Zeitskalenübergreifende Berücksichtigung von partikulärem Stofftransport in einer Langfrist-Gewässergüteprognose für Fließgewässer

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1 Zeitskalenübergreifende Berücksichtigung von partikulärem Stofftransport in einer Langfrist-Gewässergüteprognose für Fließgewässer Von der Fakultät für Bauingenieurwesen der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Ingenieurwissenschaften genehmigte Dissertation vorgelegt von Henning Ulf Schonlau aus Duisburg Berichter: Universitätsprofessor Dr.-Ing. Jürgen Köngeter apl. Professor Dr.-Ing. Christian Forkel Professor Dr.-Ing. habil. Stefan Kaden Tag der mündlichen Prüfung: 18. Juni 2007 Diese Dissertation ist auf den Internetseiten der Hochschulbibliothek online verfügbar.

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3 III Danksagung Der Weg zu meiner Promotion war anstrengend und lang. Ich bin daher sehr froh, dass ich zahlreiche Begleiter auf diesem Weg hatte, die mir beim Überwinden der verschiedenen Hindernisse zur Seite standen. Herrn Universitätsprofessor Dr.-Ing. Jürgen Köngeter möchte ich für seine großzügige Unterstützung und die vertrauensvolle Zusammenarbeit während meiner Forschungsarbeiten sowie für die Übernahme des Hauptreferates danken. Herrn Professor Dr.-Ing. Christian Forkel danke ich für seine spontane Bereitschaft ein Koreferat zu übernehmen und für seinen Entschluss eine Verletzungspause für eine beispielhaft zügige Erstellung des Gutachtens zu nutzen. Herrn Professor Dr.-Ing. Stefan Kaden danke ich ebenfalls für die Übernahme eines Koreferates und die zur Verfügung gestellten Firmenressourcen der WASY GmbH. Vor allem die Unterstützung durch seinen Mitarbeiter Herrn Dipl.-Inf. Michael Redetzky war für mich eine wichtige Hilfestellung. Weiterhin bedanke ich mich bei den Mitarbeitern des LUA Brandenburgs und des LfUG Sachsen für die zur Verfügung gestellten Daten sowie beim BmBF für die Förderung des Verbundprojektes Untersuchung zur Gewässerbeschaffenheitsentwicklung der Spree. Ich bedanke mich bei meinen überaus kompetenten und netten Arbeitskollegen für ihre Diskussionsbereitschaft und das freundschaftliche Miteinander. Speziell das angenehme Umfeld im Tower 2 mit den Bürokollegen Dipl.-Ing. Maren Niemeyer, Dr.-Ing. Frank Schlaeger und Dr.-Ing. Dirk Schwanenberg sowie die Unterstützung durch einige engagierte studentische Hilfskräfte und Diplomanden hat mir die Arbeit deutlich erleichtert und mir immer wieder den Spaß an der Arbeit zurückgegeben. Dank gebührt auch meiner Schwester und meinen Freunden, die teilweise mit viel Sachverstand und mit wertvollem sprachlichem Geschick unterstützend zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Ganz besonders danke ich meiner Lebensgefährtin Dipl.-Ing. Kirsten Kentzler für ihre Rücksicht und aktive Hilfestellung. Hamburg, im Juli 2007 Henning Ulf Schonlau

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5 V Abstract An adequate tool for developing long-term strategies for water management is probabilistic water quality prediction. Because of the long simulation period and numerous repeated, stochastically varied calculations normally a static calculation with large time steps is used. But during flood events the erosion process, which is also relevant for long-term water quality development in the catchment area, proceeds on a short-time scale. Therefore, erosion cannot be considered adequately by rough time-discretised long-term models. For considering shortterm events with long-term effects relevant short-term processes have to be included in the long-term simulation. This thesis deals with the consequent integration of short-term processes in a Monte-Carlobased long-term water quality prediction. The newly developed model LGpro is presented, which uses a time step of one month for long term calculation and simulates the relevant hydraulic, transport, transformation and sediment processes. In these simulations short-term calculations of flood events are nested, which solve all processes in an unsteady way with time steps of few minutes. For the hydraulic, water quality and sediment modules suitable approaches of calculation are chosen from literature. Afterwards these modules are validated. With one synthetic and one practical example the usage and benefit of the new model LGpro are demonstrated. The time nested solution trial enables an adequate consideration of unsteady erosion processes in rivers and makes a better long-term water quality prediction in catchment areas possible.

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7 VII Inhaltsverzeichnis Verzeichnis der Abbildungen Verzeichnis der Tabellen Verzeichnis der Formelzeichen und Symbole XI XVI XVIII 1 Einleitung 1 2 Problemstellung und Vorgehensweise Veränderungen im Flusseinzugsgebiet mit nachhaltigen Auswirkungen auf die Gewässergüte Gewässergüteprognose in Fließgewässern für eine langfristige Bewirtschaftungsplanung Prognosetechnik Entwicklungsbedarf Zielsetzung und Vorgehensweise Hydraulik Allgemeines Dynamische, kinematische und diffusive Wellen Modellierungsansätze zur Flutwellenberechnung Überblick Hydrologische Modellierungsansätze Hydraulische Modellierungsansätze Hydraulisches Konzept Einführung Stationäre Randbedingungen Wiederholt identische instationäre Randbedingungen Wechselhafte instationäre Randbedingungen Umsetzung Berechnung einer instationären Hydraulik mit vereinfachten Flood-Routing- Verfahren Wellengeschwindigkeit Berechnung des Durchflusses

8 VIII Berechnung aller weiteren hydraulischen Größen Anwendungsgrenzen kinematischer und diffusiver Wellenmodelle Anwendungsgrenzen kinematischer Wellenmodelle Anwendungsgrenzen diffusiver Wellenmodelle Ganzheitliche Konzepte für Anwendungsgrenzen Numerische Umsetzung der Flood-Routing-Verfahren Allgemeines Muskingum-Cunge-Verfahren Diffusive Welle Zusammenfassung Validierung des Hydraulikmoduls Allgemeines Stationäre Randbedingungen Instationäre Randbedingungen Basisvariante Fließgewässerneigung Wellenamplitude Zeitschrittweite und Rechenzeit Ungleichförmigkeit Vorländer Rückstau Fazit Entwicklung und Validierung des Stofftransportmoduls Allgemeines Allgemeiner Stofftransport Advektions-Dispersionsgleichung Längsdispersion Numerische Umsetzung der eindimensionalen Advektions- Dispersionsgleichung Umsetzung der Advektions-Dispersionsgleichung für den statischen Fall Umsetzung der Advektions-Dispersionsgleichung für den dynamischen Fall Validierung des umgesetzten dynamischen Stofftransportmodells Transformationsprozesse des Eisens und Phosphors Allgemeines Eisen im Fließgewässer Überblick Eisen im Modell

9 Inhaltsverzeichnis IX 6.3 Phosphor im Fließgewässer Überblick Vereinfachungen der Phosphortransformationen Phosphor im Modell Sedimentmodul Zusammenhänge des partikulären Transportkreislaufs Einführung Sedimentation Konsolidation Erosion Entwicklung eines Sediment-Schwebstoff-Moduls Schwebstofftransport Sohlschubspannung Sedimentation Sedimentschichten Kritische Sohlschubspannung und Konsolidation Erosion Hauptgerinne, Randbereiche und Überflutungsflächen Gesamtmodell Allgemeines Modellinput Überblick Umgang mit unbekannten Randbedingungen Zeitliche Differenzierung Identifizierung erosionsrelevanter Hochwasserereignisse Interaktionen der Teilmodule in einem synthetischen Beispiel Anwendungsbeispiel Spree Untersuchungsgebiet Überblick Fließgewässer Talsperre Spremberg Restseen Messdaten Überblick Betrachtung der Durchfluss- und Stofftransportmessungen Kalibrierung Modelltechnische Untersuchungen am Anwendungsbeispiel Überblick

10 X Stationäre und instationäre Berücksichtigung von Hochwasserereignissen Auswahl von zu berücksichtigenden Hochwasserereignissen Reduzierung der Rechenzeit Langfristprognose Vorbereitung der Langfristprognose Durchführung der Langfristprognose Ergebnisse der Langfristprognose Beispielhaftes Szenario eines vereinfachten Hochwassermanagements Zusammenfassung Ausblick Modellerweiterungen Das Modell im Verbund Das Modell in der Anwendung Literaturverzeichnis 156 A Erläuterungen zur stationären Simulation des Gladbachs 172 B Berücksichtigte Gewässergüteparameter und Transformationsprozesse 173 C Kalibrierung der Teilmodule 176 C.1 Kalibrierung der Hydraulik C.2 Kalibrierung des statischen Gütemoduls C.2.1 Abgrenzung C.2.2 Schwebstoff C.2.3 Eisen C.2.4 Phosphor C.2.5 Sediment C.3 Festlegung der Kalibrierungsparameter für die instationär dynamischen Module 191 C.3.1 Instationäre Hydraulik und dynamische Gütemodellierung C.3.2 Sensitivitätsanalyse der Sedimentparameter C.3.3 Ergebnisse der instationär dynamisch berechneten Hochwassermonate 195 C.4 Fazit D Für die Langfristmodellierung angesetzte Einleitkonzentrationen 202 Lebenslauf 204

11 XI Verzeichnis der Abbildungen 2.1 Ermittlung der optimalen Modellkomplexität (aus SCHLAEGER, 2003) Fallunterscheidung zwischen stationären und instationären Randbedingungen Anschaulicher Unterschied zwischen einer dynamischen und kinematischen Abflusswelle aus Sicht eines lokalen Beobachters Übersicht über das umgesetzte hydraulische Konzept Zonen guter Näherung für Gerinne mit einem breiten Vorland; Gesamtbreite zu Breite des Hauptgerinnes = Zonen guter Näherung für Gerinne mit einem breiten Vorland; Gesamtbreite zu Breite des Hauptgerinnes = Knotenschema der finiten Differenzen Vergleich berechneter Wasserspiegellagen, Sohlhöhe und Durchfluss am Beispiel eines Fließabschnitts des Gladbachs Fließtiefe-Durchfluss-Beziehung aus 100 vorab simulierten stationären Berechnungen für die Basisvariante Vergleich der Simulationsergebnisse für den Abfluss aus HEC-RAS, einem Muskingum-Cunge-Verfahren und einem diffusiven Wellenmodell Vergleich der Simulationsergebnisse für die Fließtiefe aus HEC-RAS, einem Muskingum-Cunge-Verfahren und einem diffusiven Wellenmodell Difussionskoeffizient in Modellansatz 2 pauschal um 20 % verringert Basisvariante mit auf 0,189 veränderter Neigung Basisvariante mit auf 1,0 veränderter Neigung Aufsicht auf einen 4 km langen Gerinneabschnitt mit Aufweitung und Verengung Aufweitung und Verengung mit S1/S2 = Aufweitung und Verengung mit S1/S2 = Breite Gesamtgerinne zu Hauptgerinne W2/W1 = Breite Gesamtgerinne zu Hauptgerinne W2/W1 = Breite Gesamtgerinne zu Hauptgerinne W2/W1 = Breite Gesamtgerinne zu Hauptgerinne W2/W1 = 20 und Sohlneigung I s = Maximale Fließtiefe zu den Zeitpunkten t = 0 h, t = 24 h und t = 48 h mit ungeregeltem Wehr

12 XII 4.16 Maximale Fließtiefe zu den Zeitpunkten t = 0 h, t = 24 h und t = 48 h mit geregeltem Wehr Durchfluss vor einer Einleitung (Q haupt ), seitlicher Zufluss (Q in ) und Gesamtdurchfluss (Q ges ) Durchfluss zu den Zeitpunkten t = 0 h, t = 24 h und t = 48 h mit einer Einleitung Q in = 10 m 3 /s Maximale Fließtiefe zu den Zeitpunkten t = 0 h, t = 24 h und t = 48 h mit einer Einleitung Q in = 10 m 3 /s Maximale Fließtiefe bei einer variablen seitlichen Einleitung Schematische Abfolge der räumlichen Iteration (SCHLAEGER, 2003) Berücksichtigung der Wechselbeziehungen zwischen zwei Stoffen mittels Iteration über die Zeit Prozentualer Fehler e w bei der Simulation von Stoffwechselbeziehungen in Abhängigkeit von Raum- und Zeitschrittweite Ermittlung eines geeigneten Wertes θ für den Testfall A Vergleich des impliziten Preissmann-Verfahrens mit den von GAJDOS & MANDELKERN (1998) untersuchten Verfahren; Testfall A Vergleich der analytischen Lösung mit numerischen Lösungen des Preissmann-Verfahrens mit jeweils unterschiedlichem Wichtungsfaktor θ Vergleich des impliziten Preissmann-Verfahrens mit den von GAJDOS & MANDELKERN (1998) untersuchten Verfahren; Testfall B Gleichgewichtsverteilung einer molaren Eisenlösung als Funktion der Redoxintensität in saurer Umgebung Phosphoremissionen aus Punkt- und diffusen Quellen in die Oberflächengewässer Deutschlands in absoluten (links) und relativen Zahlen (rechts) (verändert nach UMWELTBUNDESAMT, 2006b) Modellvorstellung des Phosphorkreislaufs im Wasserkörper Im Modell umgesetzter Phosphorkreislauf Transport von feinen Sedimenten in Fließgewässern Verschiedene der Literatur entnommene Ansätze zur Ermittlung der kritischen Sohlschubspannung in Abhängigkeit von der Sedimentschichtdichte Grad der Verfestigung über die Zeit bei verschiedenen empirischen Parametern k Alterung Grad der Verfestigung über die Sedimenttiefe bei verschiedenen empirischen Parametern k Setzung Querschnittsdifferenzierung für das Hydraulikmodul (oben) und das Sedimentmodul (unten) Zusammenschluss der Teilmodule zu einem deterministischen Gesamtmodell 108

13 Verzeichnis der Abbildungen XIII 8.2 Variante A: Beispiel einer durch Addition (θ H = 0, 0) verschobenen Abflussganglinie;. Variante B: Beispiel einer durch Multiplikation (θ H = 1, 0) verzerrten Abflussganglinie Konzentrationsverlauf von Schwebstoff sowie von partikulärem und gelöstem Eisen bei stationären Randbedingungen Eisenkonzentration im Sediment nach einem Jahr Durchfluss, Schwebstoff- und Eisenkonzentration am Auslaufprofil bei geregelter Wehrsteuerung Durchfluss, sowie Schwebstoff- und Eisenkonzentration am Auslaufprofil bei ungeregelter Wehrsteuerung Das Untersuchungsgebiet: Die Spree von der Talsperre Bautzen bis zur Talsperre Spremberg (verändert nach SCHLAEGER, 2003) Systemstruktur der Spree mit den wichtigsten Strukturelementen Jährlichkeiten gemessener Hochwasserscheitelabflüsse am Pegel Spreewitz zwischen 1964 und Messergebnisse aus den Jahren und quadratische Trendlinie an der BMS Zerre über den Durchfluss aufgetragen Vergleich von Schwebstoffmesswerten mit der Bandbreite einer stationären Simulation Vergleich von reduzierten Schwebstoffmesswerten mit der Bandbreite einer stationären Simulation Instationäre Betrachtung der Schwebstoffkonzentration im Hochwassermonat Juni 1995 bei konstant angenommenen Einleitkonzentrationen Gesamtschwebstofffracht und Abweichung zum Zielergebnis bei variierender Anzahl berücksichtigter Hochwasserereignisse mit maximalem Scheitelabfluss Einschränkung der instationär simulierten Phase auf 30, 24, 18, 12 bzw. 6 Tage Quantile der Schwebstoffkonzentration über die Fließstrecke der Spree Verlauf der minimal und maximal berechneten Schwebstoffkonzentration über den Untersuchungszeitraum am Pegel Spremberg Verteilungsfunktion der Wahrscheinlichkeit und Dichtefunktion der prognostizierten Schwebstoffkonzentration am Pegel Spremberg Quantile der Schwebstoffkonzentration über den Untersuchungszeitraum am Pegel Spremberg Über die Zeit summierte Schwebstofffracht am Pegel Spremberg mit ( ) bzw. ohne ( ) zeitlich genesteter, instationärer Modellierung von Hochwasserereignissen Vergleich der Ausgangsvariante mit einer modifizierten Restseebewirtschaftung 149 C.1 Vergleich der gemessenen Wasserspiegellage am Tag der Profilaufnahme mit der simulierten Wasserspiegellage

14 XIV C.2 Vergleich von Messwerten aus dem Januar der Jahre 1993 bis 2004 (Mittelwert und Bandbreite) mit der Bandbreite einer stationären Simulation des entsprechenden Zeitraums C.3 Vergleich von Schwebstoffmesswerten und Simulation eines typischen durch Hochwasser geprägten Monats (März 1994) C.4 Vergleich von Messwerten aus dem Januar der Jahre 1993 bis 2001 und 2004 mit der Bandbreite einer Langfrist-Simulation des entsprechenden Zeitraums (mit konzentrationsabhängiger Sinkgeschwindigkeit) C.5 Vergleich von Schwebstoffmesswerten und Simulation eines typischen durch Sedimentation geprägten Monats (August 1994) C.6 Vergleich von Messwerten aus dem Januar der Jahre 1993 bis 2001 und 2004 mit der Bandbreite einer Langfrist-Simulation des entsprechenden Zeitraums (mit partikelbezogener Sinkgeschwindigkeit) C.7 Eisenkonzentration aus Messwerten und Simulation über die Zeit an der Beschaffenheitsmessstelle Zerre C.8 Eisenkonzentration aus Messwerten und Simulation über die Zeit an der Beschaffenheitsmessstelle Zerre mit modifizierter Einleitrandbedingung für die Jahre 1993 bis C.9 Eisenkonzentrationen aus Messwerten und Simulation über die Fließstrecke aus den Januarmonaten der Jahre 1993 bis 2001 und C.10 Konzentration gelöstes Eisen aus Messwerten und Simulation über die Fließstrecke aus den Januarmonaten der Jahre 1993 bis 2001 und C.11 Konzentration von gelöstem Phosphor aus Messwerten und Simulation über die Fließstrecke aus den Januarmonaten der Jahre 1993 bis 2001 und C.12 Konzentration von Gesamtphosphor aus Messwerten und Simulation über die Fließstrecke aus den Januarmonaten der Jahre 1993 bis 2001 und C.13 Eisenkonzentration des Sediments über die Fließlänge der Spree in den Jahren 2001 bis 2004; Messwerte in der Partikelfraktion d < 0, 02 mm und gemittelte Simulationsergebnisse der obersten Sedimentschicht C.14 Feststoffkonzentration im EROSIMESS-Zylinder bei steigender Sohlschubspannung an vier Messpunkten im Querschnittprofil bei Neustadt (nach KRAL, 2001) C.15 Simulierte Eisenkonzentration in Sedimentschichten (oben = linker Randbereich; mittig = Hauptabflusszone; unten = rechter Randbereich) C.16 Schwebstoffmessungen und simulierte Schwebstoffkonzentration über die Zeit für das Hochwasser im März C.17 Schwebstoffmessungen und simulierte Schwebstoffkonzentration über die Zeit für das Hochwasser im Juni C.18 Schwebstoffmessungen und simulierte Schwebstoffkonzentration über die Zeit für das Hochwasser im Januar

15 Verzeichnis der Abbildungen XV C.19 Schwebstoffmessungen und simulierte Schwebstoffkonzentration über die Zeit für das Hochwasser im April C.20 Schwebstoffmessungen und simulierte Schwebstoffkonzentration über die Zeit für das Hochwasser im Januar

16 XVI Verzeichnis der Tabellen 3.1 Bewegungsgleichung verschiedener eindimensionaler hydrodynamischer Flood-Routing-Verfahren Anwendungsgrenzen der verschiedenen Flood-Routing-Ansätze nach USACE (1994) (die Neigungsgrenzen wurden aus den britischen Einheiten [ft/mile] in das metrische System [-] überführt) Prozentuale Abweichungen für die Basisvariante Prozentuale Abweichungen bei veränderter Fließgewässerneigung Prozentuale Abweichungen bei verändertem Verhältnis von Abflussspitze zu Basisabfluss Rechenzeit und prozentuale Abweichungen bei steigender Zeitschrittweite Flächenverhältnis A i+1 A i in Abhängigkeit der maximalen Fließtiefe Prozentuale Abweichungen für verschiedene Vorlandbreiten und mit veränderter Neigung Prozentuale Abweichungen bei ungeregeltem Wehr oder geregeltem Wehr (Stationierung 10,005 km) Prozentuale Abweichungen bei konstanter seitlicher Einleitung (Stationierung 10,250 km) Prozentuale Abweichungen bei variabler seitlicher Einleitung (Stationierung 10,250 km) Randbedingungen des Modelleinlaufs und der seitlichen Einleitung bei Stationierung 35 km in der stationären Phase des Testbeispiels Wasserqualitätskennwerte ausgesuchter Tagebaurestseen Einleitbedingungen für Tagebaurestseen in die Vorfluter (LUA BRANDEN- BURG, 2001) Vergleich stationär und instationär berechneter Hochwasserereignisse an der BMS Spremberg Süd Aufgrund von Auswahlkriterium und Anzahl instationär berücksichtigte Hochwasserereignisse Abweichung in der simulierten Schwebstofffracht im Monat Juni 1995 und benötigte Rechenzeit bei variierendem Simulationszeitraum und Simulationszeitschrittweite

17 Verzeichnis der Tabellen XVII 9.6 Angesetzte maximale Kapazität der Flutungsbauwerke und Mindestabfluss unterhalb (uh) der Einleitung aus den Vorflutern in den Restsee B.1 Im Gewässergütemodul integrierte Gewässergüteparameter und berücksichtigte Transformationsprozesse bzw. Einflüsse C.1 Übersicht über die fünf gesondert behandelten Hochwasserereignisse C.2 Modellparameter für die Bezugsvariante der Sensitivitätsstudie C.3 Maximale Schwebstoffkonzentrationen und -frachten innerhalb des Hochwassermonats Juni 1995 am Pegel Spremberg bei systematisch variierenden Modellparametern D.1 Empirisch ermittelte Abhängigkeiten und stochastische Charakteristik für ausgewählte Güteparameter an seitlichen Einleitungen D.2 Stochastisch ermittelte Schwebstoffkonzentration am Auslass der TS Bautzen 203

18 VIII Verzeichnis der Formelzeichen und Symbole Lateinische Zeichen und Symbole A durchflossene Fläche [m 2 ] B Breite an der Gerinneoberfläche [m] BM S Beschaffenheitsmessstelle c Geschwindigkeit der Flutwelle [m/s] C Stoffkonzentration [g/l] c D Widerstandsbeiwert [ ] C Ch Geschwindigkeitsbeiwert nach de Chézy [ m/s] C s,gr ablagerungsfreie Grenzkonzentration [kg/m 3 ] Cu Courantzahl [ ] D Diffusionskoeffizient [m 2 /s] D L longitudinaler Dispersionskoeffizient [m 2 /s] d v Durchmesser einer zum ungleichförmigen Partikel volumengleichen Kugel [m] D ch Diffusionskoeffizient [m 2 /s] d Kr Grenzdurchmesser zwischen Geschiebe und Schwebstoff [m] D num numerischer Diffusionskoeffizient [m 2 /s] D phys physikalischer Diffusionskoeffizient [m 2 /s] E Erosionsrate [kg/(m 2 s)] e D prozentuale Abweichung in der Durchflussamplitude [%] e H prozentuale Abweichung in der maximalen Fließtiefe [%] e M prozentuale Abweichung in der Massenerhaltung [%]

19 Formelzeichen und Symbole IX e w prozentualer Fehler in der Stoffwechselbeziehung [%] F Froudezahl [ ] f 1 geschätztes Verhältnis zwischen DIP und DOP [ ] F ges Fracht eines Monats [t] F inst Fracht des instationären Anteils eines Monats [t] F st Fracht des stationären Anteils eines Monats [t] g Erdbeschleunigung [m/s 2 ] h mittlere Fließtiefe [m] h W ehr Wehrhöhe über der Sohle [m] HW Hochwasserereignis I Neigung [ ] I E Energielinienneigung [ ] I R Neigung der Reibungsverluste [ ] I S Neigung der Sohle [ ] k 0 zusammengefasste Reaktionsraten nullter Ordnung [g/m 3 ] k 1 zusammengefasste Reaktionsraten erster Ordnung [1/s] k s äquivalente Sandrauheit [m] K S Speicherkoeffizient [s] k 11 Transformationsrate Fällung/Desorption [1/s] k 12 Transformationsrate Fällung/Auflösung als Ferriphosphat [1/s] k 13 Transformationsrate Adsorption [1/s] k 21 Assimilationsrate [1/s] k 22 temperaturabhängige Abbaurate des organischen Phosphors [1/s] k 31 temperaturabhängige Transformationsrate von OP zu PIP im Sediment [1/s] k Alterung kinetischer Parameter für die biogeochemische Konsolidierung [kg/(m 2 s 1 )]

20 Formelzeichen und Symbole X K kin kinematische Strömungszahl [ ] k oxi temperaturabhängige Transformationsrate der Eisenoxidation [1/s] k rueck Transformationsrate der Eisenrücklösung [1/s] k Setzung kinetischer Parameter für die bodenmechanische Konsolidierung [1/m] k st Manning-Strickler-Beiwert [m 1/3 /s] L c modellierte Fließgewässerlänge [m] m Masse [kg] m schicht Masse der obersten Schicht [kg] m sink Masse an sedimentierenden Schwebstoffen [kg] n Jährlichkeit eines Hochwassers [a] n modifizierte Jährlichkeit eines Hochwassers [a] oh oberhalb P e Pecletzahl [ ] Q vom Mengenbilanzmodell prognostizierter Monatsmittelwert [m 3 /s] Q Monatsmittelwert eines gemessenen Hochwasserereignisses [m 3 /s] q breitengemittelter Durchfluss [m 3 /s] Q Durchfluss [m 3 /s] Q(t) gemessene Abflussganglinie [m 3 /s] Q (t) generierte Abflussganglinie [m 3 /s] q e breitengemittelter Durchffluss mit brit. Einheiten [ft 2 /s] Q k Durchfluss zur Ermittlung der hydraulischen Zustandsmatrizen [m 3 /s] Q 180 Abfluss bei Stationierung 180 km [m 3 /s] Q 20 Abfluss bei Stationierung 20 km [m 3 /s] Q Bett Abfluss bei dem das Gewässerbett gefüllt ist [m 3 /s] Q ges Abfluss im Hauptgerinne unterhalb einer Einleitstelle [m 3 /s]

21 Formelzeichen und Symbole XI Q ges bei Vorabberechnungen anges. Abfluss im Hauptgerinne uh. Einleitstelle [m 3 /s] Q haupt Abfluss im Hauptgerinne oberhalb einer Einleitstelle [m 3 /s] Q haupt bei Vorabberechnungen anges. Abfluss im Hauptgerinne oh. Einleitstelle [m 3 /s] Q in,max maximaler Abfluss bei sinusförmiger Einleitganglinie [m 3 /s] Q in,min minimaler Abfluss bei sinusförmiger Einleitganglinie [m 3 /s] q in Einleitung über die Länge [m 2 /s] Q in Abfluss in seitlicher Zuleitung [m 3 /s] Q in bei Vorabberechnungen angesetzter Abfluss in seitlicher Zuleitung [m 3 /s] Q max maximaler Abfluss bei Stationierung 180 km [m 3 /s] Q min minimaler Abfluss bei Stationierung 180 km [m 3 /s] Q Scheitel Scheitelabfluss bei einem Hochwasser [m 3 /s] Q zu seitliche Zu- und Abflüsse [m 3 /s] r hyd hydraulischer Radius [m] ran Zufallszahl zwischen 0 und 1 [ ] Re K Kornreynoldszahl [ ] Re s Reynoldszahl des Absinkvorgangs [ ] s externe Quellen bzw. Senken [kg/s] S Speicherinhalt [m 3 ] S Sedimentationsrate [kg/(m 2 s)] S sed,op Konzentrationsänderung im Sediment infolge Sedimentation [kg/(s kg)] S sed,p IP Konzentrationsänderung im Sediment infolge Sedimentation [kg/(s kg)] S n Standardabweichung für den Zeitschritt n [variabel] t Zeit [s] T Anzahl an Zeitschritten [ ] T dimensionslose Wellenperiode [ ]

22 Formelzeichen und Symbole XII T A Dauer des Wellenanstiegs [h] T HW Datum eines Hochwasserscheitels T inst stationär berechnete Tage [d] T st instationär berechnete Tage [d] T wp Dauer einer Hochwasserwelle [s] u über x veränderliche Größe u τ Schubspannungsgeschwindigkeit [m/s] uh unterhalb v querschnittsgemittelte Fließgeschwindigkeit [m/s] v Schergeschwindigkeit [m/s] v s Sinkgeschwindigkeit [m/s] v st infolge Turbulenz verlangsamte Sinkgeschwindigkeit [m/s] W 1 Gerinnebreite ohne Vorländer [m] W 2 Gerinnebreite mit Vorländer [m] x Stationierung bzw. Koordinate oder Weg in Fließrichtung [m] z geodätische Höhe [m] z b,max maximale Schichtdicke [m] Griechische Zeichen und Symbole α 2 Anteil des Phosphors an der Biomasse [ ] β Exponent der Abflussmengenkurve [ ] β I Impulskorrekturfaktor [ ] ɛ t0 transversaler Mischungskoeffizient [ ] κ Karman-Konstante [ ] µ temperaturabhängige Algenwachstumsrate [1/s] ν kinematische Viskosität [N/m 2 ]

23 Formelzeichen und Symbole XIII ψ Sphärizität [ ] ρ temperaturabhängige Algenrespirationsrate [1/s] ρ s Kornrohdichte [kg/m 3 ] ρ w Dichte von Wasser [kg/m 3 ] ρ b Dichte der Sedimentablagerung (Trockenmasse je Feuchtvolumen) [kg/m 3 ] σ Standardabweichung τ 0 Sohlschubspannung [N/m 2 ] τ c,e kritische Sohlschubspannung [N/m 2 ] τc,e 0 minimaler Erisonswiderstand [N/m 2 ] τc,e Erosionswiderstand nach abgeschlossener Konsolidierung [N/m 2 ] τ c,s kritische Sedimentationsschubspannung [N/m 2 ] τ c durch Konsolidation enstandener Erosionswiderstand [N/m 2 ] θ H Wichtungsfaktor bei Mittelwertanhebung durch Multiplikation oder Addition [ ] θ K Wichtungsfaktor zwischen Alterung und Setzung [ ] θ n Wichtungsfaktor für die modifizierte Jährlichkeit [ ] θ X Wichtungskoeffizient [ ] Wiederkehrende Indizes und Vereinbarungen { } Stoffkonzentration im Freiwasser [kg/m 3 ] { } sed Stoffkonzentration im Sediment [kg/kg] n i in n out Mod. 1 Index für Zeitschritte Index für Raumschritte Index für Zufluss Index für Zeitschritte Index für Entnahme Modellansatz 1: Muskingum-Cunge-Verfahren

24 Formelzeichen und Symbole XIV Mod. 2 Modellansatz 2: Diffusionsanalogie Chemische Abkürzungen, Bezeichnungen und Symbole AF S DIP DOP e F e(ii) abfiltrierbare Stoffe gelöste anorganische Phosphorverbindungen gelöste organische Phosphorverbindungen Elektron zweiwertiges Eisen F e(iii) dreiwertiges Eisen F e 2+ F e 3+ F e gel F e ges F e Ligand F e par F ep O 4 O 2 OP ph P hyt P IP P OP zweiwertiges Eisenkation dreiwertiges Eisenkation gelöstes Eisen gesamtes Eisen an Liganden gebundenes gelöstes Eisen partikuläres Eisen Ferriphosphat Sauerstoff organische Phosphorverbindungen ph-wert Phytoplankton partikuläre anorganische Phosphorverbindungen partikuläre organische Phosphorverbindungen

25 1 1 Einleitung Aus einem in den letzten Jahrzehnten gestiegenen öffentlichen Umweltbewusstsein und den daraus folgenden politischen Vorgaben, wie beispielsweise die europäische Wasserrahmenrichtlinie (EUROPÄISCHE KOMMISION, 2000), resultiert ein ständig wachsendes Interesse, die Qualität unserer Fließgewässer in einen so genannten guten Zustand zu überführen oder falls schon vorhanden diesen beizubehalten. Infolgedessen wurde in den vergangenen Jahren verstärkt der Gewässerzustand europäischer Flüsse kartiert und bewertet. Auf diese Weise konnten umfangreiche Kenntnisse über unsere Gewässer gewonnen werden. Dabei sollten die drei grundsätzlichen Anforderungen bestehend aus hydromorphologischen, physikalischchemischen und biologischen Qualitätskomponenten berücksichtigt werden (EUROPÄISCHE KOMMISION, 2000). Nach dieser Bestandsaufnahme gilt es nun, Maßnahmen und Bewirtschaftungsformen zu entwickeln, welche die Gewässergüte in Flüssen mit schlechter Wasserqualität bis 2015 in einen chemisch und ökologisch guten Zustand überführen. Ein nach BFG (2002) erwiesenermaßen erforderliches Hilfsmittel stellen hierbei mathematische Gewässergütemodelle dar, welche benötigt werden, um die komplexen Zusammenhänge zwischen Wasserdargebot und Wasserqualität analysieren und die Auswirkungen geplanter Maßnahmen prognostizieren zu können. Dabei sind nach Einschätzung der DFG (2003) die Verbesserung der Prognosefähigkeit, die Verknüpfung verschiedener Skalenbereiche und die Berücksichtigung stochastisch verteilter Eigenschaften wichtige Forschungsaufgaben, um die Gewässergütemodellierung in Flusseinzugsgebieten zu verbessern. Ein Gewässergütemodell besteht im Allgemeinen aus einem Hydraulik- und einem Gütemodul. Seine Einsatzmöglichkeiten sind vielschichtig: Nach BFG (2002) reichen sie von der Daten- und Systemanalyse über Wirkungsanalysen bei Gewässerschutzplanungen bis hin zu Kosten-Wirksamkeitsanalysen. Zudem werden sie im Rahmen von Alarmplänen in Verbindung mit Überwachungssystemen und bei der Entwicklung von Steuerungs- und Bewirtschaftungsregeln eingesetzt. Die vorgestellte Forschungsarbeit kann für alle angesprochenen Anwendungsbereiche hilfreich sein, legt allerdings einen Schwerpunkt auf die Erarbeitung fundierter Bewirtschaftungspläne mit Hilfe von lang- oder mittelfristigen Gewässergütesimulationen. Bisher wurden Bewirtschaftungspläne für Oberflächengewässer häufig nur unter Mengengesichtspunkten aufgestellt. Um diese Aufgabe zu erfüllen, stehen den Verantwortlichen die entsprechenden Mess- und Modellierungstechniken zur Verfügung. Erst in jüngerer Vergangenheit gehört das Ziel, eine gute Wasserqualität in Oberflächengewässern zu gewährleisten, zu den gleichwertigen Aufgaben von Bewirtschaftungsplänen. Nach LAWA (2003) ist bei der

26 2 Kapitel 1 Erstellung von Bewirtschaftungsplänen zukünftig zu beachten, dass die Untersuchungen und damit die numerischen Modelle einzugs- oder zumindest teileinzugsgebietsbezogen zu erstellen sind. Dies impliziert große, ganzheitliche Untersuchungsgebiete und erfordert, dass neben den darin enthaltenen Fließgewässern auch natürliche und künstliche Seen, Grundwasser und anthropogene Belastungen zu berücksichtigen sind. Aufgrund des interdisziplinären Charakters der Aufgabenstellung ist es erforderlich, verschiedene Modelle miteinander zu koppeln und dabei auf die Anforderungen der angrenzenden Modellbausteine einzugehen. TREPEL & KLUGE (2002) schätzen diese Kopplung und die Suche nach kompatiblen Modellierungsansätzen für übergeordnete Systeme als eine derzeit wichtige Forschungsaufgabe ein. So können beispielsweise die mit dem Fließgewässer mitgeführten Frachten durchströmte Standgewässer maßgeblich und nachhaltig beeinflussen. Fließgewässermodellierung sollte daher als Teil einer integrativen Betrachtung aufgefasst werden und auch die Bereitstellung geeigneter Daten für die angrenzenden Flusseinzugsgebietskomponenten zum Ziel haben. Der zeitliche Horizont eines Bewirtschaftungsplanes ist für mehrere Jahre ausgelegt und wird besonders in langfristig veränderten Einzugsgebieten wie Tagebaufolgelandschaften auf Jahrzehnte ausgedehnt. Mit einem Langfristgewässergütemodell müssen daher verschiedene Bewirtschaftungsvarianten unter teilweise ungewissen Randbedingungen in einem großen Einzugsgebiet auf Jahre hinaus berechnet werden können. Die besonderen Anforderungen hinsichtlich des Simulationszeitraums und die ungewissen Randbedingungen widersprechen somit einer Modellierung von Einzelszenarien. Anstatt dessen verspricht vor allem die Berücksichtigung möglichst vieler verschiedener Belastungsfälle, die aus Randbedingungen entsprechend ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit kombiniert werden, eine aussagekräftige Prognose. Innerhalb des großen Simulationszeitraums von mehreren Jahren gibt es im Einzugsgebiet güterelevante Prozesse, die zeitlich stark veränderlich und nach wenigen Tagen bereits abgeschlossen sind. Beispielhaft sei hier die Erosion der Fließgewässersohle genannt, die vor allem bei Hochwasserereignissen nur kurzzeitig vorherrscht, aber langfristig prägenden Einfluss nehmen kann. Solche kurzfristigen Prozesse erfordern im Gütemodell eine hohe zeitliche Detailliertheit, die aber nicht für den gesamten Simulationszeitraum notwendig ist. In der vorliegenden Arbeit wird daher eine Methodik vorgestellt, wie der zeitskalenübergreifende Wechsel zwischen Sedimentations- und Erosionsphasen in die Langfristprognose aufgenommen werden kann. Erweitert wird die Aufgabenstellung dadurch, dass die betrachteten Stoffe mitunter komplexen Transformationsprozessen unterliegen. Demonstriert wird diese Methodik für den besonders in den Tagebaufolgelandschaften der Lausitz relevanten Stoff Eisen und den in vielen Einzugsgebieten wichtigen Nährstoff Phosphor.

27 3 2 Problemstellung und Vorgehensweise 2.1 Veränderungen im Flusseinzugsgebiet mit nachhaltigen Auswirkungen auf die Gewässergüte Um einen fundierten Bewirtschaftungsplan für die Zukunft erstellen zu können, müssen zukünftige Veränderungen im Flusseinzugsgebiet in die Planerstellung einfließen. Die zukünftigen Veränderungen können von sehr unterschiedlichem Charakter sein und in verschiedenen Zeitrahmen ablaufen. Nachfolgend wird ein Einblick über wichtige potentielle Veränderungen gegeben. Einige wichtige Entwicklungen lassen sich als allgemeine oder regionspezifische Trends formulieren. Beispiele hierfür sind demographische, technische und landwirtschaftliche Entwicklungen, die teilweise zu einer Veränderung der Belastungen unserer Gewässer führen. Ein weiterer aktuell viel diskutierter Trend resultiert aus der ungewissen klimatischen Entwicklung. So wird aus der meteorologischen bzw. hydrologischen Fachwelt zunehmend deutlich bestätigt, dass zukünftig immer häufiger mit stärkeren Hochwasserereignissen zu rechnen ist (STÖCKER, 2005). Andere, eher ortsspezifische Veränderungen sind beispielsweise mit Baumaßnahmen verbunden und können eine oft in kurzer Zeit realisierte und dann lang anhaltende Veränderung für das Fließgewässer bedeuten. Für diese lokal begrenzten Umgestaltungen gibt es zahlreiche Beispiele. Herausgegriffen seien an dieser Stelle lediglich flussgestalterische Maßnahmen wie der Bau oder Rückbau von Querbauwerken, die Vergrößerung des Retentionsraumes und die Errichtung bzw. Stilllegung eines gewässergüterelevanten Einleiters. Zu dieser Gruppe werden hier auch Renaturierungsmaßnahmen gezählt, obwohl die Veränderungen hier weniger sprunghaft, sondern vielmehr durch Wachstum und Morphologie geprägt sind. Einen langfristigen Einfluss auf die Gewässergüte nehmen auch Bewirtschaftungsregeln, die u. a. aus Gesetzen oder Verordnungen resultieren können. So ist beispielsweise die Festlegung des Mindestwasserabflusses unterhalb von Stauanlagen für Vermischungsprozesse aber auch für weitere Einflussnahmen eine wichtige Regelgröße (JORDE, 1997). Ein anderes, regionspezifisches Beispiel veränderter Bewirtschaftungsregeln resultiert aus der langsamen Flutung von Restseen in Bergbaufolgelandschaften und ihre anschließende Einbindung in die Gewässerbewirtschaftungsstrategie. So ist die Wasserqualität in den Restseen maßgeblich vom durchgeführten Flutungsszenario abhängig und kann aufgrund des großen Wasservolumens und der daraus folgenden Trägheit über Jahre hinaus die Gewässergüte des Einzugsgebietes beeinflussen.

28 4 Kapitel 2 Darüber hinaus gibt es noch langfristig wirksame Veränderungen, die weitgehend natürlichen Ursprungs sind. Ein wichtiges Beispiel hierfür ist der Transportkreislauf von partikulären Stofffraktionen und sein Einfluss auf die Gewässergüte im Oberflächengewässer. Die Menge transportierter Schwebstoffe ist im Allgemeinen stark veränderlich. Je nach Wasserführung sedimentieren die Schwebstoffe im Flussgebiet und lassen das Sediment über einen längeren Zeithorizont anwachsen. Einige Stoffe lagern sich bevorzugt an Schwebstoffen an und treten daher im Sediment in erhöhter Konzentration auf. Dabei existiert ein Zusammenhang zwischen der angewachsenen, vertikal geschichteten Sedimentzusammensetzung und der zeitlichen Abfolge von Sedimentationsperioden, Alterungs-, Konsolidations- und Transformationsprozessen. Das Sediment kann daher auch als über die Tiefe differenziertes Gedächtnis des Gewässers interpretiert werden. Es unterliegt einem andauernden Wandel und steht über einen stetigen Austausch von partikulären und gelösten Stoffen im Kontakt zum Oberflächengewässer. Zudem ist die Kontaktzone zwischen Freiwasser und Sediment ein wichtiger Lebensraum, der durch die Sedimentzusammensetzung, hydraulische Kräfte und die Wasserqualität geprägt wird (SCHWOERBEL, 1999). Neben den langfristigen, stetigen Veränderungsprozessen kann infolge eines Hochwasserereignisses kurzfristig eine großflächige Remobilisierung des Sediments in die Freiwasserzone ausgelöst werden. Häufig wird in diesen Perioden ein Großteil der Jahresschwebstofffracht mit der Strömung transportiert (BREITUNG, 1999; HOLLERT et al., 1998; SYMADER et al., 1991). Ein extremes Beispiel hierfür zeigte sich an der Elsenz, einem Zufluss des Neckars. Hier wurden am etwa 66 % der Jahresfracht an Feststoffen transportiert (BARSCH et al., 1994). Mit den remobilisierten Schwebstoffen werden auch die daran angelagerten Schadstoffe resuspendiert und damit ein je nach Sedimentzusammensetzung manchmal beträchtliches toxisches Schädigungspotential freigesetzt. Nach HOLLERT et al. (1998) geht der Großteil der wirksamen Toxizität nicht von den gelösten, sondern von den partikulär gebundenen Schadstoffen aus. Die gröberen Geschiebe sind aufgrund ihrer geringen spezifischen Oberfläche hinsichtlich ihrer Schadstofffracht jedoch nahezu bedeutungslos (HAAG et al., 2000), so dass die größte Gefahr von Feinsedimenten und Schwebstoffen ausgeht. Hierbei handelt es sich nicht allein um eine Kontamination mit Schwermetallen, sondern vielmehr um eine Kombination aus organischen und anorganischen Schadstoffen. Im Hinblick auf unerwünschte Eutrophierungseffekte kann auch die Remobilisierung größerer Nährstoffmengen oder deren Bindungspartner eine Betrachtung von Erosionsprozessen notwendig machen. Sinkt die Transportkapazität des Wassers nach dem Hochwasser wieder oder erreichen die Partikel strömungsberuhigte Bereiche sedimentieren sie und verändern die oberen gewässergüterelevanten Sedimentschichten in kurzer Zeit mitunter deutlich und nachhaltig (GRÖNGRÖFT et al., 2003). Insgesamt sind für den partikulären Stofftransport sowohl langfristige als auch kurzfristige Veränderungen bestimmend und können zu einer nachhaltigen Beeinflussung der Gewässergüte im Oberflächengewässer führen.

29 Problemstellung und Vorgehensweise 5 Ein erstrebenswertes Ziel für eine langfristig orientierte Gewässergüteprognose ist die Integration der genannten heterogenen Veränderungen mit ihren jeweils langfristigen Auswirkungen. Während die Berücksichtigung von Trends oder die Änderung von Bewirtschaftungsregeln meist ein Untersuchungsziel der Langfristprognose ist und auch bauliche Veränderungen des Fließgewässers in die Langfristmodellierung mit überschaubarem Aufwand aufgenommen werden können, bereitet die Berücksichtigung des partikulären Stoffkreislaufs aufgrund der zeitskalenübergreifenden Prozesse Erosion und Sedimentation Probleme. In der vorliegenden Arbeit wird daher nach einem Weg gesucht, den partikulären Stofftransport in angemessener Weise in der Langfristmodellierung abbilden zu können. 2.2 Gewässergüteprognose in Fließgewässern für eine langfristige Bewirtschaftungsplanung Für das aufgespannte Feld potentieller Veränderungen im Flusseinzugsgebiet gilt es die zu erwartende Gewässergüte zu prognostizieren. Dabei weist DFG (2003) explizit auf die Notwendigkeit neuer Werkzeuge für verlässliche Prognosen hin. Dies wird vor allem damit begründet, dass sich die hydrologischen, ökologischen, wasserwirtschaftlichen, ökonomischen und soziologischen Randbedingungen für die Bewirtschaftungsplanung in einem stetigen Wechsel befinden. Nach DFG (2003) führt die gegenwärtige Vorgehensweise, mit herkömmlichen Werkzeugen langfristige Systemzustände zu prognostizieren, zu einem Ergebnis mit erheblicher Unsicherheit und birgt die Gefahr einer völligen Unzuverlässigkeit. Eine Verbesserung wird durch die Erstellung komplex gekoppelter Systeme erwartet. Die Herangehensweise an die Aufgabenstellung einer Unterstützung bei der Erstellung von Bewirtschaftungsplänen für Einzugsgebiete ist zur Zeit heterogen. So differieren die Ansätze von großräumigen Bilanzmodellen bis hin zur Simulation von relevanten Einzelszenarien mit hoch aufgelösten Prozessmodellen. Die Einsatzgebiete der unterschiedlich aufgelösten Modelle sind verschieden. Beide Ansätze haben im Hinblick auf eine zukunftsorientierte Gewässergüteprognosetechnik Entwicklungspotential, sind aber nicht ursprünglich hierfür entwickelt worden. So arbeitet ein großräumiger Bilanzierungsansatz mit zum Teil erheblichen Vereinfachungen und betrachtet keine oder sehr vereinfachte Transformationsansätze, bei denen beispielsweise die Verweilzeit vernachlässigt wird (TREPEL & KLUGE, 2002). Reaktionskinetische Nichtlinearitäten, die aus der Interaktion verschiedener Stoffe oder physikalischen Eigenschaften resultieren, werden nicht korrekt abgebildet. Um eine Gewässergüteprognose in Abhängigkeit von den verschiedenen Prozessen möglichst genau erstellen zu können, ist eine stärker physikalisch-chemisch orientierte Herangehensweise anzustreben. Auf der anderen Seite sind physikalisch-chemisch basierte hoch aufgelöste instationär-dynamische Prozessmodelle meist für Szenarienberechnungen ausgelegt. Ihre Stärke liegt in der

30 6 Kapitel 2 Herausarbeitung von Unterschieden einzelner Varianten und eine möglichst genaue Modellierung eines vorgegebenen Systemzustands. Allerdings ist eine mit Eintrittswahrscheinlichkeiten ausgestattete Prognose nach Einschätzung von BRONSTERT & LAHMER (2001) mit Variantenstudien nicht möglich. BRONSTERT & LAHMER (2001) formulieren diese Begrenztheit mit dem Satz: Szenarien besitzen keinen prognostischen Charakter, sondern zeigen unter bestimmten Rahmenbedingungen eintretende Folgen auf. Diese Einschätzung lässt sich auf die meisten Forschungsprojekte mit physikalisch-chemisch hoch aufgelösten Prozessmodellen übertragen. So sind in der Literatur viele Beispiele zu finden, in denen anerkannte Gewässergütemodelle für die Berechnung von Szenarien als geeignet eingeschätzt werden. Für eine langfristige Prognose in Einzugs- oder Teileinzugsgebieten, mit der dafür notwendigen Berücksichtigung von Wahrscheinlichkeit und Ungewissheit in den Randbedingungen, sind diese Modelle allerdings nicht konzipiert. TREPEL & KLUGE (2002) beobachten in der Wissenschaft zumindest teilweise eine Wende hin zu einfacheren Modellen. Sie führen diesen Umstand darauf zurück, dass die Erfahrungen bei der Entwicklung und Anwendung komplexer dynamischer Modellsysteme zeigen, dass die Datenverfügbarkeit für eine Parametrisierung und insbesondere für eine Validierung nicht ausreicht. Die Wissenschaft steht somit an einem Punkt, an dem neben der prozessorientierten Forschung die Arbeit auch in die Richtung geht, komplexe Prozesse zu vereinfachen, die Berechnungen robuster zu gestalten und wesentliche Prozesse in die Betrachtung zu integrieren, um damit Wechselwirkungen abbilden zu können und interdisziplinäre Zusammenhänge zu erfassen. RADWAN et al. (2003) stellen in ihrer Arbeit einen Modellvergleich zwischen dem allgemein anerkannten Modell Mike 11 und einem vereinfachten Modell an und kommen zu dem Ergebnis, dass vereinfachte Modelle je nach Problemstellung ähnlich gute Ergebnisse liefern können und einen enormen Rechenzeitgewinn bringen. SCHLAEGER (2003) weist zudem auf das häufig existierende Problem der unzureichenden Datenverfügbarkeit hin und sieht darin eine Rechtfertigung vereinfachte Modelle für Langfristprognosen einzusetzen. SCHLAEGER (2003) stützt sich dabei auf WILLEMS et al. (2000) und führt aus, dass der Gesamtfehler einer Simulation sowohl durch Vereinfachungen in den gewählten Gleichungen, aber auch durch ungenau gewählte Parameter steigen kann. Letzteres wird bei schlechter Datenlage durch viele Modellparameter infolge hoher Modellkomplexität gesteigert. In Abbildung 2.1 wird schematisch gezeigt, wie bei besserer Datenbasis (DB2) mit einer höheren Modellkomplexität ein besseres Ergebnis erzielt werden kann. Bei einer schlechteren Datenbasis (DB1) muss entsprechend eine niedrigere Modellkomplexität gewählt und ein Genauigkeitsverlust akzeptiert werden. Die für eine langfristige Prognose zentrale Frage der ungewissen Randbedingungen versuchen SCHRÖDER & MATTHIES (2002) mit der Erstellung von realistischen Entwicklungsprognosen zumindest näherungsweise zu lösen. Um die Aussagekraft der Gewässergüteprognose in Fließgewässern zu erhöhen wird dazu an Ansätzen auf Basis einer Monte-Carlo-Betrachtung geforscht. Dabei gilt es neben der räumlichen Struktur des Einzugsgebietes vor allem die zeitliche Variabilität mit Hilfe von Verteilungskurven langjährig erhobener Messdaten abzubilden.

31 Problemstellung und Vorgehensweise 7 Modellfehler F Bereich der optimalen Modellkomplexität Datenbasis DB1 DB2 Gesamtfehler F(DB1) F(DB2) Fehler infolge von Datenmangel und -ungenauigkeit Fehler infolge von Annahmen und Vereinfachungen K(DB1) K(DB2) Modellkomplexität K Abb. 2.1: Ermittlung der optimalen Modellkomplexität (aus Schlaeger, 2003) Durch eine Monte-Carlo-Simulation wird aus diesen Verteilungskurven eine hinreichende Anzahl von Zufallswerten gezogen, aus denen wiederum eine Verteilung der Konzentrationen berechnet wird. Ergebnis ist eine Bandbreite möglicher Konzentrationen, die beispielsweise in Perzentilen zur Bewertung der Simulationsergebnisse zur Verfügung stehen. Ein wichtiger Gewinn der Monte-Carlo-Berechnung besteht darin, Überschreitungshäufigkeiten und Veränderungen von Überschreitungswahrscheinlichkeiten bestimmen zu können. Aus Einzelszenarien können solche Aussagen nicht gewonnen werden. Praxistauglich ist dieser Ansatz aber nur, solange er trotz der vielfachen Wiederholungsrechnungen in akzeptabler Zeit Ergebnisse liefern kann. Bei SCHRÖDER & MATTHIES (2002) wird daher mit dem Modell GREAT-ER der Flusslauf in ein bis zwei Kilometer lange Abschnitte unterteilt und Transformationsprozesse mit Abbauraten erster Ordnung beschrieben (BOEIJE, 1999). Auf diese Weise wird eine schnelle Simulation ermöglicht und eine Übersicht über Vermischungs- und Abbauprozesse gegeben. SCHLAEGER (2003) arbeitet ebenfalls mit einem Monte-Carlo-Ansatz. Er realisiert eine deutlich feinere räumliche Auflösung von m und setzt eine Zeitschrittweite von einem Monat und damit eine grobe zeitliche Diskretisierung an. SCHLAEGER (2003) weist in seiner Arbeit bereits darauf hin, dass infolge dieser Annahme instationär-dynamisch geprägte Monate nicht korrekt abgebildet werden können. Diese Einbuße an Genauigkeit wird notwendig, weil das zu betrachtende Untersuchungsgebiet sowie der Untersuchungszeitraum großskalig

32 8 Kapitel 2 sind und eine statistische Auswertung eine Vielzahl verschiedener Realisierungen erfordert. Unklar bleibt allerdings, wie groß die Auswirkungen der Vernachlässigung kurzfristiger Ereignisse bzw. ihre Mittelung über einen langen Zeitschritt sind. So schreiben beispielsweise SCHNOOR (1996), HUNTER (1997) und KERN (1997), dass bei Hochwasserereignissen ein Großteil der partikulären Jahresfracht von teilweise 50 % und mehr in einem Hochwasser abgeführt und abgelagerte Schadstoffe remobilisiert werden. Es ist zu erwarten, dass solche nichtlinearen Prozesse mit Monatsmittelwerten nicht ausreichend genau beschrieben und damit auch die längerfristigen Konsequenzen nicht berücksichtigt werden können. Hier führt das in DVWK (1999a) als zentrales Problem erkannte Phänomen der unterschiedlichen Skalen eines Flusseinzugsgebietes zu deutlichen Ungenauigkeiten. In DVWK (1999a) wird ausgeführt, dass man in der numerischen Modellierung natürlicher Prozesse immer wieder auf das Problem der Wahl geeigneter Skalen für die abzubildenden Prozesse stoße. So sei die räumliche und zeitliche Auflösung des Modells für die Qualität des Simulationsergebnisses entscheidend. Es wird darauf hingewiesen, dass die Existenz unterschiedlicher räumlicher und zeitlicher Skalen ein Grundproblem der Modellierung von Hydrosystemen sei und, dass die Nichtlinearitäten unterschiedlicher Skalen sich gegenseitig beeinflussen, und zwar ist die Wirkung umso stärker, je länger der zu simulierende Zeitraum ist. Da für erstellte Langzeit- Entscheidungsunterstützungsmodelle die zeitliche Auflösung grob und der Zeitraum groß ist, gilt es nun nach Möglichkeiten zu suchen den dadurch entstehenden Fehler zu reduzieren. MANIAK (1999) weist auf eine Möglichkeit hin, Modelle unterschiedlicher Skalen zu kombinieren und so aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen. Er führt aus, dass in übergeordnete großskalige Modelle kleinskalige Betrachtungen eingebunden werden können, um so die Aussage auf der größeren Skala zu verbessern. Er nennt diese Verschachtelung unterschiedlicher Skalen Nestung. Auch wenn MANIAK (1999) diesen Ansatz vor allem auf die räumlichen Skalen bezieht, so ist auch eine zeitliche Nestung denkbar. Auf diese Weise kann eine stationär-statische Betrachtung mit großer Zeitschrittweite durch Berücksichtigung entscheidender instationärdynamischer Ereignisse verbessert werden. Für die hier relevante Betrachtung von Sediment und Schwebstoff schlägt KERN (1997) eine quasistationäre Betrachtungsweise für Zustände mit niedrigem Abfluss und einen instationären Ansatz für Hochwasserereignisse vor. Auf diese Weise kann der langfristige Prozess der Sedimentbildung und der kurzfristige Prozess der Sedimentremobilisierung berücksichtigt werden. Die Umsetzung dieses Vorschlages, kurzfristige instationäre Hochwasserereignisse mit in die langfristige Gütesimulation zu integrieren, steht bislang noch aus und ist zentrales Forschungsziel dieser Arbeit. 2.3 Prognosetechnik Häufig wird eine langfristige Betrachtung der Gewässergüte in einem Flusseinzugsgebiet für einen zukünftigen Zeitraum durchgeführt. Ziel ist es in einem solchen Fall, eine unter angenommenen Randbedingungen gültige Vorhersage über die Gewässergüteentwicklung zu

33 Problemstellung und Vorgehensweise 9 treffen. Die Vorhersage eines Ereignisses, Zustands oder einer Entwicklung ist definitionsgemäß eine Prognose. Der Langfristmodellierung wird somit eine prognostische Eigenschaft abverlangt, auf deren Grundlage dann Entscheidungen getroffen werden. Die Aussagekraft einer solchen Prognose wird, neben der Korrektheit des aufgestellten Gütemodells, maßgeblich durch die Wahl der Prognosetechnik bestimmt. STÜTZLE (2003) schreibt, dass Prognosetechniken sich grundsätzlich in qualitative/subjektive und quantitative Techniken unterteilen lassen. Qualitative Prognosen sind oft nicht nachvollziehbar und stammen z.b. aus einer Expertenbefragung (DELPHI-Methode) oder einer historischen Analogie. Quantitative Methoden werden wiederum in deterministische und probabilistische Methoden untergliedert. Bei der deterministischen Vorgehensweise wird davon ausgegangen, dass alle Randbedingungen bekannt sind und alle Modellabhängigkeiten eindeutig sind. Ein deterministisches Verfahren prognostiziert daher eine einzige reproduzierbare Lösung. Bei der probabilistisch, stochastisch oder statistisch genannten Methode wird neben den funktionalen Abhängigkeiten auch von unbekannten Zufallseinflüssen ausgegangen. Auf diese Weise können Unsicherheiten als Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen in der Prognose Berücksichtigung finden. In der Gewässergütemodellierung bietet es sich beispielsweise an, zukünftige Abflusszeitreihen oder schwankende Einleitkonzentrationen entsprechend ihrer statistischen Eintrittswahrscheinlichkeiten für die Langfristmodellierung variieren zu lassen. Die Festlegung der stochastischen Randbedingung kann mit Zeitreihenanalysen, Regressionsanalysen oder anderen Verfahren durchgeführt werden. Dabei müssen nicht alle Randbedingungen stochastisch gestreut werden. Auch Mischformen der Prognosetechnik sind weit verbreitet. So wird oft durch Experten ein Teil der Randbedingungen szenarienhaft vorgegeben (qualitativ) und für den teilweise festgelegten Systemzustand eine probabilistische Prognose abgegeben. Die Simulation eines probabilistischen Modells besteht im Allgemeinen nicht aus einer einzelnen Modellierung des Prognosezeitraums, sondern aus einer Schar beispielsweise mittels Monte-Carlo-Verfahren durchgeführter Simulationen. Entsprechend handelt es sich auch beim Ergebnis des probabilistischen Modells nicht um eine scharfe Einzelaussage, sondern vielmehr um eine mit einer Wahrscheinlichkeitsaussage erweiterte Prognose. KREIKENBAUM et al. (2004) sieht in einer probabilistischen Betrachtung besonders bei immissionsorientierten Planungsverfahren, wie sie unter anderem in EUROPÄISCHE KOMMISION (2000) gefordert werden, die Chance, existierende Unsicherheiten in den Simulationsergebnissen und damit in dem späteren Entscheidungsprozess besser als bisher berücksichtigen zu können. In der vorliegenden Arbeit wird die Entwicklung eines deterministischen Langfrist- Gewässergütemodells vorgestellt, das für eine Anwendung innerhalb probabilistisch wechselnder Randbedingungen ausgelegt ist. Das dafür gewählte Monte-Carlo-Verfahren erfordert eine vielfach wiederholte Berechnung der gesamten Simulationszeit und stellt daher besondere Anforderungen an die Rechenzeit.

34 10 Kapitel Entwicklungsbedarf Aufgrund des in Kapitel 2.1 und 2.2 dargestellten Defizits hinsichtlich der Integration kurzfristiger Hochwasserereignisse in die langfristige Gewässergüteprognose mit probabilistischen Randbedingungen besteht Entwicklungsbedarf für ein Gewässergütemodell, das kurzfristige und langfristige Modellierung miteinander verbindet. Wie von SCHRÖDER & MATTHIES (2002) und SCHLAEGER (2003) empfohlen, sollen zukünftige, ungewisse Randbedingungen nach dem Monte-Carlo-Verfahren probabilistisch angesetzt werden. Dies erfordert eine vielfache Simulation der Langfristprognose und somit ein schnelles und robustes Gewässergütemodell. T = 1 stationär ja nein t = 1 T = groß [Monat] z.b. Monatswerte stationär statisch Erosion / Sed. Zeitschrittweite Randbedingungen Hydraulik Güte Sediment t = klein [Min.] z.b. Stundenwerte instationär dynamisch Erosion / Sed. t = t + t T=T+ T ja t = Ende nein nein T = Ende ja Abb. 2.2: Fallunterscheidung zwischen stationären und instationären Randbedingungen Mit dem Ziel, eine kurze praxistaugliche Rechenzeit zu ermöglichen, ist es nach SCHLAEGER (2003) für Perioden mit nur wenig schwankenden Randbedingungen zulässig und erstrebenswert, ein Langfristgewässergütemodell mit großen Zeitschrittweiten von mehreren Tagen oder Wochen zu betreiben. Bei dieser Zeitschrittweite sind dynamische Einflüsse vernachlässigbar und eine stationär-statische Betrachtungsweise ist ausreichend. In Perioden mit stark veränderlichen Randbedingungen muss hingegen die zeitliche Auflösung des numerischen Verfah-

35 Problemstellung und Vorgehensweise 11 rens verfeinert werden. Hier kommt eine instationär-dynamisch ausgelegte Kurzfristsimulation zum Einsatz. Um die in Abbildung 2.2 aufgezeigten zwei Berechnungspfade zu ermöglichen, sind jeweils ein Hydraulik- und ein Gewässergütemodul in stationärer und instationärer Form sowie ein zeitskalenübergreifender Sedimentbaustein erforderlich. Für die verschiedenen Module ist ein automatisierter Programmaufruf und eine entsprechende Datenschnittstelle unumgänglich, um den händischen Aufwand in der Anwendungspraxis in überschaubaren Grenzen zu halten. Die Ansteuerung der verschiedenen stationären und instationären Modellbausteine ist derzeit in keinem der zugänglichen Gewässergütemodelle realisierbar und wird daher neu entwickelt. Zudem muss die Komplexität der Modellbausteine aufeinander abgestimmt sein und eine schnelle, stabile Simulation garantieren. Wünschenswert ist darüber hinaus die Möglichkeit, in den Modellbausteinen verschiedene Prozessalgorithmen testen zu können, so dass entweder der Quellcode zugänglich oder über eine add-on-schnittstelle eine andere Möglichkeit der Programmierung vorhanden sein sollte. 2.5 Zielsetzung und Vorgehensweise Aufgrund des dargestellten Entwicklungsbedarfs werden für diese Arbeit folgende Ziele formuliert: Entwicklung eines geeigneten hydraulischen Konzeptes auf Basis eindimensionaler Berechnungen. Dabei sind jeweils eine hinsichtlich Rechenzeit und Stabilität optimierte Vorgehensweise für stationäre und instationäre Simulationen sowie für Zustände mit und ohne Rückkopplung aus der gewässergütegeprägten Bewirtschaftung aufzuzeigen. Hydraulische Größen, die für die Güte- oder Sedimentmodellierung relevant sind, sollen für strömungsberuhigte Randbereiche und für das Hauptgerinne getrennt berechnet werden und so eine Differenzierung über die Breite ermöglichen. Weiterentwicklung des von SCHLAEGER (2003) vorgestellten eindimensionalen statischen Gütemoduls und Neuerstellung eines Gütemoduls für den dynamischen Fall. Eine über die Modulgrenzen hinweg durchgehende Modellierung aller Stoffe insbesondere des Schwebstoffs und eine abgestimmte Komplexität der Transformationsvorgänge muss dabei gewährleistet sein. Aufbau eines geschichteten Sedimentmodells. Ziel ist es, über die Tiefe eine Entwicklung der kritischen Sohlschubspannung und eine Verteilung der Inhaltsstoffe berücksichtigen zu können. In der Breite soll analog zum hydraulischen Modul eine Differenzierung in Hauptabflusszone und in strömungsberuhigte Randbereiche möglich sein.

36 12 Kapitel 2 Konzeption eines Gesamtmodells, welches hinsichtlich Stabilität und Rechengeschwindigkeit für eine probabilistische Monte-Carlo-Modellierung geeignet ist. Darstellung der Einsatzmöglichkeiten der erstellten Teilmodule und des Gesamtmodells in verschiedenen Validierungsbeispielen sowie in einem synthetischen und in einem praktischen Anwendungsbeispiel. Zur Erarbeitung der genannten Ziele werden ein stationäres und ein instationäres Hydraulikmodul, ein statisches und ein dynamisches Gütemodul sowie ein zeitskalenübergreifendes Sedimentmodul zunächst getrennt voneinander erstellt. Dabei wird grundsätzlich versucht, soweit möglich auf existierender Software aufzusetzen. Falls keine geeignete Software vorhanden oder zugänglich ist, werden der Literatur möglichst einfache aber ausreichend komplexe Algorithmen entnommen und umgesetzt. Um den sprachlichen Umgang vor allem bei einem Vergleich mit anderen Modellen zu vereinfachen wird das in dieser Arbeit vorgestellte Gesamtmodell mit dem Namen LGpro (Langfrist-Gewässergüteprognosemodell) betitelt. Basis für das Gesamtmodell ist ein geeignetes Hydraulikmodul. In Kapitel 3 wird ein hydraulisches Konzept erarbeitet, welches auf stationären Vorabberechnungen basiert und eine vollständige stationäre Berechnung nach dem Prinzip einer Schlüsselkurve durch eine Interpolation ersetzt. Weitergehend werden zwei vereinfachte Verfahren zur instationären Hydraulikberechnung vorgestellt, die ebenfalls die stationären Vorabberechnungen nutzen. Der hydraulische Teil der Arbeit wird durch eine Validierung der vorgestellten Ansätze an Modellergebnissen aus dem allgemein anerkannten Simulationsprogramm HEC-RAS (BRUNNER, 2002) in Kapitel 4 abgerundet. Anhand der Validierungsergebnisse wird entschieden, welcher der vorgestellten instationären Ansätze für den Zweck dieser Arbeit besser geeignet ist. Aufgrund der großen Relevanz des Hydraulikmoduls bei der Berechnung von Hochwasserereignissen und den Anforderungen an das hydraulische Konzept, wird diesem Aufgabenteil besondere Beachtung gewidmet. In Kapitel 5 wird ein neues dynamisches Stofftransportmodul vorgestellt, bei dessen Erstellung teilweise auf Vorarbeiten von BECKER (2003) zurückgegriffen werden kann. Dieses in seiner Komplexität an das statische Modell angepasste Werkzeug ermöglicht es, auch Veränderungen auf einer kleineren Zeitskala in die Gesamtbetrachtung aufzunehmen. Das vorgestellte Modell ist für durch Bergbau geprägte Gebiete konzipiert. Da in diesen Regionen die Güteparameter Eisen und Phosphor eine große Bedeutung haben, stehen sie in dieser Arbeit im Vordergrund. Mit dem Parameter Eisen wird ein vor allem in den Sedimenten sehr präsentes Schwermetall modelliert. Zudem ermöglicht die Modellierung von Eisen ein verbessertes Verständnis der Transformationsprozesse des wichtigen Nährstoffs Phosphor. Gelöstes Phosphor wird teilweise von Eisen gefällt, im Sediment zurückgehalten, gegebenenfalls mit dem Sediment transportiert und beispielsweise in Standgewässern unter anaeroben Bedingungen zurückgelöst. Die im Fließgewässer vorkommenden Fraktionen des Eisens und Phosphors sowie ihre Interaktionen untereinander werden in Kapitel 6 ausführlich erläutert.

37 Hydraulik 13 Aus dem so geschaffenen Bild wird eine numerische Umsetzung der Transformationsvorgänge abgeleitet, die in das neue dynamische Stofftransportmodul und in das von SCHLAEGER (2003) bereits vorgestellte statische Langfristprognosemodell, soweit noch nicht vorhanden, aufgenommen wird. Ein für Zeitskaleneffekte wichtiger Speicherbaustein in Oberflächengewässern ist das Sediment. In Kapitel 7 wird daher die aus Sedimentation und Erosion bestehende Interaktion zwischen Schwebstoff im Freiwasser und Sediment sowie die Konsolidation des Sediments beschrieben und ein geeignetes Sedimentmodul entwickelt. Das Zusammenspiel der einzelnen Module wird in Kapitel 8 an einem synthetischen Beispiel gezeigt. Zudem wird hier auf die Steuerung bzw. auf die numerische Umgebung des aufgestellten Modells eingegangen. Das in Kapitel 9 vorgestellte Anwendungsbeispiel behandelt die Spree und die Kleine Spree oberhalb der Talsperre Spremberg. Ehemalige Grubenwassereinleitungen und die Problematik heute teilweise versauerter Restseen prägen die Gewässergüte des Einzugsgebietes und führen beispielsweise zu hohen Eisenkonzentrationen in den Sedimenten. Am unteren Ende des Untersuchungsgebietes mündet die Spree in die Talsperre Spremberg und ist damit Haupteintragspfad von Eisen- und Phosphorfrachten für das Standgewässer. Dabei können die eingetragenen Frachten die Gewässergüte in der Talsperre Spremberg maßgebend beeinflussen. Als ein Ziel wird daher eine durch die instationäre Berücksichtigung von Hochwasserereignissen verbesserte Abbildung der transportierten Frachten definiert. Das Verständnis des Nährstoffhaushaltes im Spreeeinzugsgebiet kann so durch die Berücksichtigung von zeitskalenübergreifenden Prozessen des partikulären Stofftransports verbessert werden. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung in Kapitel 10 und einem Ausblick auf den weiteren Forschungsbedarf in Kapitel 11.

38 14 3 Hydraulik 3.1 Allgemeines Grundlage für die mathematisch-numerische Modellierung der Gewässergüte in Fließgewässern ist die Hydraulik. Nach CHAPRA (1997) ist die Kenntnis von den hydraulischen Größen Durchfluss, Fließgeschwindigkeit, Dispersion, Fließtiefe, Gerinnebreite und Energielinienneigung für die Gütemodellierung notwendig, um die Transport- und Transformationsprozesse innerhalb des Wasserkörpers beschreiben zu können. Teil eines Gewässergütemodells ist daher immer auch ein hydromechanischer Baustein, der wie das eigentliche Gütemodell auch den jeweiligen Anforderungen angepasst sein muss. Durch seine Struktur und Beschaffenheit bestimmt der hydromechanische Baustein den Rahmen der Anwendungsmöglichkeiten maßgeblich mit (BFG, 2002). Für flussgebietsbezogene Wasserqualitätsbetrachtungen kommen bis heute hauptsächlich eindimensionale Hydraulikmodule zum Einsatz. Sie bieten bei begrenztem Aufwand ausreichende Informationen für eine nachfolgende Gütemodellierung. Neben der Dimensionalität ist auch die Zeitabhängigkeit ein wichtiges Charakteristikum eines Hydraulikmoduls. Stationäre Hydraulikbausteine, also zeitunabhängige Hydraulikmodule, sind einfache und daher auch schnelle Module. Sie finden beispielsweise in QUAL2E (BROWN & BARNWELL, 1985) bei Szenarien mit konstantem Durchfluss Anwendung. Bei stark veränderlichen Durchflüssen, wie sie in der Natur besonders während eines Hochwassers vorkommen, sind sie ungeeignet. Eine Verbesserung, die allerdings mit höherer Rechenzeit verbunden ist, stellen hier instationäre Hydraulikmodule dar. Sie werden unter anderem in den Gewässergütemodellen WASP6 (WOOL et al., 2001), MIKE 11-WQ (DHI, 2004), SOBEK-WQ (WL DELFT HYDRAULICS, 2005), DWA-Gewässergütemodell (MÜLLER, 2002) und weiteren verwendet. Die Hydraulikbausteine der Gewässergütemodelle gehen aus den langjährigen Erfahrungen der hydraulischen Numerik hervor. Insgesamt gibt es weltweit eine Fülle von eindimensionalen Hydraulikmodellen. An dieser Stelle sei nur auf die für diese Arbeit prägenden Modelle ESNA (ESNA, 1995), HEC-RAS (BRUNNER, 2002) und fluvius (SCHRAMM, 2004) verwiesen. Auch wenn heute vor allem an zwei- und dreidimensionalen Modellen gearbeitet wird, so gibt es auch heute noch in der eindimensionalen hydromechanischen Numerik Anforderungen, die zu neuen Forschungsarbeiten führen. So beschäftigt sich beispielsweise SCHRAMM (2004) mit der Abbildung von Diskontinuitäten in abflussschwachen Fließgewässern, MOUSSA & BOCQUILLON (2000) betrachten die Anwendungsgrenzen von Flood-Routing-Modellen bei

39 Hydraulik 15 überströmtem Vorland und PONCE & LUGO (2001) stellen eine Möglichkeit vor, Hystereseeffekte besser in einem hydrologischen Modell abbilden zu können. 3.2 Dynamische, kinematische und diffusive Wellen In Fließgewässern mit mittlerem bis großem Einzugsgebiet laufen Flutwellen über einige Stunden oder mehrere Tage und somit relativ langsam ab. Dabei geht mit steigender Wellenlänge der dynamische Eindruck einer Welle immer weiter verloren. Ein Beobachter der beispielsweise in Köln am Rhein steht, kann bei der Betrachtung eines Hochwassers zu diskreten Zeitpunkten zwar das Ansteigen des Wasserspiegels feststellen, der Wellencharakter der Abflussganglinie ist allerdings so klein, dass er ihn nicht nachempfinden kann (vgl. Abbildung 3.1). Bei kurzzeitiger Beobachtung stellt sich das Szenario dem Betrachter als stationär dar. Diesem Eindruck folgend werden Abflusswellen in Fließgewässern in der Literatur in dynamische und kinematische Wellen unterschieden. Gleichzeitig werden diese Bezeichnungen aber auch für jeweils eine bestimmte Modelltechnik verwendet. Zumindest bei der kinematischen Welle kann dies zu Verwechslungen führen. Hier wird daher zwischen schnellen dynamischen und langsam ablaufenden Wellen unterschieden. Letztere werden in stärker advektionsdominierte kinematische Wellen und weniger advektionsdominierte diffusive Wellen differenziert. Mathematisch ist die kinematische Welle ein Spezialfall der diffusiven Welle, bei der die diffusive Verformung vernachlässigt wird (vgl. Tabelle 3.1 in Kapitel 3.3.3). Im Folgenden wird daher der Ausdruck diffusive Welle als Oberbegriff verstanden, der auch die kinematische Welle beinhaltet. Aufsicht A X B Dynamische Welle Kinematische Welle A B A B t = 2 t t = t t = 0 t = 2 t t = t t = 0 Abb. 3.1: Anschaulicher Unterschied zwischen einer dynamischen und kinematischen Abflusswelle aus Sicht eines lokalen Beobachters (nach Martin & McCutcheon, 1999)

40 16 Kapitel 3 Dynamische Wellen treten vor allem bei stark instationären Fließvorgängen auf, wie sie in ihrer Extremform durch Damm- oder Deichbrüche entstehen. Langsamer ablaufende Flutwellen, die typischerweise bei Hochwasserereignissen vorkommen, sind kinematisch dominiert (SINGH, 1996). Bei ihrer Modellierung kann daher meist auf die Modellvorstellung einer diffusiven Welle zurückgegriffen werden (HENDERSON, 1966). 3.3 Modellierungsansätze zur Flutwellenberechnung Überblick Die Berechnung von Flutwellen in offenen Gerinnen kann auf vielfältige Weise durchgeführt werden. In der Literatur werden die verschiedenen Verfahren häufig unter dem Oberbegriff Flood-Routing zusammengefasst und in hydrologische und hydraulische Modelle untergliedert (USACE, 1994). Hydrologische Modelle simulieren die Hydrodynamik des Gewässersystems durch vorher empirisch festzulegende Gleichungen. Meist arbeiten die Modelle mit einfachen und daher schnellen und stabilen Algorithmen. MARTIN & MCCUTCHEON (1999) sehen den Hauptnachteil bei diesen empirischen Modellansätzen darin, dass zur Modellkalibrierung Messwerte aus der Natur oder Ergebnisse hydraulischer Modelle erforderlich sind, und dass sie auf strukturelle Änderungen im Flusslauf nicht adäquat reagieren können. Insgesamt ergibt sich daraus eine Schwäche in der Prognosefähigkeit dieser Modelle. Moderne hydrologische Ansätze zielen darauf ab, die empirischen Beiwerte auf physikalische Grundlagen zu stellen. Sie nähern sich damit den hydraulischen Modellen an und sind durchaus für Prognosezwecke einsetzbar. Hydraulische Modelle berechnen das Abflussgeschehen basierend auf den physikalisch fundierten Saint-Venant-Gleichungen. Veränderungen in der Flussmorphologie, variierende Abflussganglinien usw. finden problemlos Berücksichtigung. Da eine analytische Lösung der Saint-Venant-Gleichungen bis heute unbekannt ist, wird ihr Ergebnis numerisch ermittelt. Die dabei zum Einsatz kommenden Modellansätze unterscheiden sich vor allem durch die eingeführten Vereinfachungen Hydrologische Modellierungsansätze Ausgehend von einer Massenerhaltung in Form der Speicherdifferentialgleichung Q in Q out = ds dt (3.1) und der Annahme, dass es einen linearen Zusammenhang zwischen Speicherinhalt und dem Zu- und/oder Abfluss gibt, kann der allgemeine Ansatz für lineare Speicher S = K S [θ X Q in + (1 θ X )Q out ] (3.2)

41 Hydraulik 17 formuliert werden (FREAD, 1992). Dabei stehen Q in und Q out für den Speicherzu- bzw. -abfluss und ds für die Änderung des Speicherinhalts über die Zeit. K dt S stellt hierbei einen unbekannten Speicherkoeffizienten dar, der einer Aufenthaltszeit ähnelt, und θ X ist ein unbekannter dimensionsloser Wichtungsfaktor. In den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts wird aus dem Flood-Routing-Verfahren mit linearem Speicheransatz das bis heute verbreitete Muskingum-Verfahren (z. B. MARTIN & MC- CUTCHEON, 1999) entwickelt. Durch Einführung der diskreten Betrachtungsweise S i+1 S i t = Q in,i + Q in,i+1 2 Q out,i + Q out,i+1 2 (3.3) und das Einsetzen der linearen Speichergleichung 3.2 in die Kontinuitätsgleichung 3.3 erhält man mit Q out,i+1 = A 0 Q in,i+1 + A 1 Q in,i + A 2 Q out,i (3.4) A 0 = A 1 = K S θ X 0, 5 t K S K S θ X + 0, 5 t K S θ X + 0, 5 t K S K S θ X + 0, 5 t (3.5) (3.6) A 2 = K S K S θ X 0, 5 t K S K S θ X + 0, 5 t. (3.7) Die Größen K S und θ X werden üblicherweise über eine Kalibrierung mit vorhandenen Messwerten ermittelt. Es handelt sich beim Muskingum-Verfahren somit um einen stark empirisch geprägten Flood-Routing-Ansatz. In dem nach der Arbeit von CUNGE (1965) benannten Muskingum-Cunge-Verfahren werden die unbekannten Größen K S und θ X aus dem Abfluss und der Gewässergeometrie abgeleitet. Der einer Aufenthaltszeit ähnliche Speicherkoeffizient K S wird dabei durch den Abstand der Querprofile x und die Geschwindigkeit der Flutwelle c mit K S = x c (3.8) ausgedrückt. Der Wichtungsfaktor θ X wird von PONCE & YEVJEVICH (1978) aus dem Verhältnis der physikalischen Diffusion D phys mit D phys = Q 2BI (3.9)

42 18 Kapitel 3 und der numerischen Diffusion D num mit D num = c x 2 (3.10) bestimmt. Die vorher unkontrollierte numerische Diffusion wird in Abhängigkeit von physikalischen Größen skaliert. Es wird daher auch von einer angepassten Diffusion gesprochen. Der resultierende Wichtungsfaktor θ X ergibt sich zu θ X = 1 ( Q ) = 1 2 BIc x 2 D (3.11) mit der Wellenausbreitgeschwindigkeit c, der Wasseroberflächenbreite B und der Zell- Reynoldszahl D. Die Neigung I entspricht nach FREAD (1992) der Energielinienneigung I E. Diese ist allerdings häufig nicht bekannt und wird daher durch die Sohlneigung I S oder durch eine analytisch berechnete Neigung genähert. kann das finite Differenzen- Mit den Gleichungen 3.8, 3.11 und der Courantzahl Cu = c t x schema mit angepasster Diffusion als Q t+1 i+1 = C 0Q t+1 i + C 1 Q t i + C 2 Q t i+1 + C 3 Q zu (3.12) mit C 0 = 1 + Cu + D 1 + Cu + D (3.13) C 1 = 1 + Cu D 1 + Cu + D C 2 = 1 Cu + D 1 + Cu + D (3.14) (3.15) C 3 = 2Cu 1 + Cu + D (3.16) formuliert werden (PONCE & YEVJEVICH, 1978). Q zu entspricht hier einem Quellterm und steht für seitliche Zu- und Abflüsse. In der Literatur werden Muskingum-Cunge-Modelle mit physikalisch basierten variablen Parametern und angepasster Diffusion teilweise auch als diffusive Wellenmodelle bezeichnet und mit hydraulischen Modellen gleichgesetzt (PONCE, 1986; SINGH, 1996). Nach PONCE (1986) kann die Muskingum-Cunge-Methode so erweitert werden, dass bis zu einem gewissen Maß dynamische Prozesse in der modellierten Diffusion Berücksichtigung

43 Hydraulik 19 finden. PONCE (1986) passt dazu die numerische Diffusion an den von DOOGE (1973) ermittelten Koeffizienten für physikalische Diffusion D phys = Q ( 1 F 2 ) 2BI E 4 (3.17) an. PONCE (1986) ergänzt damit die Zell-Reynoldszahl D um einen von der Froudezahl F = abhängigen Term zu D = v gh Q BI E c x [(1 (β 1)2 F 2 ]. (3.18) Dabei steht β für den Exponenten der Abflussmengenkurve und beträgt bei breiten Gerinnen mit einer Reibung nach Manning β = 5, bei breiten Gerinnen mit einer Reibung nach de 3 Chézy β = 3 und bei einem Gerinne mit dreieckigem Querprofil und einer Reibung nach 2 Manning β = 4. Für natürliche Gerinne wird meist β = 3 angenommen (USACE, 1994) Hydraulische Modellierungsansätze Vereinfachte Formen der Bewegungsgleichung Die physikalisch begründeten eindimensionalen hydraulischen Strömungsmodelle basieren meist auf den Saint-Venant-Gleichungen. Ausgehend von allgemeinen Überlegungen bezüglich der Massen- und Impulserhaltung stellt SINGH (1996) eine konservative Form der Saint- Venant-Gleichungen vor. Die Kontinuitätsgleichung im Fall ohne seitliche Zuflüsse lautet A t + Q x = 0 (3.19) wobei A für die durchflossene Fläche eines Querprofils, Q für den Durchfluss, t für die Zeit und x für den zurückgelegten Weg stehen. Die Bewegungsgleichung lautet im Fall einer konservativen Formulierung Q t + x (β I Q2 A ) + g x (A h) gai S + gai R = 0. (3.20) Dabei ist h die über die Gerinnebreite gemittelte Fließtiefe, β I der meist mit β I = 1 angenommene Impulskorrekturfaktor, I S die Neigung der Sohle und I R die Neigung der Reibungsverluste über die Fließstrecke. Nach MARTIN & MCCUTCHEON (1999) setzen diese Gleichungen voraus, dass

44 20 Kapitel 3 die Strömung eindimensional ist, die Neigung des Gerinnes gemäßigt bleibt, die Querbeschleunigungen zur Strömungsrichtung vernachlässigbar sind, die Strömung annähernd gleichförmig über den Querschnitt ist und die Reibung des Fluids sich verhält wie bei einer stationären, gleichförmigen Betrachtung. In einer Arbeit, welche die grundsätzliche Struktur von Gewässergütemodellen analysiert und Empfehlungen für die Entwicklung neuer Modelle gibt, stellen SHANAHAN et al. (2001) fest, dass die Saint-Venant-Gleichungen meist nicht vollständig gelöst werden. Um einen erheblichen rechnerischen Aufwand zu vermeiden, kommen typischerweise Vereinfachungen der Gleichungen zum Einsatz. Im Allgemeinen wird bei den Vereinfachungen die Kontinuitätsgleichung 3.19 beibehalten und in der Bewegungsgleichung 3.20 werden einzelne Terme vernachlässigt. Die für die Flutwellenausbreitung wichtigsten Formen der Bewegungsgleichung sind in Tabelle 3.1 zusammengefasst (z. B. CHOW, 1964; HENDERSON, 1966; MAHMOOD & YEVJEVICH, 1975; MARTIN & MCCUTCHEON, 1999). Tab. 3.1: Bewegungsgleichung verschiedener eindimensionaler hydrodynamischer Flood-Routing-Verfahren zeitabhängige ortsabhängige druckabhängige Durchflussänd. Durchflussänd. Durchflussänderung Durchflussänd. Durchflussänd. inf. Schwerkraft inf. Reibung (1) Saint-Venant-Gleichung, vollständiger dynamischer Ansatz Q t + x (β I Q2 A ) +g x (A h) gai S +gai R = 0 (2) stationärer ungleichförmiger Ansatz (3) Diffusive Welle (4) Kinematische Welle + x (β I Q2 A ) +g x (A h) gai S +gai R = 0 +g x (A h) gai S +gai R = 0 gai S +gai R = 0 (5) Gravitationswelle Q t + x (β I Q2 A ) +g (A h) = 0 x

45 Hydraulik 21 Die in Tabelle 3.1 (2) gezeigte erste Vereinfachung besteht darin, die zeitabhängige Durchflussänderung und damit den Zeitbezug in der Bewegungsgleichung zu vernachlässigen. Die resultierende Gleichung entspricht einer stationären ungleichförmigen Bewegungsgleichung. Der zeitliche Bezug wird bei dieser Annahme über die Kontinuitätsgleichung 3.19 hergestellt. In einer nächsten Stufe können die Ungleichförmigkeiten in der Fließrichtung und damit die ortsabhängige Durchflussänderung vernachlässigt werden (Tabelle 3.1 (3)). In der Literatur wird dieser Ansatz als trägheitsvernachlässigender Ansatz (TSAI, 2002), als Diffusionsanalogie (MARTIN & MCCUTCHEON, 1999) oder als diffusive Welle (SINGH, 1996) bezeichnet. Die wohl bekannteste Form der vereinfachten Bewegungsgleichung ist die kinematische Welle (Tabelle 3.1 (4)). Hier wird zu den bereits erwähnten Annahmen auch die druckabhängige Durchflussänderung vernachlässigt. Die Neigung der Reibungsverluste über die Fließstrecke ist bei einer kinematischen Welle der Neigung der Sohle gleichgesetzt. Die Gravitationswelle ist als Flood-Routing-Verfahren für die Modellierung von Hochwasserwellen in Fließgewässern ungeeignet und ist in Tabelle 3.1 (5) nur aus Gründen der Vollständigkeit aufgeführt. Nach SINGH (2004) können mit den vereinfachten Formen der Saint-Venant-Gleichungen die meisten praxisrelevanten Problemstellungen angemessen beschrieben werden. Dabei wird in der Literatur am häufigsten mit den hier als kinematische und als diffusive Welle betitelten Ansätzen gearbeitet. Da die kinematische Welle als Sonderfall einer diffusiven Welle mit vernachlässigter Diffusion aufgefasst werden kann, wird nachfolgend lediglich die Linearisierung der Gleichung für eine diffusive Welle vorgestellt. Linearisierung der diffusiven Wellengleichung Um eine numerische Lösung für die Kontinuitätsgleichung und die Bewegungsgleichung einer diffusiven Welle zu ermöglichen, führt SINGH (1996) eine Linearisierung der hydraulischen Gleichungen durch. SINGH (1996) nähert dazu den für die Flutwellenausbreitung relevanten Querschnitt als breiten Rechteckquerschnitt. Nach Einführung des breitenbezogenen Durchfluss q mit q = Q B = v h (3.21) kann die Kontinuitätsgleichung für den einfachen Fall, dass keine seitlichen Zuflüsse berücksichtigt werden, mit h t + q x = 0 (3.22)

46 22 Kapitel 3 beschrieben werden. B steht hier für die Breite des Querprofils an der Wasseroberfläche, v für die mittlere Fließgeschwindigkeit und h für die mittlere Fließtiefe. Die Bewegungsgleichung der diffusiven Welle (Tabelle 3.1 (3)) wird umgestellt zu h A x + A h x = AI S AI R. (3.23) Bei breiten Gerinnen mit großer Böschungsneigung ist der Term h A x deutlich kleiner als A h x und wird daher vernachlässigt. Gleichung 3.23 kann mit dieser Näherung umgeformt werden zu h x = I S I R = I S q2 (3.24) CCh 2 h3 wobei I R mit Hilfe der de Chézy Gleichung durch I R = v 2 C 2 Ch r hyd = q2 C 2 Ch h3 (3.25) ersetzt wird. C Ch steht für den Geschwindigkeitsbeiwert und der hydraulische Radius r hyd wird in breiten Gerinnen zu r hyd = h angenommen. Differenzieren der Bewegungsgleichung 3.24 nach t führt zu 2 h t x = 2q q CCh 2 h3 t + 3q2 h CCh 2 h4 t (3.26) und Differenzieren der Kontinuitätsgleichung 3.22 nach x ergibt 2 h t x = 2 q. x 2 Nach Einsetzen der Gleichung 3.27 in Gleichung 3.26 und Ersetzen von h t Gleichung 3.22) gilt (3.27) durch q x (aus 2 q x 2 = 2q q CCh 2 h3 t + 3q2 q CCh 2 h4 x. (3.28) Nach Umstellung der Gleichung 3.28 und Einsetzen des für rechteckige Gerinne gültigen Zusammenhangs für die Wellengeschwindigkeit c mit c = 3 2 v (3.29)

47 Hydraulik 23 ergibt sich mit q t + c q x = D 2 q ch (3.30) x 2 D ch = 27C2 Ch q2 16c 3. (3.31) Gleichung 3.30 kann für den Fall einer gleichförmigen Geometrie mit der Breite B zu der von MILLER & CUNGE (1975) beschriebenen Form Q t + c Q x = D 2 Q ch (3.32) x 2 erweitert werden. 3.4 Hydraulisches Konzept Einführung Das Ziel der vorgelegten Arbeit, die Prozesse der lang- und kurzfristigen Zeitskala zu verbinden, wirkt sich auch auf die Umsetzung der hydraulischen Berechnung aus. Der lange Simulationszeitraum und die durch den probabilistischen Ansatz bedingte häufige Wiederholung der Simulationen führt zu einer insgesamt sehr großen Simulationszeit, die aufsummiert oft mehrere tausend Jahre beträgt. Das Konzept für die hydraulische Modellierung muss daher so ausgelegt sein, dass eine Modellsteuerung für die jeweiligen Anforderungen eine ausreichend genaue und möglichst schnelle Simulation realisiert. Um dies zu erreichen, wird in Abhängigkeit der jeweiligen Randbedingungen entschieden, welcher der nachfolgend aufgeführten hydraulischen Modellbausteine zum Einsatz kommt Stationäre Randbedingungen Auch wenn der Abfluss in Fließgewässern beispielsweise bei Hochwasserereignissen sehr wechselhaft ist, so gibt es aber auch lange Phasen in denen sich der Durchfluss nur wenig verändert. SCHLAEGER (2003) führt aus, dass es in solchen Zeiträumen ausreichend ist, den Durchfluss als stationär zu betrachten und für längere Phasen mit einem über die Zeit gemittelten Durchfluss zu rechnen.

48 24 Kapitel 3 Um eine vollständige stationäre Berechnung während der Langfristsimulation zu vermeiden, formuliert SCHLAEGER (2003) bei dem Modellaufbau an jedem einzelnen Querprofil funktionale Abhängigkeiten zwischen den relevanten hydraulischen Größen und dem Durchfluss. Auf diese Weise kann die stationäre Berechnung erheblich abgekürzt und zudem numerisch sehr stabil durchgeführt werden. Nachteilig wirkt sich bei diesem Vorgehen aus, dass die Erstellung der funktionalen Abhängigkeiten einen erheblichen händischen Aufwand benötigt und Veränderungen der Fließgewässergeometrie zu einem erneut großen Arbeitsaufwand führen. Aufgrund der genannten Vorteile wird nachfolgend die Idee einer vorgefertigten stationären Berechnung aufgegriffen. Allerdings wird eine gegenüber SCHLAEGER (2003) veränderte Vorgehensweise gewählt, welche die Beziehungen zwischen Durchfluss und anderen hydraulischen Größen automatisch findet und einen wesentlich zügigeren Modellaufbau ermöglicht. Das selbstständige und schnelle Verfahren versetzt den Anwender in die Lage, zukünftig relevante Veränderungen in der Fließgewässergeometrie zu berücksichtigen (z. B. geplanter Rückbau eines Wehres). Bei der automatisierten Vorgehensweise werden nach Festlegung der geometrischen Randbedingungen Datensätze nach dem Prinzip einer Schlüsselkurve angelegt. Ausgehend von einem minimalen Abfluss Q min und einem maximalen Abfluss Q max werden weitere j 2 Stützstellen beispielsweise in quadratischer Form Q k = ( k 1 ) 2(Qmax Q min ) + Q min mit 2 k j 1 (3.33) j 1 gewählt. Für die j Durchflussvarianten werden stationäre Vorabberechnungen mit ESNA (ROUVÉ, 1987; ESNA, 1995) durchgeführt. Die Berechnungsergebnisse werden für alle j Durchflüsse und über alle Knoten der Fließstrecke in Dateien nachfolgend als hydraulische Zustandsmatrizen bezeichnet systematisch abgelegt. Sowohl für das Hauptgerinne als auch für die Vorländer werden für die hydraulischen Parameter Fließtiefe, Fließgeschwindigkeit, hydraulischer Radius, Sohlschubspannung, durchflossene Fläche usw. hydraulische Zustandsmatrizen angelegt. Auf diese Weise entstehen detaillierte Kenntnisse über das Fließgewässer, die auch in der später beschriebenen instationären Berechnung (Kapitel 3.5.3) Verwendung finden. Die Simulation stationärer Perioden während der Langfristbetrachtung kann aus den zuvor angelegten Datensätzen zu einer schnellen und robusten Interpolationen vereinfacht werden. Eine entsprechend große Anzahl von j Stützstellen (beispielsweise j = 100) und die Wahl einer Interpolation 2. Ordnung reduzieren den zu erwartenden interpolationsbedingten Fehler Wiederholt identische instationäre Randbedingungen Instationäre Ereignisse, wie beispielsweise Hochwasser, können mit dem in Kapitel vorgestellten Verfahren nicht abgebildet werden. Wird ein Simulationszeitraum infolge der

49 Hydraulik 25 Monte-Carlo-Methode häufig modelliert und wiederholen sich aufgrund hydraulisch unveränderter Randbedingungen auch die verschiedenen Hochwasserereignisse in diesem Simulationszeitraum, kann es sinnvoll sein, die verschiedenen Hochwasserereignisse vorab zu berechnen und bei ihrem Eintreten die vorgefertigten Simulationsergebnisse einzulesen. Für diesen Zweck wird eine Schnittstelle eingerichtet, die das Einlesen einer bereits vorgefertigten instationären Hydraulik ermöglicht. Ein Vorteil dieses Verfahrens liegt darin, dass die Rechenzeit einer wiederholten Berechnung des Systems mit identischen Randbedingungen durch den Einsatz der vorgefertigten Berechnungen eingespart werden kann. Zudem wird die instationäre Berechnung während der Langfristsimulation zu einer simplen Einleseroutine vereinfacht und damit eine sehr hohe Stabilität erreicht. Darüber hinaus kann für die Erstellung der vorgefertigten Datensätze auf beliebige Software zurückgegriffen werden, die nicht mit dem Gütemodell gekoppelt werden muss. Die Nutzung eingeführter und bewährter Systeme ist somit möglich, zieht allerdings einen zusätzlichen händischen Aufwand nach sich. Bei einer probabilistischen Langfrist-Gewässergütemodellierung ist es erstrebenswert, den unbekannten zukünftigen Abfluss mit einem zufälligen Anteil streuen zu lassen. In einem solchen Fall ist es sehr unwahrscheinlich, dass sich, bei einer auf der Monte-Carlo-Methode basierenden neuerlichen Berechnung des Simulationszeitraums, ein identischer hydraulischer Zustand einstellt. Die Variabilität in den Randbedingungen wird zu einer großen Anzahl verschiedener instationärer Ereignisse führen und damit den Vorteil dieses Ansatzes aufheben. Ein weiterer wichtiger Nachteil einer vorgefertigten instationären Hydraulik ist, dass die Rückkopplung der Güteergebnisse auf wasserwirtschaftliche und damit hydraulisch relevante Entscheidungen ausgeschlossen ist. Da die Einbindung der Modellergebnisse in die Bewirtschaftungsstrategie aber ein Ziel dieser Arbeit ist, muss für diese Aufgabe eine andere Möglichkeit gefunden werden, instationäre hydraulische Berechnungen zu berücksichtigen Wechselhafte instationäre Randbedingungen Aufgrund der in Kapitel beschriebenen Nachteile einer vorgefertigten instationären Berechnung wird eine Möglichkeit gesucht, in vereinfachter aber ausreichend genauer Form eine schnelle instationäre Simulation durchzuführen. Dabei gilt es, die Rechenzeit zu minimieren und eine große Stabilität der Berechnungen zu ermöglichen. Der Aufgabenschwerpunkt des zu erstellenden Moduls liegt im Bereich von vergleichsweise langsam ablaufenden aber eindeutig instationären Hochwasserwellen. Hier kommen die in Kapitel 3.3 vorgestellten Flood- Routing-Verfahren zum Einsatz. Vereinfachte Flood-Routing-Verfahren basieren nach PREISSMANN (1974) auf der Annahme, dass es auch im Hochwasserfall meist einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Durchfluss und Fließtiefe gibt. Auch wenn es Ausnahmen gibt, in denen auch Hystereseprozesse Berücksichtigung finden (SINGH, 1996; PONCE & LUGO, 2001), wird diese Modellvorstellung

50 26 Kapitel 3 in modernen Flood-Routing-Verfahren auch heute noch angesetzt. Sie ermöglicht bei der Berechnung der verschiedenen hydraulischen Größen eines noch unbekannten Zeitschrittes n+1 ein in drei Stufen entkoppeltes Berechnungsschema. 1. Ausgehend von einem Initialzustand mit einem bekannten hydromechanischen Zustand wird die Wellenausbreitungsgeschwindigkeit c und der Diffusionskoeffizient D ermittelt. 2. Anschließend wird der Durchfluss an den Knoten der räumlichen Diskretisierung für den Zeitschritt n + 1 berechnet. 3. Abschließend vervollständigt eine Berechnung der hydraulischen Größen die Berechnung des neuen Zeitschrittes n + 1. Dazu kann auf die in Kapitel beschriebenen hydraulischen Zustandsmatrizen zurückgegriffen werden. In Kapitel 3.5 werden diese Punkte ausführlicher erläutert Umsetzung Mit dem Modell ESNA werden zunächst 100 verschiedene stationär ungleichförmige Abflusszustände berechnet und aus den Simulationsergebnissen werden hydraulische Zustandsmatrizen erstellt (Abbildung 3.2). Dabei ist es das Ziel, für jeden praxisrelevanten Abfluss und für jede Stationierung des Fließgewässers alle notwendigen hydraulischen Größen über eine einfache Interpolation berechnen zu können. Bei entsprechender Auslegung der stationären Vorabberechnungen erlaubt es das Prinzip der hydraulischen Zustandsmatrizen auch vom Durchfluss abhängige Veränderungen in die spätere hydraulische Berechnung aufzunehmen. So können beispielsweise abflussabhängige Regelvorschriften einer Wehrsteuerung berücksichtigt werden. Darüber hinaus kann auch die geometrische Unterscheidung zwischen strömungsberuhigten Randbereichen und Hauptabflusszone mit den in den Matrizen abgespeicherten Kenntnissen automatisiert werden. Letzteres ist vor allem für das später vorgestellte Sedimentmodul ein wichtiges Hilfsmittel. Nach dem vorgestellten Preprocessing wird die Langfristsimulation ausgeführt. Diese benutzt eine große Zeitschrittweite von beispielsweise einem Monat. Ist für einen Zeitschritt des Langfristmodells eine stationäre Berechnung ausreichend, werden die gesuchten hydraulischen Größen aus den Zustandsmatrizen interpoliert. Wird hingegen aufgrund eines Hochwassers o. ä. eine instationäre Berechnung erforderlich, wird der betrachtete Zeitraum in kleinere Zeitschritte unterteilt und eine Berechnungsschleife über die kleinen Zeitschritte ausgeführt. Nach Berechnung der Wellengeschwindigkeit, der Translation und Verformung der Abflusswelle werden die restlichen hydraulischen Größen in Abhängigkeit vom Durchfluss ebenfalls aus den Zustandsmatrizen interpoliert.

51 Hydraulik 27 Preprocessing Q ; 1 k 100 k stationär ungleichförmiger Modellansatz (ESNA) hydraulische Zustandsmatrizen Zugriff Fließtiefe, Fließgeschwindigkeit, Sohlschubspannung,... linker Randbereich Hauptabflusszone rechter Randbereich Zeitschritt der Langfristprognose stationäre Berechnung instationäre Berechnung Zugriff Zeit +1 Interpolation aus hydr. Zustandsmatrizen Zeit +1 Wellengeschwindigkeit Verformung und Translation der Abflusskurve Interpolation aus hydr. Zustandsmatrizen Abb. 3.2: Übersicht über das umgesetzte hydraulische Konzept Die in Kapitel beschriebene Möglichkeit, instationäre Vorabberechnungen durchzuführen und bei Bedarf einzulesen, wird im Weiteren aus Gründen mangelnder Flexibilität nicht verfolgt.

52 28 Kapitel Berechnung einer instationären Hydraulik mit vereinfachten Flood-Routing-Verfahren Wellengeschwindigkeit Die Geschwindigkeit einer Hochwasserwelle c setzt sich zusammen aus der Strömungsgeschwindigkeit des Fluids v und der überlagerten Ausbreitungsgeschwindigkeit. Die Wellengeschwindigkeit c wird mit einer für kinematische Wellen aufgestellten Gleichung berechnet. Diese leitet SINGH (1996) aus einer weitergehenden Betrachtung der Kontinuitätsgleichung Q x + A t = 0 (3.34) ab. Nach einigen Umformungen kommt SINGH (1996) zu dem in der Literatur (z. B. JOBSON & HARBAUGH, 1999) auch als als Kleitz-Seddon-Gesetz bekannten Zusammenhang dx dt = c = dq da. (3.35) Nach Berücksichtigung der Kontinuitätsgleichung Q = A v (3.36) ergibt sich c = d(a v) da = v + A dv da. (3.37) Da für die verschiedenen stationären Durchflüsse die hydraulischen Größen bereits bekannt und in einer Zustandsmatrix abgelegt sind (Kapitel 3.4.2), kann der Term dv bei einem Durchfluss Q da mit dv da = v(q k+1) v(q k ) A(Q k+1 ) A(Q k ) (3.38) ermittelt werden. Q k+1 steht dabei für einen etwas größeren und Q k für einen etwas kleineren Durchfluss als Q. Hier zeigt sich ein weiterer Nutzen der in Kapitel beschriebenen hydraulischen Zustandsmatrizen.

53 Hydraulik Berechnung des Durchflusses Der eigentliche Kern der Flood-Routing-Verfahren besteht aus der Berechnung der Wellenausbreitung. Dabei wird entweder die Veränderung der Fließtiefe oder des Durchflusses betrachtet. Im Folgenden werden zwei Verfahren zur Simulation der Durchflussänderung ausgewählt. Dabei handelt es sich um ein hydrologisches und ein hydraulisches Verfahren. Aus der Gruppe der hydrologischen Modelle wird ein Muskingum-Cunge-Verfahren mit angepasster Diffusivität und variablen Parametern nach Gleichung 3.12 mit einem Diffusionskoeffizienten nach Gleichung 3.18 angesetzt. Auf diesen oder leicht abgewandelten Ansätzen basieren auch die anerkannten Modelle HEC-1 (USACE, 1994), MIDUSS (ALAN A. SMITH INC., 2004) und RiverWare (BOROUGHS & ZAGONA, 2002) sowie die Arbeiten von LITRICO & GEORGES (1997), PONCE & LUGO (2001) und weitere. Aus der Gruppe der hydraulischen Modelle wird ein diffusives Verfahren nach Gleichung 3.32 mit dem Diffusionskoeffizienten nach Gleichung 3.31 gewählt. Das Modell RIVTOX (ZHELEZNYAK et al., 2003) löst ebenfalls Gleichung 3.32, berücksichtigt dabei allerdings einen etwas anders gewählten Diffusionskoeffizienten. Auch SINGH et al. (1998), MOUSSA & BOCQUILLON (2000) und andere nutzen für ihre Forschungsarbeiten diese Gleichungen zur Berechnung einer Flutwellenausbreitung Berechnung aller weiteren hydraulischen Größen Die Annahme eines eindeutigen Zusammenhangs zwischen dem Durchfluss und der Fließtiefe vereinfacht die Bestimmung der noch unbekannten hydraulischen Parameter Fließtiefe, hydraulischer Radius, Fließgeschwindigkeit, Wasserspiegelbreite usw. Dabei unterscheiden sich die in dieser Arbeit umgesetzten Flood-Routing-Ansätze von den Modellen in der Literatur dadurch, dass die aus den umfangreichen stationären Berechnungen gewonnenen Kenntnisse über das Gewässer besonders intensiv für die instationären Berechnungen genutzt werden. In der Literatur werden zur Abbildung des Zusammenhangs zwischen Durchfluss und sonstigen hydraulischen Größen oft vereinfachte funktionale Zusammenhänge wie beispielsweise die Manning-Strickler-Gleichung oder vergleichbare Funktionen gewählt. Im Gegensatz dazu ermöglicht das hier umgesetzte Konzept mit hydraulischen Vorabberechnungen, die Größen aus den für den stationären Zustand (Kapitel 3.4.2) berechneten Zustandsmatrizen zu bestimmen. Die für die Datenerstellung genutzten vollständigen stationären Gleichungen lassen erwarten, dass dieses Vorgehen beispielsweise bei geometrischen Ungleichförmigkeiten in rückstaugeprägten Bereichen oder bei strukturierten Gerinnen bessere Ergebnisse liefert. Zudem können die hydraulischen Größen differenziert nach linkem bzw. rechtem Vorland und Hauptgerinne unterschieden werden. Kleinere Fließgeschwindigkeiten in den Randbereichen des Fließgewässers und ihre Bedeutung für den Schwebstofftransport können auf diese Weise erfasst werden.

54 30 Kapitel Anwendungsgrenzen kinematischer und diffusiver Wellenmodelle Anwendungsgrenzen kinematischer Wellenmodelle In der Literatur sind verschiedene Grenzen für die Modellvorstellung einer kinematischen Welle aufgeführt. Im Folgenden werden vier Beispiele vorgestellt. MAHMOOD & YEVJEVICH (1975) beschreiben eine Abgrenzung zwischen einer kinematischen und einer dynamischen Welle. Sie gehen immer dann von einer kinematischen Welle aus, wenn sich die dynamische Welle so schnell ausbreitet, dass sie der eigentlichen Welle vorausläuft und sich im Unterwasser abschwächt. Sie stellen dieser Überlegung folgend einen Vergleich der beiden Wellenausbreitungsgeschwindigkeiten an. Für einen rechteckigen Fließquerschnitt beträgt die Wellenausbreitungsgeschwindigkeit einer dynamischen Welle ( dx ) = v + gh (3.39) dt dyn und einer kinematischen Welle nach de Chézy ( dx ) = C Ch grhyd. (3.40) dt kin Mit der für breite Gerinne üblichen Näherung, dass der hydraulische Radius r hyd der Fließtiefe entspricht und mit der Froudezahl F F = v I S = C Ch gh g (3.41) stellen MAHMOOD & YEVJEVICH (1975) fest, dass bei einer Froudezahl von 2 die Geschwindigkeit der kinematischen und dynamischen Welle gleich ist. Sie schließen daraus, dass bei diesem Strömungszustand die Bedeutung der beiden Wellenarten für die Flutwellenausbreitung ebenfalls gleich ist. Sie weisen ferner darauf hin, dass bei kleiner werdender Froudezahl der Einfluss der dynamischen Welle sehr schnell abnimmt. In einem weiteren Ansatz zur Ermittlung der Anwendungsgrenzen kinematischer Wellen führen WOLLHISER & LIGGETT (1967) ähnlich zur Froudezahl eine dimensionslose kinematischen Strömungszahl K kin mit K kin = I S L c F 2 h (3.42) ein. Berechnet wird K kin mit der Fließgewässerlänge L c, der Sohlneigung I S und der mittleren Fließtiefe h. Nach MAHMOOD & YEVJEVICH (1975) ist die Betrachtung einer kinematischen

55 Hydraulik 31 Welle bereits ab einer kinematischen Strömungszahl von K kin 10 zulässig. In etwas engeren Grenzen sehen WOLLHISER & LIGGETT (1967) das Anwendungsfeld der kinematischen Welle. Sie zeigen, dass ab K kin = 20 die kinematische Welle eine gute Abbildung der Realität darstellt. PONCE et al. (1978) führen zur Ermittlung der Anwendungsgrenze kinematischer Wellenmodelle ausgehend von der Dauer einer Hochwasserwelle T wp die dimensionslose Periode einer sinusförmigen Initialwelle T mit T = T wp I S v h (3.43) ein. Für eine Genauigkeit der Modellergebnisse mit Abweichungen von weniger als 10 %, 5 % bzw. 1 % muss die dimensionslose Wellenperiode T größer als 83, 171 bzw. 873 sein. In weitergehender Literatur (z. B. MARTIN & MCCUTCHEON, 1999) wird meist eine Genauigkeit mit Abweichungen kleiner als 5 % angestrebt und damit T 171 als maßgebende Grenze angegeben. FREAD (2003) betrachtet bei seiner Einschätzung der Anwendbarkeit kinematischer Wellen ausschließlich die Zeitspanne des Wellenanstiegs T A in Stunden. Er berechnet den breitengemittelten Durchfluss q e in ft 2 /s und ermittelt für den Zusammenhang I 1,6 S T A k 1,2 st qe 0,2 0, 014 (3.44) einen erwarteten Modellfehler von weniger als 5 % Anwendungsgrenzen diffusiver Wellenmodelle Für diffusive Wellenmodelle und auch für Muskingum-Cunge-Modelle sieht FREAD (2003) die Anwendungsgrenzen deutlich breiter als bei kinematischen Modellen und gibt sie mit an. I 0,7 S T A k 0,6 st qe 0,4 0, 0003 (3.45) PONCE et al. (1978) schätzen die Anwendungsgrenzen der diffusiven Wellenmodelle auf Basis eines Quotienten der in Gleichung 3.43 vorgestellten dimensionslosen Wellenperiode T und der Froudezahl F mit T F = T wp I S g h (3.46) ab. Ein bis auf 5 % genaues Ergebnis wird bei einer Froudezahl zwischen 0,1 und 0,4 bereits bei T 16 erwartet. Bei einer größeren Bandbreite der Froudezahl zwischen 0,01 und 1,0 F ist erst ab T 45 mit einer Genauigkeit von 5 % zu rechnen. Für den allgemeinen Anwendungsfall empfehlen PONCE et al. (1978) diffusive Wellenmodelle ab T 30 F einzusetzen. F

56 32 Kapitel Ganzheitliche Konzepte für Anwendungsgrenzen Besonders übersichtlich gestalten MOUSSA & BOCQUILLON (2000) die von ihnen gefundenen Grenzen der Anwendbarkeit. Sie identifizieren für die verschiedenen Vereinfachungen der Bewegungsgleichung (vgl. Tabelle 3.1) auf der Grundlage einer linearen Störungstheorie Zonen guter Näherungen. Sie finden in Abhängigkeit von der für eine stationäre Strömung berechneten Froudezahl F und der dimensionslosen Periode T einer sinusförmigen Initialwelle (Gleichung 3.43) Bereiche, in denen die vereinfachten Formen der Saint-Venant-Gleichungen einen vernachlässigbaren Fehler erwarten lassen. MOUSSA & BOCQUILLON (2000) stellen die Zonen guter Annäherung für ein Gerinne ohne Vorland (Gesamtbreite zu Breite des Hauptgerinnes = 1) sowie für ein Gerinne mit einem breiten Vorland (Gesamtbreite zu Breite des Hauptgerinnes = 20) grafisch dar (Abbildung 3.3 und 3.4). In diesen Diagrammen sind in Abhängigkeit der Froudezahl und der dimensionslosen Wellenperiode zulässige Anwendungsbereiche als Flächen dargestellt Gravitationswelle Froudezahl F [-] 10 0 Vollständige Saint-Venant-Gleichungen Kinematische Welle Diffusive Welle dimensionslose Wellenperiode T* [-] Abb. 3.3: Zonen guter Näherung für Gerinne ohne Vorland; Gesamtbreite zu Breite des Hauptgerinnes = 1 (verändert nach Moussa & Bocquillon, 2000) Ein Vergleich der Abbildungen 3.3 und 3.4 macht deutlich, dass ein breiteres Vorland die Anwendbarkeit kinematischer Wellenansätze deutlich einschränkt und stattdessen diffusive Wellenmodelle eingesetzt werden müssen. Bei erhöhten Froudezahlen werden bei Gerinnen mit ausgeprägtem Vorland die Anwendungsgrenzen beider vereinfachter Modellansätze enger.

57 Hydraulik Gravitationswelle Froudezahl [-] 10 0 Vollständige Saint-Venant-Gleichungen Diffusive Welle Kinematische Welle dimensionslose Periode [-] Abb. 3.4: Zonen guter Näherung für Gerinne mit einem breiten Vorland; Gesamtbreite zu Breite des Hauptgerinnes = 20 (verändert nach Moussa & Bocquillon, 2000) Die in den Abbildungen 3.3 und 3.4 grafisch als scharfe Linie gezeichneten Grenzen täuschen eine deutlichere Abgrenzung der verschiedenen Verfahren vor, als es eigentlich gerechtfertigt ist. MOUSSA & BOCQUILLON (1996) weisen darauf hin, dass in manchen Fällen auch Modellierungsansätze außerhalb der vorgestellten Grenzen gute Ergebnisse liefern können. Trotzdem geben die Abbildungen einen guten Eindruck davon, unter welchen Bedingungen tendenziell mit welchen Modellansätzen gearbeitet werden darf. Ein tabellarisches Konzept zur Aufschlüsselung der Anwendungsgrenzen verschiedener Flood-Routing-Verfahren wird in USACE (1994) vorgestellt. Hier werden Anwendungsgrenzen der verschiedenen Flood-Routing-Modelle zusammengetragen. Die Arbeit stützt sich besonders auf PONCE et al. (1978). In Tabelle 3.2 werden die in den Kapiteln und vorgestellten Verfahren Muskingum, Muskingum-Cunge, kinematische Welle, diffusive Welle und vollständig dynamischer Ansatz in geeignete oder ungeeignete Verfahren einsortiert. USACE (1994) kann darüber hinaus entnommen werden, dass bei der Überprüfung der Anwendungsgrenzen eines Flood-Routing-Verfahrens Rückstaueffekte und die Überströmung von Vorländern besonders zu überprüfen sind. Aus den vorgestellten Grenzen geht hervor, dass diffusive Wellenmodelle einen breiteren Anwendungsbereich als kinematische Wellenmodelle besitzen. Als typischer Anwendungsfall wird beispielhaft ein für diese Arbeit relevanter Tieflandfluss mit einer Gerinneneigung von I S = 0,5, einer mittleren Fließgeschwindigkeit von v = 1 m/s, einer mittleren Fließtiefe von h = 1 m und einer minimalen Dauer des Hochwasserereignisses von T wp = 5 d betrachtet.

58 34 Kapitel 3 Aus diesen Randbedingungen ergibt sich eine Froudezahl F = 0,32 und eine dimensionslose Wellenperiode von T = 216. Bei einem solchen Fließgewässer ist sowohl eine Modellierung mit dem in Kapitel gezeigten Muskingum-Cunge-Verfahren als auch mit dem in Kapitel vorgestellten diffusiven Wellenmodell empfehlenswert. Nachfolgend wird daher die numerische Umsetzung beider Methoden vorgestellt. Tab. 3.2: Anwendungsgrenzen der verschiedenen Flood-Routing-Ansätze nach USACE (1994) (die Neigungsgrenzen wurden aus den britischen Einheiten [ft/mile] in das metrische System [-] überführt) Relevante Faktoren für die Wahl geeignete Verfahren ungeeignete Verfahren eines Flood-Routing-Verfahrens 1. Keine Kalibrierungsdaten Muskingum-Cunge Muskingum vorhanden kinematische Welle diffusive Welle vollständig dynamischer Ansatz 2. Signifikanter Rückstau, der diffusive Welle Muskingum die Abflussganglinie beeinflusst vollständig dynamischer Ansatz Muskingum-Cunge kinematische Welle 3. Die Flutwelle überströmt alle hydrologischen und Muskingum die Vorländer hydraulischen Modelle, die hydraulische Eigenschaften des Hauptgerinnes getrennt vom Vorland berechnen können. 4. Gerinneneigung > 1,89 alle vorgestellten Modelle und Twp I S v h Gerinneneigung zwischen 0,39 Muskingum kinematische Welle bis 1,89 und Twp I S v h < 171 Muskingum-Cunge diffusive Welle vollständig dynamischer Ansatz 6. Gerinneneigung < 0,39 Muskingum-Cunge Muskingum und T wp I g S h 30 diffusive Welle kinematische Welle vollständig dynamischer Ansatz 7. Gerinneneigung < 0,39 vollständig dynamischer Ansatz alle anderen und T wp I S g h < 30

59 Hydraulik Numerische Umsetzung der Flood-Routing-Verfahren Allgemeines Die in den Kapiteln und vorgestellten Gleichungen zur Berechnung der Flutwellenausbreitung können im allgemeinen Fall nur numerisch gelöst werden. Ermöglicht wird die numerische Lösung mit einer Diskretisierung des Abflussgeschehens in Raum und Zeit. Für die räumliche Diskretisierung gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Ansätze. Die meisten in der Literatur umgesetzten Flood-Routing-Verfahren arbeiten mit der Finite-Differenzen-Methode und einige mit dem Charakteristikenverfahren. Vollständigkeitshalber sei erwähnt, dass eine räumliche Diskretisierung auch mit dem Finite-Volumen, Finite-Elemente oder anderen Verfahren durchgeführt werden kann. Eine Einführung zu diesen Verfahren geben beispielsweise FERZIGER & PERIC (1999) oder FORKEL (2004). In dieser Arbeit wird auf das Finite-Differenzen-Schema mittels zentraler Differenzen unter zu Hilfenahme der drei Profile i, i 1 und i + 1 zurückgegriffen. Für diesen Fall lautet nach FERZIGER & PERIC (1999) die erste Ableitung u x = u i+1 u i 1 x i+1 x i 1 (3.47) und die zweite Ableitung 2 u x = u i+1(x i x i 1 ) + u i 1 (x i+1 x i ) u i (x i+1 x i 1 ) 2 (x i+1 x i ) 2 (x i+1 x i ). (3.48) Die zeitliche Diskretisierung wird in der Flutwellenberechnung ebenfalls mittels Finite-Differenzen-Verfahren durchgeführt und ähnelt dem Vorgehen bei räumlicher Diskretisierung. Die Zeitschrittweite wird hierbei allerdings mit t konstant gewählt. Eine für numerische Problemstellungen typische Zeitabhängigkeit findet sich in der in Kapitel vorgestellten linearisierten Bewegungsgleichung Wird in Gleichung 3.32 Q durch die allgemeine Größe u ersetzt und die Ableitung nach der Zeit auf eine Seite isoliert, kann durch Zusammenfassen aller Differential- und Vorfaktoren zu dem Operator L auch geschrieben werden: u t = D 2 u Ch x c u 2 x = (D 2 Ch x c ) u = Lu. (3.49) 2 x Wird diese Gleichung mit Hilfe einer zeitlichen Finite-Differenzen-Methode gelöst, ist zu unterscheiden, ob die rechte Seite aus den bekannten Zusammenhängen zum Zeitpunkt n oder aus den noch unbekannten Zusammenhängen zum Zeitpunkt n + 1 ermittelt wird.

60 36 Kapitel 3 Ein explizites Verfahren bezieht ausschließlich die bereits bekannten Größen in die Berechnung der rechten Seite ein und ergibt sich somit zu u n+1 i u n i t = Lu n i. (3.50) Der wichtigste Vorteil des expliziten Verfahrens ergibt sich aus der einfachen Isolierbarkeit der unbekannten Größe u n+1 i. Die direkte Lösbarkeit erfordert lediglich einen geringen Rechenaufwand pro Zeitschritt. Der Hauptnachteil liegt in der beschränkten Stabilität des Verfahrens, welches die Einhaltung des Courant-Kriteriums erfordert. Vor allem bei räumlichen Diskretisierungen mit teilweise kurzen Profilabständen, wie sie bei Sonderbauwerken häufig vorkommen, führt diese Beschränkung zu sehr kurzen Zeitschrittweiten und damit zur Notwendigkeit vieler Zeitschritte. Ein implizites Verfahren berücksichtigt die gesuchte Größe zum noch unbekannten Zeitschritt n + 1. Die Gleichung der finiten Zeitdiskretisierung ergibt sich somit zu u n+1 i u n i t = Lu n+1 i (3.51) und ist nicht direkt lösbar. Vielmehr ergibt sich über die Fließlänge eine Kette von Abhängigkeiten, die einem Gleichungssystem entspricht und mit einem Gleichungslöser gelöst werden muss. Je nach Komplexität des Gleichungssystems ergibt sich für den einzelnen Zeitschritt ein erhöhter Rechenaufwand. Zugleich zeichnen sich implizite gegenüber expliziten Verfahren durch eine unbeschränkte Stabilität aus, so dass auch große Zeitschrittweiten, die das Courant- Kriterium verletzen, möglich sind. In der Praxis wiegt die große Zeitschrittweite den erhöhten Rechenaufwand im einzelnen Zeitschritt meist auf. Somit sind implizite Verfahren bei praxisrelevanten Beispielen häufig schneller als explizite Verfahren. Ein von FORKEL (2004) angeführter Nachteil impliziter Verfahren ist eine je nach Zeitschrittweite erhöhte numerische Diffusion, die zu einer Verschlechterung des Simulationsergebnisses führen kann. Eine Kombination des impliziten und des expliziten Verfahrens stellt das Crank-Nicolson- Verfahren mit u n+1 i u n i t = θlu n+1 i + (1 θ)lu n i (3.52) dar. Dabei werden die beiden Verfahren über den zwischen 0,5 und 1 liegenden Wichtungsfaktor θ gewichtet addiert. Bei θ = 1,0 ergibt sich aus der Gleichung 3.53 die Gleichung für ein rein implizites Verfahren. Für θ = 0,5 wird das Ergebnis mit einem expliziten Verfahren gleich gewichtet. Mit einer Gleichgewichtung der verschiedenen Ansätze wird eine höhere Konsitenzordnung und damit eine verbesserte Genauigkeit des Simulationsergebnisses angestrebt. Eine gute Übersicht über die Konsistenzordnung der verschiedenen Finite-Differenzen- Verfahren gibt FORKEL (2004).

61 Hydraulik 37 Eine Weiterentwicklung stellt das sogenannte Preissmann-Verfahren dar (PREISSMANN, 1961). Durch eine Einbeziehung des benachbarten Profils i 1 in die zeitliche Diskretisierung entsteht ein Vierpunktschema mit u n+1 i u n i + u n+1 i 1 un i 1 2 t = θlu n+1 i + (1 θ)lu n i. (3.53) Von FREAD (1992), MARTIN & WOOL (2002) und anderen wird das Preissmann-Verfahren als besonders vorteilhaft hervorgehoben Muskingum-Cunge-Verfahren Das Muskingum-Cunge-Verfahren enthält in seiner durch die Gleichungen 3.12 bis 3.16 vorgegebenen Form bereits ein explizites Berechnungsschema. Aus der expliziten Formulierung können modelltechnische Einschränkungen resultieren. So prüfen SZÉL & GÁSBÁR (2000), inwieweit das explizite Muskingum-Cunge-Verfahren mit angepasster Diffusivität infolge der Courantzahl Cu Einschränkungen unterliegt. Die wesentlichen Einschränkungen leiten sie aus einer Betrachtung der Courantzahl Cu und der Pecletzahl P e mit P e = x c 2D P hys (3.54) ab. Mit der für Gleichung 3.11 eingeführten angepassten Diffusion D gilt P e = 1. Die von D SZÉL & GÁSBÁR (2000) aufgestellten Stabilitätskriterien können so als Cu + 1 P e Cu 1 P e Cu = t c x > 0 (3.55) = Cu + D 1 (3.56) = Cu D 1 (3.57) formuliert werden. Eine Verletzung von Ungleichung 3.55 führt laut SZÉL & GÁSBÁR (2000) zwangsläufig zu Stabilitätsproblemen. Solange aber die Strömung in die vorgesehene Richtung fließt und nicht die Strömungsrichtung ändert, ist die Ungleichung 3.55 erfüllt. Die Ungleichungen 3.56 und 3.57 sind hinreichende Bedingungen für die Stabilität. Sie müssen nicht bei jeder stabilen Lösung eingehalten werden. Bei Erfüllung ist die numerische Lösung aber automatisch stabil. Die in FREAD (1992) empfohlenen Modelleinschränkungen lauten für die zeitliche Diskretisierung des Muskingum-Cunge-Verfahrens t 1 M T A mit 10 M 20 (3.58)

62 38 Kapitel 3 und für die räumliche Diskretisierung x < 0, 5 t ( 1, 5 Q ) B I S t c 2. (3.59) Dabei steht T A für die Dauer des Wellenanstiegs und M für einen ganzzahligen Wert, der in Abhängigkeit von der Variabilität der Einlaufrandbedingung gewählt werden sollte Diffusive Welle Der in der Literatur teilweise auch als Diffusionsanalogie bezeichnete Ansatz einer diffusiven Welle mit Q t + c Q x = D 2 Q ch (3.60) x 2 wird sowohl mit dem Crank-Nicolson-Verfahren als auch mit dem Preissmann-Verfahren diskretisiert. Da in den nachfolgenden Untersuchungen das Preissmann-Verfahren zum Einsatz kommt, wird die numerische Umsetzung dieses Verfahrens nachfolgend erläutert. t Q n+1 i-1 Q n+1 i Q n+1 i+1 Dt Q n i-1 Q n i Q n i+1 Dx i-1 Dx i x Abb. 3.5: Knotenschema der finiten Differenzen

63 Hydraulik 39 Mit dem in Abbildung 3.5 dargestellten Knotenschema und einem Quellterm Q zu für seitliche Zu- und Abflüsse kann die Bewegungsgleichung in diskreter Form als Q n+1 i Q n i 2 t ( = θ c Qn+1 i Q n+1 i 1 ( +(1 θ) x i 1 c Qn i Q n i 1 x i 1 +Q zu Qn+1 i 1 Qn i 1 2 t + D Q n+1 i+1 Qn+1 i i x i D i 1 Q n+1 i Q n+1 i 1 x i 1 x i 1 ) + D Q n i+1 Qn i Q i x i D n i Qn i 1 i 1 ) x i 1 x i 1 (3.61) geschrieben werden. Gleichung 3.61 kann zu a i Q n+1 i 1 + b iq n+1 i + c i Q n+1 i+1 = z i (3.62) umformuliert werden. Die Faktoren a i, b i, c i und z i stehen für ( a i = 1 θ c 2 t 2 t ) + D i 1 x i 1 x i 1 x i 1 ( b i = 1 + θ c 2 t 2 t 2 t ) D i 1 D i x i 1 x i 1 x i 1 x i x i 1 ( c i = θ 2 t ) D i x i x i 1, (3.63), (3.64), (3.65) z i = Q n i + Q n i t Q zu + ( 2 t(1 θ) c Qn i Q n i 1 + D Q n i+1 Qn i Q i x i D n i Qn i 1 i 1 ) x i 1 x i 1 x i 1 (3.66) und sind für den Zeitschritt n bekannt. In matrizieller Schreibweise ergibt sich Gleichung 3.62 für die insgesamt I Knoten zu folgendem Gleichungssystem: b 1 c 1 a 2 b 2 c a i b i c i a I 1 b I 1 c I 1 a I b I Q n+1 1 Q n+1 2. Q n+1 i. Q n+1 I 1 Q n+1 I = z 1 z 2. z i. z I 1 z I (3.67)

64 40 Kapitel 3 Dabei ist der Durchfluss Q n+1 1 durch eine Abflussganglinie vorgegeben. Im letzten Profil I wird die Diffusion vernachlässigt und damit eine kinematische Welle angenommen. Die Koeffizientenmatrix auf der linken Seite ist eine Tridiagonalmatrix und kann daher mit dem beispielsweise in BROWN & BARNWELL (1985) beschriebenen Eliminationsverfahren gelöst werden. 3.8 Zusammenfassung In Kapitel 3 wird ein hydraulisches Konzept für die zeitskalenübergreifende Langfristgewässergütemodellierung entwickelt. Zentrale Bausteine sind dabei ein Preprocessing, in dem hydraulische Zustandsmatrizen angelegt werden, sowie ein stationäres und ein instationäres Hydraulikmodul. Letzteres wird mit Hilfe von Flood-Routing-Verfahren umgesetzt. Nach einer theoretischen Vorstellung verschiedener hydrologischer und hydraulischer Flood- Routing-Verfahren werden das hydrologische Muskingum-Cunge-Verfahren und der hydraulische Ansatz einer diffusiven Welle für eine weitere Verwendung in dieser Arbeit ausgewählt. Auf die Anwendungsgrenzen der beiden Flood-Routing-Modelle wird ausführlich eingegangen, und abschließend wird anhand eines typischen Beispiels gezeigt, dass die ausgewählten Ansätze für die Aufgabenstellung geeignet sind. Der hydrologische Ansatz wird mit einem expliziten Berechnungsschema und der hydraulische Ansatz mit dem Preissmann-Verfahren numerisch umgesetzt.

65 41 4 Validierung des Hydraulikmoduls 4.1 Allgemeines Nach der Vorstellung der Theorie von zwei grundsätzlich geeigneten Berechnungsverfahren in Kapitel und wird nachfolgend in verschiedenen Beispielen die Gültigkeit der beiden Verfahren überprüft. Mit Hilfe der Validierung beider Modellansätze wird zudem die vom Anwender zu treffende Entscheidung für einen der Ansätze vorbereitet. Eine übliche Vorgehensweise bei der Validierung eines numerischen Modells ist die Simulation verschiedener Testbeispiele von denen die Lösung bereits bekannt ist. Ein anschließender Vergleich der Ergebnisse gibt Aufschluss über den im Modell enthaltenen Fehler. Im Allgemeinen besitzt jedes numerische Modell Unsicherheiten. Es ist daher zu prüfen, ob die Abweichung klein genug ist, um für den Zweck ausreichend gute Ergebnisse berechnen zu können. Die zum Vergleich herangezogenen Testbeispiele können aus einfachen analytisch lösbaren Problemstellungen, aus einer numerischen Berechnung mit einem bereits validierten Modell oder aus Messdaten gewonnen werden. Der Hauptnachteil der Validierung anhand analytisch lösbarer Problemstellungen ist, dass nur für einfache Beispiele eine analytische Lösung bekannt ist und eine Validierung an praxisrelevanten Problemstellungen daher oft nicht möglich ist. Für einen Vergleich des entwickelten Modells mit anderen numerischen Berechnungen ist es empfehlenswert, auf ein Modell zurückzugreifen, das eine höhere Genauigkeit besitzt als die gewünschte Genauigkeit des zu validierenden Modells. Wird dies gewährleistet, hat die Validierung an einem numerischen Modell gegenüber der Validierung an Messungen aus der Natur folgende Vorteile: Randbedingungen wie Durchfluss, Rauheiten usw. müssen nicht mit Ungenauigkeiten gemessen oder abgeschätzt werden, sondern können in den beiden numerischen Modellen exakt gleich angenommen werden. Es stehen nicht nur an einzelnen Messpunkten ausgewählte Messgrößen zur Verfügung, sondern es können an jedem Diskretisierungspunkt zu jedem simulierten Zeitpunkt alle modellierten Größen für den Vergleich herangezogen werden. Ein Modellvergleich von numerischen Modellen ist meist kostengünstiger als Messungen.

66 42 Kapitel 4 Aus den beschriebenen Gründen wird das entwickelte Hydraulikmodul anhand numerischer Berechnungsergebnisse validiert. 4.2 Stationäre Randbedingungen Die Validierung stationärer Testbeispiele dient neben der Überprüfung der korrekten Einbindung des Modells ESNA auch dem Nachweis, dass die Interpolation zwischen den vorab berechneten Ergebnissen keinen relevanten Einfluss auf die Simulationsqualität besitzt. Die Validierung an analytisch lösbaren Beispielen zeigt gute Ergebnisse. Allerdings ist dies bei dem bereits seit mehreren Jahren erfolgreich eingesetzten Modell ESNA nicht anders zu erwarten und wird aus diesem Grund hier nicht gezeigt. Eine Ergebnisverfälschung infolge Interpolation zwischen den vorab berechneten stationären Berechnungen kann bei ausreichender Anzahl von Stützstellen nicht festgestellt werden. Wasserspiegellage [münn] 42.5, , , 40 LGpro DWA-FGSM Fluvius 1Di WSPWin Jabron Durchfluss Sohle 5.5, 5 4.5, 4 3.5, Durchfluss [m 3 /s] 39.5, Stationierung [m] , Abb. 4.1: Vergleich berechneter Wasserspiegellagen, Sohlhöhe und Durchfluss am Beispiel eines Fließabschnitts des Gladbachs Um eine Einordnung der Modellberechnungen in die Ergebnisbandbreite bekannter Modelle durchführen zu können, wird eine von ENGERS (2004) vorliegende Arbeit genutzt. Darin vergleicht er die Ergebnisse der Modelle DWA-Gewässergütemodell, Fluvius 1Di, WSPWin und Jabron am Beispiel eines etwa 1800 m langen Fließabschnitts des Gladbachs. Die von ENGERS

67 Validierung des Hydraulikmoduls 43 (2004) angesetzte Geometrie und die Randbedingungen sind vollständig bekannt und werden in Anhang A kurz erläutert. In Abbildung 4.1 sind die Wasserspiegellinien, die Sohllage und der Durchfluss des betrachteten Beispiels eingezeichnet. In die von ENGERS (2004) mit verschiedenen Modellen simulierten Wasserspiegellagen sind zusätzlich die Ergebnisse aus LGpro eingefügt. Es wird deutlich, dass die verschiedenen Modelle trotz soweit wie möglich gleich gewählter Randbedingungen unterschiedliche Wasserspiegellagen berechnen. Es ergibt sich hier eine Bandbreite von bis zu 0,20 m, in die sich die Ergebnisse aus LGpro gut einpassen. 4.3 Instationäre Randbedingungen Basisvariante Im Folgenden werden die in Kapitel 3.5 ausgewählten zwei Flood-Routing-Verfahren in verschiedenen instationären Testfällen mit Ergebnissen des allgemein anerkannten Modells HEC- RAS verglichen. HEC-RAS arbeitet mit den vollständigen Saint-Venant-Gleichungen und setzt diese mit dem Preissmann-Verfahren um (BRUNNER, 2002). Aufgrund des vollständig dynamischen Ansatzes wird davon ausgegangen, dass die Simulationsergebnisse des Modells HEC-RAS eine hohe Genauigkeit besitzen. Sie werden daher als Zielgröße für die Validierung festgelegt. Bei den Vergleichsrechnungen wird das in Kapitel vorgestellte Muskingum-Cunge- Verfahren als Modellansatz 1 und die in Kapitel beschriebene diffusive Welle als Modellansatz 2 bezeichnet. Ziel ist es, die Gültigkeit der Modellansätze für verschiedene Anwendungsfälle nachzuweisen. Als Basisvariante für die Modellvalidierung wird zunächst ein 180 km langes trapezförmiges Gerinne mit einer Sohlbreite von 5 m, einer Böschungsneigung von 0,5 und einer äquivalenten Sandrauheit von k s = 0, 05 m gewählt. Die Sohlneigung beträgt in der Basisvariante I S = 0, 1. Am unteren Ende der Fließstrecke wird als Randbedingung ein mit der Sohlneigung I S unendlich fortgeführtes Fließgewässer angenommen. Diskretisiert wird das Fließgewässer ausgehend von der Einlaufrandbedingung bei Stationierung 180 km bis zur Auslaufrandbedingung bei Stationierung 0 km mit 181 Profilen im Abstand von je 1 km. Um den eventuell verfälschenden Einfluss der unteren Randbedingung auszuschließen, wird der Vergleich der verschiedenen Modellansätze an dem Profil bei Stationierung 20 km durchgeführt. Wie in Kapitel beschrieben, werden für den stationären Fall alle hydraulischen Größen simuliert und in Zustandsmatrizen abgelegt. Stellvertretend für alle weiteren Simulationsgrößen, wie beispielsweise der mittleren Fließtiefe, dem durchflossenen Querschnitt, dem hydraulischen Radius, der Sohlschubspannung usw., ist in Abbildung 4.2 die für 100 Stützstellen berechnete Beziehung zwischen Durchfluss und maximaler Fließtiefe für die vorgestellte

68 44 Kapitel 4 8 maximale Fließtiefe [m] Durchfluss [m³/s] Abb. 4.2: Fließtiefe-Durchfluss-Beziehung aus 100 vorab simulierten stationären Berechnungen für die Basisvariante Geometrie der Basisvariante abgebildet. Es wird deutlich, dass die Beziehung hoch aufgelöst abgebildet wird und eine Interpolation für Zwischenwerte zu einem guten Ergebnis führen sollte. Als instationäres Testbeispiel wird bei Stationierung 180 km die obere Randbedingung Q 180 (t) mit einer sinusförmigen Abflussganglinie der Form Q 180 (t) = ( Q min + Qmax Q min 1 cos 2 ( πt 48 )) für 0 h t 96 h (4.1) Q 180 (t) = Q min für t > 96 h (4.2) mit Q max = 100 m 3 /s und Q min = 5 m 3 /s vorgegeben. Die Dauer des Wellenanstiegs und - abfalls beträgt jeweils 2 Tage. In Abbildung 4.3 werden die Simulationsergebnisse aus dem allgemein anerkannten instationären Hydrodynamikmodell HEC-RAS den Ergebnissen der zu validierenden Flood-Routing- Verfahren gegenübergestellt. Es sind die an der oberen Randbedingung angesetzte Initialwelle (Stationierung 180 km) und die jeweiligen Abflussganglinien bei Stationierung 20 km dargestellt. Auf der 160 km langen Fließstrecke kommt es zu einer zeitlichen Verschiebung und einer Verformung der abfließenden Welle. Nach dem Vorbild von MOUSSA & BOCQUILLON (1996) sind zudem die Durchflussamplitude a und ihre Abweichung b eingetragen. Mit diesen Größen kann die prozentuale Abweichung der Durchflussamplitude mit e D = b a 100 (4.3) bestimmt werden. In Abbildung 4.4 ist die zur Basisvariante gehörige maximale Fließtiefe über die Zeit aufgetragen. Es fällt auf, dass die Initialwelle (180 km) der HEC-RAS-Ergebnisse eine gegenüber den

69 Validierung des Hydraulikmoduls Stat.=180 km Stat.=20 km b HEC-RAS Mod. 1 Mod. 2 Durchfluss [m³/s] a Zeit [h] Abb. 4.3: Vergleich der Simulationsergebnisse für Q aus HEC-RAS, einem Muskingum-Cunge-Verfahren (Mod. 1) und einem diffusiven Wellenmodell (Mod. 2) sinusförmigen Ergebnissen der Flood-Routing-Ansätze leicht verzerrte Kurve zeichnet. Diese Abweichung ist auf Hystereseeffekte zurückzuführen, die von den Flood-Routing-Ansätzen nicht berücksichtigt werden. Neben der prozentualen Abweichung der Durchflussamplitude e D empfehlen MOUSSA & BOCQUILLON (1996) auch den prozentualen Fehler in der Amplitude der maximalen Fließtiefe e H mit e H = d c 100 (4.4) zu überprüfen. Vervollständigt wird die Validierung der Modellergebnisse durch eine Überprüfung der Massenerhaltung. Wird im abfallenden Ast der Flutwelle wieder der stationäre Basisabfluss erreicht, kann über e M = T Q n 180 T n=1 T Q n 180 n=1 Q n 20 n=1 100 (4.5) der prozentuale Massenverlust ermittelt werden. Dabei ist T der Simulationszeitraum und Q n 180 bzw. Q n 20 der Durchfluss zum Zeitschritt n in dem Profil mit der Stationierung 180 km bzw. 20 km. MOUSSA & BOCQUILLON (1996) beschreiben zwei weitere mögliche Fehlerbetrachtungen. Zum einen betrachten sie numerisch bedingte Oszillationen unmittelbar vor dem Anstieg der

70 46 Kapitel 4 maximale Fließtiefe [m] Stat.=180 km Stat.=20 km d c HEC-RAS Mod. 1 Mod Zeit [h] Abb. 4.4: Vergleich der Simulationsergebnisse für die Fließtiefe h aus HEC-RAS, einem Muskingum-Cunge-Verfahren (Mod. 1) und einem diffusiven Wellenmodell (Mod. 2) Durchflusskurve. Da bei den vorgestellten Ansätzen aber keine Oszillationen festgestellt werden, kann dieser Fehler ausgeschlossen werden. Zum anderen untersuchen MOUSSA & BOC- QUILLON (1996) eine zeitliche Verzögerung im Peak der Abflusskurve. Da für die später folgende Gewässergütemodellierung eine eventuelle zeitliche Verzögerung des Abflusspeaks weniger maßgebend als die bereits vorgestellten Größen ist, wird auch sie nicht explizit betrachtet. In Übereinstimmung mit der Literatur werden prozentuale Abweichungen der Validierungsparameter bis 5 % als gut bewertet. Bis 10 % gelten die Ergebnisse als akzeptabel. Bei größeren Abweichungen wird von einer nicht mehr ausreichenden Ergebnisqualität ausgegangen. Die verschiedenen prozentualen Fehler der zwei hydraulischen Modelle für die Basisvariante sind in Tabelle 4.1 zusammengefasst. Tab. 4.1: Prozentuale Abweichungen für die Basisvariante e D e H e M [%] [%] [%] Modellansatz 1 2,2 1,8 2,7 Modellansatz 2 3,8 2,7-4,8 Sowohl die Genauigkeit des expliziten Muskingum-Cunge-Ansatzes (Modellansatz 1) als auch die Abweichungen des impliziten Ansatzes mit Diffusionsanalogie (Modellansatz 2) sind durchweg kleiner als 5 % und somit als gut einzustufen. Die erhöhte Abweichung bei Modellansatz 2 wird teilweise auf eine erhöhte Diffusion infolge der impliziten Berechnungsweise zurückgeführt.

71 Validierung des Hydraulikmoduls 47 HENDERSON (1966) und MAHMOOD & YEVJEVICH (1975) weisen darauf hin, dass eine unphysikalische Beeinflussung des Diffusionsbeiwertes in manchen Fällen zu besseren Ergebnissen führen kann und daher in der Praxis üblich ist. Reduziert man bei Modellansatz 2 pauschal den Diffusionskoeffizienten um 20 %, verbessert sich das Ergebnis spürbar (Abbildung 4.5). Die prozentualen Abweichungen betragen jetzt nur noch e D = 1,2 %, e H = 1,2 % und e M = -3,9 %. Da für die Validierung allerdings keine Anpassung der Ergebnisse gewünscht ist, wird in den nachfolgenden Untersuchungen auf diese Form der Ergebnisverbesserung verzichtet HEC-RAS Mod. 1 Mod. 2 Durchfluss [m³/s] Zeit [h] Abb. 4.5: Difussionskoeffizient in Modellansatz 2 pauschal um 20 % verringert Fließgewässerneigung Ein wichtiger Parameter für die Flutwellenausbreitung ist die Neigung des Fließgewässers. Sie hat einen prägenden Einfluss auf die Geschwindigkeit der Wellenausbreitung und auf den für die Verformung der Flutwelle relevanten Diffusionsbeiwert. Bei ansonsten gleichbleibenden Randbedingungen kann zu dem Einfluss der Neigung allgemein festgehalten werden, dass steilere Fließgewässer advektionsdominierter als flachere sind, und dass der diffusive Charakter der Welle bei steileren Neigungen kleiner wird. Die mit 0,1 sehr flache und damit anspruchsvoll gewählte Basisvariante (Abbildung 4.3) stellt ein stark diffusiv geprägtes Fließgewässer dar. In der Literatur werden ähnliche Untersuchungen häufig an Beispielen mit einer Neigung von 1 ft/mile gerechnet. Dies entspricht einer dimensionslosen Neigung von 0,189 und damit einer stärker advektiv geprägten Gewässergeometrie. Es zeigt sich, dass bei dieser Neigung vor allem der Muskingum-Cunge-Ansatz sehr gute Ergebnisse liefert (Abbildung 4.6).

72 48 Kapitel HEC-RAS Mod. 1 Mod. 2 Durchfluss [m³/s] Zeit [h] Abb. 4.6: Basisvariante mit auf 0,189 veränderter Neigung HEC-RAS Mod. 1 Mod. 2 Durchfluss [m³/s] Zeit [h] Abb. 4.7: Basisvariante mit auf 1,0 veränderter Neigung Als Testbeispiel mit größerer Neigung wird ein Gerinne mit einer Neigung von 1,0 untersucht. Bei dieser Neigung berechnen beide Modellansätze nahezu deckungsgleiche Ergebnisse gegenüber der Validierungssimulation (Abbildung 4.7). Die in Tabelle 4.2 dargestellten prozentualen Abweichungen zeigen, dass sich die Genauigkeit der Simulationsergebnisse mit wachsender Gerinneneigung verbessert. Lediglich die prozentualen Abweichungen der maximalen Fließtiefe e H heben sich von diesem Trend ab. Dies ist auf eine bei steilerer Gerinneneigung niedrigere maximale Fließtiefe und daher größere Sensibilität bezüglich der Abweichungen zurückzuführen.

73 Validierung des Hydraulikmoduls 49 Tab. 4.2: Prozentuale Abweichungen bei veränderter Fließgewässerneigung Fließgewässerneigung e D e H e M [ ] [%] [%] [%] 0,1 2,2 1,8 2,7 Modellansatz 1 0,189-0,5 0,8 0,9 1,0 0,1 2,2 0,1 0,1 3,8 2,7-4,8 Modellansatz 2 0,189 3,3 3,0-1,4 1,0 0,2 2,2 0, Wellenamplitude PONCE & CHANGANTI (1994) untersuchen für eine Auswahl verschiedener Muskingum- Cunge-Ansätze den Massenverlust. Dabei identifizieren sie das Verhältnis Durchflussmaximum zu Basisabfluss Qmax Q min als wichtigen Einflussfaktor. Sie variieren das Verhältnis durch Reduktion des Abflussmaximums so, dass sich Qmax Q min einmal zu 4, dann zu 10 und schließlich zu 20 ergibt. Tab. 4.3: Prozentuale Abweichungen bei verändertem Verhältnis von Abflussspitze zu Basisabfluss Q max /Q min e D e H e M [-] [%] [%] [%] 20 2,2 1,8 2,7 Modellansatz ,9 1,7 1,7 4-0,4 3,0 0,6 20 3,8 2,7-4,8 Modellansatz ,6 3,4-3,0 4 3,0 5,5-1,0 Bei der eingeführten Basisvariante mit einem maximalem Durchfluss von 100 m 3 /s und einem Minimalabfluss von 5 m 3 /s ist das Verhältnis von Abflussspitze zu Basisabfluss Qmax Q min = 20. Für Qmax Q min = 10 wird der maximale Durchfluss auf 50 m 3 /s und für Qmax Q min = 4 auf 20 m 3 /s reduziert. Aus Tabelle 4.3 kann entnommen werden, dass sich der auftretende Fehler in der Massenerhaltung mit sinkendem Verhältnis von Durchflussmaximum zu Basisabfluss spürbar verbessert. Gleichzeitig ist mit sinkender Durchflussamplitude eine Steigerung von e H festzustellen. Die

74 50 Kapitel 4 Ursache hierfür liegt in der bei kleinem Durchfluss geringen Fließtiefe. Ein absolut betrachtet lediglich kleiner Unterschied in der Fließtiefe bewirkt eine relativ große prozentuale Abweichung. Mit einer absoluten Differenz von weniger als h = 7 cm für Qmax Q min = 4 ist die prozentuale Übereinstimmung zwar lediglich als akzeptabel aber der absolute Fehler als klein zu bezeichnen Zeitschrittweite und Rechenzeit Ein wichtiges Kriterium dafür, ob ein Hydraulikmodul praxistauglich in einer Langfrist-Gewässergüteprognose eingesetzt werden kann, ist die benötigte Rechenzeit. In der Literatur sind Einschätzungen zu finden, die für eindimensionale Modelle die Rechenzeit heutzutage als nicht mehr relevant erachten. Diese Quellen beziehen sich auf zeitlich begrenzte Simulationszeiträume. In der Langfristbetrachtung mit stochastischen Randbedingungen müssen je nach Aufgabenstellung mehrere tausend Hochwasserereignisse berechnet werden. Eine potentielle Rechenzeitersparnis sollte daher unbedingt genutzt werden. Mit der einfachen Möglichkeit, eine vorab simulierte Hochwasserabflusskurve einzulesen, wird eine besonders große Zeitersparnis erreicht. Das Einlesen vorgefertigter Hydraulikdaten mit einem heute gängigem Personal Computer benötigt für die vorgestellte Basisvariante etwa 0,3 s. Soll die Hochwasserwelle während der Langfristmodellierung mit einem Flood-Routing-Verfahren ermittelt werden, ist mit einer längeren Simulationszeit zu rechnen. Neben den zu lösenden Gleichungen und der Komplexität eines instationären Modells bestimmt vor allem die Zeitschrittweite die benötigte Rechenzeit. Der in Tabelle 4.4 dargestellte Vergleich belegt, dass die Flood-Routing-Verfahren je nach Zeitschrittweite eine Zeitersparnis von 75 % bis 90 % gegenüber einer HEC-RAS-Simulation ermöglichen. Darüber hinaus kann eine gesteigerte Rechnerleistung oder eine Parallelisierung der Simulationsläufe eine zusätzliche Rechenzeitersparnis realisieren. Diese Möglichkeiten werden in der vorliegenden Arbeit nicht weiter ausgeführt. Neben der Rechenzeit sind in Tabelle 4.4 auch die prozentualen Abweichungen aufgeführt. Dabei wird als Validierungsziel einheitlich das Simulationsergebnis aus HEC-RAS mit einer Zeitschrittweite von t = 5 min gewählt. Es fällt auf, dass für Zeitschrittweiten bis 10 Minuten nahezu keine Unterschiede in den Bewertungsgrößen festzustellen sind. Bei einer weiter ansteigenden Zeitschrittweite wächst für das explizite Muskingum-Cunge-Verfahren der Massenverlust spürbar an, bleibt aber innerhalb akzeptierter Grenzen. Die in Kapitel vorgestellten Modelleinschränkungen für das Muskingum-Cunge- Verfahren werden durch die vorgestellten Varianten nicht verletzt. Lediglich die durch Gleichung 3.58 beschränkte Zeitschrittweite ist bei Variante t = 240 min grenzwertig.

75 Validierung des Hydraulikmoduls 51 Tab. 4.4: Rechenzeit und prozentuale Abweichungen bei steigender Zeitschrittweite Zeitschrittweite Rechenzeit Rechenzeit HEC-RAS e D e H e M [min] [s] [s] [%] [%] [%] 1 19,47 80,34 2,0 1,8 2,6 5 5,61 33,55 2,0 1,8 2,7 Modellansatz ,87 27,73 2,0 1,8 2,7 60 2,39 22,45 1,7 1,7 3, ,19 21,7 1,3 1,4 5,7 1 19,28 80,34 3,7 2,8-4,8 5 5,56 33,55 3,7 2,8-4,8 Modellansatz ,81 27,73 3,8 2,8-4,7 60 2,38 22,45 4,0 3,0-3, ,17 21,7-0,6 0,4-0, Ungleichförmigkeit FREAD (2003) empfiehlt bei einem Flood-Routing-Verfahren mit einem impliziten Differenzenschema die räumliche Diskretisierung so zu wählen, dass die Ungleichung 0, 635 < A i+1 A i < 1, 576 (4.6) eingehalten wird. Aufweitungen bzw. Verengungen, an denen diese Ungleichung nicht eingehalten wird, können nach FREAD (2003) zu einer fehlerhaften Berechnung der Flutwellenausbreitung führen. Zur Überprüfung der beiden Modellansätze auf ihre Fehleranfälligkeit infolge Ungleichförmigkeit wird die horizontale Sohle, wie in Abbildung 4.8 dargestellt, ausgehend von einer Breite von S1 = 5 m auf S2 = 2 S1 bzw. auf S2 = 5 S1 aufgeweitet und nach einer Diskretisierungsschrittweite wieder verengt. Der Wechsel zwischen Aufweitung und Engstelle wird kontinuierlich auf den 160 km Fließstrecke bis zum Untersuchungsprofil fortgesetzt und so insgesamt 20 mal wiederholt. Aus den Sohlverbreiterungen auf das Doppelte bzw. auf das Fünffache ergeben sich bei einem trapezförmigen Gerinnequerschnitt mit einer Böschungsneigung von 0,5 in Abhängigkeit von der Fließtiefe verschiedene Flächenverhältnisse A i+1 A i. In Tabelle 4.5 sind die Flächenverhältnisse für Aufweitungen und Verengungen in Abhängigkeit von der Fließtiefe aufgeführt. Es ist anzumerken, dass der zur Fließtiefe zugehörige Durchfluss hier nur ein Anhaltswert ist. Da die Beziehung zwischen Durchfluss und Fließtiefe durch Rückstau- und Beschleunigungseffekte

76 S2 S1 52 Kapitel 4 x x x x Abb. 4.8: Aufsicht auf einen 4 km langen Gerinneabschnitt mit Aufweitung und Verengung Tab. 4.5: Flächenverhältnis Ai+1 A i in Abhängigkeit der maximalen Fließtiefe maximale zugehöriger S2/S1 = 2 S2/S1 = 5 Fließtiefe Durchfluss Aufweitung Verengung Aufweitung Verengung [m] [m 3 /s] [-] [-] [-] [-] 0 0 2,00 0,50 5,00 0, ,71 0,58 3,86 0, ,56 0,64 3,22 0, ,45 0,69 2,82 0, ,38 0,74 2,54 0, ,33 0,75 2,33 0, ,29 0,77 2,18 0,46 beeinflusst wird, ist der exakte zugehörige Durchfluss von der genauen Lage und Querschnittsfläche des betrachteten Profils abhängig. Aus Tabelle 4.5 geht hervor, dass die Ungleichung 4.6 für eine Sohlverbreiterung mit S2/S1 = 2 bei allen Durchflüssen oberhalb des Basisabflusses von 5 m 3 /s eingehalten wird. Dementsprechend wird die Hochwasserwelle von beiden Modellansätzen gut simuliert (Abbildung 4.9). Auch die prozentualen Abweichungen weisen auf keine signifikanten Fehler hin (nicht aufgeführt). Für ein Sohlaufweitungsverhältnis S2/S1 = 5 wird von der Ungleichung 4.6 für alle Fließtiefen des Testbeispiels deutlich abgewichen. Bei der in Abbildung 4.10 gezeigten Validierungsrechnung ist eine große Abweichung des Muskingum-Cunge-Verfahrens (Modellansatz 1) zu beobachten. Auch die prozentualen Abweichungen zeigen mit e D = 16,4 %, e H = 8,9 % und

77 Validierung des Hydraulikmoduls HEC-RAS Mod. 1 Mod. 2 Durchfluss [m³/s] S1 S Zeit [h] Abb. 4.9: Aufweitung und Verengung mit S1/S2 = HEC-RAS Mod. 1 Mod. 2 Durchfluss [m³/s] S1 S Zeit [h] Abb. 4.10: Aufweitung und Verengung mit S1/S2 = 5 e M = -17 % einen nicht akzeptablen Fehler an. Das Muskingum-Cunge-Verfahren ist demnach besonders anfällig gegenüber großen Ungleichförmigkeiten in der Gerinnegeometrie. Für diesen Ansatz müssen daher die Querschnittsänderungen zwischen zwei benachbarten Profilen mit Hilfe einer verfeinerten Diskretisierung in dem von FREAD (2003) beschriebenen Gültigkeitsbereich gehalten werden. Die Diffusionsanalogie (Modellansatz 2) berechnet eine verfrühte Ankunft der Flutwelle (Abbildung 4.10). Die Form der Welle sowie ihre prozentualen Abweichungen mit e D = -3,1 %, e H = -3,2 % und e M = -4,5% hingegen nähern das Validierungsziel gut an. Übermäßige Querschnittsänderungen sollten dennoch in einer angepassten Diskretisierung Berücksichtigung finden.

78 54 Kapitel Vorländer Die Morphologie natürlicher Fließgewässer ist häufig in Hauptgerinne und Vorländer unterteilt. In auf diese Weise gegliederten Gerinnen tritt bei Überschreitung eines bestimmten Abflusses das Wasser über die Begrenzung des Hauptgerinnes und überströmt ein oft flaches Vorland. Das Vorland wird im Allgemeinen durch einen Deich oder eine natürliche Geländeerhöhung in seiner Breite begrenzt. RAUDKIVI (1979) weist darauf hin, dass Flood-Routing-Verfahren bei der Simulation überströmter Vorländer ab Überschreitung der Abflusskapazität des Hauptgerinnes zu einer fehlerhaften Berechnung neigen. Zur Überprüfung der Anwendbarkeit der erstellten Flood-Routing- Ansätze werden im Folgenden drei einfache Geometrien untersucht. Ein rechteckiges 2 m tiefes und 10 m breites Hauptgerinne mit einer Gerinneneigung in Längsrichtung von 0,1 wird mit der in Kapitel vorgestellten Abflussganglinie beaufschlagt. Die Breite des Gesamtgerinnes inklusive Hauptgerinne und Vorländern variiert zwischen 50 m, 100 m und 200 m. Das Vorland ist auf beiden Seiten gleich breit und besitzt keine Querneigung. Ab einem Durchfluss von ca. 11 m 3 /s überschreitet das Wasser die Grenzen des Hauptgerinnes und überströmt auch das Vorland. Der rechteckförmige, sprunghafte Übergang vom Hauptgerinne in das neigungsfreie Vorland, die sehr flache Längsneigung und das rasche Ansteigen der Hochwasserwelle machen die gewählte Geometrie zu einem anspruchsvollen Testbeispiel. Den Abbildungen 4.11 und 4.12 ist zu entnehmen, dass die Flutwellenausbreitung mit überströmten Vorländern bis zu einem Verhältnis Gesamtgerinnebreite zu Hauptgerinnebreite W2/W1 = 10 gut abgebildet werden kann. Lediglich im abfallenden Ast der Welle ist eine relevante Differenz zu dem mit HEC-RAS berechneten Validierungsziel zu erkennen. Auch die in Tabelle 4.6 zusammengestellten prozentualen Abweichungen e D, e H und e M sind für die beiden Vorlandvarianten innerhalb akzeptabler Grenzen. Die in Abbildung 4.13 dargestellten Abflussganglinien für W2/W1 = 20 zeigen eine weniger gute Übereinstimmung. Bei beiden Modellansätzen steigt der Wellenberg zu früh an. Bei Modellansatz 1 wird zudem das Maximum der Abflusskurve zu groß prognostiziert und der abfallende Ast des Wellenberges sinkt zu plötzlich ab. Insgesamt muss das Ergebnis als grenzwertig eingestuft werden. In den prozentualen Abweichungen kann dies besonders an der mit e D = 11,3 % großen Abweichung der Durchflussamplitude für Modellansatz 1 festgemacht werden (Tabelle 4.6). Wie die in Kapitel vorgestellten Anwendungsgrenzen bereits vermuten lassen, ist die Übereinstimmung mit dem Validierungsziel für Gerinne mit größerer Neigung tendenziell besser. In Abbildung 4.14 sind für eine Fließgewässerneigung von I s = 1 und W2/W1 = 20 die Abflussganglinien aus der HEC-RAS-Simulation und der beiden Modellansätze dargestellt. Die Übereinstimmung ist hier besser als in Abbildung Vor allem im Wellenscheitel wird das Validierungsziel gut getroffen, was sich auch in den prozentualen Abweichungen in Tabelle 4.6 niederschlägt.

79 Validierung des Hydraulikmoduls HEC-RAS Mod. 1 Mod. 2 Durchfluss [m³/s] W2 W Zeit [h] Abb. 4.11: Breite Gesamtgerinne zu Hauptgerinne W2/W1 = HEC-RAS Mod. 1 Mod. 2 Durchfluss [m³/s] W2 W Zeit [h] Abb. 4.12: Breite Gesamtgerinne zu Hauptgerinne W2/W1 = HEC-RAS Mod. 1 Mod. 2 Durchfluss [m³/s] W2 W Zeit [h] Abb. 4.13: Breite Gesamtgerinne zu Hauptgerinne W2/W1 = 20

80 56 Kapitel 4 Tab. 4.6: Prozentuale Abweichungen für verschiedene Vorlandbreiten und mit veränderter Neigung W2/W1 Fließgewässerneigung e D e H e M [-] [ ] [%] [%] [%] 5 0,1 1,3-0,5 0,4 Modellansatz ,1-3,2-5,3-0,6 20 0,1-11,3-5,4 1,2 20 1,0-0,1-3,5 2,5 5 0,1-0,8-1,5-6,2 Modellansatz ,1-1,9-4,8-5,0 20 0,1-4,8-3,6-3,1 20 1,0 1,8-3,3 2, HEC-RAS Mod. 1 Mod. 2 Durchfluss [m³/s] W2 W Zeit [h] Abb. 4.14: Breite Gesamtgerinne zu Hauptgerinne W2/W1 = 20 und Sohlneigung I s = 1

81 Validierung des Hydraulikmoduls Rückstau Besondere Einschränkungen für das Muskingum-Cunge-Verfahren In der aus USACE (1994) übernommenen Tabelle 3.2 werden Muskingum-Cunge-Modelle für Problemstellungen mit signifikantem Rückstau als ungeeignet eingestuft. Etwas weniger scharf äußert sich FREAD (1992), der Muskingum-Cunge-Modellen die Fähigkeit abspricht, über die Zeit veränderlichen Rückstau berücksichtigen zu können. Insbesondere für die Modellierung staugeregelter Flüsse ist diese Einschränkung als kritisch zu bewerten. Nachfolgend wird gezeigt, dass das verwendete hydraulische Konzept mit zuvor stationär berechneten hydraulischen Zustandsmatrizen diese Einschränkung in den meisten Fällen überwindet und auch veränderliche Rückstaueffekte zufriedenstellend berechnet. Rückstau bei ungeregelten und geregelten Wehren Rückstau ist ein örtlich begrenzter Aufstau eines Fließgewässers beispielsweise oberhalb eines Wehres. Um den nachfolgend simulierten Rückstau feiner aufgelöst und mit relevanter Höhe darstellen zu können, wird von der Geometrie der Basisvariante abgewichen. Die trapezförmige Basisvariante wird mit einer auf I S = 1 veränderten Neigung, einer auf 45 km verkürzten Fließstrecke und anhand einer mit x = 250 m höher aufgelösten räumlichen Diskretisierung betrachtet. Ein staugeregeltes Fließgewässer wird vereinfacht abgebildet, indem bei den Stationierungen 30 km, 20 km und 10 km jeweils ein Wehr in Form einer von der Sohle aus 5 m hohen, nahezu senkrechten Wand in die Diskretisierung aufgenommen wird. Aus grafischen Gründen wird der Vergleich des instationären Rückstaus nicht anhand von Wasserspiegellagen durchgeführt. Vielmehr wird von der Wasserspiegellage die Sohllage abgezogen und somit die maximale Fließtiefe betrachtet. Im Gegensatz zur Wasserspiegellage kann die maximale Fließtiefe über die Fließlänge beispielsweise vor Wehren ansteigen und danach wieder abfallen. In Abbildung 4.15 ist der Verlauf der maximalen Fließtiefe zu drei ausgewählten Zeitpunkten dargestellt. Es ist zu erkennen, dass die rückgestaute Fließtiefe für alle drei Zeitschnitte mit guter Übereinstimmung simuliert wird. Zurückzuführen ist dieses Ergebnis auf die stationären Vorabberechnungen, in denen der durch die Wehre hervorgerufene Rückstau bereits berücksichtigt ist. Die für den Wellenscheitel berechneten prozentualen Abweichungen e D, e H und e M werden unmittelbar oberhalb des letzten Wehres bei Stationierung 10,005 km bestimmt und sind in Tabelle 4.7 zusammengestellt. Es kann eine gute Übereinstimmung mit den Simulationsergebnissen aus HEC-RAS nachgewiesen werden. Nach der Untersuchung von drei starr eingebauten Wehren wird nun das dritte Wehr durch ein geregeltes Wehr ersetzt und damit eine über die Zeit variable Geometrie berücksichtigt.

82 58 Kapitel 4 maximale Fließtiefe [m] HEC-RAS 8 Mod. 1 Mod t=48h t=24h t=0h Stationierung [km] 10 0 Abb. 4.15: Maximale Fließtiefe zu den Zeitpunkten t = 0 h, t = 24 h und t = 48 h mit ungeregeltem Wehr Tab. 4.7: Prozentuale Abweichungen bei ungeregeltem Wehr oder geregeltem Wehr (Stationierung 10,005 km) Wehrsteuerung e D e H e M [%] [%] [%] Modellansatz 1 ungeregelt 0,1 2,6-1,2 geregelt 0,1 3,2-1,2 Modellansatz 2 ungeregelt 0,0 2,6 0,0 geregelt 0,1 3,2 0,0 Bewegliche Wehre dienen neben anderen Zielen im Allgemeinen dazu, den Wasserspiegel im Oberwasser des Wehres nicht über ein definiertes Stauziel ansteigen zu lassen (DETERING, 2004). Unter Berücksichtigung der regelungstechnischen Besonderheiten einer Stauhaltung ist die Wehrsteuerung somit fließtiefen- und damit auch durchflussbezogen. Um die Anwendbarkeit des gewählten Konzeptes für veränderliche Rückstaueffekte zu demonstrieren, wird daher das dritte Wehr nach dem Zusammenhang h W ehr [m] = 5 für Q < 10 m 3 /s (4.7) h W ehr [m] = 5 1,5 90 für 10 m3 /s < Q < 100 m 3 /s (4.8) h W ehr [m] = 3, 5 für Q > 100 m 3 /s (4.9) gesteuert. h W ehr gibt die Höhendifferenz zwischen Wehrüberfall und Sohle an. Das Wehr wird somit während des Hochwasserereignisses um ca. 1,5 m abgesenkt. Berücksichtigung findet

83 Validierung des Hydraulikmoduls 59 maximale Fließtiefe [m] HEC-RAS 8 Mod. 1 Mod t=48h t=24h t=0h Stationierung [km] 10 8 Abb. 4.16: Maximale Fließtiefe zu den Zeitpunkten t = 0 h, t = 24 h und t = 48 h mit geregeltem Wehr die Wehrsteuerung (h W ehr -Q-Beziehung) nicht erst im instationären Fall einer Hochwasserwelle, sondern schon in der Erstellung der Zustandsmatrizen für den stationären Fall (Kapitel 3.4.2). Diese Vorgehensweise ermöglicht eine implizite Berücksichtigung des variablen Rückstaus in Abhängigkeit vom Durchfluss Q. In der vorliegenden Version des Validierungsmodells HEC-RAS sind geregelte Wehre nicht direkt vorgesehen. Der Öffnungsvorgang des Wehres kann aber durch die Berechnung eines kontrollierten Dammbruchs genähert werden. Abbildung 4.16 zeigt die maximale Fließtiefe zwischen Stationierung 6 bis 16 km zu den drei Zeitpunkten 0 h, 24 h und 48 h nach Initiierung der Flutwelle. Die Ergebniskurven der Modellansätze 1 und 2 sind deckungsgleich und weichen maximal um 12 cm vom Validierungsziel ab. Auch die prozentualen Abweichungen in Tabelle 4.7 sind als gut zu bezeichnen. Beide Modellansätze sind im vorgestellten Beispiel geeignet, veränderbaren Rückstau infolge durchflussgeregelter Wehre abzubilden. Es ist anzumerken, dass eine deutliche Abweichung der Wehrsteuerung von der berücksichtigten h W ehr -Q-Beziehung eine schlechtere Übereinstimmung der Modellergebnisse erwarten lässt. Auch eine beispielsweise durch ein plötzliches Absenken des Wehres entstandene Sunkwelle kann nicht abgebildet werden. Es können also Szenarien gefunden werden, für welche die vorgestellte Vorgehensweise eine fehlerhafte Fließtiefe im Rückstaubereich simuliert. Da aber Sunkwellen infolge Wehrsteuerung im Allgemeinen klein gehalten werden sollen und Abweichungen vom Stauziel die Ausnahme darstellen, wird das vorgestellte hydraulische Konzept als geeignet angesehen, Rückstau im Bereich eines geregelten Wehres zu simulieren.

84 60 Kapitel 4 Rückstau infolge von Einleitungen Für eine Untersuchung der Rückstaueffekte infolge von seitlichen Einleitungen wird die Basisvariante, wie schon im vorherigen Kapitel, auf 45 km Fließstrecke verkürzt und mit I S = 1 geneigt betrachtet. Das Gerinne wird mit x = 250 m diskretisiert und es enthält im Gegensatz zu der vorherigen Untersuchung keine Wehre. Bei Stationierung 10 km wird ein Einleiter angeordnet. Die ortsabhängigen Durchflüsse im Bereich der punktuellen Einleitung werden wie in Abbildung 4.17 beschrieben benannt. Q in Q haupt Q ges Abb. 4.17: Durchfluss vor einer Einleitung (Q haupt ), seitlicher Zufluss (Q in ) und Gesamtdurchfluss (Q ges ) Q in Q haupt Die Höhe und Länge des Rückstaus sind von dem Verhältnis und der Gewässergeometrie abhängig. Mit steigender seitlicher Einleitung und abnehmender Gerinneneigung wächst der Rückstau an. Kleine Einleiter, die im Hauptgerinne einen Rückstau mit kürzerer Staulänge als die Diskretisierungsschrittweite verursachen, erzeugen im Modell aufgrund der diskreten Betrachtungsweise keinen Rückstaueffekt und können hier vernachlässigt werden. Um die Auswirkungen des Rückstaus bei seitlicher Einleitung zu verdeutlichen, werden im Folgenden Einleitungen mit einem großen Verhältnis Q in Q haupt betrachtet. In einem ersten Beispiel wird mit Q in (t) = Q in,max = 10 m 3 /s eine konstante seitliche Einleitung angesetzt. Um den Einfluss der seitlichen Zuleitung nicht durch eine sehr groß gewählte Abflussganglinie im Hauptgerinne (Q haupt ) zu überdecken, wird für die Flutwelle im Hauptgerinne die in Kapitel bereits untersuchte sinusförmige Ganglinie mit Qmax Q min = 4 und Q max = 20 m 3 /s angesetzt. Der resultierende Abflusslängsschnitt ist in Abbildung 4.18 zu drei Zeitpunkten dargestellt. In Abbildung 4.19 wird die maximale Fließtiefe zu drei Zeitpunkten gezeigt. Deutlich ist der rückstaubedingte Anstieg der maximalen Fließtiefe zu erkennen. Der Vergleich mit HEC-RAS zeigt, dass die über die Fließstrecke ansteigende Fließtiefe sehr genau berechnet wird. Zur Ermittlung der prozentualen Abweichungen wird das Profil vor der Einleitstelle bei Stationierung 10,250 km betrachtet. Die in Tabelle 4.8 aufgeführten geringen Abweichungen zeigen, dass der Abfluss gut abgebildet und die Massentreue eingehalten wird. Die Berechnung der

85 Validierung des Hydraulikmoduls 61 Durchfluss [m³/s] HEC-RAS Mod. 1 Mod. 2 t=48h t=24h t=0h Stationierung [km] 10 0 Abb. 4.18: Durchfluss zu den Zeitpunkten t = 0 h, t = 24 h und t = 48 h mit einer Einleitung Q in = 10 m 3 /s maximale Fließtiefe [m] HEC-RAS Mod. 1 Mod. 2 t=48h t=24h t=0h Stationierung [km] 8 6 Abb. 4.19: Maximale Fließtiefe zu den Zeitpunkten t = 0 h, t = 24 h und t = 48 h mit einer Einleitung Q in = 10 m 3 /s Fließtiefe weist eine absolute Differenz von weniger als 5 cm und damit ebenfalls ein gutes Ergebnis auf. Da die Wellenhöhe bei diesem Testfall relativ klein ist, liegt die prozentuale Abweichung mit e H = 6,8 % vergleichsweise hoch. Die in Abbildung 4.19 gezeigte gute Übereinstimmung im Verlauf der Fließtiefe über die Fließstrecke ist auf die im Vorfeld bereits bekannte Einleitmenge zurückzuführen. Schon bei Erstellung der Zustandsmatrizen kann die konstante Einleitung in der richtigen Höhe berücksichtigt werden. In der Natur sind seitliche Zuflüsse oft nicht konstant. Daher wird nun in drei Testfällen der bislang konstante Einleiter durch einen zeitlich variablen Einleiter ersetzt. Dazu wird zunächst der sinusförmige Abfluss im Hauptgerinne wieder auf die Abflussganglinie der Basisvariante

86 62 Kapitel 4 Tab. 4.8: Prozentuale Abweichungen bei konstanter seitlicher Einleitung (Stationierung 10,250 km) Q in e D e H e M [m 3 /s] [%] [%] [%] Modellansatz ,0 6,8 0,0 Modellansatz ,0 6,8 0,0 nach den Gleichungen 4.1 und 4.2 mit Q max = 100 m 3 /s angehoben. Die Abflussganglinie der seitlichen Einleitung Q in wird nun ebenfalls nach den Gleichungen 4.1 und und 4.2 berechnet. Allerdings wird eine zeitliche Verzögerung von 4 h angesetzt, um ein Aufeinandertreffen der Abflussmaxima zu realisieren. Bei Erstellung der hydraulischen Zustandsmatrizen wird davon ausgegangen, dass die variable seitliche Einleitung immer genauso groß ist wie der Abfluss im Hauptgerinne. Die Vorabberechnungen werden also unter Berücksichtigung der Korrelation Q in = Q haupt durchgeführt und der vorab angenommene maximale Zufluss aus der seitlichen Einleitung beträgt somit Q in,max = 100 m 3 /s. Häufig erzeugen großräumige Wetterlagen Hochwasserereignisse. Große Abflüsse im Hauptgerinne haben dann den gleichen Ursprung wie die erhöhten Abflüsse im Nebengerinne und sind somit nicht unabhängig voneinander. In diesen Fällen kann in einer Abflussstatistik eine gewisse Korrelation zwischen dem erhöhten Abfluss im Hauptgerinne Q haupt und dem erhöhten Abfluss im Nebengerinne Q in gefunden werden. Bei großen Einzugsgebieten oder sehr ungleich verteilten Niederschlagsereignissen kann die Korrelation zwischen den Abflüssen Q haupt und Q in mitunter aber auch gering sein. Bei den folgenden drei Testfällen wird daher untersucht, wie gut die Ergebnisse des hydraulischen Moduls sind, wenn bei einer Hochwassersimulation die in den hydraulischen Zustandsmatrizen angenommene Korrelation genau eingehalten, von ihr mäßig abgewichen oder diese gar nicht eingehalten wird. Zu diesem Zweck werden mit den für Q in,max = 100 m 3 /s festgelegten hydraulischen Zustandsmatrizen drei Hochwasserereignisse mit jeweils unterschiedlichen Abflusskurven für die Einleitung berechnet. Mit Q in,max = 100 m 3 /s wird eine Variante mit sehr guter Übereinstimmung mit der Korrelation, mit Q in,max = 50 m 3 /s eine Variante mit nur mäßiger Übereinstimmung mit der Korrelation und mit Q in,max = 5 m 3 /s eine Variante ohne Übereinstimmung mit der für die Vorabberechnungen angesetzten Korrelation untersucht. In drei Diagrammen (Abbildung 4.20) ist die Entwicklung der Fließtiefe über die Fließstrecke für die drei Testfälle dargestellt. Bei Betrachtung der Ergebnisse aus HEC-RAS fällt eine kleine Spitze unmittelbar vor der Einleitstelle auf. Dieser Anstieg der Fließtiefe ist darauf zurückzuführen, dass vor der Einleitstelle eine niedrigere Fließgeschwindigkeit als hinter der Einleitstelle vorherrscht. Nach der Bernoulligleichung (BOLLRICH, 2000) führt diese Geschwindigkeitsdifferenz bei nahezu gleichbleibender Energiehöhe zu einer erhöhten Fließtiefe vor der

87 Validierung des Hydraulikmoduls 63 Einleitstelle. Die Ergebnisse aus LGpro im oberen Diagramm mit Q in,max = 100 m 3 /s zeigen diese Spitze nicht. Insgesamt wird die Fließtiefe im oberen Diagramm dennoch gut abgebildet. Die Auswirkungen einer Abweichung von der Abflusskorrelation werden aus dem mittleren und dem unteren Diagramm ersichtlich. Die mit den hydraulischen Zustandsmatrizen überschätzte seitliche Einleitung führt zu einem fehlerhaften Anstieg der Fließtiefe. Die in Tabelle 4.9 aufgeführten prozentualen Abweichungen befinden sich bei Q in,max = 50 m 3 /s noch in akzeptierten Grenzen. Wenn die Korrelation mit Q in,max = 5 m 3 /s grob verletzt wird, treten aber für e H lokal begrenzt Abweichungen auf, die deutlich außerhalb akzeptierter Grenzen liegen. Die prozentualen Abweichungen e D und e M sind bei allen Testfällen sehr klein. Tab. 4.9: Prozentuale Abweichungen bei variabler seitlicher Einleitung (Stationierung 10,250 km) Q in,max e D e H e M [m 3 /s] [%] [%] [%] Modellansatz ,0 10,0 0,0 50 0,0-9,3 0,0 5 0,1-46,4 0,0 Modellansatz ,0 10,0 0,0 50 0,1-9,3 0,0 5 0,1-46,4 0,0 Anhand von Abbildung 4.20 wird deutlich, dass der Einfluss eines gegebenenfalls vorab nicht passend berechneten Rückstaus lediglich lokal begrenzte Auswirkungen hat. Nur oberhalb der Einleitstelle bis zur Stauwurzel pflanzt sich der Fehler fort und nimmt dabei mit der Entfernung von der Einleitstelle schnell ab. Insgesamt kann geschlossen werden, dass das vorgestellte hydraulische Konzept konstante Einleitungen gut abbilden kann. Auch für leicht variable Einleitungen können ähnlich gute Ergebnisse erwartet werden. Bei stark variablen Einleitungen hängt die Ergebnisqualität von der Korrelation der seitlichen Einleitung zum Hauptgerinne ab. Bei hohen oder zumindest mäßigen Korrelationen kann ein insgesamt ausreichend gutes Ergebnis erzielt werden. Erst wenn die Korrelation sehr gering ist, stoßen die vorgestellten Berechnungsverfahren an ihre Grenzen. Abgemindert werden die Auswirkungen eines potentiell fehlerhaft berechneten Rückstaus dadurch, dass nur bei großen Einleitungen ein relevanter Rückstau entsteht und dieser nur lokal begrenzte Auswirkungen hat. Sollten sich trotzdem bei einzelnen Beispielen nicht akzeptable Abweichungen ergeben, könnte dies durch die Erstellung verschiedener hydraulischer Zustandsmatrizen für unterschiedliche Einleitszenarien behoben werden.

88 64 Kapitel 4 maximale Fließtiefe [m] HEC-RAS Mod. 1 Mod. 2 t=48h t=24h t=0h Stationierung [km] 10 0 maximale Fließtiefe [m] HEC-RAS Mod. 1 Mod. 2 t=48h t=24h t=0h Stationierung [km] 10 0 maximale Fließtiefe [m] HEC-RAS Mod. 1 Mod. 2 t=48h t=24h t=0h Stationierung [km] 10 0 Abb. 4.20: Maximale Fließtiefe zu den Zeitpunkten t = 0 h, t = 24 h und t = 48 h bei einer sinusförmigen Einleitung nach Gleichung 4.1 und 4.2 mit Q in,min = 5 m 3 /s und Q in,max = 100 m 3 /s (oben), Q in,max = 50 m 3 /s (mittig) bzw. Q in,max = 5 m 3 /s (unten)

89 Entwicklung und Validierung des Stofftransportmoduls Fazit Das in Kapitel 3 entwickelte Hydraulikmodul erweist sich als geeignetes Hilfsmittel für die durchzuführende Langfrist-Gewässergütemodellierung. Mit der Kombination aus stationärer und instationärer Berechnung und der Umsetzung von Flood-Routing-Verfahren können die notwendigen hydraulischen Berechnungen auch über größere Zeitspannen innerhalb einer kurzen Rechenzeit ermöglicht werden. In Kapitel 4 kann an unterschiedlichen Beispielen die ausreichende Genauigkeit der instationären Modellansätze nachgewiesen werden. In anspruchsvollen Testbeispielen werden teilweise die Grenzen der Modellansätze gezeigt. Aufgrund der vorgestellten Untersuchungen wird der als Modellansatz 2 bezeichnete hydraulische Modellierungsansatz einer diffusiven Welle für die weiteren Berechnungen verwendet. Für dieses Verfahren sprechen vor allem die besseren Ergebnisse bei der Modellierung von Vorländern und Ungleichförmigkeiten sowie das implizite und daher stabilere Berechnungsverfahren. Letzteres ermöglicht große Zeitschrittweiten bei der instationären Modellierung und bietet damit größeres Potential, die Rechenzeit zu verkürzen.

90 66 5 Entwicklung und Validierung des Stofftransportmoduls 5.1 Allgemeines Eine ganzheitliche Gewässergütemodellierung setzt sich aus der hydraulischen Betrachtung der Fließprozesse sowie der Modellierung der Stofftransport- und Transformationsprozesse zusammen. Dabei kann die Hydraulik vom Stofftransport entkoppelt betrachtet werden, sofern durch chemisch-physikalische Prozesse die Viskosität bzw. die Dichte und somit das Fließverhalten nicht maßgeblich verändert wird (MARTIN & MCCUTCHEON, 1999). Die hydraulischen Größen können also monodirektional in die Gütebetrachtung eingebunden werden. Wie bei der hydraulischen Modellierung resultiert aus der diskreten Betrachtungsweise des Stofftransports eine vereinfachte Abbildung der Natur. Vor allem bei einer langfristig ausgerichteten und auf dem Monte-Carlo-Verfahren basierenden Simulation ist eine räumlich und zeitlich hoch aufgelöste Betrachtungsweise nicht praktikabel. Zur Simulation der Gewässergüte kommen daher im Rahmen dieser Arbeit zwei eindimensionale Module zum Einsatz. Während in längeren Perioden mit nahezu gleichbleibenden Randbedingungen ein statisches Modul ausreichend genaue Ergebnisse liefert und eine erhebliche Rechenzeitreduzierung ermöglicht, wird für Perioden stark wechselnder Randbedingungen ein dynamisches Modul eingesetzt. Das statische Modul basiert auf SCHLAEGER (2003) und wird im Rahmen dieser Arbeit weiterentwickelt. Die darin verwendeten Transformationsgleichungen werden auch im dynamischen Modul soweit wie möglich identisch eingesetzt. Diese Übereinstimmung führt zu einer hohen Kompatibilität der beiden Module. Der für eine zeitliche Nestung erforderliche Datenaustausch wird auf diese Weise erleichtert und die Übernahme von Kalibrierungserkenntnissen von dem einen ins andere Modul ist so teilweise möglich. 5.2 Allgemeiner Stofftransport Advektions-Dispersionsgleichung Die Ausgangsgleichung der eindimensionalen dynamischen Gewässergütemodellierung ergibt sich aus der Betrachtung der Massenerhaltung. Dabei wird die Massenbilanz durch einen advektiven und diffusiven Austausch, seitliche Zuflüsse oder Entnahmen und durch Massenänderungen infolge von Stofftransformationen bestimmt. Die grundlegende Massentransport-

91 Entwicklung und Validierung des Stofftransportmoduls 67 gleichung zur mathematischen Beschreibung des eindimensionalen Stofftransports lässt sich als m t = ( ) C ADL x x dx (vac) dx + s + A dx dc x dt (5.1) formulieren (BROWN & BARNWELL, 1985). Dabei steht m für die Masse, D L für den längsgerichteten Dispersionskoeffizient, C für die Stoffkonzentration, s für externe Quellen bzw. Senken und dx für einen Teil der Fließstrecke. Unter der Vorraussetzung, dass sich die Transformationsprozesse in dem Volumen A dx durch Gleichungen nullter und erster Ordnung abbilden lassen, kann diese Gleichung auch als m t = ( ) C ADL x x dx (vac) dx + Q in C in Q out C + A (k 0 + k 1 C) dx (5.2) x formuliert werden. k 0 bzw. k 1 stehen für alle zusammengefassten Reaktionsraten nullter bzw. erster Ordnung, zu denen beispielsweise auch die Erosions- und die Sedimenationsrate gehören. Die externen Quellen und Senken werden hier ausformuliert und die Indices in und out markieren jeweils einen Zufluss bzw. eine Entnahme. Unter Berücksichtigung von m = (AC) dx, der Kontinuitätsgleichung Q = v A und nach der Division durch dx kann Gleichung 5.2 zu (AC) t = ( ) C AD L x (QC) + Q inc in Q outc x x dx dx + Ak 0 + Ak 1 C (5.3) umgestellt werden. Das Auflösen der Differentiale nach der Produktregel und die Division durch die Querschnittsfläche A liefern C t + Q C A x + C A A t + C Q A x = Mit der Kontinuitätsgleichung ( ) C ADL x + Q inc in A x Adx Q outc Adx + k 0 + k 1 C. (5.4) A t + Q x = Q in dx Q out dx (5.5) und einer Umwandlung der punktförmigen Quellen in eine Einleitung über die Länge Q in = q in dx (5.6)

92 68 Kapitel 5 ergibt sich die Advektions-Dispersionsgleichung, wie sie in ähnlicher Form in zahlreichen Gewässergütemodellen verwendet wird (MÜLLER, 2002; MARTIN & WOOL, 2002; DHI, 2004) C t }{{} Speicher = Q A C x }{{} Advektion + ( ) C AD L x A x }{{} Dispersion + q in A (C in C) }{{} externe Quellen und Senken + k 0 + k 1 C }{{} interne Quellen und Senken. (5.7) Der Speicherterm stellt dabei die ortsspezifische Konzentrationsänderung eines Stoffes über die Zeit dar. Die Konzentrationsänderung wird durch die auf der rechten Seite dargestellten Transport- und Transformationsprozesse hervorgerufen. Die Advektion wird durch die mittlere Strömungsgeschwindigkeit und die Fließrichtung des Gewässers vorgegeben. Im Dispersionsterm sind turbulente und molekulare Diffusionsprozesse und der Transport aufgrund örtlicher Geschwindigkeitsschwankungen (Dispersion) zusammengefasst (JOKIEL, 1995). Als externe Quellen und Senken werden konzentrationsrelevante Zuflüsse bzw. Wasserentnahmen bezeichnet. Interne Quellen und Senken resultieren aus Interaktionen mit dem Sediment sowie aus physikalischen, chemischen oder biologischen Umwandlungsprozessen Längsdispersion Ausgehend von den verbreiteten Ansätzen zur Berechnung des Koeffizienten für Längsdispersion (z. B. FISCHER, 1979) suchen SEO & CHEONG (1998) und DENG et al. (2001) nach einer adäquateren Gleichung für den Dispersionskoeffizient D L. Anhand eines Vergleichs mit insgesamt 73 Naturmessungen zeigen DENG et al. (2001), dass mit dem Zusammenhang D L = 0, 15 8ɛ t0 ( ) 5 ( ) b 3 2 v hv (5.8) h v eine verbesserte Abschätzung möglich ist. Hierin steht h für die mittlere Fließtiefe und v für die mittlere Fließgeschwindigkeit. Der transversale Mischungskoeffizient ɛ t0 wird von DENG et al. (2001) mit ɛ t0 = 0, ( ) ( ) 1,38 v b (5.9) 3520 v h bestimmt und SEO & CHEONG (1998) berechnen die Schergeschwindigkeit v mit v = gr hyd I E. (5.10) Der Dispersionskoeffizient ist somit vollständig von Ergebnissen der hydraulischen Berechnung abhängig und kann während der Simulation ermittelt werden.

93 Entwicklung und Validierung des Stofftransportmoduls Numerische Umsetzung der eindimensionalen Advektions-Dispersionsgleichung Umsetzung der Advektions-Dispersionsgleichung für den statischen Fall Für den statischen Fall entfällt die in Gleichung 5.7 beschriebene Ableitung der Konzentration nach der Zeit. In advektionsdominierten Flüssen kann bei statischer Betrachtungsweise zudem die Längsdispersion vernachlässigt werden (LOUCKS et al., 1981), so dass SCHLAE- GER (2003) die Ausgangsgleichung seines statischen Gewässergütemodells zu dc dx = Q in Qdx (C in C) + A Q (k 0 + k 1 C) (5.11) vereinfacht. Mit der Reduzierung der Transportgleichung kann die Modellvorstellung eines Plug-Flow-Systems angewendet werden (LOUCKS et al., 1981). Dabei wird von hintereinandergeschalteten volldurchmischten Reaktoren ausgegangen, in denen sich die Aufenthaltszeit eines imaginären Partikels durch den Quotient aus Profilabstand und Fließgeschwindigkeit ergibt. Jeder Reaktor steht über Austauschvorgänge nullter oder erster Ordnung mit dem Sediment und gegebenenfalls mit Stillwasserzonen in Kontakt. Da diese Elemente wiederum als Reaktoren aufgefasst werden können, nennt SCHLAEGER (2003) die Modellvorstellung Mehrkomponenten-Plug-Flow-System. Die in der Advektions-Dispersionsgleichung 5.7 zusammenfassend als interne Quellen und Senken bezeichneten Terme nullter und erster Ordnung enthalten neben Austausch- und Transformationsprozessen auch Abhängigkeiten von anderen Gewässergüteparametern und damit Prozesse zweiter Ordnung. Die Abhängigkeiten können im einfachen Fall einseitig sein, häufig sind sie jedoch wechselseitig. Zur mathematischen Lösung solch wechselseitiger Beziehungen bietet sich eine Iteration an. SCHLAEGER (2003) wählt den Weg einer Iteration über die Fließlänge und nennt diese Vorgehensweise räumliche Iteration (Abbildung 5.1). Da auf diese Weise ein gesteigerter Rechenaufwand für jedes einzelne Plug-Flow-Element vermieden werden kann, wird diese Vorgehensweise für das statische Gütemodul beibehalten. Sind die Stoffkonzentrationen C 1 und C 2 durch zwei einfache Beziehungen in der Form v dc 1 dx v dc 2 dx = k 1 C 1 + k 2 C 2 und (5.12) = +k 1 C 1 k 2 C 2 (5.13) miteinander verknüpft, wird bei der räumlichen Iteration die unbekannte Größe C 1,i+1 am Profil i + 1 aus den bekannten Größen C 1,i und C 2,i berechnet. Zur Berechnung von C 2,i+1 wird dann auf die nun bekannten Größen C 1,i+1 und C 2,i zurückgegriffen (Abbildung 5.1). SCHLAEGER (2003) zeigt in Abhängigkeit von der Größe der Reaktionsraten und dem Profilabstand dx die Eignung des vorgestellten Ansatzes.

94 70 Kapitel 5 Profil i+1 C 1,i+1 II C 2,i+1 I I II dx Profil i C 1,i C 2,i u Abb. 5.1: Schematische Abfolge der räumlichen Iteration (Schlaeger, 2003) Umsetzung der Advektions-Dispersionsgleichung für den dynamischen Fall Im dynamischen Fall werden alle Terme der Advektions-Dispersionsgleichung 5.7 vollständig berücksichtigt. Umgesetzt wird die numerische Berechnung mit dem schon in Kapitel beschriebenen Preissmann-Verfahren. Wird für die Berechnung von Vermischungsprozessen und Transformationsprozessen erster Ordnung θc n+1 i + (1 θ)c n i = C n+1 i (5.14) genähert, kann Gleichung 5.7 nach dem Preissmann-Verfahren als C n+1 i Ci n 2 t ( = θ Q i C n+1 i C n+1 i 1 + D ia i (C n+1 i+1 Cn+1 i ) D i 1 A i 1 (C n+1 i C n+1 i 1 ) ) A i x i A i x 2 i ( +(1 θ) Q i Ci n Ci 1 n + D ia i (Ci+1 n Ci n ) D i 1 A i 1 (Ci n C n ) i 1) A i x i A i x 2 i + Q ( ) in C in C n+1 i + k 0 + k 1 C n+1 i Cn+1 i 1 Cn i 1 (5.15) A i x i 2 t formuliert werden. Wechselseitige Abhängigkeiten zwischen zwei Stoffen können aufgrund des impliziten Anteils im Preissmann-Verfahren nicht wie im statischen Fall über eine räumliche Iteration gelöst werden. Vielmehr wird in analoger Vorgehensweise eine Iteration über die Zeit gewählt. Für den einfachen Fall, dass sich zwei Güteparameter gegenseitig nach den Gleichungen 5.12 und 5.13 beeinflussen, wird nachfolgend die zeitliche Iteration vorgestellt.

95 Entwicklung und Validierung des Stofftransportmoduls 71 Wie in Abbildung 5.2 dargestellt, wird ausgehend vom bekannten Zeitschritt n mit den Stoffkonzentrationen C1 n und C2 n die Stoffkonzentration C1 n+1 über die gesamte Fließlänge berechnet. Dabei werden in Abbildung 5.2 aus Gründen der Übersichtlichkeit die infolge des gewählten impliziten Preissmann-Verfahrens entstehenden Abhängigkeiten von C n+1 1,i zu C1,i 1, n C n+1 1,i 1, Cn 1,i, C1,i+1 n und C n+1 1,i+1 lediglich durch den Pfeil zwischen Cn 1,i und C n+1 1,i symbolisiert. In einem nachfolgenden Schritt wird mit den Konzentrationen C1 n+1 und C2 n die Stoffkonzentration C2 n+1 berechnet. Auch hier werden in Abbildung 5.2 die aus der Berechnungsweise resultierenden Abhängigkeiten nicht vollständig in die Abbildung aufgenommen, sondern vereinfachend durch den Pfeil zwischen C2,i n und C n+1 2,i dargestellt. Zeitpunkt n+1 Zeitpunkt n Profil i+1 n+1 n+1 C 1,i+1 II C 2,i+1 Profil i+1 n C 1,i+1 n C 2,i+1 I I II dx Profil i n+1 n+1 C 1,i+1 C II C 2,i+1 1,i II 2,i Profil i n C 1,i+1 C 1,i II n C 2,i+1 2,i I I II dx Profil i-1 n+1 n+1 C 1,i-1 II C 2,i-1 Profil i-1 n C 1,i-1 n C 2,i-1 I I II v v Abb. 5.2: Berücksichtigung der Wechselbeziehungen zwischen zwei Stoffen mittels Iteration über die Zeit Die Qualität der nach dieser Vorgehensweise ermittelten Simulationsergebnisse ist von der gewählten Raum- und Zeitschrittweite abhängig. Um diesen Zusammenhang zu visualisieren, werden für ein Beispiel mit konstanter Fließgeschwindigkeit v = 0,055 m/s Diskretisierungsstufen mit verschiedenen Raumschrittweiten dx untersucht. Bei konstant gewählter Courantzahl Cu = 1 resultiert aus der Variation der Raumschrittweite eine im gleichen Maße variierende Zeitschrittweite dt.

96 72 Kapitel 5 Ausgehend von einer Anfangskonzentration C(0) wird zunächst mit einer sehr kleinen Zeitschrittweite die Ziellösung C soll berechnet. Anschließend werden für gröbere Raum-Zeit-Diskretisierungen mit C Modell bezeichnete Lösungen des numerischen Modells ermittelt. Der aus der gröberen Diskretisierung resultierende prozentuale Fehler in der Stoffwechselbeziehung e w lässt sich mit e w = 100 CModell C soll C soll C(0) (5.16) ausdrücken. In Abbildung 5.3 wird sowohl für kleine (k 1 ), als auch für große Reaktionsraten (k 2 ) der prozentuale Fehler e w nach 100 m Fließlänge betrachtet. Wie erwartet nimmt der Fehler bei gröberer Diskretisierung zu. Außerdem ist zu erkennen, dass größere Reaktionsraten einen größeren relativen Fehler verursachen als kleine Reaktionsraten. Insgesamt kann geschlossen werden, dass bei kleinen Reaktionsraten auch gröbere und damit rechenzeitsparende Diskretisierungen zulässig sind. Fehler e [%] w 3 2.5, 2 1.5, 1 C C C 1} 2 } 1 1 C2 2 k 1= 0,1 [1/d] k 2= 0,5 [1/d] k = 1,0 [1/d] k = 5,0 [1/d] 0.5, Raumschrittweite dx [m] Abb. 5.3: Prozentualer Fehler e w bei der Simulation von Stoffwechselbeziehungen in Abhängigkeit von Raum- und Zeitschrittweite Validierung des umgesetzten dynamischen Stofftransportmodells Der Stofftransport mit der Strömung ist in Fließgewässern zumeist der dominante Prozess. Eine geeignete Modellierung der Advektion ist daher von zentraler Bedeutung. Dabei sehen MARTIN & WOOL (2002) in der korrekten Beschreibung der Advektion ein mitunter schwer

97 Entwicklung und Validierung des Stofftransportmoduls 73 zu lösendes Problem. Die Gründe hierfür sind, dass viele Berechnungsverfahren bei plötzlicher Konzentrationsänderung zu numerischer Diffusion, Massenuntreue oder Oszillationen neigen. Es ist daher erforderlich, das dynamische Stofftransportmodell zu validieren. Wie bei der Gewässergütemodellierung üblich (z. B. GAJDOS & MANDELKERN, 1998; COCKBURN, 1999) wird die Validierung unter Vernachlässigung von diffusiver und dispersiver Verformung für eine einfache Geometrie durchgeführt. Auf diese Weise ist es bei einer bekannten mittleren Fließgeschwindigkeit v möglich, das theoretische Verhalten einer konservativen Stoffwolke analytisch exakt vorherzusagen. Mit Hilfe des bekannten analytischen Ergebnisses kann dann die korrekte numerische Umsetzung und die Genauigkeit der in Kapitel vorgestellten Gleichungen überprüft werden. Um einen Vergleich zu Arbeiten aus der Literatur zu ermöglichen, werden mit dem umgesetzten impliziten Ansatz nach Preissmann zwei Testfälle von GAJDOS & MANDELKERN (1998) nachgerechnet. Die Gerinnegeometrie besteht in beiden Testfällen aus einem 10 km langen, 5 m breiten, rechteckigen Kanal, der mit einer Raumschrittweite von dx = 100 m diskretisiert ist und mit einer konstanten Strömungsgeschwindigkeit v durchströmt wird. GAJDOS & MANDELKERN (1998) untersuchen in diesen analytisch lösbaren Testfällen neben sechs expliziten Verfahren auch die drei impliziten Verfahren Crank-Nicolson (FERZIGER & PERIC, 1999), Implicit QUICK (LEONARD, 1979) und HYP1FA (HERVOUET, 1986). Testfall A Ausgehend von einer Nullkonzentration wird die hier als Tracer fungierende Chloridkonzentration nach der Gleichung C 0 (t) = C max e (x 0 vt) 2 2σ 2 (5.17) erhöht. Hierin steht C 0 (t) für die Einleitkonzentration, C max für die Maximalkonzentration, x 0 für eine Distanz und σ für die Standardabweichung. Im Testfall werden C max = 100 mg/l, x 0 = 5000 m und σ = 300 m gewählt. Die mittlere Strömungsgeschwindigkeit beträgt v = 1,8 m/s und die Zeitschrittweite wird zu dt = 50 s gewählt. Die Courantzahl ergibt sich somit zu Cu = 0,9. Zunächst wird geprüft, welcher Wert θ (Gleichung 5.15) für das Preissmann-Verfahren anzusetzen ist. In Abbildung 5.4 ist die Verformung der initiierten Konzentrationswelle für verschiedene θ dargestellt. Bei θ = 0,50 ist der Konzentrationsverlauf nahezu deckungsgleich zur analytischen Lösung. Numerische Oszillationen treten lediglich in einer vernachlässigbaren Größenordnung auf, so dass für diesen Testfall θ = 0,50 gewählt wird. Im Vergleich zu den von GAJDOS & MANDELKERN (1998) zusammengestellten Ergebnissen der impliziten Verfahren Crank-Nicolson, Implicit QUICK und HYP1FA zeigt das implizite

98 74 Kapitel 5 Chlorid [mg/l] anal. Lösung θ =0,50 θ =0,55 θ =1, Stationierung [m] Abb. 5.4: Ermittlung eines geeigneten Wertes θ für den Testfall A 3000 Chlorid [mg/l] anal. Lösung Crank-Nicolson Implicit Quick HYP1Fa Preissmann Stationierung [m] 3000 Abb. 5.5: Vergleich des impliziten Preissmann-Verfahrens mit den von Gajdos & Mandelkern (1998) untersuchten Verfahren; Testfall A Preissmann-Verfahren eine vergleichbare und teilweise sogar bessere Übereinstimmung mit der analytischen Lösung (Abbildung 5.5). Sowohl die Ergebnisse nach dem Preissmann- als auch nach dem HYP1FA-Verfahren liefern hier sehr gute Ergebnisse.

99 Entwicklung und Validierung des Stofftransportmoduls 75 Testfall B Im zweiten Testfall wird bei gleicher Geometrie wie in Testfall A eine Strömungsgeschwindigkeit von v = 1,0 m/s angenommen. Bei gleichbleibender Zeitschrittweite dt = 50 s ergibt sich die Courantzahl zu Cu = 0,5. Im Testfall B wird in der oberen Randbedingung ein Konzentrationssprung angesetzt. Ausgehend von einer zunächst konstanten Einleitkonzentration C 0 (t) = 100 mg/l wird diese plötzlich auf C 0 (t) = 0 mg/l geändert. Es handelt sich hierbei um ein extremes Testbeispiel, das in dieser Schärfe in der Natur im Allgemeinen nicht vorkommt Chlorid [mg/l] Stationierung [m] anal. Lösung θ =0,50 θ =0,55 θ =0,60 θ =1, Abb. 5.6: Vergleich der analytischen Lösung mit numerischen Lösungen des Preissmann-Verfahrens mit jeweils unterschiedlichem Wichtungsfaktor θ Zunächst ist auch für Testfall B zu prüfen, welcher Wert θ geeignet ist. In Abbildung 5.6 zeigt sich, dass bei einer rein impliziten Modellierung mit θ = 1,0 die scharfe Stufe deutlich verschmiert wird. Bei θ = 0,5 wird der große Gradient der Stufe zwar besser wiedergegeben, dafür entstehen aber unerwünschte Oszillationen. Mit θ = 0,55 oder θ = 0,6 kann eine ausreichend gute Abbildung der Stufe mit einer Reduktion der unerwünschten Oszillationen realisiert werden. Für den Testfall B wird nachfolgend θ = 0,55 verwendet. Die in Abbildung 5.7 dargestellte Gegenüberstellung der Simulationsergebnisse des Preissmann-Verfahrens und der Ergebnisse aus GAJDOS & MANDELKERN (1998) zeigt, dass sich die umgesetzte Form des Preissmann-Verfahrens gut in die Ergebnisse vergleichbarer impliziter Ansätze eingliedert. Lediglich die von WANG et al. (1999) als Charakteristikenverfahren identifizierte HYP1FA-Methode kann den Konzentrationssprung schärfer abbilden.

100 76 Kapitel Chlorid [mg/l] Stationierung [m] anal. Lösung Crank-Nicolson Implicit Quick HYP1FA Preissmann 3000 Abb. 5.7: Vergleich des impliziten Preissmann-Verfahrens mit den von Gajdos & Mandelkern (1998) untersuchten Verfahren; Testfall B Aus Konsistenzgründen wird jedoch davon abgesehen mit der HYP1FA-Methode ein Charakteristikenverfahren in das dynamische Gütemodul zu implementieren. Zudem macht die hohe Qualität der mit dem Preissmann-Verfahren erzielten Ergebnisse einen solchen Schritt nicht notwendig. Aus den Testfällen A und B lässt sich ableiten, dass das Preissmann-Verfahren eine geeignete Methode darstellt, um advektive Transportprozesse in der für diese Arbeit geeigneten Genauigkeit lösen zu können.

101 77 6 Transformationsprozesse des Eisens und Phosphors 6.1 Allgemeines Die Auswahl der betrachteten Gewässergüteparameter hängt maßgeblich von den Problemstellungen im jeweiligen Untersuchungsgebiet ab. In einigen Flusseinzugsgebieten haben sich über die Zeit Schwermetalle im Sediment angereichert und liegen teilweise in hohen Konzentrationen vor. Daher sind Schwermetalle häufig Inhalt von Gewässergütebetrachtungen. Aufgrund seiner Bedeutung für das später betrachtete Untersuchungsgebiet wird das Schwermetall Eisen im Gütemodul berücksichtigt und in Kapitel 6.2 hervorgehoben betrachtet. Grundsätzlich können analog zum modellierten Eisen aber auch andere Schwermetalle in die Simulation aufgenommen werden. Häufig wird die Gewässergüte eines Flusseinzugsgebietes von der Verfügbarkeit der Nährstoffe prägend beeinflusst. So kann ein Überangebot an Nährstoffen zu einer Eutrophierung und damit zu einer enormen Verschlechterung der Gewässergüte führen. Dabei ist Phosphor oft der limitierend wirkende und somit der wichtigste Nährstoff. Phosphor ist daher auch im vorgestellten Modell ein wichtiger Güteparameter und wird in Kapitel 6.3 detailliert beschrieben. Neben Eisen und Phosphor werden die Stoffe Sauerstoff, Aluminium und Sulfat sowie der Stickstoffkreislauf und der ph-wert als primäre Simulationsgrößen in dem Gütemodul berücksichtigt. Als sekundäre Simulationsgrößen werden Schwebstoff, CSB, Phytoplankton, Temperatur und Chlorid modelliert. Darüber hinaus werden Calcium, Kalium, Natrium und Magnesium zur Berechnung des ph-wertes vereinfacht in die Berechnung aufgenommen. Die für die zeitskalenübergreifenden Effekte entscheidende Simulationsgröße Schwebstoff wird zusammen mit dem Sedimentmodul in Kapitel 7 vorgestellt. Eine Auflistung der insgesamt berücksichtigten Transformationsprozesse ist in Anhang B zusammengestellt. Die Transformationsgleichungen, die in dieser Arbeit nicht gesondert vorgestellt werden, können SCHLAEGER (2003) entnommen werden.

102 78 Kapitel Eisen im Fließgewässer Überblick Eisen wird zur Gruppe der Schwermetalle gezählt und ist eines der in der Natur am häufigsten vorkommenden Elemente. Dabei dominieren in Fließgewässern die zweiwertige meist gelöste Eisen(II)-Form und die dreiwertige unlösliche Eisen(III)-Form (BREHM & MEIJERING, 1996). Eisen wirkt auf den Menschen nicht toxisch und wird daher im Allgemeinen als weniger kritisch angesehen. Im Fließgewässer kann Eisen jedoch durch Ausfällung Fischkiemen und Fischlaich schwer schädigen (DVWK, 1993). Wenn ausgefälltes Eisen in größeren Mengen sedimentiert, entsteht auf der Sohle eine gelartige Eisenockerschicht, die den wertvollen Lebensraum an der Sedimentoberfläche vollständig zerstören kann. Wichtig ist auch die bindende Wirkung von Eisen auf den Nährstoff Phosphor. So kann eine durch das Eisen verursachte Phosphatfällung beispielsweise limitierend auf das Algenwachstum wirken. Über diesen Zusammenhang kann das Eisen auch indirekt an Bedeutung für die Gewässergüte gewinnen. Im natürlichen Zustand eines Fließgewässers werden im Allgemeinen lediglich im Bereich von Quellen größere Eisenkonzentrationen von bis zu 10 mg/l festgestellt. Über die Fließstrecke wird das zunächst gelöste Eisen(II) oxidiert, fällt aus und sedimentiert schließlich in strömungsberuhigten Bereichen des Fließgewässers. Ohne konzentrationssteigernde Zuflüsse werden in Fließgewässern daher üblicherweise nicht mehr als 0,5 mg/l Eisen gemessen. Zuflüsse mit höherer Eisenkonzentration können beispielsweise aus diffusem Grundwasserzustrom oder aus punktuellen Industrieeinleitern, z. B. aus der Stahlindustrie, resultieren. Der wohl signifikanteste Eiseneintrag resultiert aus dem Braunkohlebergbau. Die Pyritverwitterung im Abraum eines Tagebaus bewirkt eine Freisetzung von Wasserstoffionen, was einem Abfall des ph-wertes entspricht, und begünstigt damit über eine Vermehrung von Mikroorganismen das Voranschreiten der Pyritverwitterung. Ergebnisse dieses sich selbst antreibenden Kreislaufs der Pyritverwitterung sind ein niedriger ph-wert sowie sehr große Sulfat- und Eisenkonzentrationen (PREIN, 1994; GRÜNEWALD et al., 2003). Durch die für den Braunkohletagebau erforderlichen Sümpfungsmaßnahmen gelangt verstärkt Wasser mit einem hohen Eisenanteil in das Fließgewässer. Nach Beendigung der Sümpfungsmaßnahmen füllt sich das zurückgebliebene Restloch langsam durch zuströmendes, mit gelöstem Eisen(II) stark angereichertes Grundwasser. Je nach Strömungsrichtung im Grundwasser kann das eisenreiche Grundwasser aber auch nahe gelegenen Fließgewässern zuströmen. Nach Füllung des Restsees kann sich aufgrund der nun fehlenden Grundwassersenke der Zustrom an eisenreichem Grundwasser in das Fließgewässer erhöhen. Wird der entstandene Restsee mit einem Fließgewässer im Nebenschluss durch einen Kanal verbunden, ist auch über diesen Austauschpfad der Eintrag von Wasser mit einem hohen Eisenanteil in das Fließgewässer möglich.

103 Transformationsprozesse des Eisens und Phosphors 79 In durch den Braunkohleabbau geprägten Gebieten kann die natürliche Eisenkonzentration um ein Vielfaches überschritten werden. So werden beispielsweise in den Restseen der Lausitz maximale Eisenkonzentrationen von 240 bis 3040 mg/l gemessen (GELLER et al., 1998; LUA BRANDENBURG, 2001; BEULKER et al., 2002; GRÜNEWALD et al., 2003). Anhand von Messwerten des Sächsischen Landesamtes für Umwelt und Geologie oder den Messungen von BLÖMEKE (2000) kann festgestellt werden, dass sich diese hohen Konzentrationen auch auf die Eisenkonzentrationen in den Fließgewässern des Einzugsgebietes auswirken. Um Schäden in den Fließgewässern infolge von Restseewassereinleitungen zu vermeiden wird im Bereich der Lausitz ein Emissionsgrenzwert von 3 mg/l Eisen gefordert (LUA BRANDEN- BURG, 2001). In ABWV (2004) wird ein allgemeiner Emissionsgrenzwert für Eisen von 0,1 bis 5 mg/l angegeben und SCHLAEGER (2003) zeigt in einer Übersicht über die Zielvorgaben ausgewählter Bundesländer für Güteklasse II bis III, dass in Fließgewässern ein Immissionsgrenzwert von 1,5 bis 3 mg/l nicht überschritten werden darf. Transformationsvorgänge Die wesentlichen Transformationsvorgänge des Eisens sind Redoxvorgänge, Ausfällung, Koagulation, Komplexbildung und Adsorption, Rücklösung, Erosion sowie Sedimentation. Im Folgenden werden die einzelnen Prozesse kurz vorgestellt. Eine detailliertere Beschreibung befindet sich in SCHLAEGER (2003). Gelöstes Eisen, welches in ein Fließgewässer eingeleitet wird, besteht aus freiem Eisen(II) und Eisen(III). Maßgebend für das sich einstellende chemische Gleichgewicht zwischen diesen sensibel reagierenden Redoxpartnern ist das vorhandene Redoxpotential. Natürliche Fließgewässer befinden sich im Allgemeinen in einem Redoxbereich zwischen 3 < pɛ < 8. Abbildung 6.1 zeigt, dass sich in diesem Redoxbereich ein chemisches Gleichgewicht von Eisen(III) zu Eisen(II) von 1:10 9 bis 1:10 4 einstellt und freies Eisen(III) somit nicht bilanziert werden muss. Die Geschwindigkeit mit dem sich das chemische Gleichgewicht einstellt ist nach EIN- SELE (1938) maßgeblich vom ph-wert abhängig und sinkt exponentiell mit abnehmendem

104 80 Kapitel 6 ph-wert. Bei den in Fließgewässern üblichen ph-werten ist die Reaktionsgeschwindigkeit dementsprechend sehr hoch. Gelöstes Eisen(III) kann durch Ausfällungsprozesse zu partikulärem Eisen(III) umgewandelt und somit dem chemischen Gleichgewicht in der wässrigen Lösung entzogen werden. Im Fließgewässer hat dies zur Folge, dass die Konzentration von gelöstem Eisen(III) durch Ausfällungsprozesse kontinuierlich unter dem chemischen Gleichgewicht zum Eisen(II) gehalten wird. Dieses Ungleichgewicht führt wiederum zu einer Oxidation von gelöstem Eisen(II) zu gelöstem Eisen(III). Aufgrund der hohen Reaktionsgeschwindigkeit in Fließgewässern führt dieser Prozess trotz des geringen Anteils von gelöstem Eisen(III) zu einem relevanten Rückgang an freiem Eisen(II). Redoxbereich natürlicher Fließgewässer log Konzentration [mol/l] Fe 2+ Fe 3+ e - Fe 3+ Fe pε [ ] Abb. 6.1: Gleichgewichtsverteilung einer molaren Eisenlösung als Funktion der Redoxintensität in saurer Umgebung (Sigg & Stumm, 1991; Schlaeger, 2003) Neben den chemischen Redoxvorgängen kann in stark sauren Gewässern Eisen(II) auch von autrophen Bakterien zu Eisen(III) biochemisch oxidiert werden. Da in Fließgewässern eine ph-absenkung in die dafür erforderlichen Bereiche absolut zu vermeiden ist, kann dieser Prozess hier aber ausgeschlossen werden. Nach der größtenteils chemisch realisierten Oxidation von Eisen(II) zu gelöstem Eisen(III) fällt dieses entweder als Eisenphosphat oder als Eisenhydroxid aus. Da die Löslichkeit von Eisenhydroxit und Eisenphosphat sehr klein ist, kann davon ausgegangen werden, dass damit auch der Übergang von der löslichen in eine feste Phase einhergeht. Die Geschwindigkeit des Fällungsprozesses ist sehr hoch, so dass eine reaktionskinetische Betrachtung nicht erforder-

105 Transformationsprozesse des Eisens und Phosphors 81 lich ist (HAHN & JØRGENSEN, 1989). Vielmehr wird in der Modellvorstellung davon ausgegangen, dass die geringen Mengen an oxidiertem Eisen(II) unmittelbar zur Fällung führen und freies Eisen (III) nicht betrachtet wird. Neben der Oxidation von Eisen(II) kann auch die Komplexbildung von freien Eisen(II)-Ionen mit sogenannten Liganden zu einer Minderung der freien Eisen(II)-Konzentration führen. Anders als bei der Oxidation kann das Produkt der Komplexbildung mit anorganischen oder organischen Liganden in Lösung bleiben. Dieser Prozess ermöglicht somit eine Konzentration von gelöstem Eisen, die auch bei oxidierender Umgebung und langen Aufenthaltszeiten nicht unterschritten wird. Ausgefallenes Eisenhydroxid und Eisenphosphat neigen zur Koagulation der Moleküle zu größeren Aggregaten. Außerdem kann das Eisen aufgrund von elektrischen Ladungen oder durch Ionenaustausch an Partikeloberflächen adsorbiert werden. Dabei können die Partikel sowohl aus organischem Material oder auch aus anorganischem Material, wie z. B. Tonmineralen, bestehen. Mit dem Zusammenschluss zu größeren Aggregaten bzw. mit der Adsorption an anderen Partikeln wird das Eisen Teil des Schwebstoffs und unterliegt somit dem partikulären Transportkreislauf. Aufgrund der Sedimentation eisenhaltiger Schwebstoffe entsteht ein Sedimentkörper, der insbesondere partikuläres Eisen und im Porenraum gelöstes Eisen enthält. Solange das Redoxpotential der Umgebung aufgrund ausreichender Belüftung des sohlnahen Freiwassers hoch bleibt, ist dieser Zustand stabil. Mit fortschreitender Zeit wird das Sediment von neueren Sedimentschichten überdeckt, wodurch sich ein anaerober Zustand einstellt. Dies verursacht eine Verringerung des Redoxpotentials und führt somit zum Aufbrechen der Eisenverbindungen. Partikuläres Eisen(III) geht als Eisen(II) in Lösung und gleichzeitig führt dieser Prozess zu einer Freisetzung von Phosphor aus Eisenphosphat. Das Porenwasser weist daher große Konzentrationen von gelöstem Eisen und Phosphor auf. Durch die Porenwasserbewegung gelangen diese Stoffkonzentrationen in die sohlnahe Deckschicht und fallen dort aufgrund des erhöhten Redoxpotentials wieder aus. Mit diesem Vorgang ist eine Aufkonzentration der in der Literatur auch als Diffussionsbarriere titulierten sohlnahen Deckschicht möglich. Da in Fließgewässern von ausreichend aeroben Verhältnissen nahe der Sohle auszugehen ist, kann nur ein Aufbrechen der sohlnahen Deckschicht eine massive Rückführung des Eisens aus dem Sediment ermöglichen. Neben Prozessen wie Austritt von Fäulnisgasen oder Aufwirbelung durch Wühltiere sind es vor allem Hochwasserereignisse, die die oberste Sedimentschicht und mitunter auch tiefere Schichten aufreißen und somit eine Rückführung des gelösten und partikulären Eisens in die Freiwasserzone ermöglichen Eisen im Modell Aus den vorgestellten Transformationsvorgängen des Eisens lässt sich eine vereinfachende Modellvorstellung für partikuläres und gelöstes Eisen ableiten. Im Modell wird diese mit den

106 82 Kapitel 6 Gleichungen 6.1 und 6.2 umgesetzt. Gelöstes Eisen fällt abhängig von den in Kapitel geschilderten Transformationen aus und wird zu partikulärem Eisen umgewandelt. Dabei wird eine konstant angenommene Menge des gelösten Anteils als an Liganden gebundenes Eisen interpretiert und von den Transformationsprozessen des freien gelösten Eisens ausgenommen. Die partikuläre Stofffraktion steht mit dem Sediment über Sedimentation und Erosion in einer Wechselbeziehung. Bei niedrigem ph-wert kann Eisen aus dem Sediment zurückgelöst werden und damit die Konzentration des gelösten Eisens im Freiwasser erhöhen. Die modellierte Eisensedimentkonzentration wird nicht nach ihrer Zustandsform unterschieden. Bei einem Erosionsereignis wird das remobilisierte Eisen vollständig der partikulären Fraktion zugeschlagen. Dies ist aufgrund der im Fließgewässer gut belüfteten Sohle und dem damit hohen Anteil an partikulärem Eisen eine zulässige Vereinfachung. d{f e gel } dt d{f e par } dt ( ) {O 2 } {F e gel } {F e Ligand } 1 {F e} sed = k oxi + k (10 ph ) 2 rueck (6.1) h (10 (14 ph) ) 2 ( ) {O 2 } {F e gel } {F e Ligand } = k oxi + 1 (10 ph ) 2 h Ė {F e} sed + 1 h Ṡ {F e par} (6.2) {AF S} Die angegebenen Konzentrationen im Freiwasser von partikulärem Eisen {F e par } und gelöstem Eisen {F e gel } werden in [kg/m 3 ], die Sedimentkonzentration {F e} sed hingegen in [kg/kg] berücksichtigt. Die Konzentration von Schwebstoffen bzw. abfiltrierbaren Stoffen {AF S}, die Erosionsrate Ė und die Sedimentationsrate Ṡ beziehen sich auf die Erosions- bzw. Sedimentationsvorgänge der Schwebstoffe und werden in Kapitel 7.2 ausführlicher vorgestellt. 6.3 Phosphor im Fließgewässer Überblick Phosphor ist in der Natur ein essentieller Nährstoff, der durch seine Verfügbarkeit maßgeblich die Primärproduktion in Oberflächengewässern bestimmt (SCHWOERBEL, 1999). Meist stellt Phosphor den wachstumslimitierenden Faktor dar und ist damit unmittelbarer Wachstumsmotor. Unerwünschte Eutrophierungserscheinungen beispielsweise in Standgewässern sind daher auch häufig auf einen erhöhten Phosphoreintrag zurückzuführen (SCHWOERBEL, 1999;

107 Transformationsprozesse des Eisens und Phosphors 83 rel. Phosphoremissionen [%] Abb. 6.2: Phosphoremissionen aus Punkt- und diffusen Quellen in die Ober ächengewässer Deutschlands in absoluten (links) und relativen Zahlen (rechts) (verändert nach Umweltbundesamt, 2006b). KÖHLER et al., 2002). Als Grenzwert für Güteklasse II bei Gesamtphosphor gibt das U M WELTBUNDESAMT (2006a) 0,15 mg/l an. Laut U MWELTBUNDESAMT (2006b) (Abbildung 6.2, links) sind die Phosphoreinträge in die Oberflächengewässer mit dem verstärkten Neu- und Ausbau von Kläranlagen in den letzten Jahren deutlich reduziert worden. Da die Reduktion vor allem an Punktquellen erzielt wurde, ist der relative Anteil der diffusen Einträge gestiegen. Abbildung 6.2 (rechts) zeigt, dass mittlerweile Erosion die größte Phosphorquelle ist und somit im Vergleich an Bedeutung gewonnen hat. Aufgrund einer im Allgemeinen starken Fixierung von Phosphor im Boden stehen die Eintragspfade über das Grund- oder Drainwasser erst an dritter und vierter Stelle. Je nach Gewässer kann die Bedeutung der Erosion als Haupteintragspfad schwanken. So ermitteln beispielsweise B EHRENDT & Z WEYNERT (2004) für Gesamtphosphor in der Spree einen Anteil des Eintragspfades Erosion von 47 %. Leider sind mit der Reduktion der punktuellen Phosphoreinträge die Eutrophierungserscheinungen in vielen Seen noch nicht verschwunden. Dies ist dadurch zu erklären, dass viele Standgewässer über Jahre als Phosphorsenke gewirkt haben und nun der abgelagerte Phosphor über Rücklösungsprozesse wieder in das Freiwasser zurück gelangt. Diese Phoshorzuführung fördert das Wachstum von Algen, so dass auch in Zukunft unerwünschte Eutrophierungserscheinungen auftreten werden. L UDWIG (2001) schreibt, dass es zahlreiche Bemühungen gibt, den Phosphorzustrom aus dem Sediment zu reduzieren. So wird von einem Belüftungsversuch berichtet, bei dem das im Sediment enthaltene Eisen oxidiert wird, um den Phosphor chemisch zu binden und so eine chemische Diffusionsbarriere zu schaffen. Zudem gibt es

108 84 Kapitel 6 Ansätze, bei denen eine diffusionsdichte Sedimentabdeckung mittels Tonschicht, Folien oder anderen Mitteln angestrebt wird. Ein wichtiger Nachteil der genannten Maßnahmen ist ein hoher finanzieller Aufwand, der eine Umsetzung in großem Maßstab unwahrscheinlich macht. Es wird deutlich, dass das Sediment für den Phosphorhaushalt von besonderer Bedeutung ist. ZINDER (1985), LUDWIG (2001) und HUPFER (1995) weisen darauf hin, dass sich der Phosphorhaushalt von Gewässern nur unter Einbeziehung der Sedimente verstehen lässt. Auch wenn sich ihre Einschätzung zunächst auf Standgewässer bezieht, so kann das anwachsende Sediment im Standgewässer langfristig nicht ohne die hauptsächlich über die Fließgewässer eingetragenen Schwebstofffrachten betrachtet werden. In den strömungsberuhigten Bereichen eines Fließgewässers, wie sie in Flussschleifen oder vor Wehren auftreten, können sich relevante Phosphorspeicher bilden (ZINDER, 1985). So vergleicht LUDWIG (2001) 809 Sedimentproben in kleinen Fließgewässern Baden-Württembergs mit den in Standgewässern gemessenen Phosphorkonzentrationen und stellt fest, dass trotz struktureller Unterschiede vergleichbar hohe Phosphorkonzentrationen erreicht werden. Im Einzugsgebiet der Spree haben BLÖMEKE (2000), KRAL (2001) und VEENKER (2001) ermittelt, dass die Phosphorkonzentration in den Sedimenten der Fließgewässer um 3 bis 4 Größenordnungen höher ist als im Freiwasser und somit auch hier ein deutlicher Phosphorspeicher vorhanden ist. Neben der Erfassung von potentiellen Phosphorquellen müssen auch relevante Quellen von Phosphorbindungspartnern, wie beispielsweise Eisen, in die Betrachtung aufgenommen werden. Das Verhältnis von Bindungspartner und Phosphor kann entscheidend dafür sein, ob Phosphor für Wachstumsprozesse im Überfluss vorhanden ist oder nicht. So ermitteln HEI- DENREICH & KLEEBERG (2004), dass in der Spree sowohl in den Schwebstoffen als auch in den oberen Sedimentschichten etwa 80 % des Phophors an Eisen gebunden ist und der Eintrag, Transport und die Mobilisierung von partikulärem Phosphor [...] folglich mit der Verfügbarkeit und dem Umsatz von Eisen gekoppelt ist. Transformationsvorgänge Phosphor ist sehr reaktionsfreudig und tritt daher in der Natur im Allgemeinen nicht elementar auf. Vielmehr ist in Fließgewässern vor allem das fünfwertige positiv geladene Phosphat von Bedeutung. Es ist chemisch beständig und unterliegt im Wasser keinen Oxidations- oder Reduktionsvorgängen. Phosphat kann in freier oder gebundener Form auftreten, wobei die gebundene Form meist überwiegt. Häufig liegt das gelöste Phosphat in Fließgewässern nur in Konzentrationen von 10 bis 50 µg und Gesamtphosphor in Konzentrationen von ca. 100 µg vor l l (DVWK, 1993). In verunreinigten Flüssen kann die Gesamtphosphorkonzentration aber auch im Bereich von mehreren Milligramm pro Liter liegen. Besonders im Herbst können aufgrund verstärkter Abbauprozesse die Konzentrationen gegenüber den restlichen Jahreszeiten erhöht sein (BREHM & MEIJERING, 1996).

109 Transformationsprozesse des Eisens und Phosphors 85 Im Fließgewässer sind vier verschiedene Phosphorfraktionen zu unterscheiden (DVWK, 1993): partikuläre anorganische (PIP), partikuläre organische (POP), gelöste anorganische (DIP) und gelöste organische Phosphorverbindungen (DOP). Partikulärer anorganischer Phosphor tritt als Salz der Phosphorsäure in phosphathaltigem Gestein und im Sediment in Form von Calcium-, Magnesium-, Aluminium- und Eisenphosphaten auf. Im Freiwasser tritt ungelöster Phosphor adsorbiert an Schwebstoffen auf. In Organismen ist Phosphor organisch gebunden oder wird in Form von Polyphosphaten als Reservestoff von Bakterien und Algen gespeichert. In Organismen kommt Phosphor also sowohl in organischer als auch in anorganischer Form vor. Gelöst treten Phosphorverbindungen als anorganisches Orthophosphat (PO 3 4 ), als verschiedene anorganische Polyphosphate oder als lösliche phosphorhaltige organische Substanzen auf. In Abbildung 6.3 sind die Interaktionen zwischen den Phosphorfraktionen grafisch dargestellt. Lebende Organismen werden hier zum partikulären organischen Phosphor gezählt und es wird davon ausgegangen, dass die Bewegung der Organismen durch die Strömung dominiert ist. Ausführlichere Darstellungen der Stofftransportprozesse können BOWIE et al. (1985), ZIN- DER (1985) und LUDWIG (2001) entnommen werden. Die allgemeinen Umwandlungsprozesse zwischen den verschiedenen Fraktionen werden nachfolgend verkürzt beschrieben: Da der Phosphor eine zentrale Rolle im Stoffwechsel spielt, wird gelöster Phosphor über Photosynthese und Assimilation von Organismen begierig aufgenommen. Sterben Organismen ab, werden sie durch Sedimentation aus dem Wasserkörper entfernt. Teilweise wird allerdings noch im Freiwasser Phosphor über Dissimilation oder Respiration wieder freigesetzt und erneut aufgenommen (kleiner P-Kreislauf) (SCHWOERBEL, 1999). Gelöste organische Phosphorverbindungen werden teilweise über Mineralisierung in gelöste anorganische Verbindungen überführt. Dauert dieser Vorgang in steriler Lösung mitunter Jahre, verkürzt sich die Halbwertzeit unter dem Einfluss von Mikroorganismen auf Stunden. Gelöster Phosphor kann auf zwei Arten anorganisch gebunden werden. Zum einen kann sich Phosphat durch Fällung mit Eisen, Aluminium oder bei der Mitfällung von Calcit niederschlagen (LUDWIG, 2001) (z. B. Ferriphosphat FePO 4 ). Zum anderen kann gelöster Phosphor durch Adsorption an Tonmineralen und Aluminium-, Mangan- und Eisen-Hydroxiden sowie in geringem Maße an partikulären organischen Stoffen in den partikulären Zustand wechseln (z.b. Eisen(III)-Hydroxophosphat Fe(OOH) P).

110 86 Kapitel 6 2 Adsorption Rücklösung Fällung 1, Adsorption DIP 1 1,2 Auflösung,Desorption PIP Mineralisierung 1,2 1 A ss imi la tio n 1 Photos ynthe se Ze rs etzu ng 1, Re spi ration 2 1 Di s s imi lat io n 2 Adsorption 2 Desorption 1 2 Adsorption Photosynthese DOP 1 POP Zersetzung 2 Desorption Sedimentation 1,2 Erosion Freiwasser Sedimentation 1,2 Erosion PIP Zersetzung + Adsorption 3,4 Sediment POP Abb. 6.3: Modellvorstellung des Phosphorkreislaufs im Wasserkörper; Wechselwirkungen zwischen DOP (gelöster organischer Phosphor), DIP (gelöster anorganischer Phosphor), POP (partikulärer organischer Phosphor) und PIP (partikulärer anorganischer Phosphor); zusammengestellt aus 1 Ludwig (2001), 2 Zinder (1985), 3 Schwoerbel (1999) und 4 Hupfer (1995) Gelöste Phosphorverbindungen können von der Sedimentoberfläche direkt adsorbiert werden. Sie wechseln auf diesem Weg ebenfalls von der gelösten in die ungelöste Form. In der anderen Richtung begünstigt ein mitunter hoher Konzentrationsgradient zwischen Sediment und Freiwasser die Rücklösung von Phosphor aus dem Sediment. Ob und in welchem Umfang eine Rücklösung stattfindet, ist aber auch maßgeblich von dem Anteil an Bindungspartnern im Sediment (z. B. Eisen) sowie von dem vorherrschenden ph- Wert und dem Redoxpotential abhängig. In Abhängigkeit von hydraulischen Randbedingungen und der Sinkgeschwindigkeit der Schwebstoffe sedimentieren die partikulären Phosphorfraktionen und bleiben dem Freiwasser zunächst entzogen. Mit der Erosion des Sediments wird mit den remobilisierten Schwebstoffen auch Phosphor zurück in die Freiwasserzone transportiert. Die ins Sediment eingetragenen organischen Phosphorverbindungen werden über die Zeit zersetzt und gehen vorübergehend in Lösung. Bei ausreichend vorhandenen Bindungspartnern und entsprechenden Umgebungsbedingungen wird der im Porenwasser gelöste Phosphor nahezu vollständig erneut adsorbiert oder gefällt (Zersetzung + Adsorption).

111 Transformationsprozesse des Eisens und Phosphors Vereinfachungen der Phosphortransformationen Eine Berücksichtigung aller in Kapitel aufgeführten Stofftransformationen ist für das Langfrist-Gewässergüteprognosemodell aus verschiedenen Gründen nicht angebracht. Eine reduzierte Modellvorstellung soll die relevante Abhängigkeit zwischen dem im späteren Anwendungsbeispiel sehr präsenten Eisen und den anorganischen Phosphorfraktionen berücksichtigen und andere weniger relevante Interaktionen vernachlässigen. Die eingeführten Vereinfachungen werden in diesem Kapitel vorgestellt und begründet. In Standgewässern besitzen stark phosphorhaltige Sedimente über Rücklösung das Potential, das Wachstum von Algen im Freiwasser anzufachen und so einen erheblichen Einfluss auf die Güteentwicklung auszuüben. Nach dem klassischen von MORTIMER (1941) formulierten und mehrfach bestätigten (z. B. ZINDER, 1985) Prozessverständnis der Eisenrücklösung sind Umwandlungsprozesse des im Sediment deponierten Phosphats eng mit Reduktions- Oxidationsprozessen verbunden. So ist das Eisen(III)-Hydroxophosphat unlöslich, solange das Redoxpotential über 0,2 Volt liegt. Zudem hat die oberste Sedimentschicht eine Barrierewirkung auf darunter liegendes Phosphat, solange die Sauerstoffsättigung des darüber liegenden Freiwassers mindestens 10 % der Sauerstoffsättigung besitzt (SCHWOERBEL, 1999). JENSEN et al. (1992) untersuchen an 116 Flachwasserseen in Dänemark die Phosphatrücklösung in Zusammenhang mit der Eisenkonzentration in der Sedimentoberfläche. Sie zeigen, dass sich eine dünne oxidierte Sedimentoberfläche mit hohem Eisenanteil (Fe:P > 15) stark hemmend auf die Phosphorrücklösung auswirkt. Erst wenn die Sauerstoffkonzentration auf 0,5 mg O 2 l sinkt, kann es nach SCHWOERBEL (1999) zu einer explosionsartigen Freisetzung von Phosphat kommen. In Fließgewässern ist meist von einer im Vergleich zu Standgewässern sehr guten Belüftung der Sohle auszugehen, so dass bei ausreichend vorhandenen Bindungspartnern eine relevante Phosphorrücklösung auszuschließen ist (vgl. Kapitel 6.2.1). Der Prozess der Rücklösung wird daher nicht in die Modellierung aufgenommen. Ferner wird davon ausgegangen, dass die Adsorption von DIP an der Sedimentoberfläche nicht dominant ist und über den Umweg der Adsorption im Freiwassser mit anschließender Sedimentation ausreichend genau abgebildet wird. Bei Beprobungen von Fließgewässern wird Phosphor üblicherweise als Gesamtphosphor und als Orthophosphat gemessen. Näherungsweise kann DIP als Orthophosphat aufgefasst werden. Eine weitergehende Differenzierung der Messwerte in die Fraktionen PIP, POP und DOP ist nicht möglich. Nach LUDWIG (2001) stehen die maßgebenden Transformationsprozesse bei der autochtonen Bildung und Auflösung von partikulärem anorganischem Phosphor im Zusammenhang mit der DIP-Fraktion. Die Adsorption und die Desorption von DOP werden daher nicht in die Modellierung aufgenommen. Über die Modellierung des Fällungs- und Adsorptionsprozesses von DIP, z. B. mit Eisen, kann somit näherungsweise die gesamte Neubildung von PIP er-

112 88 Kapitel 6 DIP Fällung Adsorption Sedimentation PIP Erosion Auflösung Desorption Photosynthese Assimilation Zersetzu n g, Res p ir ation Dissim ilat ion, Hydrol y se Freiwasser Sedimentation OP Erosion PIP Zersetzung + Adsorption Sediment OP Abb. 6.4: Im Modell umgesetzter Phosphorkreislauf; Wechselwirkungen zwischen OP (organischer Phosphor), DIP (gelöster anorganischer Phosphor) und PIP (partikulärer anorganischer Phosphor) fasst werden. Eine von den anderen Phosphorverbindungen differenzierte Berücksichtigung der PIP-Fraktion wird daher als sinnvoll erachtet. Die verbleibenden Phosphorfraktionen DOP und POP können aufgrund ihrer Wechselbeziehungen im Modell nicht gewinnbringend differenziert werden. Sie werden daher unter dem Begriff organische Phosphorverbindungen (OP) zusammengefasst (Abbildung 6.4). Im Gegensatz zu vergleichbaren Modellvorstellungen für Seesedimente, ist die Erosion im Fließgewässer ein wichtiger Prozess und muss in das Modell aufgenommen werden. Durch die physikalische Remobilisierung von phosphorhaltigen Sedimentschichten wird die Konzentration im Freiwasser erhöht. GÖTTLICHER-GÖBEL (1987) bezeichnet den Zusammenhang zwischen Phosphor und Abfluss als hochsignifikant und auch BREHM & MEIJERING (1996) weisen auf das große Remobilisierungspotential von Hochwasserereignissen hin. Besonders deutlich wirkt sich die Erosion auf die während eines Hochwassers mitgeführte Phosphorfracht aus. Je nach Gegebenheit kann diese einen Großteil der Jahresfracht ausmachen und dementsprechend nachfolgend durchströmte Seen oder andere Sedimentationszonen maßgebend prägen.

113 Transformationsprozesse des Eisens und Phosphors Phosphor im Modell Die partikulären Phosphorverbindungen im Freiwasser sind Bestandteil der Schwebstoffe und werden in Abhängigkeit der Schwebstoffbewegung modelliert. Sedimentiert ein Anteil des Schwebstoffs wird im Gütemodul ein entsprechender Anteil der partikulären Phosphor-Fraktionen vom Freiwasser ins Sediment überführt. Erodiert hingegen Sedimentmasse, ist in Abhängigkeit von der Sedimentkonzentration ein Teil davon partikulärer Phosphor. Im vorliegenden Gütemodul wird dabei berücksichtigt, dass die Sedimentkonzentration mit der Tiefe variabel ist. Bei Betrachtung eines Gerinnes mit einem in Querrichtung nicht differenzierten Sedimentkörper ergeben sich die in Abbildung 6.4 dargestellten Transformationsgleichungen des Phosphors vereinfacht zu: d{dip } dt = k 22 {OP } k 21 {DIP } α 2 f 1 (µ ρ) {P hyt} k 11 {DIP } k 12 {F e gel } + k 13 {P IP } (6.3) d{p IP } dt = k 11 {DIP } + k 12 {F e gel } k 13 {P IP } + 1 h Ė {P IP } sed 1 h Ṡ {P IP } {AF S} (6.4) d{op } dt = α 2 f 1 (µ ρ) {P hyt} + k 21 {DIP } k 22 {OP } + 1 h Ė {OP } sed 1 h Ṡ {OP } {AF S} (6.5) Ṡ ist dabei die für den Schwebstoff ermittelte Sedimentationsrate, h die mittlere Fließtiefe, α 2 der Anteil des Phosphors an der Biomasse und f 1 steht für ein geschätztes Verhältnis zwischen gelöstem anorganischem und gelöstem organischem Phosphor. Die temperaturabhängige Algenwachstumsrate µ und die Algenrespirationsrate ρ werden im Modell nährstoff- und lichtabhängig ermittelt (BROWN & BARNWELL, 1985; SCHNOOR, 1996; CHAPRA, 1997). k 21 stellt eine Assimilationsrate und k 22 entsprechend eine Zersetzungs-, Dissimilations- und Hydrolyserate dar. Die Fällung gelösten Phosphors als Ferriphosphat ist unmittelbar an die Konzentration des gelösten Eisens gekoppelt und wird mit Hilfe der Transformationsrate k 12 berechnet. Die Adsorption von gelöstem Phosphor an partikulären Stoffen wird über die Transformationsrate k 11 und der Auflösungsprozess bzw. der Desorptionsvorgang partikulärer anorganischer Phosphorverbindungen über die Transformationsrate k 13 berücksichtigt. Im Sediment wird mit Hilfe der Transformationsrate k 31 die Zersetzung von organischem zu gelöstem Phosphor und eine anschließende Bindung an partikulärem Eisen berücksichtigt. Infolge Vermischung der sedimentierenden Masse m sink mit der Masse der obersten Sedimentschicht m schicht muss zudem eine Konzentrationsänderung über die Zeit Ṡ sed,p IP bestimmt

114 90 Kapitel 6 werden. Die in Abbildung 6.4 dargestellten Transformationsgleichungen im Sediment ergeben sich somit zu: d{op } sed dt d{p IP } sed dt = Ṡsed,OP + k 31 {OP } sed (6.6) = Ṡsed,P IP k 31 {OP } sed. (6.7) Mit der innerhalb des kleinen Zeitschrittes t sedimentierenden Schwebstoffmasse m sink mit m sink = Ṡ A sed t (6.8) ergeben sich die Konzentrationsänderungen über die Zeit infolge Sedimentation Ṡsed,OP und Ṡ sed,p IP zu: Ṡ sed,op = Ṡ sed,p IP = m sink m sink {OP } {AF S} + m schicht {OP } sed m sink + m schicht (6.9) {P IP } {AF S} + m schicht {P IP } sed m sink + m schicht. (6.10) Erosion hingegen wird im Sediment als Massenverlust der obersten Schicht berücksichtigt und hat keinen Einfluss auf die Konzentration einer Sedimentschicht. Analog zu dem hier ausführlich geschilderten Sediment-Freiwasseraustausch des Phosphors werden auch die partikulären Anteile anderer Stoffe (Eisen, Aluminium, CSB, Phytoplankton, Stickstoff) umgesetzt.

115 91 7 Sedimentmodul 7.1 Zusammenhänge des partikulären Transportkreislaufs Einführung Ein wichtiger und in der Gewässergütemodellierung oft vernachlässigter Bestandteil des Gewässerkörpers ist das Sediment. Wie der Titel eines BfG-Workshops (BFG, 2003) Sedimente Das Gedächtnis unserer Gewässer richtig erahnen lässt, ist das Sediment ein wichtiger Speicherbaustein im Oberflächengewässersystem. Es steht über Sedimentation mit anschließender Konsolidation, Rücklösung und Remobilisation in ständigem Austausch mit der Hauptabflusszone. Stoffanlagerung Schwebstoffe Sedimentation Transport Stofftransformation Stofffreisetzung Schwebstoffe Erosion Konsolidation Alterungs- und Abbauprozesse Abb. 7.1: Transport von feinen Sedimenten in Fließgewässern Mit der Strömung transportierte Partikel werden zum besseren Verständnis häufig in drei Fraktionen unterteilt (NACHTNEBEL, 2003). Sehr feines Material, dessen Korngröße im Sediment nicht wiedergefunden werden kann, wird mit der Strömung durch das Gewässer transportiert und sedimentiert nicht. Diese feinste der drei Kornfraktionen wird daher auch Spülfracht

116 92 Kapitel 7 genannt. Die etwas gröberen Korngrößen der Fließgewässersohle werden als Bettmaterial bezeichnet. Dieses wird in suspendiertes Bettmaterial und an der Sohle mitgeführtes Geschiebe unterschieden. Die Grenze zwischen suspendiertem Sediment und Geschiebe ist fließend und von lokalen hydraulischen Gegebenheiten und den Eigenschaften des Sediments abhängig. Mit Hilfe der einfach gehaltenen Gleichung von KRESSER (1964) d Kr = v2 360 g (7.1) kann der Grenzdurchmesser d Kr abgeschätzt werden. Partikel deren Durchmesser größer als d Kr sind, werden als Geschiebe transportiert oder befinden sich in Ruhe. Feinere Partikel befinden sich in Schwebe. Die Spülfracht und das suspendierte Bettmaterial zusammen ergeben die transportierte Schwebstoffmenge. Für die Gewässergütemodellierung sind nach SCHNOOR (1996), KERN (1997) und SCHWEIM (2005) die feinen Sedimente bzw. Schwebstoffe besonders relevant. Sie besitzen aufgrund ihrer großen spezifischen Oberfläche die Fähigkeit vermehrt güterelevante Stoffe anzulagern und diese somit in eine Abhängigkeit zum partikulären Transportkreislauf zu bringen. Mögliche Schwebstoffquellen können grundsätzlich in interne, autochtone und externe, sogenannte allochthone Quellen unterschieden werden. Autochtone Quellen resultieren aus Schwebstoffgenerierung infolge von Wachstums- oder Stofftransformationsprozessen oder aus der Erosion an der Fließgewässersohle. Als allochthone Schwebstoffquellen sind atmosphärische Deposition, anthropogene oder diffuse Quellen sowie Bodenerosion in der Fläche infolge starker Niederschläge zu nennen. Nach WITT (2004) entsteht das in Oberflächengewässern transportierte Sediment im Allgemeinen hauptsächlich durch die Erosion im Fließgewässer selbst oder durch Flächenerosion. Da es sich bei der Flächenerosion aber um eine externe Schwebstoffquelle handelt, übersteigt dies die Grenze der hier vorgestellten Arbeit und muss in eine gesonderte Betrachtung von punktuellen und diffusen Quellen aufgenommen und dann als Randbedingung vorgegeben werden. Ansätze hierfür finden sich beispielsweise in PLATE (1992) oder BEHRENDT & ZWEYNERT (2004). Die autochtonen Quellen von transportierten Partikeln werden hingegen berücksichtigt. Im Folgenden steht daher das Sediment als Partikelspeicher im Vordergrund Sedimentation Maßgeblich für das Absinken von Schwebstoffen ist das Verhältnis zwischen Sink- und Strömungsgeschwindigkeit. In den von CHAPRA (1997) als Niedrigenergiezonen bezeichneten Bereichen mit kleiner Strömungsgeschwindigkeit und geringer Turbulenz sedimentieren Schwebstoffe bevorzugt.

117 Sedimentmodul 93 Die Sinkgeschwindigkeit eines Partikels hängt vor allem von seiner mittleren Dichte und Partikelgröße ab. Bei größeren, kompakten Partikeln ist der Partikeldurchmesser und die mittlere Dichte während des Transportvorgangs weitgehend gleichbleibend, so dass auch die Sinkgeschwindigkeit dieser Partikel konstant bleibt. Bei feinen zergliederten Partikeln, den sogenannten kohäsiven Sedimenten, ist dies nicht der Fall. Sie besitzen aufgrund ihrer unstrukturierten porösen Struktur eine deutlich herabgesetzte mittlere Partikeldichte und somit eine verringerte Sinkgeschwindigkeit. Durch fortschreitende Flockung ändert sich die Form und damit die Sinkgeschwindigkeit des Schwebstoffs. Dabei ist der komplexe Flockungsprozess abhängig von der Kollisionsfrequenz und der Haftfähigkeit der Partikel. Die Kollisionsfrequenz nimmt mit steigender Schwebstoffkonzentration und mit steigendem Geschwindigkeitsgradienten zwischen den Partikeln zu. Geschwindigkeitsdifferenzen können in strömungsberuhigten Bereichen durch unterschiedliche Sinkgeschwindigkeiten, in Fließgewässern vor allem aber durch Strömungsturbulenzen entstehen. Steigen die Turbulenzen so weit an, dass die auf das Partikel wirkenden Scherkräfte größer als die Haftkräfte werden, zerfällt die Flocke wieder in kleinere Fragmente. Die maximalen Haftkräfte und auch die Haftfähigkeit im Falle einer Partikelkollision werden als Kohäsion bezeichnet. Die Stärke der Kohäsion ist von Partikelladungen sowie von metallischen und organischen Belägen bzw. Schleimen abhängig (KERN, 1997) Konsolidation Die auf die Gewässersohle absinkenden Schwebstoffe bilden mit dem an der Sohle transportierten Geschiebe das Sediment und unterliegen einer bodenmechanischen und einer biogeochemischen Konsolidierung. Die bodenmechanische Konsolidierung des Sedimentkörpers basiert zu einem Großteil auf einer Veränderung der Dichte des Partikel-Wasser-Gemisches. Infolge andauernder Sedimentation wächst das Eigengewicht des Sediments an und führt zu einem erhöhten Porenwasserdruck. Dem hydrostatischen Gefälle folgend, kann ein Teil des nicht gebundenen Porenwassers entweichen und damit eine Steigerung der Lagerungsdichte sowie eine Erhöhung der Festigkeit bewirken. Die Geschwindigkeit dieses Setzungsprozesses hängt maßgeblich von der Durchlässigkeit der Bodenschichten ab. Mit größerer Tiefe im Sediment steigt die Auflast auf die einzelnen Sedimentpartikel an. Die bei kohäsiven Sedimenten vorherrschenden länglichen Tonminerale werden durch größere Auflasten in ihre bevorzugt horizontale Lage umgelagert, woraus wiederum eine Steigerung der Dichte und der Festigkeit resultiert (KERN, 1997). Der Oberbegriff der biogeochemischen Konsolidierung umfasst die Prozesse der weitergehenden Flockung, der Mineralfällung und der biologischen Besiedlung. Anders als im Gewässer befinden sich die Partikel im Sediment nahezu in Ruhe, so dass die Geschwindigkeitsenergie der Partikel nicht zur Flockung beitragen kann. Zudem wirkt

118 94 Kapitel 7 dem unmittelbaren Kontakt zweier Partikel eine angelagerte Schicht hydratisierter Kationen mit positiver Gesamtladung entgegen. Diese sogenannte elektrolytische Doppelschicht kann durch eine hohe Ionenkonzentration in ihrer Dicke reduziert und damit eine Flockung begünstigt werden. Verursacher einer gesteigerten Ionenkonzentration kann beispielsweise die Mineralisation von organischen Substanzen sein. Die bodenmechanische Konsolidierung des Sediments sorgt für eine weitere Annäherung der Partikel bis schließlich die elektrolytische Doppelschicht überwunden werden kann (KERN, 1997). Der Abbau organischer Substanzen mit der einhergehenden Erhöhung der Ionenkonzentration im Sediment kann zu einer Überschreitung der Löslichkeitsgrenze führen. Die dann eintretende Mineralfällung führt zu einer Zementierung des Sediments (KERN, 1997). Andererseits kann eine infolge von Stoffwechsel- und Zersetzungsprozessen entstehende Gasentwicklung der Konsolidation aber auch entgegenwirken (SPORK, 1997). Aufgrund von Artenvielfalt und Sensibilität ist der Einfluss der biologischen Besiedlung äußerst komplex. So können benthische Organismen durch Verkittung, Verschleimung oder ähnliche Prozesse verfestigend wirken. Durch Grabevorgänge können sie die Stabilität aber auch herabsetzen. Der Einfluss der Biostabilisierung wird beispielsweise in BLACK et al. (2002) ausführlicher und differenzierter betrachtet. Eine wesentliche Eigenschaft der Konsolidation ist die Beeinflussung der kritischen Sohlschubspannung, welche über die Tiefe veränderlich ist. Im Allgemeinen kann festgestellt werden, dass tiefere und ältere Schichten eine höhere kritische Erosionsschubspannung besitzen als eine frische hochliegende Sedimentschicht Erosion Mit ansteigender Sohlschubspannung an der Gewässersohle, z. B. infolge eines Hochwassers, erodiert Sediment und wird als resuspendierter Schwebstoff mit der Strömung weitertransportiert. Dabei werden zunächst nur einzelne Flocken infolge von Schubspannungsspitzen aus der Sedimentoberfläche gelöst (Flockenerosion). Bei höheren Sohlschubspannungen kommt es bei Überschreitung einer kritischen Sohlschubspannung zur Massenerosion. Hierbei werden ganze Aggregatgruppen aus dem Sediment gelöst. Die Erosionsrate bei einsetzender Massenerosion übertrifft die Erosionsrate einer Flockenerosion häufig um Größenordnungen. Bei der Modellierung des Erosionsprozesses ist daher die Abbildung der Massenerosion maßgebend (SCHWEIM, 2005). Eine weitere Unterscheidung des Erosionsprozesses ist abhängig von den Eigenschaften der erodierten Sedimentschicht. In einem Sediment mit über die Tiefe steigendem Erosionswiderstand, wie es häufig in jungen oberflächennahen Sedimenten der Fall ist, entsteht Oberflächenerosion. Bei gleichbleibender Sohlschubspannung wird Sediment abgetragen und infolge eines steigenden Erosionswiderstandes wird weniger Sediment resuspendiert. Die Eintiefung verlangsamt sich.

119 Sedimentmodul 95 Bei einem Sediment mit einer über die Tiefe in etwa konstanten kritischen Sohlschubspannung kommt es zur sogenannten Tiefenerosion. Die Erosionsrate bleibt bei konstanter Sohlschubspannung auch in tieferliegenden Schichten konstant. Das Fortschreiten der Erosion wird durch das Freilegen tieferer Schichten nicht verlangsamt und endet erst mit sinkenden Sohlschubspannungen oder beim Erreichen anders aufgebauter Bodenschichten mit höherem Erosionswiderstand. Die dabei erreichten Erosionstiefen können bei starken Erosionsereignissen bis in den Bereich von Sedimenten aus der Zeit deutlich höherer Gewässerbelastung reichen. HAAG et al. (2000) weist darauf hin, dass in vielen Flüssen besonders die Altsedimente sehr stark verschmutzt sind und diese auch dann schon zu einer deutlichen Belastung des Oberflächengewässers führen können, wenn nur ein Teil davon wieder remobilisiert wird. 7.2 Entwicklung eines Sediment-Schwebstoff-Moduls Schwebstofftransport Der Transport von Schwebstoffen im Freiwasser eines Fließgewässers kann durch die in Gleichung 5.7 vorgestellte Advektions-Dispersionsgleichung beschrieben werden. Setzt man in Gleichung 5.7 für k 0 die Erosionsrate nullter Ordnung Ė und für k 1 C die Sedimentationsrate Ṡ ein, ergibt sich mit C t = Q A C x + 1 ( ) A C A D L + Q in x x Adx (C in C) + 1 (Ė Ṡ) (7.2) h die auch von KERN (1997) verwendete Transportgleichung für Schwebstoffe. Der Schwebstofftransport wird für die statische und dynamische Betrachtungsweise analog zum Stofftransport anderer Inhaltsstoffe umgesetzt. Als Modellvorstellung dient hierbei ein eindimensionales Einkornmodell Sohlschubspannung Maßgebend für den Austausch partikulärer Masse zwischen Sediment und Freiwasser ist die Sohlschubspannung τ 0. Sie entsteht durch den Geschwindigkeitsgradient an der Grenzfläche von Fluid und Sohle. Modelltechnisch kann die Sohlschubspannung über verschiedene Gleichungen bestimmt werden. In Anlehnung an ZANKE (1982) bzw. SCHWEIM (2005) kommt hier das Wandgesetz zur Anwendung und die Sohlschubspannung τ 0 wird mit τ 0 = ρ w u 2 τ (7.3)

120 96 Kapitel 7 über die Schubspannungsgeschwindigkeit u τ bestimmt. Bei einer Kornreynoldszahl Re K 3,32 mit Re K = u τ k s ν (7.4) herrschen hydraulisch glatte Verhältnisse und die Schubspannungsgeschwindigkeit kann mittels v ( = 2, 5 ln 3, 32 u τ h ) u τ ν (7.5) iterativ bestimmt werden. Hierin ist v die flächengemittelte Fließgeschwindigkeit und h die über die Breite gemittelte Fließtiefe. Für den hydraulisch rauen Bereich bzw. den Übergangsbereich mit Re K Schubspannungsgeschwindigkeit über > 3,32 wird die [ v ( h ) ] 3, 32 9, 96 = 2, 5 ln 1 + ln(re K ) + 8, 5 (7.6) u τ k s κ Re K Re K bestimmt. κ steht dabei für die Karman-Konstante Sedimentation Eine zentrale Größe bei der Modellierung des Sedimentationsprozesses ist die Sinkgeschwindigkeit suspendierter Partikel v s. Die im Bereich der Fließgewässermodellierung am häufigsten verwendeten Gleichungen werden im Folgenden kurz vorgestellt. Bei KERN (1997) und WITT (2004) wird der als Stokessche Sinkgeschwindigkeit bekannte partikelbezogene Ansatz eingesetzt. Er basiert auf dem Kräftegleichgewicht zwischen Eigengewicht, Auftrieb und Strömungswiderstand des Partikels. Danach kann in einem beruhigten Fluid bei einem kohäsionslosen ungleichförmigen Partikel die Sinkgeschwindigkeit als v s = 4g 3 (ρ s ρ w ) ψd v (7.7) ρ w c D beschrieben werden (z. B. SHARPE, 1994). Dabei ist ψ die Sphärizität, die im Falle eines kugelförmigen Partikels den Wert 1 annimmt und bei unregelmäßigen plättchenhaften Körpern zwischen 0,4 und 0,5 anzusetzen ist. d v ist der Durchmesser einer zum ungleichförmigen

121 Sedimentmodul 97 Partikel volumengleichen Kugel. Der Widerstandsbeiwert c D ergibt sich nach BRUCATO et al. (1998) zu c D = 24 Re s + 3 Re 0.28 s für Re s < 1000 (7.8) und die Reynoldszahl des Absinkvorgangs Re s zu Re s = v sd v ν ψ 1/2. (7.9) ν bezeichnet hierin die kinematische Viskosität und ψ ist der Formbeiwert des Partikels. Die im ruhenden Fluid ermittelte Sinkgeschwindigkeit v s ist größer als die im Fließgewässer aufgrund von turbulenzbedingter zusätzlicher innerer Reibung verlangsamte Sinkgeschwindigkeit v st (KÄSER, 1980): ν v st = v s. (7.10) ν + ν t Nach MALCHEREK (2003) ist die partikelbezogene Betrachtungsweise im stark durch Flockung geprägten Bereich nicht geeignet. Hier führen Kollisionshäufigkeit und Haftfähigkeit zu einer Variabilität der Partikelform und Flockendichte, die eine Überarbeitung des Ansatzes nahe legt. Weit verbreitet ist der Ansatz, die Sinkgeschwindigkeit konzentrationsabhängig mit v s = r 1 C r 2 (7.11) zu berechnen. Hier ist C die Schwebstoffkonzentration und r 1 bzw. r 2 sind empirische Koeffizienten, die mittels Messungen kalibriert werden müssen. Weitergehend kann auch die turbulenzabhängige Flockenbildung und Flockenzerstörung über die Gleichung v s = r 1 C r 1 + r 2 3G (7.12) 1 + r 4 G 2 in die Betrachtung aufgenommen werden. Mit dem absoluten Geschwindigkeitsgradient G und zwei weiteren empirischen Koeffizienten r 3 und r 4 kann der Gleichung 7.11 ein Faktor hinzugefügt werden, der bis zu einem bestimmten absoluten Geschwindigkeitsgradienten die Sinkgeschwindigkeit und damit die Sedimentation erhöht. Steigt der absolute Geschwindigkeitsgradient weiter, werden in der Modellvorstellung Flocken infolge großer Turbulenz

122 98 Kapitel 7 zerstört und erneut aufgewirbelt. So ergibt sich im Mittel eine verringerte Sinkgeschwindigkeit. Die vier Parameter und die zusätzliche Simulationsgröße G lassen den erforderlichen Daten- und Kalibrierungsaufwand stark ansteigen. Da in den meisten Untersuchungsgebieten entsprechende Daten nicht vorliegen, wird hier den beiden einfacheren Ansätzen der Vorzug gegeben. Auf Basis der ermittelten Sinkgeschwindigkeit kann die Sedimentationsrate Ṡ bestimmt werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass unterhalb einer ablagerungsfreien Grenzkonzentration von C s,gr = 1 g k v ρ s h v s (ρ s ρ w ) τ c,s (7.13) keine Sedimentation stattfindet (WESTRICH & JURASCHEK, 1985). Die in der Literatur angegebene kritische Sedimentationsschubspannung τ c,s variiert laut KERN (1997) zwischen 0,06 und 1,1 N/mm 2 und der empirische Faktor k beträgt für eine ebene, kornrauhe Sedimentoberfläche 0,0018. Eine deutlich strukturreichere Sohle führt zu einer im sohlnahen Bereich erhöhten turbulenten Vermischung und somit bei gleichen Abflussbedingungen zu einem erhöhten Faktor k. In Abhängigkeit von der Schwebstoffkonzentration in Sohlnähe C s (a), von der Sinkgeschwindigkeit v st, der wirksamen Sohlschubspannung τ 0 und der kritischen Sedimentationsschubspannung τ c,s ergibt sich die Sedimentationsrate Ṡ zu (KRONE, 1962; PARTHENIADES, 1965) Ṡ = C s (a)v st (1 τ ) 0 τ c,s für τ 0 < τ c,s 0 für τ 0 > τ c,s. (7.14) Sedimentschichten Abgesunkene Schwebstoffpartikel werden Teil des Sedimentkörpers und verlieren damit ihre Mobilität. Sie werden gespeichert und nehmen über den Porenwasseraustausch und gegebenenfalls über Erosion Einfluss auf die Gewässergüte im Sediment und Freiwasser. Die Modellierung von Sediment wird in der Literatur teilweise sehr unterschiedlich vorgenommen. In SCHLAEGER (2003), im Gewässergütemodell QUAL2E (BROWN & BARNWELL, 1985) oder im DWA-Gewässergütemodell (MÜLLER, 2002) wird das Sediment als Schwebstoffquelle und -senke dargestellt, welche zwar über Austauschraten mit dem Freiwasser kommuniziert, das Sediment selber wird aber nicht modelliert. Auch die neu überarbeitete Version QUAL2K (EPA, 2006) arbeitet mit Austauschraten, die je nach Stoff in einem funktionalen Zusammenhang zu der Modellierung von sedimentierenden organischen Partikeln stehen. Andere Modellansätze betrachten das Sediment, ähnlich wie aus der Freiwassermodellierung, als voll durchmischten Reaktor. So entscheidet sich beispielsweise RUBBERT (2006) bei der

123 Sedimentmodul 99 Simulation eines Standgewässers für einen solchen Ansatz zur Abbildung der obersten aktiven Sedimentschicht, weil die Sedimentation als dominierender Feststofftransportmechanismus betrachtet und der Prozess der Rücklösung so ausreichend genau modelliert werden kann. In Mike 11 (DHI, 2004) kann ein über die Höhe dreifach differenzierter Sedimentkörper berücksichtigt werden. Weicher Schlamm, weniger weicher Schlamm und konsolidiertes Sediment werden unterschieden. Eine Unterscheidung ähnlich konsolidierter Sedimente mit unterschiedlichen Stoffkonzentrationen ist allerdings nicht möglich. Bei der in dieser Arbeit angestrebten langfristigen Betrachtung von Sedimentations- und Erosionsphasen unter Berücksichtigung von Stoffkonzentrationen ist eine geschichtete und damit über die Höhe und über das Sedimentalter differenzierte Sedimentmodellierung von Vorteil (KERN, 1997). Nur so können in einer begrenzten Zeitperiode eingelagerte Stoffe entsprechend ihres Alters getrennt im Sediment vorgehalten und bei einem Erosionszenario entsprechend der schichtenabhängigen kritischen Sohlschubspannung in das Gewässer freigegeben werden. KERN (1997) erläutert zwei Konzepte für ein Sedimentschichtenmodell. Beim modifizierten Euler-Verfahren wird von einer Sedimentsäule mit einer konstanten Anzahl von Sedimentschichten mit jeweils konstantem Volumen ausgegangen. Dabei wandert die oberste Schicht infolge Erosion oder Sedimentation mit der Sedimentoberfläche mit. Entsprechend dem Kontinuitätsgesetz wird bei einer Schwebstoffzuführung infolge Sedimentation in die oberste Schicht ein Teil des Schichtinhalts in die unteren Schichten abgegeben. Ein zentraler Nachteil dieser Methode ist eine starke numerische Diffusion, welche die Stoffkonzentrationen in den Schichten mit wachsender Simulationszeit immer stärker verwischt. Mit dem Lagrange-Verfahren wird der numerischen Diffusion entgegengewirkt. Der Ansatz zielt darauf ab, jede Sedimentschicht mit den darin enthaltenen Stofffrachten zu erhalten. Eine Sedimentation oder Erosion beeinflusst somit zunächst nur die oberste Schicht. Alle anderen Schichten werden nur durch Alterungs- oder sonstige Transformationsvorgänge verändert. Erst wenn die oberste Schicht wegerodiert ist, kann die zweite Schicht mit ihren Inhaltsstoffen erodiert werden. Eine Sedimentation führt nach diesem Prinzip in jedem Simulationszeitschritt zu der Bildung einer neuen obersten Sedimentschicht. Um die Anzahl der Schichten nicht zu groß werden zu lassen, kann die Schichtenerhaltung nicht in letzter Konsequenz umgesetzt werden und es muss ein Konzept für eine Schichtenzusammenlegung festgelegt werden. Hier wird das Lagrange-Verfahren mit minimal zwei und maximal neun Sedimentschichten umgesetzt. Die Anzahl der Schichten und deren Stärke ist Teil der Modellierung und somit abhängig von der simulierten Vergangenheit. Bei verstärkter Erosion wird einer Schicht solange Sedimentmasse entnommen bis die Schichtdicke auf 0 mm abgesunken ist und es zu einer Schichtauflösung kommt. Danach wird die nächste Schicht erodiert. Im Fall einer andauernden Sedimentation kommt es zu der Situation, dass die maximale Anzahl von neun Sedimentschichten erreicht wird. In diesem Fall werden alle k bis n Nach-

124 100 Kapitel 7 barschichten, die eine vom Benutzer festgelegte Mindestdicke unterschreiten, nach folgenden Gleichungen zusammengelegt: z neu b = t neu b = τ neu b,crit = C b,stoff = n z b (i), (7.15) i=k 1 n i=k z b(i) 1 n i=k z b(i) 1 n i=k z b(i) n t b (i) z b (i), (7.16) i=k n τ b,crit (i) z b (i) und (7.17) i=k n C b,stoff (i) z b (i). (7.18) i=k Dabei ist z b die Schichtdicke, t b das Alter der Schicht, τ b,crit die kritische Sedimentschubspannung und C b,stoff die verschiedenen Stoffkonzentrationen. Sind alle unteren Schichten soweit zusammengelegt, dass die Mindestdicke in allen Schichten erreicht ist, fasst der vorgestellte Algorithmus die frische oberste und die zweite Schicht zusammen. Um diese Schicht nicht unendlich anwachsen zu lassen, werden immer dann, wenn diese Schicht die Maximalschichtdicke z b,max überschritten hat, alle Schichten um eine Schichtnummer nach unten verschoben und damit Platz für weiteres Sediment geschaffen. Die in der damit wegfallenden untersten Schicht enthaltenen Informationen gehen verloren. Über eine großzügig bemessene Maximal- und Mindestschichtdicke kann vom Anwender maßgeblich festgelegt werden, dass nur selten Informationen über tiefer liegendes Sediment verloren gehen. Mit einer kleiner gewählten maximalen und Mindestschichtdicke kann hingegen eine genauere Auflösung des Sedimentkörpers erzielt und damit die Schärfe der Sedimentmodellierung verbessert werden Kritische Sohlschubspannung und Konsolidation Für die Erstellung eines Sedimenttransportmodells ist der Parameter kritische Sohlschubspannung von zentraler Bedeutung. Sie gibt an, ab welcher Sohlschubspannung Sediment erodiert wird und bestimmt damit, ob Sedimentschichten eventuell über Jahre lokal fixiert oder weggespült werden. Die kritische Sohlschubspannung τ b,crit, die in der Literatur häufig auch als Erosionswiderstand τ ce bezeichnet wird, ist infolge Konsolidation über die Tiefe und Zeit variabel. Der Prozess der physikalischen Konsolidation bewirkt vor allem eine Erhöhung der Dichte der Sedimentablagerungen (Trockendichte). Diese Dichteveränderung kann unter Annahme

125 Sedimentmodul 101 einer konstanten Partikeldichte auch indirekt über die Modellierung des Porenraums simuliert werden. In HAMRICK (2001) werden dazu beispielhaft drei Ansätze vorgestellt. Zwei der vorgestellten Algorithmen sind semi-empirisch und erfordern die Ermittlung einer empirischen Konstante beziehungsweise einer empirischen Funktion. Der dritte Ansatz berechnet ähnlich zu einem von TOORMAN (1999) vorgestellten Ansatz den Konsolidationsprozess soweit möglich deterministisch. Dabei wird ausgehend von den durch Auflast entstehenden Kräften über das Filtergesetz von Darcy und einem festzulegenden Durchlässigkeitsbeiwert k f die Geschwindigkeit des entweichenden Porenwassers und darüber die Verdichtung des Sediments ermittelt. In BOUDREAU & BENNETT (1999) wird ein stationärer Ansatz zur Berechnung der Dichte vorgestellt. Es wird davon ausgegangen, dass sich der Porenwasserdruck schnell angleichen und somit keine Kräfte aufnehmen kann. Obwohl durch diese Annahme die Modellierung vereinfacht wird, bleiben die Größen minimale und maximale Dichte sowie ein empirischer Parameter unbekannt. Zahlreiche Autoren leiten von der Dichte einer Sedimentschicht die kritische Sohlschubspannung einer Schicht ab (SCHWEIM, 2005). Dabei basiert ihr Ansatz meist auf der Gleichung τ b,crit = a ρ b (z) b. (7.19) In der aus SCHWEIM (2005) übernommenen Abbildung 7.2 sind 20 verschiedene Ansätze und ihre Anwendungsgrenzen in einem Diagramm dargestellt. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird hier darauf verzichtet, die einzelnen Funktionen ihren Autoren zuzuordnen. Für eine genauere Aufschlüsselung wird auf SCHWEIM (2005) verwiesen Sohlschubspannung [N/mm²] Dichte [g/l] Abb. 7.2: Verschiedene der Literatur entnommene Ansätze zur Ermittlung der kritischen Sohlschubspannung in Abhängigkeit von der Sedimentschichtdichte (Schweim, 2005)

126 102 Kapitel 7 Die empirischen Parameter a und b unterscheiden sich bei den verschiedenen Autoren teilweise so deutlich, dass bei gleicher Dichte mitunter Abweichungen im Bereich von ein bis zwei Größenordnungen berechnet werden. Darüber hinaus stellt SCHWEIM (2005) in Frage, ob die Ansätze mit den im Labor ermittelten Parametern a und b für die in der Natur häufig größeren Lagerungsdichten und Erosionswiderstände extrapoliert werden dürfen. Wie zuvor dargestellt, basiert die Dichtemodellierung entweder auf Ansätzen mit nicht genau ermittelten empirischen Beiwerten oder auf einer komplexen Berechnung mit einem unbekannten Durchlässigkeitsbeiwert. Auf dieser ungewissen Basis kann mit den stark variierenden dichteabhängigen Ansätzen die kritische Sohlschubspannung ermittelt werden. Die in ihrer Kombination sehr große Unsicherheit lässt diesen Weg allerdings als ungeeignet erscheinen, so dass von einer Modellierung der Konsolidation in Abhängigkeit einer veränderlichen Sedimentdichte abgesehen wird. Bei der in der vorliegenden Arbeit angestrebten Sedimentmodellierung als Teil einer Gewässergütebetrachtung ist es das Ziel die Sedimentationsmasse, die Erosionsmasse und die Stoffkonzentrationen im Sediment zu modellieren. Die Sedimentdichte ist dafür nicht explizit erforderlich. Daher kann ein alternativer Ansatz gewählt werden, der den Erosionswiderstand τ c,e unabhängig von der Sedimentdichte ermittelt. KERN (1997) wendet die Gleichung [ ( τ c,e = τc,e 0 + (τ c,e τ c,e 0 ) θ K 1 e k Alterungt mit 0 θ K 1 ) } {{ } Alterung ( ) ] + (1 θ K ) 1 e k Setzung z } {{ } Setzung (7.20) zur Ermittlung des Erosionswiderstandes erfolgreich an. Eine Veränderung der Dichte und somit eine Veränderung der Schichtdicke über die Zeit wird nicht modelliert. Vielmehr wird der Schicht eine dichteunabhängige Größe τ c,e zugeordnet, welche von dem minimalen τc,e 0 und dem maximalen Erosionswiderstand τ c,e, dem Sedimentschichtalter t, der Sedimentschichttiefe z, den empirischen Parametern k Alterung und k Setzung sowie dem Wichtungsparameter θ K abhängig ist. Der minimale und der maximale Erosionswiderstand sind empirische Parameter, die in Anlehnung an KERN (1997) und KERN (2005) zunächst mit k Alterung = 1, und k Setzung = 1, 43 angesetzt werden. Entsprechend wird der Wichtungsfaktor mit θ K = 0, 35 festgelegt. Die Sedimentschichttiefe z und das Alter der Sedimentschicht t sind Teil der Modellierung und daher bekannt. Der erste Term innerhalb der eckigen Klammern berücksichtigt die biogeochemischen Alterungsprozesse. Über die Konstante k Alterung wird festgelegt, wann die Modellierung der biogeochemischen Konsolidationsprozesse abgeschlossen ist. In Abbildung 7.3 ist für verschiedene Werte k Alterung der Grad der Verfestigung über die Zeit dargestellt. Der Grad der

127 Sedimentmodul 103 Verfestigung wird definiert als Verfestigungsgrad = τ c τ min τ max τ min. (7.21) Bei k Alterung = 1, sind 98 % der biogeochemischen Verfestigung bereits nach etwa 10 Stunden abgeschlossen. Bei einer Sedimentmodellierung mit einer Zeitschrittweite oberhalb von 10 Stunden kommt dies praktisch einer Erhöhung des minimalen Erosionswiderstandes gleich E E E-05 Verfestigungsgrad [-] E E Zeit [d] Abb. 7.3: Grad der Verfestigung über die Zeit bei verschiedenen empirischen Parametern k Alterung Der zweite Term in der eckigen Klammer von Gleichung 7.20 berechnet die Verfestigung des Sediments infolge bodenmechanischer Konsolidation. Mit steigender Sedimentüberdeckung wird das Sediment immer weiter verfestigt. Bei dem aus KERN (1997) entnommenen Wert k Setzung = 1, 43 wird für eine Tiefe von etwa 2, 75m eine zu 98 % abgeschlossene bodenmechanische Verfestigung simuliert. Abbildung 7.4 kann entnommen werden, dass aber auch schon in den oberen Zentimetern des Sediments eine spürbare Verfestigung über die Tiefe berechnet wird. Der Wichtungsfaktor θ K steuert die Relevanz der biogeochemischen bzw. der bodenmechanischen Konsolidation. Bei einem minimalen Wert von θ K = 0 wird keine und bei θ K = 1 wird ausschließlich biogeochemische Verfestigung berücksichtigt. Bei einsetzender Erosion kommt es zu einer Verringerung der Sedimentschichttiefe z. Dies bedeutet aber nicht, dass sich auch der Erosionswiderstand der tieferen Schichten reduziert.

128 104 Kapitel 7 1 Verfestigungsgrad [-] ,0-4,2-3,4-2,6-2,2-1,8-1,4-1, Sedimenttiefe [m] Abb. 7.4: Grad der Verfestigung über die Sedimenttiefe bei verschiedenen empirischen Parametern k Setzung Gleichung 7.20 wird daher um den Zusatz τ t+1 c,e τ t c,e (7.22) erweitert. Eine weitergehende Verfestigung des nicht erodierten Sedimentkörpers kann nach einer Erosionsphase erst dann wieder erreicht werden, wenn die Sedimentüberdeckung soweit angewachsen ist, dass Gleichung 7.20 zu einer Erhöhung des Erosionswiderstandes führt Erosion Der Erosionsbeginn wird durch eine Gegenüberstellung von Einwirkung und Widerstand modelliert. Dabei ist in der Literatur allgemein akzeptiert, dass die Erosion bei Überschreitung der kritischen Sohlschubspannung also mit der Überwindung des Erosionswiderstandes einsetzt (SCHWEIM, 2005). Die gängigen Oberflächen- oder Tiefenerosionsmodelle berücksichtigen die Differenz aus vorhandener und kritischer Sohlschubspannung. Trotz dieser Gemeinsamkeit beinhalten die verschiedenen Erosionsansätze teilweise sehr unterschiedliche Gleichungen. Eine gute Übersicht über die verschiedenen Ansätze gibt SCHWEIM (2005). Dabei stellt er einen für diese Arbeit besonders geeigneten Ansatz vor, der gleichermaßen Tiefen- als auch Oberflächenerosion abbildet: Ė = m ρ b ( ) τ0 τ c,e τ c,e für τ 0 > τ c,e 0 für τ 0 < τ c,e. (7.23)

129 Sedimentmodul 105 Über eine Dimensionsanalyse zeigt SCHWEIM (2005), dass m mit m = Ė ρ b τ c,e τ 0 τ c,e [ kg m 3 m 2 s kg N m 2 m 2 N = m ] s (7.24) die Einheit einer Geschwindigkeit besitzt und nennt m daher charakteristische Erosionsgeschwindigkeit. Um Verwechslungen vorzubeugen wird angemerkt, dass die Erosionsgeschwindigkeit nur in dem Ausnahmefall τ b = 2τ ce der Geschwindigkeit des Sohlabtrags entspricht. Bei der Umsetzung wird der Erosionswiderstand über den in Kapitel beschriebenen Konsolidationsansatz ermittelt. Die Dichte und die Erosionsgeschwindigkeit werden über die Höhe konstant angesetzt. Es wird darüber hinaus davon ausgegangen, dass Erosion und Sedimentation nicht gleichzeitig auftreten können. Zwar ist es in der Natur theoretisch denkbar, dass in einem Gewässerquerschnitt gleichzeitig Erosion und Sedimentation auftreten, in der Modellierung wird aber meist davon ausgegangen, dass sich im gleichen Element Erosion und Sedimentation gegenseitig ausschließen (CANCINO & NEVES, 1999). Bei einsetzender Erosion wird ein Massenabtrag berechnet, der das Volumen der jeweils obersten Sedimentschicht verringert und bei vollständiger Erosion einer Schicht die nächst höhere Schicht weiter erodiert. Sollte durch eine fortschreitende Erosion auch die vorletzte Sedimentschicht erodiert werden, wird dem Sediment von unten eine weitere Sedimentschicht hinzugefügt. Dabei wird von den gleichen Stoffkonzentrationen und einem gesteigerten Erosionswiderstand zur darüber liegenden Schicht neun mit der Schichtdicke h neun ausgegangen. Der Erosionswiderstand der neu generierten Schicht lässt sich nach Gleichung 7.20 abschätzen, indem eine Sedimentüberdeckung von z neun = 1 1 log (1 τ c,e neun τ c,e 0 k Setzung 1 θ K τc,e τ c,e 0 angenommen wird. ) + h neun (7.25) An Fließabschnitten mit besonderes starker Neigung, wie z.b. bei Sohlrampen, Wehrrücken oder ähnlichem, kann die berechnete Sohlschubspannung schon bei Normalabfluss die vom Anwender bereichsweise festgelegte maximale kritische Sohlschubspannung überschreiten. In der Natur ist an solchen Stellen ein deutlich erhöhter Erosionswiderstand vorhanden bzw. gar keine Erosion möglich. Um an diesen Stellen im Modell nicht fälschlicherweise dauerhafte Sedimentquellen zu berechnen, wird immer dann, wenn in einem stationären und damit lang anhaltendem Zustand eine Tiefenerosion zu der Erosion der untersten Schichten und damit zu einer Generierung neuer unterster Schichten im Modell geführt hat, die kritische Sohlschubspannung der neuen Schicht mit der derzeit wirkenden Sohlschubspannung gleichgesetzt. Es wird auf diese Weise verhindert, dass eine immer gleiche Sohlschubspannung zu einer über Monate wirkenden Tiefenerosion führen kann. Zudem wird ab einem vom Benutzer festgelegten maximalen Erosionswiderstand der Sohle keine weitere Erosion von feinen Schwebstoffen

130 106 Kapitel 7 zugelassen. Dies ist sinnvoll, da in Bereichen großer Sohlschubspannung feine Sedimentablagerungen nicht vorkommen und dort somit auch nicht erodiert werden können Hauptgerinne, Randbereiche und Überflutungsflächen Für die Entstehung des Sedimentkörpers im Fließgewässer sind insbesondere die langen Sedimentationsphasen zwischen den Hochwasserereignissen relevant. In diesen Phasen mittlerer bis niedriger Wasserstände setzen sich über die Zeit Schwebstoffe in Bereichen mit niedrigen Fließgeschwindigkeiten ab und bilden neue Sedimentschichten. Die Auflösung dieser Sedimentationsprozesse wird durch eine Erweiterung der Querschnittsgliederung verbessert. Dazu wird für das Sedimentmodul eine Querschnittsgliederung des Fließgewässers eingeführt, die sich von der im Hydraulikmodul unterscheidet. In Abbildung 7.5 (oben) wird eine beispielhafte Querschnittsdifferenzierung für das Hydraulikmodul vorgestellt. Es wird zwischen linkem und rechtem Vorland sowie dem Hauptgerinne unterschieden. Die beiden Vorländer können trocken fallen. Da im dargestellten Beispiel das rechte Vorland unterhalb des bettbildenden Abflusses beginnt, ist es auch bei niedrigeren Abflüssen teilweise überströmt. Für alle drei Querschnittsbereiche wird in Abhängigkeit des Durchflusses eine Fließgeschwindigkeit berechnet. Das Sedimentmodul differenziert das Querprofil des Fließgewässers in Hauptgerinne, Randbereiche und Hochwasserüberflutungsflächen (Abbildung 7.5, unten). Im Hauptgerinne kann nahezu im ganzen Jahr von einer Wasserüberdeckung und somit von einer potentiellen Sedimentation oder Erosion ausgegangen werden. Außerhalb von Stauwurzeln vor Wehranlagen oder ähnlichem sind die vorherrschenden Sohlschubspannungen im Hauptgerinne allerdings oft so groß, dass nur wenig Schwebstoff sedimentiert. Die als HW-Überflutungsflächen bezeichneten Bereiche des Fließquerschnitts werden nur in den zeitlich begrenzten Hochwasserperioden überflutet. Nach Ablaufen des Hochwassers werden die hier sedimentierten Schwebstoffe beispielsweise von vorhandenem Bewuchs überwuchert und verfestigt. Eine Simulation der Sedimentation auf dem nur selten überfluteten Vorland lässt keine Verbesserung der langfristigen Modellergebnisse erwarten. Daher wird dieser Teil des Querschnitts als reine Senke betrachtet. Der Bereich, der infolge geringerer Fließtiefe und gegebenenfalls erhöhter Rauheit deutlich strömungsberuhigt ist, aber dennoch auch in den langen für die Sedimentation interessanten Mittel- und Niedrigwasserperioden überflutet ist, wird hier als Randbereich bezeichnet. In der hydraulischen Betrachtung zählt dieser Bereich bereits zum Vorland. Die Grenze zwischen Hauptgerinne und Randbereich wird somit schon in der hydraulischen Berechnung durch die Festlegung hydraulischer Unterschiede im Querschnitt definiert. Die Grenze zwischen Randbereich und Hochwasserüberflutungsflächen wird mit einem vom Anwender festgelegten bettbildenden Abfluss ermittelt. Dabei werden sämtliche Flächen, die beim bettbildenden Abfluss

131 Gesamtmodell 107 linkes Vorland Querschnittsgliederung für das Hydraulikmodul Hauptgerinne rechtes Vorland Q Bett linke HW-Überflutungsfläche Querschnittsgliederung für das Sedimentmodul Hauptgerinne rechter Randbereich rechte HW-Überflutungsfläche Q Bett Abb. 7.5: Querschnittsdifferenzierung für das Hydraulikmodul (oben) und das Sedimentmodul (unten) trocken sind, als Überflutungsflächen interpretiert und aus der Sedimentmodellierung ausgeschlossen. Für den linken und rechten Randbereich sowie für das Hauptgerinne wird jeweils ein unabhängiger Sedimentspeicher mit den vollständigen Schwebstoff-Sedimentbeziehungen abgebildet.

132 108 8 Gesamtmodell 8.1 Allgemeines Die in den Kapiteln 3 bis 7 vorgestellten Teilmodule zur Berechnung der Hydraulik, des Stofftransports und des Sediments werden zu dem Gesamtmodell LGpro zusammengefügt. Nachfolgend wird die allgemeine Funktionsweise des Gesamtmodells anhand von Abbildung 8.1 und weiterführenden Erläuterungen (Kapitel 8.2 und 8.3) vorgestellt. In Kapitel 8.4 wird das Gesamtmodell auf ein synthetisches Beispiel angewendet. Dabei werden die Interaktionen der Teilmodule aufgezeigt. Modellsetup Geometrie, Sediment, hydr. Zustandsmatrix... Modellinput (szenarienhaft oder probabilistisch) LGpro (deterministisch) zeitliche Differenzierung hydraulische Randbedingungen stoffliche Randbedingugen stationär statisch Hydraulik Stofftransport Sediment Hochwasser? nein Zeit+ T Dokumentation ja instationär dynamisch Hydraulik Stofftransport Sediment Zeit+ t Sediment, Frachten, Statistik... T = großer Zeitschritt z.b. 1 Monat t = kleiner Zeitschritt z.b. 10 Minuten Abb. 8.1: Zusammenschluss der Teilmodule zu einem deterministischen Gesamtmodell In der numerischen Modellierung ist im Allgemeinen zunächst ein Modellsetup des Untersuchungsgebietes durchzuführen. Bestandteil dieses ersten Arbeitsschrittes ist neben der Fest-

133 Gesamtmodell 109 legung der Geometrie des Fließgewässers o. ä. auch die Durchführung der in Kapitel beschriebenen Vorabberechnungen zur Erstellung hydraulischer Zustandsmatrizen. Ein weiterer Bestandteil des Modellsetups ist die Festlegung der Anfangsbedingungen. So müssen beispielsweise der Initialzustand der Schichtung und die Stoffkonzentration des Sediments zu Beginn der Simulation definiert werden. Für den Einsatz des Gesamtmodells werden als Modellinput sowohl hydraulische als auch stoffliche Randbedingungen benötigt. Da die Festlegung der Randbedingungen eine wichtige Aufgabe mit je nach Gegebenheiten heterogener Herangehensweise ist, wird in Kapitel 8.2 auf diesen Punkt vertieft eingegangen. Das deterministische Gesamtmodell LGpro enthält die in dieser Arbeit beschriebenen Module für eine stationär statische oder eine instationär dynamische Berechnung der Hydraulik, des Stofftransports bzw. der Stofftransformationen und der Veränderungen im Sediment. Zur schnellen Berechnung großer Zeiträume wird die Langfristmodellierung mit einer großen Zeitschrittweite von beispielsweise einem Monat quasistationär durchgeführt. Basierend auf dieser stationär statischen Simulation wird entschieden, ob der Zeitschritt ein relevantes Kurzfristereignis, wie beispielsweise ein Hochwasser, enthält. Die Entscheidungskriterien hierfür werden in Kapitel 8.3 beschrieben. Wird für den stationär berechneten Monat ein erosionsrelevantes Hochwasserereignis identifiziert, muss anschließend eine instationär dynamische Simulation des selben Monats durchgeführt werden. Da diese nur dann sinnvoll eingesetzt werden kann, wenn mindestens eine Randbedingung über die Zeit veränderlich ist, muss für die instationär dynamische Modellierung entweder die hydraulische Randbedingung und/oder die stoffliche Randbedingung zeitlich feiner aufgelöst vorgegeben werden. Die instationär dynamische Berechnung wird mit einer Zeitschrittweite von wenigen Minuten durchgeführt und endet spätestens mit dem Beginn eines neuen Zeitschrittes der stationär statischen Simulation. Nach einem Zeitschritt werden die Ergebnisse in einer Dokumentation festgehalten. Für die Konzentrationen im Freiwasser ist es zumindest für die stationär statischen Modellergebnisse oft ausreichend, diese lediglich für ausgesuchte Profile und an den Schnittstellen zu anderen Modellen zu dokumentieren. Aufgrund der impliziten Berechnungsweise müssen die instationär dynamischen Modellergebnisse für den nächsten Zeitschritt vorgehalten werden. Um die Speicherwirkung des Sediments abbilden zu können, muss auch der Zustand des Sediments zumindest noch im nächsten Zeitschritt verfügbar sein. Damit die Ergebnisdateien nicht übermäßig anwachsen, werden die Ergebnisse sinnvoll zusammengefasst und nicht länger benötigte Detailergebnisse gelöscht. Nahe liegend ist daher die Aufsummierung transportierter Frachten und die Reduzierung des Gewässerverlaufs auf ausgesuchte Querprofile. Darüber hinaus wird durch eine über die gesamte Fließlänge geführte Statistik mit Mittel-, Maximalund Minimalwerten sowie mit ausgesuchten Quantilwerten für eine kompakte Darstellung der Ergebnisbandbreite über die Fließlänge gesorgt. Mit der Stoffkonzentration C und dem

134 110 Kapitel 8 fortlaufendem Mittelwert der Stoffkonzentration C kann zudem für den Zeitschritt n die Standardabweichung S n der Stoffkonzentration mit S n = 1 ) (S 2n 1 (n 2) + (C C) n 1 2 (8.1) aus der Standardabweichung des vorherigen Zeitschrittes S n 1 fortlaufend ermittelt werden. Eine Dokumentation aller Ergebnisse ist dabei nicht notwendig. Mit Fertigstellung der Ergebnisdokumentation ist die Berechnung eines Monatszeitschrittes abgeschlossen. 8.2 Modellinput Überblick Das in Abbildung 8.1 gezeigte Berechnungsschema sieht einen szenarienhaften oder einen probabilistischen Modellinput vor. Szenarienhafte, fest vorgegebene Randbedingungen werden beispielsweise im Zuge einer Modellkalibrierung oder zum Vergleich bekannter Systemzustände eingesetzt. Mit dem deterministischen Modell wird in diesem Fall genau ein reproduzierbares Ergebnis ermittelt. Das eigentliche Einsatzfeld des Modells liegt allerdings in der probabilistischen Langfristprognose. Wie in Kapitel 2.3 beschrieben, werden dabei die für die Zukunft unbekannten Randbedingungen probabilistisch variiert und darauf aufbauend mit Hilfe des deterministischen Gewässergütemodells die zu erwartende Entwicklungsbandbreite prognostiziert. Dabei wirkt sich die stochastische Herangehensweise insofern nachteilig aus, als dass der langfristige Untersuchungszeitraum vielfach wiederholt simuliert werden muss. Dies lässt den Rechenaufwand stark anwachsen. Grundsätzlich können sowohl hydraulische als auch stoffliche Randbedingungen für die Zukunft probabilistisch variiert werden. In der vorliegenden Arbeit wird ein Schwerpunkt auf den Abfluss im Fließgewässer gelegt. GRÜNEWALD et al. (2001) schreiben über die Abflussbildung, dass diese zwar bei bekannten Randbedingungen mit den heutigen Möglichkeiten ein deterministisches Problem darstellt, aufgrund mangelnder Kenntnisse über die treibenden zukünftigen hydrometerologischen Größen Niederschlag und Verdunstung handelt es sich bei der Prognose der zukünftigen Abflussbildung aber um ein stochastisches Problem. Die langfristige Prognose wird daher mit Hilfe einer großen Anzahl stochastisch variierender Einzelsimulationen durchgeführt (Monte-Carlo-Verfahren), um so die gesamte Bandbreite möglicher Abflusszustände zu erfassen (KADEN & SCHRAMM, 1999). Die hydraulischen Randbedingungen in Form von Einleitmengen werden in ihrem Dargebot probabilistisch variiert und durch eine Mengenbilanzierung vorgegeben. Die Generierung der

135 Gesamtmodell 111 hydraulischen Daten ist nicht Bestandteil dieser Arbeit und kann durch Modelle wie beispielsweise WBalMo (WASY, 1999, 2006) durchgeführt werden. Die stofflichen Randbedingungen sollten idealerweise ebenfalls durch vorgeschaltete probabilistische Modelle berechnet und dann als Einleitkonzentrationen angesetzt werden. Ein entsprechendes Ineinandergreifen verschiedener Modelle in einem Untersuchungsgebiet wird beispielsweise in SCHLAEGER et al. (2003) beschrieben. Ist die Modellierung eines Einleiters nicht möglich und sind die zukünftigen Einleitkonzentrationen somit unbekannt, müssen diese möglichst realitätsnah generiert werden. In Kapitel werden hierfür geeignete Techniken vorgestellt Umgang mit unbekannten Randbedingungen In der angewandten Gütemodellierung übersteigt der beabsichtigte Modellumfang häufig die für eine Kalibrierung benötigte Datenbasis. Auch der Datenbedarf für eine spätere Gewässergüteprognose beinhaltet oft Einleiter, die nicht durch andere Modelle simuliert und damit nicht als bekannt vorausgesetzt werden können. Aus diesem Grund werden nachfolgend Möglichkeiten aufgezeigt, wie mit Datenlücken in Form von fehlenden Messwerten aus der Vergangenheit und unbekannten Randbedingungen in der Zukunft verfahren werden kann. In der vorgestellten Arbeit werden diese Datenlücken in den Einleitern auf fünf verschiedene Arten geschlossen: Die einfachste Möglichkeit besteht darin, die Konzentration eines Einleiters vom Anwender als konstant vorzugeben. Es gibt allerdings nur wenige Einleitstellen, die durch eine konstante Einleitkonzentration gut charakterisiert werden. Ist ein Einleiter von untergeordneter Bedeutung, so sind für diesen Einleiter häufig keine Messdaten vorhanden und er wird auch nicht durch ein angrenzendes Modell simuliert. In diesem Fall wird die Einleitkonzentration mit der lokal vorherrschenden Konzentration im Vorfluter gleichgesetzt. Die Einleitung bewirkt somit durch eine Vermischung keine Konzentrationsänderung im Fließgewässer. Diese Annahme kann auch dann sinnvoll sein, wenn der Einleiter zwar aufgrund seiner Größe relevant aber durch die gleichen Randbedingungen und Prozesse wie das Hauptgerinne geprägt ist. In diesem Fall kann von einer ähnlichen Konzentration ausgegangen werden. Sind für einen Einleiter einige Messungen vorhanden, diese aber lückenhaft, können fehlende Einleitkonzentrationen über den Mittelwert der vorhandenen Daten abgeschätzt werden. Um den Einfluss von Saisonalitäten berücksichtigen zu können, ist es beispielsweise bei der Ermittlung der mittleren Wassertemperatur sinnvoll, für die Abschätzung die jeweils gleichen Monate der anderen Jahre heranzuziehen. So lässt sich beispielsweise die Temperatur im Januar eines Jahres durch die mittlere Temperatur im Januar anderer Jahre abschätzen.

136 112 Kapitel 8 Eine weitere Möglichkeit, Lücken in einem vorhandenen Datensatz aufzufüllen, besteht darin, Korrelationen zu bekannten Größen zu finden. So kann bei natürlichen Fließgewässern die Temperatur zur Jahreszeit, das Kationen-Anionen-Verhältnis zum ph-wert oder die Schwebstoffkonzentration zum Abfluss (vgl. Abbildung 9.4) korreliert werden. Der rein funktionale, korrelierte Zusammenhang sollte um einen stochastischen Anteil erweitert werden, um so das in den Messwerten gefundene natürliche Streuverhalten nachzuempfinden. Sind einige Messwerte vorhanden und ist keine relevante Korrelation zu bekannten Größen auszumachen, kann die Charakteristik des Einleiters über probabilistische Funktionen nachempfunden werden. Über den Mittelwert und die Standardabweichung aus den Messwerten können Randbedingungen beispielsweise mit einer normalverteilten Gaußfunktion generiert werden. Alternativ kann auch eine Regressionsanalyse der Häufigkeitsverteilung der Messwerte zum Ziel führen. Beide Varianten bieten in Kombination mit einem Monte-Carlo-Ansatz die Möglichkeit, Randbedingungen mit einer ähnlichen Streuungscharakteristik wie die der Messwerte zu erzeugen. Auf diese Weise werden die Randbedingungen innerhalb zu erwartender Grenzen gestreut und bei vielfacher Wiederholung ergibt sich eine Häufigkeitsverteilung, die einer Verteilung von gemessenen Randbedingungen ähnelt. Vor allem für die Generierung zukünftiger, noch unbekannter Randbedingungen in der Langfristprognose ist der Einsatz einer probabilistischen Funktion geeignet. Kann ein Trend in den vorhandenen Messdaten identifiziert werden oder wird für die Zukunft ein Trend prognostiziert, müssen die aufgeführten Punkte durch eine entsprechende zeitabhängige Veränderung erweitert werden. Auch bei einem regelmäßigen, lückenlosen Messrhythmus kann nicht immer von einer für den Zeitabschnitt repräsentativen Beprobung ausgegangen werden. So ist beispielsweise ein einzelner Messwert in einem Monat nicht zwangsläufig auch charakteristisch für den ganzen Monat. Der reale Monatsmittelwert kann von dem einzelnen Messwert deutlich abweichen. In Ermangelung zeitlich höher aufgelöster Daten wird in dieser Arbeit trotzdem davon ausgegangen, dass eine in einem Monat einmalig gemessene Konzentration für den Monat repräsentativ ist Zeitliche Differenzierung Wird für den zuvor stationär statisch berechneten Monat ein erosionsrelevantes Hochwasserereignis identifiziert, muss eine instationär dynamische Simulation desselben Monats vorbereitet werden. Wesentlicher Bestandteil ist dabei eine Verfeinerung der zeitlich grob aufgelösten hydraulischen und stofflichen Randbedingungen. Diese Aufgabe wird hier als zeitliche Differenzierung bezeichnet. Sie ist erforderlich, da eine instationär dynamische Modellierung meist

137 Gesamtmodell 113 nur dann sinnvoll ist, wenn mindestens eine Randbedingung über die Zeit veränderlich vorgegeben wird. Wenn gegebenenfalls vorgeschaltete Modelle keine zeitlich feiner aufgelösten Eingangsdaten liefern, müssen die zeitlich gröberen Daten der stationär statischen Modellierung künstlich differenziert werden. Ziel der zeitlichen Differenzierung sind tagesgenaue Einleitrandbedingungen. Dabei ist abzuwägen, ob immer alle Daten oder vielleicht nur die stark veränderlichen Eingangsdaten zeitlich differenziert werden. Im Hinblick auf eine oft begrenzte Datenlage und eine wirtschaftliche Vorgehensweise empfiehlt es sich teilweise, die Einleitkonzentration über den Monat konstant zu halten und nur den Abfluss zu variieren. Im Folgenden wird das in dieser Arbeit eingesetzte Verfahren der zeitlichen Differenzierung anhand der Verfeinerung des Monatsmittelwertes eines Hochwasserabflusses vorgestellt. Es wird von einem beliebigen Fließgewässer mit einer oberen Randbedingung und mehreren seitlichen Einleitern ausgegangen. Für diese werden Monatsmittelwerte Q prognostiziert. Ziel ist es nun, für die obere Randbedingung und jeden Einleiter eine über den Monat variable Abflussganglinie Q (t) zu generieren, die im Mittel dem jeweiligen prognostizierten Monatsmittelwert Q entspricht. Um für das Untersuchungsgebiet typische Formen der Abflussganglinien zu generieren, wird auf mehrere aus der Vergangenheit bekannte Hochwasserereignisse zurückgegriffen. Diese Abflussganglinien geben eine Bandbreite möglicher Formen von Hochwasserwellen vor. Sie besitzen eine bekannte tagesgenaue Abflusskurve Q(t) und einen über den Monat gemittelten Abfluss von Q. Eine aus diesen Hochwasserereignissen zufällig gewählte Abflussganglinie wird über eine Mischung aus Multiplikation und Addition (Gleichung 8.2) so skaliert bzw. verschoben, dass anschließend der Mittelwert der so generierten Abflussganglinie Q (t) mit dem prognostizierten Mittelwert Q übereinstimmt Q (t) = θ H Q Q Q(t) + (1 θ H)(Q + (Q(t) Q)). (8.2) Über die Hilfsvariable θ H wird gewichtet, zu welchem Anteil die Skalierung durch eine Multiplikation oder durch eine Addition erfolgen soll. In Abbildung 8.2 wird der Einfluss der Hilfsvariable θ H veranschaulicht. Es wird deutlich, dass bei Variante A durch die Verschiebung der Kurve in einen Bereich höherer Abflüsse die Variabilität relativ zum Abflussmittel nicht ausreichend berücksichtigt wird. Bei einer reinen Verzerrung der Abflussganglinie in Variante B wird die relative Variabilität hingegen übertrieben. Mit der vorgestellten Vorgehensweise kann basierend auf einer Menge von in der Vergangenheit gemessenen Abflusskurven eine tagesgenaue Hochwasserwelle generiert werden, die im Mittel dem prognostizierten Mittelwert entspricht und eine für das Einzugsgebiet typische Form der Abflussganglinie besitzt.

138 114 Kapitel 8 A Q*(t) Q(t) B Q*(t) Q(t) Durchfluss Durchfluss Zeit Zeit Abb. 8.2: Variante A: Beispiel einer durch Addition (θ H = 0, 0) verschobenen Abflussganglinie;. Variante B: Beispiel einer durch Multiplikation (θ H = 1, 0) verzerrten Abflussganglinie Wie in Kapitel beschrieben, können teilweise aus vorhandenen Datenbeständen für Einleiter Korrelationen beispielsweise zwischen Abfluss und Güteparameter gefunden werden. Mit Hilfe dieser Korrelationen und der hier vorgestellten zeitlichen Differenzierung des Abflusses kann somit auch eine zeitliche Differenzierung der Einleitkonzentrationen realisiert werden. 8.3 Identifizierung erosionsrelevanter Hochwasserereignisse Das Erosionsverhalten bei einem Hochwasser ist grundsätzlich von der Verfügbarkeit und der Festigkeit des Sediments auf der einen Seite und von der durch die Strömung hervorgerufenen Sohlschubspannung auf der anderen Seite abhängig. Die Phase der Sedimentation und Konsolidation und damit die Vergangenheit des Sediments bestimmt die Verfügbarkeit und die Festigkeit. Oft ist das sedimentierte Material typisch für das Einzugsgebiet, so dass sich im Laufe von Sedimentationsphasen ein für den Ort charakteristisches Sediment bildet. Bei einer vereinfachten Unterscheidung zwischen tiefen, alten, festeren Sedimentschichten und oberflächennahen, jungen, weniger festen Sedimentschichten, wird die erosionsrelevante Sedimentverfügbarkeit und die Festigkeit der oberen Sedimentschichten zumindest bei kleinen und mittleren Hochwasserereignissen vor allem durch die jüngeren Sedimente bestimmt. Dabei hängt die Mächtigkeit der jungen, weniger festen Sedimentschichten und der Grad der Konsolidation von der Zeit seit dem letzten Erosionsereignis ab. Auch die Sedimentationsrate hat einen großen Einfluss auf die Mächtigkeit der jüngeren Sedimentschichten. Letztere ist allerdings über die Zeit und den Raum so veränderlich, dass sie hier nicht als Entscheidungskriterium herangezogen wird.

139 Gesamtmodell 115 Neben der seit dem letzten Hochwasser vergangenen Zeit muss auch die Intensität eines Hochwasserereignisses betrachtet werden, um erosionsrelevante Ereignisse identifiziern zu können. Dabei wird die Intensität hier als Jährlichkeit ausgedrückt. Liegt die Jährlichkeit des Abflusses über einem für den Problemfall individuell zu ermittelnden Grenzwert, wird von einem relevanten Hochwasser ausgegangen. Zur Bestimmung der Jährlichkeit potentiell erosionsrelevanter Hochwasserereignisse werden aus vorliegenden Abflussmessungen die Abflussscheitel von unabhängigen Hochwasserereignissen betrachtet. Dabei sind Ereignisse mit einem sehr großen Abfluss und einer großen Jährlichkeit leicht zu identifizieren und meist offensichtlich relevant. Um auch erosionsrelevante mittlere und kleine Hochwasserereignisse identifizieren und anhand ihrer Jährlichkeit unterscheiden bzw. bewerten zu können, ist hier die Bestimmung kleiner Jährlichkeiten von besonderem Interesse. Für die Betrachtung kleiner Wiederholungszeitspannen ist in DVWK (1999b) die Möglichkeit beschrieben, aus vorhandenen Abflussmessungen mit Hilfe partieller Serien und ihrer ermittelten empirischen Häufigkeit die Jährlichkeit der gemessenen Hochwasserereignisse zu bestimmen. Um Jährlichkeiten unterhalb eines Jahres ermitteln zu können, wird der Stichprobenumfang für die partielle Serie doppelt so groß wie die Anzahl k der gemessenen Jahre gewählt. Auf diese Weise beträgt die empirisch ermittelte Jährlichkeit der betrachteten Hochwasserscheitel zwischen 0,5 und k Jahren. Nach DVWK (1999b) kann nun über Interpolation ein Zusammenhang zwischen Abfluss und Jährlichkeit hergestellt werden. Die vorgestellte Vorgehensweise ist lediglich für kleine Wiederholungszeitspannen geeignet. Für die Betrachtung großer Jährlichkeiten und die Extrapolation auf sehr große Jährlichkeiten sei auf andere in DVWK (1999b) beschriebene Vorgehensweisen verwiesen. In Kapitel wird die Entwicklung eines Entscheidungskriteriums für die Auswahl relevanter Hochwasserereignisse an einem konkreten Beispiel vorgeführt. Das vorgestellte Verfahren ist in analoger Form auf andere Einzugsgebiete übertragbar. 8.4 Interaktionen der Teilmodule in einem synthetischen Beispiel Nachfolgend wird das Gesamtmodell auf ein synthetisches Beispiel angewendet. Das Beispiel ist so angelegt, dass die Interaktionen zwischen den verschiedenen Modulen besonders deutlich werden. Als Testfall wird auf die bereits in Kapitel verwendete, 45 km lange und um 1 geneigte Trapezgeometrie zurückgegriffen. An dem letzten Profil bei Stationierung 0 km wird als Auslaufrandbedingung ein unendlich fortgeführtes Gerinne mit einer Längsneigung von 1 angenommen. Bei den Stationierungen 30, 20 und 10 km sind Wehre angeordnet, die im Hochwasserfall nach der in den Gleichungen 4.7 bis 4.9 angegebenen Regelvorschrift mit

140 116 Kapitel 8 Wehrhöhen zwischen 3,5 m und 5 m betrieben werden. Für das Sediment wird als Initialzustand eine nicht erodierbare Sohle mit einer geringen Eisenkonzentration angenommen. Zu Demonstrationszwecken werden über 100 Monate sowohl der Modelleinlauf bei Stationierung 45 km als auch die einzige seitliche Einleitung bei Stationierung 35 km konstant gehalten. In Tabelle 8.1 sind die unmittelbar für die Eisentransformation relevanten Parameter kurz zusammengefasst. Tab. 8.1: Randbedingungen des Modelleinlaufs und der seitlichen Einleitung bei Stationierung 35 km in der stationären Phase des Testbeispiels Parameter Einheit Modelleinlauf seitliche Einleitung Durchfluss m 3 /s 5 2 Schwebstoff mg/l 5 0 Eisen part. mg/l 1 0 Eisen gel. mg/l 0,05 50 Sauerstoff mg/l 13,7 identisch zum Hauptg. ph 7,7 identisch zum Hauptg. Die Sauerstoffkonzentration und der ph-wert werden im seitlichen Einleiter identisch zum Hauptgerinne gewählt, so dass es am Einleiter zu keinem Konzentrationssprung kommt. Ähnlich wie es bei Sümpfungswässern oder in Restseen beobachtet werden kann, wird für das gelöste Eisen mit 50 mg/l eine deutlich erhöhte Konzentration angenommen. Darüber hinaus wird hier von keiner Schwebstoffzufuhr und von einer Nullkonzentration beim partikulären Eisen ausgegangen. Bei den vorgestellten Randbedingungen stellen sich die in Abbildung 8.3 gezeigten Konzentrationsverläufe über die Fließlänge ein. Bei Stationierung 35 km ist der durch den Einleiter hervorgerufene Sprung in den Konzentrationsverläufen deutlich zu erkennen. Über die Fließlänge fällt das gelöste Eisen aus und erhöht somit die Konzentration von partikulärem Eisen und damit auch die Konzentration von Schwebstoff. Besonders in den langsamer durchströmten Querschnitten oberhalb von Wehren ermöglicht die hohe Aufenthaltszeit einen gesteigerten Abbau von gelöstem Eisen. Der Zuwachs von partikulärem Eisen infolge von Ausfällung wird in Bereichen langsamer Fließgeschwindigkeiten und damit einhergehender kleiner Sohlschubspannungen von einer gleichzeitigen Sedimentation der Schwebstoffe überlagert. So kommt es vor den Wehren trotz erhöhter Ausfällung zu einer deutlichen Reduktion der partikulären Fraktionen. In Abbildung 8.4 ist die Eisenkonzentration im Sediment nach einem Jahr abzulesen. In den meisten Fließabschnitten ist das in der Anfangsbedingung vorgegebene eisenarme Sediment immer noch an der Sedimentoberfläche. In diesen Abschnitten hat keine Sedimentation statt-

141 Gesamtmodell 117 Konzentration [mg/l] Einleitung Schwebstoff Eisen part. Eisen gel Stationierung [km] 10 0 Abb. 8.3: Konzentrationsverlauf von Schwebstoff sowie von partikulärem und gelöstem Eisen bei stationären Randbedingungen gefunden. Weiterhin ist an der deutlichen Konzentrationserhöhung des Eisens oberhalb der drei Wehre zu erkennen, dass es dort zu Sedimentablagerungen gekommen ist. Vor dem ersten Wehr wird dabei mit etwa 1,2 cm der größte Sedimentzuwachs berechnet. Vor dem zweiten Wehr wird ebenfalls ein großer Sedimentzuwachs bei gleichzeitig sehr hoher Eisenkonzentration berechnet. Die größten Eisenkonzentrationen werden mit 860 g/kg oberhalb des dritten Wehres simuliert. Abb. 8.4: Eisenkonzentration im Sediment nach einem Jahr

142 118 Kapitel 8 Nach 100 identischen stationären Monaten besteht der Sedimentspeicher oberhalb der drei Wehre aus mehreren Schichten unterschiedlich konsolidierten Sediments und kann bei einem Hochwassermonat teilweise remobilisiert werden. Als synthetisches Hochwasser wird auf die bereits in Kapitel eingesetzte sinusförmige Hochwasserwelle nach den Gleichungen 4.1 und 4.2 zurückgegriffen. Die Wehre werden wie beschrieben mit steigendem Durchfluss abgesenkt und der Wasserspiegel somit nahezu konstant gehalten. Stoffkonzentration [mg/l] Schwebstoff Eisen ges. Durchfluss Durchfluss [m³/s] Zeit [h] Abb. 8.5: Durchfluss, Schwebstoff- und Eisenkonzentration am Auslaufprofil bei geregelter Wehrsteuerung In Abbildung 8.5 wird für das Auslaufprofil des Testbeispiels der Durchfluss sowie die Schwebstoff- und Eisenkonzentration über die Zeit dargestellt. Wie auch in anderen Arbeiten (z. B. JUNGE et al., 2003; KURTENBACH et al., 2005) festgestellt, eilt der Schwebstoffpeak dem Durchflusspeak voraus. Dies wird durch eine mit der Sedimenttiefe zunehmenden Erosionsstabilität hervorgerufen. Mit fortschreitender Erosion werden tiefere, stabilere Sedimentschichten freigelegt. Die kritische Sohlschubspannung der obersten Schicht steigt somit an und führt zu einer reduzierten Erosion. Teilweise werden Schichten erreicht, deren Erosionsstabilität die anliegende Sohlschubspannung übersteigt, so dass trotz erhöhtem Abfluss keine weitere Erosion möglich ist. Die Konsequenz ist eine trotz gleich bleibender oder weiter ansteigender Sohlschubspannung reduzierte Erosion. Bei dem gezeigten Beispiel wird eine Schwebstofffracht von t durch das betrachtete Querprofil transportiert. Dabei ist Eisen mit ca t der Hauptanteil. Es ist offensichtlich, dass die transportierte Schwebstofffracht eine Konsequenz des instationären Hochwassers ist. Aufgrund der erhöhten Sohlschubspannung an der Sedimentsohle werden Teile des Sediments erodiert und mit der Strömung transportiert. Zudem nehmen auch Faktoren aus der sedimentbildenden Vergangenheit großen Einfluss auf das Erosionsereignis. Als wichtige Größen sind

143 Anwendungsbeispiel Spree 119 hier beispielsweise die Fließgeschwindigkeit, die Sohlschubspannung, die Sedimentation und die Sedimentkonsolidation zu nennen. Mit Abbildung 8.6 wird veranschaulicht, welchen Unterschied eine Veränderung der wasserwirtschaftlichen Steuerung in dem einfach gehaltenen System bewirkt. In dem gezeigten Beispiel wird die Wehrsteuerung deaktiviert und die Wehre werden nun auch während des Hochwasserereignisses auf konstant 5 m gehalten. Die dadurch reduzierte Energielinienneigung oberhalb des Wehres führt zu geringeren Sohlschubspannungen und zu einer weniger starken Erosion. Die transportierte Fracht wird so auf ca t Schwebstoff mit ca t Eisen herabgesetzt. Stoffkonzentration [mg/l] Schwebstoff Eisen ges. Durchfluss Durchfluss [m³/s] Zeit [h] Abb. 8.6: Durchfluss, sowie Schwebstoff- und Eisenkonzentration am Auslaufprofil bei ungeregelter Wehrsteuerung Sedimentieren die erodierten Schwebstoffe in Stillwasserzonen oder gegebenenfalls in durchströmten Standgewässern des Untersuchungsgebietes erneut und nehmen dort Einfluss auf die zukünftige Gewässergüte, ist der Kreis der Kurzfrist-Langfristinteraktion geschlossen. Mit dem vorgestellten Beispiel wird die Kopplung der Teilmodule zu einem Gesamtmodell analysiert. Die berechneten Ergebnisse sind plausibel und die Interaktionen der Teilmodule können nachvollzogen werden. Es wird deutlich, dass für die Abbildung der wachsenden Schwebstoffablagerungen das stationäre Hydraulikmodul, das statische Stofftransportmodul mit den Transformationsprozessen sowie das Sedimentmodul notwendig sind. Darüber hinaus könnte ohne das instationäre Hydraulikmodul und ohne das dynamische Stofftransportmodul mit dem angeschlossenen Sedimentbaustein der langfristig relevante Prozess der Erosion nicht berücksichtigt werden. Es zeigt sich, dass in diesem Beispiel für die zeitskalenübergreifende Modellierung des partikulären Stofftransports alle Teilmodule des in Abbildung 8.1 gezeigten Gesamtmodells benötigt werden.

144 120 9 Anwendungsbeispiel Spree 9.1 Untersuchungsgebiet Überblick Ein in Deutschland derzeit besonders problembehaftetes wasserwirtschaftliches System ist das Einzugsgebiet der oberen Spree (Abbildung 9.1). Hier durchfließen die Spree und ihre Nebenflüsse das Lausitzer Braunkohlenrevier und speisen die Talsperre Spremberg. Im weiteren Verlauf durchströmt die Spree den ökologisch wertvollen Spreewald und später Berlin. Seit Jahrzehnten werden die Abflussmenge und die Gewässergüte in der oberen Spree durch die Auswirkungen der Tagebauaktivitäten und deren Folgeerscheinungen geprägt. Dabei handelte es sich vor allem um großräumige Sümpfungsmaßnahmen und ihre Einleitung in die Vorfluter. Die mit dem Sümpfungswasser eingeleiteten Inhaltsstoffe konnten sich über Jahre in den Sedimenten der Fließ- und Standgewässer anreichern, so dass bis heute beispielsweise sehr hohe Eisenkonzentrationen gefunden werden. Neben den eingeleiteten Inhaltsstoffen resultieren auch aus dem über lange Zeit angehobenen Abflussmittel verschiedene Problemstellungen. So führte der gesteigerte Durchfluss zu einer morphologischen Veränderung der Fließgewässer. Weiterhin ermöglichte der größere Abfluss infolge des Verdünnungseffektes Einleitungen oder Entnahmen, die bei der geringeren Wassermenge nach Abschluss der Sümpfungsmaßnahmen überprüft werden müssen. Mit den Sümpfungsmaßnahmen entstand ein enormes Wasserdefizit im Grundwasser und in den zurückgebliebenen Tagebaulöchern von ca. 7 Mrd. m 3 (im Jahr 1990), das durch den Wasserbedarf der entstehenden und derzeit zum Teil gefluteten Restseen für den Betrachter besonders anschaulich wird. Das große Wasserdefizit liegt in einer für mitteleuropäische Verhältnisse regenarmen Region mit rund mm Niederschlag pro Jahr (DWD, 2006). Zudem gibt es in der unmittelbaren Umgebung keine wasserreichen Ströme durch die das Wasserdefizit zügig ausgeglichen werden könnte. Mit großen Anstrengungen konnte das Wasserdefizit in den letzten 15 Jahren etwas mehr als halbiert werden (LMBV, 2005). Mit Blick auf den derzeit viel diskutierten Klimawandel prognostiziert LAHMER (2004), dass zukünftig eine reduzierte Jahresniederschlagsmenge und häufigere Starkniederschlagsereignisse für die Lausitz zu erwarten sind. Dies wird die Wasserverfügbarkeit in der Region weiter verringern und zu einer Steigerung der Wasserknappheit führen. Gleichzeitig wird die Häufigkeit und Intensität von Hochwasserereignissen im Untersuchungsgebiet ansteigen.

145 Anwendungsbeispiel Spree 121 Talsperre Spremberg KW Schwarze Pumpe Pegel Spreewitz Burgneudorf RL Scheibe Wilhelmsthal Spremberg Trattendorf Zerre Spreewitz RL Burghammer RL Lohsa II Neustadt Bärwalde Ruhlmühle Tschelln Sprey Pegel Spreewitz Gewässergütemessstelle Ortschaft Tagebaurestloch/-restsee (RL) Kraftwerk (KW) km KW Boxberg Weißer Schöps RL Lohsa I RL Dreiweibern Uhyst RL Bärwalde Lieske Spreewiese Neudorf Halbendorf Bautzen Talsperre Bautzen Niedergurig N Lausitzer Braunkohlenrevier Abb. 9.1: Das Untersuchungsgebiet: Die Spree von der Talsperre Bautzen bis zur Talsperre Spremberg (verändert nach Schlaeger, 2003) Erweitert wird die Problemstellung durch eine Pyritverwitterung in den Kippen der ehemaligen Tagebaue und den daraus resultierenden hohen Sulfat- und Eisenkonzentrationen sowie den sehr niedrigen ph-werten in den entstehenden Restseen. Auch in den kommenden Jahren wird die Restseeflutung mit Wasser aus den Fließgewässern der Region, die Einbeziehung gefüllter Restseen in die Mengenbewirtschaftung und eine potentielle Versauerung der Restseen

146 122 Kapitel 9 weiterhin zu einer komplexen Aufgabe für die Wasserwirtschaft führen. Das BMBF initiierte daher zusammen mit den Ländern Brandenburg und Sachsen einen Projektverbund, in dem ein umfassendes Gewässergütemodell für die Spree entwickelt wurde (KÖN- GETER et al., 2004). Bestandteile dieses Modells sind Teilmodule für die Spree und wichtige Nebenflüsse, das Biosphärenreservat Spreewald, die Talsperren im Flussgebiet, die Tagebaurestseen, punktuelle und diffuse Stoffeinträge, das Grundwasser sowie das natürliche Dargebot und die Nutzungsprozesse. Das Fließgewässer wird also als Teil eines komplexen wasserwirtschaftlichen Systems verstanden, welches durch seinen advektionsdominierten Charakter als verbindendes Element zwischen anderen Modulen steht. Das BMBF-Projekt stellt den Ausgangspunkt für die hier gezeigten weiteren Entwicklungen dar. Ein weiteres für die betrachtete Region wichtiges Forschungsprojekt ist das auf das Einzugsgebiet der Elbe bezogene Verbundvorhaben GLOWA-Elbe (PIK, 2006). In diesem Vorhaben werden durch den globalen Wandel beeinflusste Zukunftsszenarien bezüglich Wasserverfügbarkeit und Stoffeinträge in die Oberflächengewässer ermittelt. Darauf aufbauend werden mögliche Bewirtschaftungsstrategien entwickelt und bewertet. Erste auf das Untersuchungsgebiet an der Spree bezogene Forschungsergebnisse des derzeit noch laufenden Forschungsprojektes können verschiedenen Veröffentlichungen entnommen werden (z. B. SCHRAMM et al., 2003; KOCH, 2004) Fließgewässer Das im Folgenden vorgestellte Anwendungsbeispiel konzentriert sich auf die Fließgewässer Spree und Kleine Spree des in Abbildung 9.1 dargestellten Untersuchungsgebietes. Insgesamt umfasst das Einzugsgebiet bei Pegel Spreewitz ca km 2. Im umgesetzten Fließgewässermodell ist der Auslass der Talsperre Bautzen die obere Randbedingung. Wichtige Einleitungen sind das Löbauer Wasser, der Schwarze Schöps, die Struga und der industrielle Direkteinleiter Schwarze Pumpe. Zudem sind mehrere Restseen zumeist über eine Zuleitung und eine Wiedereinleitstelle an die Fließgewässer angeschlossen. Darüber hinaus gibt es verschiedene Kläranlagen, industrielle Direkteinleiter, Fischteiche und andere kleine Nutzer, die hier nicht gesondert aufgeführt werden. Eine Übersicht der Systemstruktur der Spree ist in Abbildung 9.2 gezeigt. Das Löbauer Wasser und die Spree zwischen der Talsperre Bautzen und dem Pegel Lieske werden vom LFUG (2004) als kiesgeprägter Tieflandfluss eingeordnet. Unterhalb des Pegels Lieske werden die Spree, wie auch die Kleine Spree und die sonstigen Nebenflüsse, als sandund lehmgeprägte Tieflandflüsse bzw. -bäche charakterisiert. Die Flächennutzung im Einzugsgebiet der Spree besteht zu ca. 40 % aus Ackerland, zu 27 % aus Nadelwald und zu 12 % aus Grünland. Flächen mit lockerer Bebauung (5 %) oder mit dichter Bebauung (1 %) sind von untergeordneter Bedeutung. Signifikante anthropogene Be-

147 Anwendungsbeispiel Spree ,425 Mengenpegel Beschaffenheitsmessstelle Wehr Zufluss / Abfluss Fließrichtung Flusskilometer * wird übergeleitet Spreetaler See 255, , , , ,594 TS Spremberg BMS uh Bühlow Vorsperre Bühlow BMS Wilhelmsthal Pegel Spremberg Wehr Spremberg Scheibe-See 8,061 8,066 11,048 13,192 15,261 15,700 Sohlabsturz Pegel Burg 2 Wehr Wehr Kreuzberg Wehr Weißkollm BMS Lohsa 3,682 Wehr Burgneudorf 2,300 Pegel Burgneudorf Bernsteinsee (Burghammer) Speicherbecken Lohsa II Speicherbecken Dreiweibern BMS Spreewitz 0, , , , , , , , , , , , ,642 BMS Spremberg Süd Wehr Trattendorf Schwarze Pumpe Wildes Wehr Zerre BMS Zerre Pegel Spreewitz Kleine Spree BMS Spreewitz Wehr Ruhlmühle 282,399 Pegel Sprey Schlauchwehr Ende Spreeverlegung Nochten Schwarzer Schöps Struga* Entnahme SB Flutung SB Speicherbecken Lohsa I 16,493 17,767 19,917 Wehr Dreiweibern Wehr Motodrom Wehr Lohsa 285, , , , ,964 Pegel Bärwalde + BP Wehr Bärwalde Flutung RS Wehr Uhyst BMS Uhyst Speicherbecken Bärwalde 21,078 Wehr Litschen 298, ,036 Pegel Lieske BMS Lieske 25,100 Wehr Kolbitz Spree 30,303 Kleine Spree Wehr Lippitsch Lomschanke 31,259 32,805 Wehr Milkel 34,671 Wehr Kauppa Pegel Spreewiese +BP 39, , , , , , , , , ,441 Überlaufwehr Neudorf Streichwehr Neudorf BMS Halbendorf Lömischauer Wehr Löbauer Wasser Verteilerwehr Spreewiese Abzweig Kleine Spree Malschwitzer Kleine Spree Wehrschwelle Klix Verteilerwehr Klix 317, , , , ,425 Wehr Briesing Wehr Niedergurig BMS Niedergurig Malschwitzer Kleine Spree Pegel Bautzen UP + BP TS Bautzen Abb. 9.2: Systemstruktur der Spree mit den wichtigsten Strukturelementen lastungen in Form von Schwermetallen (insbesondere Eisen), Sulfat sowie abfiltrierbaren Stoffen resultieren vor allem aus Einträgen aus dem Altbergbau bzw. dem aktiven Bergbau und durch die Anbindung von gefluteten Tagebaurestseen an die Vorflut (LFUG, 2004).

148 124 Kapitel Talsperre Spremberg Die vorgestellte Arbeit versteht sich als Teil einer integrativen Gütebetrachtung eines Teileinzugsgebietes. Das bedeutet, dass bei der Modellierung neben den Güteanforderungen für das Fließgewässer auch auf die Konsequenzen für Anrainer und Unterlieger geachtet werden muss. In KÖHLER et al. (2002) wird auf die große Bedeutung von Phosphor für das Einzugsgebiet der Spree und im Besonderen für die Standgewässer des Einzugsgebietes eingegangen. Im Anwendungsbeispiel ist die Talsperre Spremberg ein durch die Einleitung der Spree maßgeblich beeinflusster Unterlieger. HEIDENREICH & KLEEBERG (2004) schreiben: Entscheidend für die Wasserqualität in der Talsperre Spremberg ist das hydrologische Regime und die Menge an eingetragenen Nährstoffen und Eisen. Das Fließgewässermodell kann somit durch eine verbesserte Simulation des hochwasserbedingten Stofftransports von Eisen und Phosphor dazu beitragen, eine verbesserte Entwicklungsprognose für die Talsperre Spremberg zu erreichen. Die Talsperre Spremberg ist ein Flachlandstaubecken mit einer vergleichsweise geringen charakteristischen Aufenthaltszeit von ca. einem Monat. Sie dient heute im Wesentlichen dem Hochwasserschutz und der Niedrigwasseraufhöhung für die unterhalb gelegenen Gebiete, insbesondere dem Spreewald. Gleichzeitig wächst die Bedeutung für Tourismus und Naherholung. Aufgrund ihrer besonderen ornithologischen Bedeutung steht die Talsperre Spremberg seit 1990 unter Naturschutz (KLEEBERG & HEIDENREICH, 2003). Vor dem Hintergrund der Gütemodellierung ist das Rückhaltevermögen der Talsperre Spremberg von besonderer Bedeutung. KLEEBERG & HEIDENREICH (2003) zeigen, dass aufgrund verringerter Fließgeschwindigkeit und daraus resultierender Sedimentation die Talsperre Spremberg über 70 % der Jahresfracht an Schwebstoffen mit den daran angelagerten Stoffen zurückhält. Von entscheidender Bedeutung ist hier vor allem der Rückhalt von an Eisen gebundenem Phosphor. KLEEBERG & HEIDENREICH (2003) kann entnommen werden, dass die Sedimentation in Teilbereichen der Talsperre Spremberg nach 35 Jahren Betrieb zu Sedimentmächtigkeiten von 0,5 bis 1 m geführt hat und der Eisenanteil im Sediment an drei Messstellen mit 1,7 bis 20 % in der Trockensubstanz ermittelt wird. Das Eisen-Phosphor-Verhältnis wird mit 38 bis 99 mg/mg angegeben. Der hohe Eisenanteil führt trotz hoher Phosphorkonzentrationen dazu, dass das Sediment sich im noch nicht gesättigten Zustand befindet und daher kaum Phosphor zurückgelöst, sondern Phosphor im Sediment zurückgehalten wird. Ob die große Phosphoraufnahmekapazität auch in der Zukunft erhalten bleibt, hängt vor allem von den über die Spree eingeleiteten partikulären Frachten ab. Dabei stellen KLEEBERG & HEIDENREICH (2003) fest, dass beispielsweise bei einem Hochwasser im März % der Jahresfracht an Schwebstoffen über die Spree eingetragen wird. Es wird deutlich, dass Hochwasserereignisse über den Eintrag von partikulärer Fracht und deren Speicherung im Sediment für die Entwicklung der Talsperre Spremberg eine wichtige Rolle spielen. Wie sich die Talsperre Spremberg bei langfristig veränderten Zulauffrachten verhält, wird von RUBBERT

149 Anwendungsbeispiel Spree 125 (2006) genauer untersucht. Die erfolgreiche Verknüpfung des vorgestellten Fließgewässermodells mit dem Langfristmodell für die Talsperre Spremberg wird für die stationär statischen Teilmodule beispielsweise in SCHONLAU et al. (2003) dokumentiert Restseen Einen wichtigen Teil des Oberflächengewässersystems im Untersuchungsgebiet stellen die ehemaligen Tagebaue dar. Teilweise sind diese bereits geflutet oder sie befinden sich gerade im Flutungsprozess. Nach ihrer vollständigen Füllung bilden sie ein im Verhältnis zum Gebietsabfluss enormes Speichervolumen, dass für die Gewässergüte im Einzugsgebiet prägend sein kann. Dabei wird die zukünftige Wasserqualität in den Restseen stark durch das heutige Flutungsszenario beeinflusst. So führt durch die ehemalige Kippe strömendes Grundwasser dem See Produkte der Pyritverwitterung zu, was beispielsweise zu einer großen Sulfat- und Eisenkonzentration sowie zu einem niedrigen ph-wert führt. Aktuell wird einer solchen Entwicklung hauptsächlich durch Fremdflutung entgegengewirkt. Dabei soll zuströmendes Wasser aus dem Fließgewässer durch Verdünnung und den Eintrag von Alkalität die saure Entwicklung dämpfen. Zugleich kann durch Fremdflutung teilweise die Fließrichtung des Grundwassers durch einen erhöhten Wasserstand umgekehrt werden, so dass weniger Wasser aus den Kippen dem Restsee zuströmt. Tab. 9.1: Wasserqualitätskennwerte ausgesuchter Tagebaurestseen (Werte aus Grünewald et al., 2003) Dreiweibern Lohsa II Burghammer Jahr ph [-] 4 6-7,5 2,5-3 2,8-3,2 5,5-6,5 5,1 Säurekap. [mmol/l] (-0,1) - (-0,3) 0,3 (-7) - (-16) (-2) - (-3) 0,1-0,3 0,1 Sulfat [mg/l] Eisen gel. [mg/l] 0,5-1 0,1-0, ,5-4 0,5 Phosphor ges. [mg/l] 0,008 0,01-0,02 0,01-0,03 0,01-0,07 0,01-0,02 0,007 In Tabelle 9.1 ist die Entwicklung der bergbaurelevanten Güteparameter von 1998 bis 2002 beispielhaft für drei Tagebaurestseen des Untersuchungsgebietes aufgeführt. Es ist zu erkennen, dass besonders im Restsee Lohsa II mit Hilfe der Fremdflutung eine Verbesserung der Wasserqualität erreicht werden konnte. Trotzdem ist die Wasserqualität weiterhin als kritisch zu bewerten und es besteht bei Einstellung der Fremdflutung die Gefahr einer erneuten Verschlechterung der Wasserqualität. Der positive Effekt der Fremdflutung hat allerdings seine Grenzen. So schreibt das LUA BRANDENBURG (2001), dass die geringe Alkalität des Flusswassers nur eine geringe Dämp-

150 126 Kapitel 9 fung der Acidität realisieren kann. Zudem besteht aufgrund des Eintrags von Nährstoffen aus dem Fließgewässer die Gefahr einer Eutrophierung im Restsee. Ein weiteres zentrales Problem der Fremdflutung ist die bereits angesprochene begrenzte Verfügbarkeit der Wasserresourcen. Aber auch die endlichen Volumina der Restseen können zu kritischen Systemzuständen führen. So sind nach Füllung der Restseen mindestens zwei weiterführende Bewirtschaftungsstrategien denkbar. Zum einen könnte die Restseeflutung nach der Füllung der Restlöcher eingestellt und der See seiner weiteren Entwicklung überlassen werden. Allerdings weist das LUA BRANDENBURG (2001) auf das geringe Puffervermögen des entstehenden Restsees und das Potential einer erneuten Versauerung hin. So reichen schon die Flutungspausen in den abflussschwachen Monaten aus, um eine Verschlechterung der Wasserqualität im Restsee nachzuweisen. Zum anderen können die Restseen auch nach ihrer Füllung weiter geflutet werden. Dies erfordert allerdings auch eine Entnahme von Restseewasser. Sollen Tagebaurestseen wie die Restlochkette Lohsa II oder der Restsee Bärwalde als Speicherseen an die Vorfluter angeschlossen werden, bedarf es der Vorgabe objektspezifischer Ausleitbedingungen durch die Genehmigungsbehörden. Im Rahmen fachlicher Abstimmungen zwischen dem LUA Brandenburg und dem StUFA Bautzen wurden zu diesem Zweck bereits 1997 Bedingungen für eine Einleitung von Restseewasser in die Vorfluter erarbeitet, die auch gegenwärtig als Orientierungsgrundlage angesehen werden können (Tabelle 9.2). Tab. 9.2: Einleitbedingungen für Tagebaurestseen in die Vorfluter (LUA Brandenburg, 2001) ph [-] 6,0-8,5 Eisen ges. [mg/l] 3 Eisen gel. [mg/l] 1 Sulfat [mg/l] 800 Ammonium-N [mg/l] 1,5 Zink ges. [mg/l] 1 Kupfer gel. [mg/l] 0,04 Die Entwicklung der Wasserqualität in den Restseen wird bei einer späteren Nutzung als Speicher zur Niedrigwasseraufhöhung und Hochwasserbekämpfung einen wichtigen Einfluss auf die Gewässergüte in der Spree nehmen und damit auch für die Unterlieger Talsperre Spremberg, Spreewald und die Stadt Berlin relevant sein. Daher wurde und wird aktuell in verschiedenen Forschungsprojekten nach Möglichkeiten gesucht, neben der Fremdflutung die Wasserqualität im Restsee auch durch andere effektive anthropogene Eingriffe zu verbessern. Einen Überblick über die verschiedenen Ansätze geben beispielsweise das LUA BRANDENBURG (2001) und die LMBV (2005). Auch wenn hier sicher noch Entwicklungen zu erwarten sind, ist abzusehen, dass die in Tabelle 9.2 aufgeführten Wasserqualitätsziele nur mit einer abge-

151 Anwendungsbeispiel Spree 127 stimmten Restseebewirtschaftung erreicht und gehalten werden können. Um die Güteentwicklung der Restseen prognostizieren und damit nachhaltig lenken zu können, müssen neben dem Grundwasserzustrom sowie den Prozessen im Restsee und in der Kippe auch die Frachten des zugeführten Flusswassers abgeschätzt werden. Dabei kann das vorgestellte Fließgewässermodell LGpro einen wertvollen Beitrag leisten. Eine Fremdflutung kann in abflussschwachen Monaten aufgrund von Mindestwasseranforderungen der Unterlieger häufig nicht oder nur begrenzt durchgeführt werden. Auf der anderen Seite wird der Restsee in Hochwassermonaten als Retentionsraum genutzt und daher verstärkt geflutet. Die in der vorliegenden Arbeit vertieft behandelten Hochwasserereignisse sind daher für den Eintrag von Stofffrachten in den Restsee besonders relevant. Somit kann die in die stationär statische Langfristbetrachtung integrierte dynamische Modellierung von Hochwassermonaten zu einer verbesserten Abschätzung der in den Restsee eingetragenen Frachten beitragen. Im aufgestellten Modell des Untersuchungsgebietes werden die Einleitungen bzw. Entnahmen der Restseen entsprechend Abbildung 9.2 berücksichtigt. Die für die zukünftige aktive Bewirtschaftung besonders relevanten Restseen sind nach GRÜNEWALD (2001) die mit einem regelbaren Speichervolumen ausgebauten Restseen Lohsa I (2,8 Mio. m 3 ), Dreiweibern (5,0 Mio. m 3 ), Lohsa II (57,0 Mio. m 3 ), Burghammer (4,0 Mio. m 3 ) und Bärwalde (24,0 Mio. m 3 ). Dabei wird das vorhandene Speichervolumen vor allem zur Niedrigwasseraufhöhung und zum Hochwasserschutz genutzt. Aufgrund der zusätzlich zum Retentionsvolumen der vorhandenen Talsperren entstehenden großen Speichervolumina und der relativ großen Kapazität der Flutungsbauwerke kann eine wirksame Hochwasserretention realisiert werden. Derzeit sind nach LMBV (2006) in Bärwalde 75 %, in Dreiweibern 99 %, in Lohsa II 49 % und in Burghammer 78% des maximalen Füllstandes erreicht. Es wird davon ausgegangen, dass bis Ende 2010 mit Lohsa II der letzte der aufgeführten Restseen vollständig geflutet sein wird. 9.2 Messdaten Überblick Ein Großteil der vorhandenen Messdaten sind routinemäßig erfasste Daten der Länder Sachsen und Brandenburg. Dazu gehören tagesgenaue Abflussmessungen, die an den Pegeln des Untersuchungsgebietes über einen Zeitraum von meist mehreren Jahrzehnten aufgezeichnet wurden. Hinzu kommen Beprobungsdaten an den Beschaffenheitsmessstellen des Untersuchungsgebietes aus den Jahren 1993 bis Meist wurde eine, manchmal aber auch zwei Beprobungen pro Monat durchgeführt. Dabei enthalten die detailliert aufgeschlüsselten Wasseranalysen oft alle in Anhang B aufgeführten Güteparameter. Zudem sind aus den Jahren

152 128 Kapitel bis 2004 Beprobungen der Kornfraktion d 0,02 mm des Sediments an mehreren Beschaffenheitsmessstellen dokumentiert. Darüber hinaus liegen Daten von vereinzelten Körnungslinien des Sediments, Sedimentbeprobungen und Wasserentnahmen mit der fließenden Welle aus den Arbeiten von BLÖMEKE (2000), KRAL (2001) und BLÖMEKE & SCHLAEGER (2001) vor. Letztere sind im Versuchsprogramm allerdings vor allem auf die Arbeit von SCHLAEGER (2003) abgestimmt und können nur vereinzelt für diese Arbeit genutzt werden Betrachtung der Durchfluss- und Stofftransportmessungen Die tagesgenaue Erfassung der Abflussdaten an den Pegeln des Untersuchungsgebietes einschließlich mehrerer Pegel in den wichtigen zuströmenden Nebengewässern ermöglicht ein sehr gutes Bild über die Abflusssituation im Untersuchungsgebiet. Zur Identifizierung von für den partikulären Stofftransport relevanten Hochwasserereignissen wird der Pegel Spreewitz, an dem alle natürlichen Zuflüsse vereinigt sind (Abbildung 9.2), gesondert betrachtet. Zur Bestimmung der Jährlichkeit von Hochwasserereignissen innerhalb der dokumentierten Jahre 1964 bis 2004 werden die Abflussscheitel von 80 unabhängigen Hochwasserereignissen auf die in Kapitel 8.3 dargelegte Weise analysiert. Dabei wird aus partiellen Serien mit Hilfe der ermittelten empirischen Häufigkeit die Jährlichkeit der gemessenen Hochwasserereignisse bestimmt. Da der Stichprobenumfang doppelt so groß ist wie die Anzahl der betrachteten Jahre, liegt die empirisch ermittelte Jährlichkeit der Hochwasserscheitel zwischen 0,5 und 40 Jahren (Abbildung 9.3). Um die Beziehung numerisch einfacher fassen zu können, wird eine Ausgleichskurve in die Messwerte gelegt. Dazu wird die in DVWK (1999b) als allgemeine Extremwertverteilung bezeichnete Form gewählt und mit dieser ein Bestimmtheitsmaß von R 2 = 0,987 erreicht. Im weiteren Verlauf wird diese Beziehung genutzt, um die Jährlichkeit n von einzelnen, gemessenen Hochwasserscheiteln am Pegel Spreewitz zu bestimmen. Bei Auswertung der vorliegenden Gütedaten fallen zunächst die schon von SCHLAEGER (2003) beschriebenen, bergbaubedingten hohen Sulfat- und Eisenkonzentrationen auf. Bei einer weitergehenden Datenanalyse kann auch ein Indiz für den Zusammenhang zwischen Durchfluss und gemessenen partikulären Stoffkonzentrationen gefunden werden. So kann bei der Beschaffenheitsmessstelle Zerre nach Auftragen von gemessenen Schwebstoff-, Eisenund Phosphorkonzentrationen über den Durchfluss eine quadratische Trendlinie mit einem Bestimmtheitsmaß von immerhin 0,5, 0,25 und 0,36 durch die Daten gelegt werden. Es zeigt sich allerdings, dass die Jahre 1993 bis 1995 nur schlecht durch eine Trendlinie beschrieben werden können. Hier scheint die vom hydrologischen Regime weitgehend unabhängige und von Sümpfungswässern geprägte Einleitung der Struga die Messwerte maßgeblich zu beeinflussen (siehe auch Anhang C.2.3). In Abbildung 9.4 werden diese Jahre daher ausgeklammert und lediglich die Messwerte aus den Jahren 1996 bis 2004 über den Durchfluss am Messtag aufgetragen. Eine quadratische

153 Anwendungsbeispiel Spree 129 Durchfluss [m³/s] Jährlichkeit [a] Abb. 9.3: Jährlichkeiten gemessener Hochwasserscheitelabflüsse am Pegel Spreewitz zwischen 1964 und 2004 Trendlinie erreicht in diesem Zeitraum ein Bestimmtheitsmaß für Schwebstoffe von 0,73, für Eisen von 0,54 und für Phosphor von 0,6. Da zwischen Durchfluss und partikulären Inhaltsstoffen ein nicht linearer (THOMAS & LE- WIS, 1995), eventuell sogar unstetiger Zusammenhang zu erwarten ist, wird davon abgesehen, eine belastbare empirische Beziehung zwischen Abfluss und Stoffkonzentrationen zu suchen und eine notwendige Signifikanzprüfung durchzuführen. Mit dem vorgestellten Diagramm wird lediglich ein Hinweis auf eine relevante Abhängigkeit zwischen dem Durchfluss und den partikulären Inhaltstoffen gezeigt. Die beobachtete Abhängigkeit des partikulären Stofftransports vom Durchfluss wird in der vorliegenden Arbeit über die Berücksichtigung von Erosion und Sedimentation weitgehend deterministisch beschrieben. Ein vermehrter Eintrag durch diffuse oder punktuelle Quellen muss entweder durch eine Ausweitung des Untersuchungsgebietes aufgenommen, durch ein separates Modell abgebildet oder mit vereinfachten, empirisch ermittelten Abhängigkeiten erfasst werden. In Anhang D sind die für die Simulation angesetzten Randbedingungen weiterführend erläutert.

154 130 Kapitel 9 Schwebstoffkonzentration [mg/l] y = 0,0566x 2-0,0161x + 1,6638 R 2 = 0,73 Eisenkonzentration [mg/l] Durchfluss [m³/s] y = 0,0012x 2 + 0,1046x + 0,7212 R 2 = 0,54 Phosphorkonzentration [mg/l] Durchfluss [m³/s] y = 0,0002x 2 + 0,0056x + 0,0124 R 2 = 0, Durchfluss [m³/s] Abb. 9.4: Messergebnisse aus den Jahren und quadratische Trendlinie an der BMS Zerre über den Durchfluss aufgetragen

155 Anwendungsbeispiel Spree Kalibrierung Grundlage für die weiteren Untersuchungen ist eine Kalibrierung der verschiedenen Teilmodule anhand von Messdaten. An dieser Stelle werden nur die wesentlichen Erkenntnisse der Kalibrierung zusammenfassend erläutert. Für eine ausführlichere Darstellung wird auf Anhang C verwiesen. Die Kalibrierung der Gerinnerauheit in der Spree wird anhand von Wasserspiegelaufnahmen aus den Jahren 1993 und 1997 durchgeführt. Die für den stationären Zustand ermittelte Rauheit ist auch für den instationären Belastungsfall gültig und kann übernommen werden. Die Stofftransformationsgleichungen werden für die Güteparameter Schwebstoff, Eisen und Phosphor gesondert kalibriert. In Abbildung 9.5 ist für die 12 Januarmonate beispielhaft die Bandbreite von Messungen und Simulationen der Schwebstoffkonzentration über die Fließstrecke aufgetragen. Zur besseren Orientierung zeigt eine unterhalb des Diagramms angeordnete schematisierte Darstellung der Spree den Ort der wichtigsten Einleitungen, Entnahmen und Wehre an. Der Mittelwert der Messwerte ist durch eine Raute gekennzeichnet. Liegen mehrere Messwerte an einer Stationierung vor, wird die Bandbreite der Messwerte durch senkrechte Markierungen dargestellt. Die Bandbreite der Simulationsergebnisse ist über die gesamte Fließlänge dargestellt und erreicht im Maximum nicht mehr als 20 mg/l. Auch durch eine großzügige Variation der Kalibrierungsparameter kann mit den Simulationsergebnissen die Bandbreite der Messergebnisse nicht nachvollzogen werden. Es kann somit keine erfolgreiche Kalibrierung durchgeführt werden. Erst nachdem relevante Hochwasserereignisse in den Messdaten identifiziert und für eine gesonderte Betrachtung aus dem Datensatz entfernt werden, stimmen Simulation und Messungen so weit überein, dass eine Kalibrierung des Schwebstoffmoduls durchgeführt werden kann (Abbildung 9.6). Es wird deutlich, dass die erosionsrelevanten Hochwasserereignisse gesondert betrachtet werden müssen. Neben Schwebstoff werden auch die Stoffe Eisen und Phosphor erfolgreich kalibriert (Anhang C.2.3 und C.2.4). Aus dem Zusammenspiel zwischen Stoffkonzentrationen im Freiwasser und Sedimentation ergibt sich im Modell mit fortschreitender Simulationszeit ein über die Tiefe, sowie über die Fließgewässerbreite und -länge differenziertes Sediment. Die Überprüfung der berechneten Konzentrationen im Sediment erfolgt anhand von Eisenmessungen in der feinen Fraktion des Sediments. Auch hier wird eine ausreichend gute Übereinstimmung festgestellt (Anhang C.2.5). Da über die Eisenkonzentration hinaus nur sehr spärliche Sedimentdaten vorhanden sind, kann die Phosphorkonzentration nicht und die berechnete Sohlschubspannung nur punktuell an einem Gewässerquerschnitt überprüft werden. Hier sind weitere Messungen wünschenswert. Auch eine Kalibrierung des Erosionsvorgangs ist mangels Messdaten nicht möglich. Eine Überprüfung der simulierten Erosion wird daher anhand einer Sensitivitätsanalyse durchgeführt (Anhang C.3.2). Bei dem beispielhaft untersuchten Hochwasser im Juni 1995 zeigen sich

156 132 Kapitel 9 Schwebstoff [mg/l] Minimum Maximum Mittelwert Messwertbandbreite mittl. Durchfluss Durchfluss [m³/s] Stationierung [km] Abb. 9.5: Vergleich von gemessenen Schwebstoffkonzentrationen aus dem Januar der Jahre (Mittelwert und Bandbreite) mit der Bandbreite einer stationären Simulation des entsprechenden Zeitraums Schwebstoff [mg/l] Minimum Maximum Mittelwert Messwertbandbreite mittl. Durchfluss Durchfluss [m³/s] Stationierung [km] Abb. 9.6: Vergleich von gemessenen Schwebstoffkonzentrationen aus dem Januar der Jahre und 2004 mit der Bandbreite einer Langfrist-Simulation des entsprechenden Zeitraums die für die Konsolidation des Sediments maßgeblichen Parameter θ K und τc,e aus Gleichung 7.20 besonders sensitiv. Darüber hinaus ist auch ein deutlicher Zusammenhang zwischen erodierter Fracht und dem zeitlichen Abstand zum letzten erosionsrelevanten Hochwasserereignis festzustellen. Dieser Zusammenhang unterstreicht die Notwendigkeit, den Sedimentationsund Erosionsprozess deterministisch abzubilden.

157 Anwendungsbeispiel Spree Modelltechnische Untersuchungen am Anwendungsbeispiel Überblick Bereits in Kapitel 8 werden geeignete allgemeine Methoden zur Arbeit mit LGpro vorgestellt. Anhand des Anwendungsbeispiels werden diese Empfehlungen nun um einzugsgebietsbezogene Untersuchungen erweitert. Dabei ist die grundsätzliche Vorgehensweise auch auf andere Anwendungsbeispiele übertragbar. Zunächst wird in Kapitel die Ergebnisdifferenz zwischen einer stationär statischen und einer instationär dynamischen Modellierung von erosionsrelevanten Hochwasserereignissen gezeigt. Anschließend wird in Kapitel ein für das Einzugsgebiet geeignetes Entscheidungskriterium für die Frage entwickelt, bei welchen Bedingungen in der späteren Langfristprognose eine instationär dynamische Modellierung in die Langfristmodellierung aufgenommen werden muss. Abschließend wird eine für das Untersuchungsmodell geeignete zeitliche Diskretisierung und die Dimensionierung des instationär zu simulierenden Zeitraums ermittelt. Dabei wird der erforderliche Rechenaufwand soweit reduziert, dass eine probabilistische Prognose in einer praxistauglichen Bearbeitungszeit von weniger als drei Tagen ermöglicht wird Stationäre und instationäre Berücksichtigung von Hochwasserereignissen Mit dem in dieser Arbeit vorgestellten Modell kann der Stofftransport innerhalb eines simulierten Monats je nach Anforderung mit stationär statischen oder instationär dynamischen Modulen berechnet werden. Dabei ist zu beachten, dass sich bei instationärer Betrachtungsweise mit der abnehmenden Simulationszeitschrittweite auch der Datenbedarf für die Randbedingungen erhöht. Fehlen hoch aufgelöste Messdaten oder Simulationsergebnisse benachbarter Simulationsmodelle, müssen die fehlenden Daten entsprechend Kapitel ergänzt werden. Im vorliegenden Beispiel sind für die Einleitkonzentrationen keine zeitlich hoch aufgelösten Randbedingungen vorhanden, so dass diese mit ihrem monatlich aufgenommenen Messwert konstant angenommen werden. Es wird aber darauf hingewiesen, dass punktuelle und diffuse Einleiter in der Natur zeitlich schwankende Konzentrationen mit sich führen und diese während eines Hochwasserereignisses oft besonders variabel sind. Bei der korrekten Berücksichtigung von Einleitern ist ein numerisches Modell immer auf eine verbesserte Datenlage durch Messungen oder die Modellierung punktueller und diffuser Quellen angewiesen. Im Gegensatz zu den Einleitkonzentrationen sind die Abflüsse tagesgenau bekannt und ermöglichen die Abbildung der erosionsbedingten Variabilität des partikulären Stofftransports. In Abbildung 9.7 ist die Entwicklung der Schwebstoffkonzentration in der oberen Spree über die Fließlänge und die Zeit für ein beispielhaftes Hochwasser im Juni 1995 aufgetragen. Die Einleitkonzentrationen werden konstant gehalten. Lediglich der Durchfluss ändert sich über

158 134 Kapitel 9 die Zeit. Die Konzentration des Schwebstoffs steigt ausgehend von etwa 5 mg/l rasch auf bis zu 800 mg/l an und sinkt dann etwas langsamer wieder auf die ursprüngliche Konzentration ab. In einer stationär statischen Betrachtung kann diese offensichtliche zeitliche Variabilität nicht abgebildet werden. Abb. 9.7: Instationäre Betrachtung der Schwebstoffkonzentration im Hochwassermonat Juni 1995 bei konstant angenommenen Einleitkonzentrationen Eine Gegenüberstellung von während Hochwasserereignissen aufgenommenen Schwebstoffmessungen und den entsprechenden Ergebnissen der instationär dynamischen Simulation ist in Anhang C.3.3 zusammengestellt. Insgesamt werden die Schwebstoffkonzentrationen trotz teilweise unbekannter Einleitbedingungen vom Modell sehr gut berechnet. Neben dem plakativen Anstieg der Schwebstoffkonzentration ist bei einer integrativen Modellierung des Untersuchungsgebietes die transportierte partikuläre Fracht während eines Hochwassers von Bedeutung. Sie bestimmt das neu entstehende Sediment in der Talsperre Spremberg und beeinflusst so über Rücklösungsprozesse langfristig die Gewässergüte in der Talsperre. Bei dem gezeigten Beispiel beträgt die dynamisch simulierte Schwebstofffracht 4549 t. Bei statischer Betrachtungsweise mit einem über den Monat gemittelten Abfluss und zugehöriger Sohlschubspannung wird trotz identischer Ausgangssituation lediglich eine Schwebstofffracht von 1373 t berechnet. Entsprechende Unterschiede lassen sich auch bei anderen Hochwasse-

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