Allgemeines Verwaltungsrecht
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- Julian Förstner
- vor 8 Jahren
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1 Wiederholungs- und Vertiefungsveranstaltung Allgemeines Verwaltungsrecht (einschließlich Staatshaftungsrecht, Recht der öffentlichen Sachen und Verwaltungsprozessrecht) WS 2009/2010 Fall- und Materialsammlung Zeitplan und Inhaltsübersicht Fall 1: Öffentliches Recht und Zivilrecht (Rechtswegbestimmung), Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, Zulässigkeit und Begründetheit einer Anfechtungsklage, Prüfungsaufbau Fall 2: Ermittlung einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit, Begriff der Behörde, presserechtlicher Auskunftsanspruch Fall 3: Vorbehalt des Gesetzes in der Leistungsverwaltung, Bedeutung von Verwaltungsvorschriften (Subventionsrichtlinien) Fall 4: Ermächtigungsgrundlage bei belastendem VA, Vorbehalt des Gesetzes bzgl. Handlungsform der Verwaltung, Rückgriff im ÖR auf das ZR Fall 5: VA-Befugnis der Verwaltung, unbestimmter Rechtsbegriff im Verwaltungsrecht, Bestimmtheit eines VA Fall 6: Ermächtigungsgrundlagen und Ermessen der Eingriffsverwaltung, Rechtsschutz durch Fortsetzungsfeststellungsklage Fall 7: Ermessen im Verwaltungsrecht, vorläufiger Rechtsschutz durch einstweilige Anordnung Fall 8: Rechtsschutz im Baunachbarrecht, Widerspruch als gerichtliche Sachentscheidungsvoraussetzung Fall 9: Rechtsschutz durch Widerspruch, Nachbarrechtsschutz im beplanten Innenbereich nach BauGB Fall 10: VA mit Drittwirkung, vorläufiger Rechtsschutz im Baunachbarrecht (Aussetzungsverfahren) Fall 11: VA in Gestalt der Allgemeinverfügung, Rechtsschutz gegen Allgemeinverfügung Fall 12: Nebenbestimmungen beim VA, Rechtsschutz gegen Nebenbestimmungen Fall 13: Zusage und Zusicherung im Verwaltungsrecht, behördliche Bindung, Vertrauensschutz des Bürgers Fall 14: Behördliche Aufhebung eines Verwaltungsakts, Rücknahme eines Geldleistungsbescheids Fall 15: Anforderungen an die Rücknahme eines Verwaltungsakts wegen Verstoßes gegen EG-Recht Fall 16: Rücknahme eines Nicht-Geldleistungsbescheids, Vertrauensschutz bei der behördlichen Aufhebung des VA Fall 17: Widerruf eines Verwaltungsakts, Rechtsschutz gegen Entziehung einer rechtmäßigen Begünstigung
2 Fall 18: Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens, Einwirkungen des EG- Rechts auf die Bestandskraft von Verwaltungsakten Fall 19: Vollstreckung von Verwaltungsakten Fall 20: Verwaltungshandeln durch ör Vertrag, Rechtsschutz im Vertragsrecht, Feststellungsklage Fall 21: Bauleitplanung, Rechtsschutz durch verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle Fall 22: Rechtswirkungen eines Flächennutzungsplans, Rechtsschutz gegen Flächennutzungsplan Fall 23: Veränderungssperre in der Bauleitplanung, vorläufiger Rechtsschutz im Normenkontrollverfahren Fall 24: Handeln der Verwaltung in Privatrechtsform, Vergaberecht, Rechtsschutz bzgl. Auftragsvergabe Fall 25: Erstattungsanspruch im ÖR, Nichtigkeit eines Verwaltungsvertrags Fall 26: Folgenbeseitigungsanspruch im ÖR Fall 27: Gemeindliches Einvernehmen im Baugenehmigungsverfahren, Amtshaftung Fall 28: Staatshaftung auf Grund Amtshaftungsrechts sowie enteignungsgleichen Eingriffs Fall 29: Staatshaftung unter den Einwirkungen des EG-Rechts Fall 30: Haftung aus verwaltungsrechtlichem Schuldverhältnis, Amtshaftung, Gefährdungshaftung im ÖR 2
3 Fall 1: Hausverbot durch den Bundestagspräsidenten Themenschwerpunkte: Verwaltungsrechtsweg und Zivilrechtsweg, Abgrenzung zwischen Öffentlichem Recht und Privatrecht Statthaftigkeit der Anfechtungsklage Besondere Sachentscheidungsvoraussetzungen der Anfechtungsklage (Klagebefugnis, Beklagtenbefugnis, Grundsatz eines erfolglos durchgeführten Widerspruchsverfahrens und Ausnahmen) Ermächtigungsgrundlage zum Erlass eines belastenden VA (Vorbehalt des Gesetzes, Reichweite des Gesetzesvorbehalts und inhaltliche Anforderungen) Formelle Rechtmäßigkeitsanforderungen beim belastenden VA (Anhörung im Verwaltungsverfahren, Begründung des VA, Heilung und Unbeachtlichkeit von Verfahrensfehlern) Voraussetzungen eines behördlichen Hausverbots und Rechtsfolgeanordnung (Störung des ordnungsgemäßen Dienstbetriebs, Fortdauer der Beeinträchtigung oder Besorgnis ihrer Wiederholung; Entschließungs- und Auswahlermessen der Verwaltung, Ermessensausübung und Ermessensgrenzen). Sachverhalt: M ist Geschäftsführer der M-GmbH und Moderator des Fernsehmagazins Akte 2009, das vom privaten Fernsehsender F ausgestrahlt wird. J arbeitet als Journalist für die M- GmbH. Unlängst erhielt J in der Pressestelle des Deutschen Bundestages eine zuvor beantragte Tagesakkreditierung, einen Tagesausweis und die Hausordnung des Deutschen Bundestages (BTHO). Nach 5 Abs. 2 BTHO sind Filmaufnahmen im Reichstagsgebäude ohne die dafür erforderliche Genehmigung verboten. Eine Drehgenehmigung beantragte und erhielt J nicht. J betrat sogleich das Reichstagsgebäude. Dort suchte er 28 Toiletten darunter 25 in den öffentlich nicht zugänglichen Bereichen der Fraktions- und Präsidialebene auf und führte mit einem zu diesem Zweck mitgebrachten Sagrotantuch auf den Nachweis von Kokainspuren zielende Wischtests durch, die er mit einer Digitalkamera dokumentierte. Noch am selben Tag gab die M-GmbH eine Untersuchung der Proben in einem Institut für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung in Auftrag. Drei Tage später strahlte F im Rahmen des von M moderierten Magazins Akte 2009 eine von der M-GmbH produzierte Reportage mit dem Titel Koksen in Deutschland aus. Im Mittelpunkt des Berichts stand das Ergebnis der auf den Toiletten des Deutschen Bundestages im Reichstagsgebäude durchgeführten Wischtests, wonach sich in 22 der 28 dort entnommenen Proben Spuren von Kokain gefunden haben sollen. Auf Grund kritischer Diskussionen über den Fernsehbeitrag thematisierte M das Thema Kokain im Bundestag in der Sendung Akte 2009 eine Woche später erneut, wobei die filmische Dokumentation der durchgeführten Wischtests und die Ergebnisse des Analyseberichts im Vordergrund standen. Unmittelbar nach der letzten Fernsehsendung befürwortete der Ältestenrat des Deutschen Bundestages den Vorschlag des Bundestagspräsidenten, M und J für ein Jahr Hausverbot zu erteilen. Eine Pressemitteilung vom selben Tag informierte die Öffentlichkeit über die getroffene Entscheidung. Mit einem fünf Tage später verfassten Schreiben erteilte der Bundestagspräsident M und J, ohne mit ihnen zuvor Kontakt aufgenommen zu haben, ein auf ein Jahr befristetes Hausverbot für die Liegenschaften des Deutschen Bundestages. Zur Begründung hieß es unter Bezugnahme auf 5 Abs. 6 BTHO, Wer den Bestimmungen vorstehender Absätze zuwiderhandelt, kann aus den Gebäuden des Deutschen Bundestages verwiesen werden. In Fällen der Zuwiderhandlung kann der Präsident des Deutschen Bundestages ein Hausverbot verhängen. J habe auf Anweisung von M im Deutschen Bundestag Filmaufnahmen gefertigt, ohne im Besitz der nach 5 Abs. 2 BTHO dafür erforderlichen Drehgenehmigung zu sein. Auch wenn sich M und J in der Vergangenheit in Bezug auf die BTHO unauffällig verhalten hätten, sei 3
4 auf Grund der Schwere der Hausrechtsverletzung im öffentlichen Interesse die getroffene Entscheidung geboten, um das Hausverbot sofort wirksam werden zu lassen. M und J erheben postwendend beim zuständigen VG Klage gegen das Hausverbot. Für diese Maßnahme fehle es schon an der notwendigen gesetzlichen Grundlage. Außerdem gehe die Pressefreiheit dem Hausrecht vor. Schließlich sei das Hausverbot auch ermessensfehlerhaft. Wie wird das VG entscheiden? VG Berlin, Urt. v A 344/00 NJW 2002, 1063 = AfP 2001, 437 = Ehlers, JK 9/02, GG Art. 40/2. Hinweise zur Vertiefung: 1) Zu der Entscheidung des VG Berlin vgl. Bespr. Kreile/Westphal, Investigativer Journalismus im Reichstagsgebäude, AfP 2001, ) Zum behördlichen Hausrecht a) instruktive Entscheidungen zum allgemeinen Hausrecht - OVG W, NVwZ-RR 1989, 316 = NWVBl 1989, 91 = Erichsen, JK 89, VwGO 40 I/20: Hausverbot für städtisches Bibliotheksgebäude; - OVG Frankfurt a. M., NJW 1998, 1424: Hausverbot für Theaterbesucher; b) zum gesetzlich geregelten Hausrecht - OVG W, DVBl 1991, 495 = NVwZ-RR 1991, 35 = NWVBl 1990, 344: zum gemeinderechtlichen Hausrecht gem. 36 GO NW (entspricht 36 GemO BW); vgl. zu der Thematik ferner die Original-Examensklausur von Ehlers, Ärger mit der Presse, NWVBl 1988, 95 und 122 ff.; - VGH BW, NVwZ 1994, 803 = VBlBW 1994, 114 und VGH BW, VBlBW 1995, 314: zum Hausrecht des Studentenwerks gem. 12 Abs. 3 StWG BW a. F. = 5 Abs. 5 StWG n. F. (Dürig 175); - BayVGH, NVwZ-RR 2004, 185 = BayVBl 2003, 692: Hausverbot für Zugang zur Universität wegen ungebührlichen Verhaltens gegenüber Bediensteten; - BVerfG-K, NJW 2005, 2843: Nutzung der Räume des Reichstagsgebäudes für Kunstaktion nach Maßgabe des Hausrechts des BT-Präsidenten; - OVG W, NWVBl 2006, 101 = Ehlers, JK 12/06, SchulG NRW 59 Abs. 2/1: sechsmonatiges Hausverbot für Vater zweier Schüler wegen abfälliger Äußerungen über Lehrerin; c) zur Rechtswegfrage - VGH BW, NJW 1994, 2500: Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit bei einem Hausverbot der Universitätsverwaltung gegenüber einem Angestellten nach arbeitsrechtlicher Kündigung; - OVG W, NJW 1995, 1573 = NWVBl 1995, 180: Zuständigkeit der Zivilgerichtsbarkeit bei einem durch eine Sparkasse ausgesprochenen Hausverbot; - OVG W, NJW 1998, 1425: Öffentlich-rechtliches Hausverbot einer Universität gegen Doktoranden wegen Belästigung von Mitarbeiterinnen; - OVG W, NVwZ-RR 1998, 595 = NWVBl 1998, 350 = Ehlers, JK 99, VwGO 40/29: Verwaltungsrechtsweg bei Hausverbot eines Arbeitsamtes wegen Störung des Dienstbetriebs; - VG Minden, NVwZ-RR 1999, 334: Verwaltungsrechtsweg bei Hausverbot für Gebäude der Stadtverwaltung nach Kündigung eines Verwaltungsangestellten; dazu Fallbearbeitung von Zilkens, Hausverbot im Planungsamt, JuS 2003, 165; - VG Düsseldorf, NWVBl 2001, 69: Verwaltungsrechtsweg bei Hausverbot durch Landtagspräsident. 4
5 d) aus dem Schrifttum Beaucamp, Das Hausrecht von Behörden als Rechtsproblem, JA 2003, 231; ferner Brüning, Von öffentlichen Zwecken und privaten Rechten Hausverbote für Gebäude der öffentlichen Verwaltung zwischen Scylla und Charybdis, DÖV 2003, 389; Klenke, Das Hausrecht am Rathaus und anderen Verwaltungsgebäuden, NWVBl 2006, 84; Mißling, Das Hausverbot in öffentlichen Gebäuden, NdsVBl 2008, ) Zum Hausverbot einer Flughafen-AG gegen Demonstranten BGH, NJW 2006, 1054 = Schoch, JK 11/06, GG Art. 8/21; dazu Bespr. Fischer-Lescano/Maurer, NJW 2006, 1393; ferner Karsten/Meinel, JZ 2007, 1127; vgl. auch Cloppenburg, Sind Flughäfen öffentliche Sachen?, DVBl 2005,
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