegen besondere Orte von hoher Anziehungskraft und Attraktivität. Sie müssen zum einen über das Netz der Wege gut angebunden sein, zum anderen in ihrem Wert erkannt, gewürdigt und kultiviert werden. In erster Linie gehören dazu die Forts und Zwischenwerke, die den Grüngürtel begründet haben und großartige Hoch- und Landschaftsbauwerke darstellen. Daneben ist eine Reihe weiterer Orte von Bedeutung zu nennen, wie beispielsweise der Decksteiner Weiher und der Adenauerweiher, besonders gestaltete Bereiche wie der Forstbotanische Garten, das Friedenswäldchen, Lernorte wie die Freiluga und auch Sportzentren wie das Mügersdorfer Stadion. Die unterschiedlichen Abschnitte des Grüngürtels in ihrer Verschiedenheit anerkennen und die unterschiedlichen Eigenschaften und Begabungen nutzen und herausarbeiten Der Grüngürtel ist aufgrund seiner Geschichte nicht einheitlich gestaltet. Die unterschiedlichen Abschnitte des Grüngürtels sollten in ihrer Verschiedenheit mit ihren jeweiligen Eigenschaften und Begabungen genutzt und herausgearbeitet werden. Hierbei sollen jedoch neben den landschaftspflegeris hen Aspekten auch gartenkünstlerische Belange sowie die Bedürfnisse der Naherholung und Freizeitgestaltung in allen Teilen des Grüngürtels gleichermaßen Berücksichtigung finden Der Historische Abschnitt Beim Historischen Abschnitt als weitgehend landschaftlich geprägtem Raum geht es vorrangig um den störungsfreien Erhalt der vier Grundelemente Wald Wiesen Wege Gewässer.
11 70 Gebote für die Grüngürtelplanung und Profil des Äußeren Grüngürtels 71 Konzeptphase 3 Der Nördliche Viertelkreis Der Nördliche Viertelkreis weist einen eher landschaftlichen Charakter auf und ist geprägt durch landwirtschaftlich genutzte Flächen sowie durch extensiv genutzte Grünländer. Seine Nutzung als ruhiger Erholungsraum unter Beibehaltung seiner Grundstruktur steht hier im Vordergrund. Der Rechtsrheinische Halbkreis Der rechtsrheinische Teil des Grüngürtels weist nicht die Stringenz zusammenhängender Freiflä hen auf. Diese sind fragmentiert und unterschiedlich geprägt. Angesichts der hohen Bevölkerungsdichte in den anschließenden Wohnquartieren werden sie als Erholungsflä hen dringend benötigt. Erweiterung, Vernetzung und Verbesserung der Erschließung des Rechtsrheinischen Halbkreises stehen daher im Vordergrund. Aufgrund der Unterschiedlichkeit der Teilflä hen können auch innovative oder experimentelle Nutzungen wie Krautgärten, Selbsterntegärten, Obstgärten im Sinne einer international aktuellen Bewegung des Urban Gardening einen Platz finden Die Frage nach dem besonderen Profil des Äußeren Grüngürtels lässt sich vielleicht wie folgt beantworten: Aufgrund seiner Dimension, seiner peripheren Lage, seiner charakteristischen unterschiedlichen Gestalt und seiner Geschichte ist er in der Lage, mehrere Funktionen, Raumund Nutzungsansprüche zu erfüllen. Dies gilt beispielsweise für die Belange der Erholung und solche der Landschaftsund Naturentwicklung, die sich entweder in Überlagerung oder in einer gewissen räumlichen Trennung organisieren lassen. Auch die Integration größerer Freisportanlagen, Kleingartensiedlungen und die Einbeziehung landwirtschaftlich genutzter Flächen ist möglich. Mit dem Nebeneinander von Wäldern, Wiesen, Ackerflä hen und Grünländern entsteht damit ein Gesamtbild, das eher ein Stück Stadtlandschaft darstellt als einen konventionellen Park. Diese Landschaft erfüllt zudem Aufgaben des Klimaschutzes und in Teilen solche des Hochwasserschutzes. Will man den Versuch einer vergleichenden Betrachtung oder einer hierarchisierenden Bewertung im Kontext der Kölner Grünflä hen anstellen, lässt sich in einer gewissen Vereinfachung Folgendes ausführen: Die Rheinpromenaden stehen gewissermaßen an der Spitze des Landschaftsund Stadterlebnisses. Sie sind historisch als große Promenaden anspruchsvoll gestaltet und werden mit aktuell aufgelegten Programmen erneuert und aufgewertet, z. B. mit großen Anstrengungen im Rheinboulevard Deutz. Sie sind gesamtstädtisch, regional, wenn nicht national bedeutende Orte des Flanierens, der Bewegung und des Aufenthaltes. Der Innere Grüngürtel erfüllt vorrangig die Nutzungsansprüche der Erholung für die im Stadtkern wohnenden und arbeitenden Menschen. Das bedeutet, seine Flächen sind alltagstauglich und nutzungsorientiert, anspruchsvoll gestaltet und intensiv gepflegt. Belange des Naturschutzes ordnen sich unter, Sonderformen der Freiraumnutzung, wie Kleingärten oder Freisportanlagen, treten zurück zugunsten allgemein öffentlich nutzbarer Flächen. Das Vorhaben der Vervollständigung des Inneren Grüngürtels im Bereich des Großmarktes mithilfe einer Bundesgartenschau verdient nachhaltige Unterstützung. Die vom Äußeren Grüngürtel radial nach außen verlaufenden Grünzüge sind landschaftlich strukturiert. Land- und Forstwirtschaft bilden die Basis, es werden Qualifizierungen über Baumreihen, Blühstreifen und Extensivierungen angestrebt. Die vom Äußeren Grüngürtel nach innen gerichteten Radien nehmen eine Zwischenstellung ein: Je nach Lage, historischem Werdegang und ihrer Zuordnung zu den Wohngebieten sind sie parkartig, wie der Innere, oder auch stadtlandschaftlich, wie der Äußere Grüngürtel gestaltet.
12 178 Pflege und Unterhaltung 179 Konzeptphase 6 7 Wie soll der Grüngürtel gepflegt und unterhalten werden? Das Erscheinungsbild, der Charakter und die Eignung für unterschiedliche Nutzungen sowie der naturschutzfachliche Wert von Grünflä hen hängen entscheidend von der Pflege ab. Entsprechend der Typologie der drei Abschnitte des Grüngürtels und der Unterschiedlichkeit der einzelnen Teilräume bestehen unterschiedliche Zielstellungen, die unterschiedliche Arten und Intensitäten der Pflege erfordern. Intensiv nutzbare Wiesen- und Rasenflä hen fürs Spielen, Sonnen, Picknicken, Bolzen usw. erfordern natürlich eine andere Pflege als Flächen, die in Teilbereichen für ruhige Erholung liegen, oder solche, die in erster Linie naturschutzfachlichen Zielen dienen. Die aus landschaftsarchitektonischer Sicht hochwertig gestalteten und unter Denkmalschutz stehenden Räume stellen einen anderen Anspruch als Verbindungsräume. Aber auch innerhalb der einzelnen Abschnitte muss die Pflege differenziert betrachtet werden. Die Wälder im Historischen Abschnitt des Grüngürtels sind zwar Bestandteil dieser intensiv genutzten und gestalteten Bereiche, werden aber in erster Linie von den Wegen aus erlebt und dienen als Kulisse für die offenen Räume. Ähnliches gilt für die extensiven Wiesenflä hen, die sich auch im Historischen Abschnitt finden. Entsprechend lassen sich naturschutzfachliche Ziele bei der Pflege dieser Flächen gut berücksichtigen. Wichtig für die Gestaltqualität des Grüngürtels und die Bewahrung seines typischen Charakters ist jedoch die Randausbildung zwischen Wald und Wiese. Hier sollen die klaren Kanten erhalten bleiben, sodass hier naturschutzfachlich wünschenswerte Entwicklungen wie Waldmäntel und Waldsäume unterbunden werden. Derartige Lebensräume sind jedoch in anderen Räumen des Grüngürtels, wie zum Beispiel im Nüssenberger Busch oder in der Westhovener Aue, zu finden oder können an den Waldrändern der landwirtschaftlich geprägten Räume um Wilhelmshof und Bergheimer Hof oder Im Kötterfeld entwickelt werden. Die Wälder und Wiesen des Historischen Abschnitts des Grüngürtels haben bereits einen hohen Wert für den Naturschutz. Ein Grund hierfür ist zunächst ihr Alter, ein anderer die Unterhaltung, die hier keinen wirtschaftlichen Zielen folgt, wie auf land- oder forstwirtschaftlichen Flächen. Entsprechend werden die Wiesenflä hen nicht gedüngt und weniger oft gemäht oder beweidet, und in den Waldflä hen wird abseits der Wege Totholz nicht entfernt. Große Teile des Äußeren Grüngürtels sind wiederum durch spezifis he Nutzungen geprägt, in denen Unterhaltung und Pflege der Flächen durch deren funktionale Anforderungen bestimmt sind und in der Regel in privater Hand liegen. Dies sind die landwirtschaftlich geprägten Räume, die Kleingartenanlagen und die großen Sportflä hen, wie zum Beispiel die Rennbahn Weidenpesch oder der Golfplatz Marienburg. In diesen Räumen ist vor allem die Pflege der Wege und ihrer unmittelbar angrenzenden Begleitflä hen wie Säume, Randstreifen, Baumreihen und Alleen von Bedeutung. Die Grüngürtelhauptwege und ihre Begleitflä hen stellen ein durchlaufendes Band von Flächen dar, die für eine hohe Nutzungsintensität ausgelegt sind und einen hohen Gestaltungsanspruch haben. Dieser lässt sich aber auch hier durchaus mit Ansprüchen des Naturschutzes verbinden. Breite Säume und Baumreihen an Wegen durch landwirtschaftliche Flächen erhöhen die Attraktivität der Wege und zugleich den Strukturreichtum der Landschaft. Die folgende Einteilung der Teilräume des Grüngürtels in unterschiedliche Pflegeintensitäten ist als grobe Leitlinie zu verstehen, die durch vertiefende Pflege- und Entwicklungskonzepte weiter konkretisiert und differenziert werden muss.
13 180 Pflege und Unterhaltung 181 Konzeptphase 6 Fühlinger See Intensiv nutzbare und gestaltete Räume: Gute Benutzbarkeit und ansprechende Gestaltung stehen im Vordergrund der Pflegemaßnahmen Dreieck Wilhelmshof + Bergheimer Hof Flittarder Rheinaue Im Kötterfeld Mahd der Rasenflä hen (im Schnitt acht- bis zehnmal im Jahr) Beweidung und Mahd (zweimal im Jahr) der Grünlandflä hen Rodung von Säumen in den Traufbereichen der Waldränder im Bereich des historischen Grüngürtels zur Bewahrung des charakteristischen Erscheinungsbildes (alle drei Jahre) Beseitigung von Pflegerü kständen Unterhalt der wassergebundenen Wege Sanierung der Gewässer (gute Wasserqualität, Erhaltung der historischen Konturen) Abfallbeseitigung Erneuerung der Spielplätze / Qualitätssicherung Erneuerung der Aufenthaltsbereiche / Qualitätssicherung intensive Pflege der Gärten in den Fortanlagen und Zwischenwerken (Mauern, Kanten, Beete) Stark durch spezifis he Nutzungen geprägte Räume, z. B. Landwirtschaft oder Kleingärten mit angepassten Pflegemaßnahmen. Im Vordergrund stehen die attraktive Gestaltung und die gute Nutzbarkeit der Wegräume. An die jeweilige Situation und Nutzung angepasste Pfleg Unterhalt der wassergebundenen Wege Bedarfsgerechte Pflege der Randstreifen entlang der Wege (Mahd, Rückschnitt) Abfallbeseitigung Belvedere- Park Sportpark Müngersdorf Grünzug West Nüssenberger Busch Westfriedhof Stadtwald Rennbahn Weidenpesch Stammheimer Schlosspark Gremberger Wäldchen Poller Wiesen Fort XI Merheimer Heide Räume vorrangig für ruhige Erholung, Naturerleben und Naturentwicklung. Weniger intensiv genutzte und gestaltete Bereiche mit extensiverer Pflege. Pflegemaßnahmen dienen der Benutzbarkeit der Wegräume und naturschutzfachlichen Zielen. Historischer Abschnitt Südfriedhof Golfplatz Marienburg Westhovener Aue Mahd (maximal zweimal im Jahr) bzw. Beweidung der Grünlandflä hen Entbuschung von Offenlandbereichen Unterhalt der wassergebundenen Wege Abfallbeseitigung Forstbotanischer Garten + Friedenswäldchen
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