Analysemöglichkeiten von Einkommensberichten für BetriebsrätInnen
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- Walter Dresdner
- vor 8 Jahren
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1 Analysemöglichkeiten von Einkommensberichten für BetriebsrätInnen Eine Empfehlung der PRO-GE-Bundesfrauenabteilung
2 LIEBE KOLLEGIN! LIEBER KOLLEGE! Du hast den Einkommensbericht deines Unternehmens erhalten. Wahrscheinlich sind in diesem Bericht sehr viele Zahlen und Daten enthalten, deren Analyse auf den ersten Blick nicht ganz so einfach sein wird. Die Ursache von Einkommensunterschieden ist auf betrieblicher Ebene auf den ersten Blick nicht sichtbar und es bedarf umfangreicher Kenntnis und Fingerspitzengefühl, um Aufklärung herbeizuführen. Wir sind auch überzeugt, dass es vielen Unternehmen bis jetzt gar nicht bewusst war, dass die Bezahlung unterschiedlich ist. Es ist daher also ganz besonders wichtig, dass wir hier gemeinsam handeln! Klaudia Frieben gf. stv. Bundesvorsitzende gf. Bundesfrauenvorsitzende Die nun gesetzliche verankerte Einkommenstransparenz ist also auch eine Chance für die Unternehmen, gemeinsam mit den BetriebsrätInnen für faire Einkommen und gleiche Bezahlung beider Geschlechter zu sorgen. Denn nur, wer über die Ursachen Bescheid weiß, die zu Ungerechtigkeiten führen, kann diese auch beseitigen. Auf den nachfolgenden Seiten wollen wir dir in kurzer und präziser Form Empfehlungen in den wichtigsten Einkommenskategorien geben, wie die Analyse durch deine Betriebsratskörperschaft erfolgen könnte und welche Fragen mit deinem Unternehmen danach geklärt werden sollten. Für deine Fragen und Beratung steht wir dir gerne zur Verfügung: Bundesfrauenabteilung der PRO-GE Johann-Böhm-Platz 1, 1020 Wien Telefon: (01) Helga Oberleitner Bundesfrauensekretärin Selbstverständlich ist die Beratung vertraulich und unterliegt der gesetzlichen Schweigepflicht. Herzliches Glück auf! Klaudia Frieben gf. stv. Bundesvorsitzende gf. Bundesfrauenvorsitzende Helga Oberleitner Bundesfrauensekretärin 2
3 GRUNDLEGENDE ANGABEN IM EINKOMMENSBERICHT Einkommensbericht für das Kalenderjahr: Datum der Berichterstattung: Unternehmen: Beschäftigte: Männer _ _ _ _ _ _ Frauen _ _ _ _ _ _ Achtung: Zeitarbeitskräfte sind im Einkommensbericht nicht zu berücksichtigen; dafür ist der Überlasserbetrieb zuständig! Teilzeitbeschäftigt: Männer _ _ _ _ _ _ Frauen _ _ _ _ _ _ Im Einkommensbericht müssen die Einkommen von Teilzeitbeschäftigten in Vollzeit umgerechnet werden! Anzuwendender Kollektivvertrag: Kommen im Unternehmen mehrere Kollektivverträge zur Anwendung, so ist eine Analyse für jeden einzelnen Kollektivvertrag empfehlenswert. Welches Einkommen wurde im Bericht als Grundlage herangezogen? Um eine bessere Vergleichbarkeit herzustellen, empfehlen wir, mit dem Unternehmen zu vereinbaren, dass auch in den Folgejahren dieselbe Grundlage - wie in diesem Bericht - herangezogen wird! Durchschnittsarbeitsentgelt Medianarbeitsentgelt Wie viele Standorte bzw. Betriebsteile des Unternehmens sind im Einkommensbericht erfasst? Ist der Einkommensbericht nach Standorten bzw. Betriebsteilen unterteilt? Sind unterschiedliche Leistungen in einzelnen Standorten bzw. Unternehmensteilen (z. B. Sozialleistungen) bekannt, die einen Einkommensunterschied erklären würden? Wenn, welche? 3
4 FRAGEN ZUR EINSTUFUNG Werden Vordienstzeiten außerhalb des Betriebes und Berufsausbildungen bei der Einstufung gleich angerechnet? Wie werden berufsfremde abgeschlossene Ausbildungen bei der Einstufung bewertet? Beispiel: Im un(an)gelernten Bereich sind ein Mann mit abgeschlossener Tischlerausbildung und eine Frau mit abgeschlossener Frisörausbildung tätig. Für die auszuübende Tätigkeit sind keine der beiden Ausbildungen relevant! Werden trotzdem beide von Anfang an gleich eingestuft? Wie wird also die Einstufungspraxis gehandhabt? Entsprechen die Einstufungen auch den tatsächlich ausgeführten Tätigkeiten? Wenn, was sind die Gründe dafür? Führen sowohl Frauen als auch Männer mit gleicher Qualifikation auch gleiche bzw. gleichwertige Tätigkeiten aus? Wenn, was sind die Gründe dafür? Werden Tätigkeiten gleichwertig zugeteilt, unabhängig ob jemand Vollzeit- oder Teilzeit arbeitet (z. B. auch Elternteilzeit,...)? Wenn, was sind die Gründe dafür? 4
5 FRAGEN ZUM VERDIENST Gibt es Überzahlungen im Betrieb? Wenn, wer erhält diese bzw. für welche Tätigkeit werden diese gewährt? Haben Frauen und Männer hier die gleichen Verdienstmöglichkeiten? Wie erfolgt die Gewährung von Zulagen? Gibt es beispielweise eine vergleichbare Bewertung von schwerem Heben mit einer Tätigkeit, die unter hohem Zeitdruck ausgeführt wird - z. B. Fließbandarbeit? Wenn Überstunden geleistet werden, wie erfolgt die Abgeltung? Gibt es sowohl für Frauen als auch für Männer dieselbe Wahlmöglichkeit, ob Mehr- oder Überstunden tatsächlich ausbezahlt werden? Wenn, warum nicht? Werden allfällige Prämien nach transparenten und diskriminierungsfreien Kriterien ausbezahlt (z. B. unabhängig vom Geschlecht?) Wenn, warum nicht? Gibt es Sachbezüge? Wenn, nach welchen Kriterien werden diese vergeben? 5
6 VORBEREITUNG AUF DAS GESPRÄCH MIT DEM UNTERNEHMEN Falls für dich und die KollegInnen deiner Betriebsratskörperschaft unsere Fragen hilfreich waren, freut uns das. Natürlich ist es nun wichtig, Ursachenforschung und Maßnahmen zur Verringerungen möglicher Einkommensunterschiede mit deinem Unternehmen zu besprechen. Besonders dort, wo es keine sachliche bzw. erklärbare Begründung gibt, ist rascher Handlungsbedarf notwendig. Das Unternehmen wird sicherlich Gründe vorbringen, was eine unterschiedliche Bezahlung rechtfertigen könnte. Viele davon sind laut Gleichbehandlungsgesetz unzulässig, da sie Ursache für eine Einkommensdiskriminierung sind. Unser Tipp: Legt euch anhand eurer eigenen Wahrnehmungen aus dem Einkommensbericht einen Fragenkatalog zurecht, um gezielt und effizient vorgehen zu können. Unzulässige Erläuterungen und deren Antworten, auf die ihr euch vorbereiten könnt: Arbeitszeit: Nicht zulässig ist ein schlechterer Stundenlohn in Teilzeit oder Elternteilzeit bei gleich(wertig)er Tätigkeit. Sie hat weniger verlangt : Das ist ein absolut unzulässiges Argument und keine Rechtfertigung für unterschiedliche Bezahlung von gleich(wertig)er Tätigkeit von Frauen. Auch wenn eine Arbeitnehmerin im Bewerbungsgespräch weniger verlangt hat, so ist der/die ArbeitgeberIn gesetzlich verpflichtet, für die gleiche Entlohnung zu sorgen! Dazu gibt es sehr eindeutige gerichtliche Entscheidungen! Hatte beim letztem Job mehr verdient : Unzulässig ist auch, dass jemand nur deswegen besser bezahlt bekommt, weil er oder sie beim/bei der vorigen ArbeitgeberIn ein höheres Einkommen hatte als eine Vergleichsperson im nunmehrigen Betrieb. Gleicher Arbeitsplatz/ unterschiedliche Bezahlung: Unzulässig ist, wenn eine Arbeitnehmerin eine Tätigkeit bzw. einen Arbeitsplatz übernimmt, an dem vorher ein männlicher Kollege beschäftigt war und dafür ein geringeres Einkommen erhält. Ergibt sich allerdings mit der Neueinstellung eine Änderung in der Entgeltstruktur oder der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, so fällt die Differenz beim Einkommen unter einen erklärbaren Unterschied! Familienstand: Das Argument, dass Männer mit Familie als Familienernährer mehr bezahlt bekommen müssen, bedeutet eine unmittelbare Diskriminierung von Frauen und gehört sofort beseitigt! Den Familienernährer gibt es seit 1975 per Gesetz nicht mehr! Vordienstzeiten: Die Anrechnung muss diskriminierungsfrei erfolgen! Bessere Bezahlung schon im Vorhinein: Unzulässig ist, wenn zwei Personen zum gleichen Zeitpunkt für eine gleich(wertig)e Tätigkeit eingestellt werden und eine Person, aus Gründen, die bei der Einstellung nicht bekannt sein konnten, schon im Vorhinein besser bezahlt wird. Nicht bekannte Gründe sind, z. B. bessere Leistungsfähigkeit oder eine bessere Leistungsqualität; beide Gründe konnten vor der Einstellung nicht überprüft werden! 6
7 NACH DER ANALYSE Die Einkommensberichte müssen alle zwei Jahre erstellt werden. Innerhalb dieses Zeitraumes sollen Unternehmen genügend Zeit haben, Maßnahmen in die Wege zu leiten, damit eine Verbesserung der Einkommenssituation sichtbar wird. Was sind nun die nächsten Schritte bis zum nächsten Einkommensbericht? Bewusstsein schaffen, dass Gleichbehandlung in allen Ebenen eine Selbstverständlichkeit sein muss! Gleichbehandlung geht uns alle an und ist keine Frauensache! Bewusstsein schaffen, dass Verstöße gegen das Gleichbehandlungsgesetz kein Kavaliersdelikt sind! Regelmäßig die Einstufung von Frauen und Männern - vor allem bei Neueinstellungen - überprüfen! Regelmäßige Überprüfung der Überzahlungspraxis sowie der Verteilung von Zulagen. Überprüfung der Tätigkeit von Frauen und Männern, wenn möglich im Rahmen einer Arbeitsplatzbewertung (Facharbeit/angelernt/ungelernt). Sensibilisierung für gerechtes Einkommen (z. B. durch gewerkschaftliche Schulungen oder Beratungsangebote der Gewerkschaften; Benützung der Leitfäden Analysemöglichkeiten von Einkommensberichten für BetriebsrätInnen und Handlungsleitfaden für BetriebsrätInnen ). DIE KORREKTE STELLEN- AUSSCHREIBUNG Seit 1. März 2011 sind Unternehmen gesetzlich verpflichtet, Stellenausschreibungen mit Angaben zum Mindestentgelt zu versehen. Die Verpflichtung zur Ausschreibung gilt für alle ausgeschriebenen Stellen in der Privatwirtschaft, also auch für Teilzeitstellen und geringfügige Jobs, sowohl für externe (z. B. in Zeitungen und Internet..) als auch für interne (z. B. Intranet und Schwarzes Brett ) Ausschreibungen. Grundlage bildet das jeweils gültige Mindestentgelt, das über Kollektivvertrag, per Gesetz oder über andere Normen kollektiver Rechtsgestaltung, wie zum Beispiel Betriebsvereinbarungen, festgelegt ist. Höhe des Einkommens pro Zeiteinheit (Stunden-, Monats- oder Jahresentgelt). Wird ausdrücklich nach Berufserfahrung verlangt, müssen zusätzliche Einstufungskriterien berücksichtigt werden (z. B. Verwendungsgruppenjahre). Die Bereitschaft zur Überzahlung. Sowohl die Angabe des Kollektivvertrages für den ausgeschriebenen Arbeitsplatz als auch die Angabe des möglichen Entgeltrahmens (von... bis... Euro... brutto monatlich) ist empfehlenswert. Seit 1. Jänner 2012 traten Sanktionen sowohl für ArbeitgeberInnen als auch ArbeitsvermittlerInnen, deren Stellenausschreibungen nicht korrekt sind, in Kraft. Diese reichen von einer Verwarnung durch die Bezirksverwaltungsbehörde bis zu einer Verwaltungsstrafe in der Höhe von 360,-. DIE PRODUKTIONSGEWERKSCHAFT Impressum: Herausgeber und Hersteller: Österreichischer Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft PRO-GE, Johann-Böhm-Platz 1, 1020 Wien. Für den Inhalt verantwortlich: PRO-GE Bundesfrauenabteilung; ÖGB-ZVR-Nr.:
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