Jede fünfte Überstunde unbezahlt! AK fordert härtere Strafen

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1 Ihre Gesprächspartner: Dr. Johann Kalliauer Dr. Josef Moser, MBA Präsident der AK Oberösterreich Direktor der AK Oberösterreich Jede fünfte Überstunde unbezahlt! AK fordert härtere Strafen Pressekonferenz am Dienstag, 5. Juni 2018, um 11 Uhr Arbeiterkammer Linz

2 2017 rund 45 Millionen Arbeitsstunden nicht bezahlt Zahlen der Statistik Austria zeigen: Jede fünfte geleistete Überstunde blieb in Österreich im Vorjahr unbezahlt. Das sind insgesamt 45 Millionen Arbeitsstunden. Den Beschäftigten wurde dadurch geschätzt rund eine Milliarde (!) Euro vorenthalten, im Schnitt fast Euro pro betroffener Person. Die Arbeiterkammer Oberösterreich will nicht länger hinnehmen, dass Arbeitnehmer/-innen um ihre gerechte Bezahlung geprellt werden und fordert daher einen 100 Prozent Strafzuschlag für nichtbezahlte Über- und Mehrarbeitsstunden und eine verpflichtende monatliche Vorlage von Arbeitszeitsaufzeichnungen durch die Unternehmen. Überstundenleistenden wird eine Milliarde Euro vorenthalten In letzter Zeit verzeichnete die AK einen deutlichen Anstieg an Beratungsfällen, in denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer um die Bezahlung ihrer Überstunden geprellt wurden. Dies nahm die AK zum Anlass, um zu ermitteln, wie viel den Beschäftigten insgesamt dadurch entgeht. Das Resultat ist empörend: Laut Statistik Austria hat sich im Jahr 2017 der gesamte Überstunden- und Mehrarbeitsstunden-Berg in Österreich auf rund 250 Millionen (OÖ: 38 Millionen Stunden) summiert. Rund Beschäftigte (OÖ: ) haben im Vorjahr regelmäßig Über- bzw. Mehrarbeitsstunden geleistet. Von den gesamten Überstunden wird fast ein Fünftel (18,1 Prozent) gar nicht bezahlt, weder in Zeitausgleich noch in Geld wurden österreichweit Personen für ihre geleisteten Überund Mehrarbeitsstunden gar nicht oder nur teilweise bezahlt verloren die Beschäftigten durch unbezahlte Über- und Mehrarbeitsstunden geschätzt rund eine Milliarde Euro (OÖ: 150 Millionen Euro) Wird die unentgeltlich erbrachte Mehr- und Überstundenarbeit mit einem Durchschnittslohn plus Zuschlag bewertet, gehen den Betroffenen pro Kopf rund Euro im Jahr verloren. Dieses Geld wäre ihnen bei korrekter Bezahlung zugestanden. 2

3 Den Betroffenen entsteht dadurch nicht nur ein immenser finanzieller Schaden. Ständige und übermäßige Überstunden-Arbeit führt oft auch zu gesundheitlichen Belastungen. Frauen noch stärker betroffen als Männer Rund 250 Millionen Überstunden leisteten die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Vorjahr (Männer: 174 Millionen, Frauen: 76 Millionen). 45 Millionen (18,1 Prozent) davon blieben unbezahlt. Die erhobenen Zahlen zeigen, dass Frauen noch stärker von der Problematik Unbezahlte Überstunden betroffen sind als Männer. Fast ein Viertel (24,8 Prozent) der von ihnen erbrachten Überstunden wurde nicht ausgezahlt (Männer: 15,3 Prozent). Die nicht abgegoltenen Überstunden entsprechen geschätzt rund einer Milliarde Euro (OÖ: 150 Millionen Euro) vorenthaltenem Lohn oder rund Vollzeit- Stellen (OÖ: 4.000). Ausmaß und Wert der unbezahlten Überstunden 2017 Gesamtausmaß aller Überstunden: 249,6 Millionen Std. (Männer: 174,15 Mio. Std., Frauen: 75,45 Mio. Std.) 3

4 So erfolgt der Überstundenklau: Die Gründe, warum Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf ihren Überstunden sitzenbleiben, sind so unterschiedlich wie die Arbeitgeber-Methoden, um ihnen die entsprechende Bezahlung vorzuenthalten. Arbeitnehmer/-innen werden bei der Bezahlung von Überstunden und Mehrarbeitsstunden so lange vertröstet, bis die Ansprüche verfallen sind. Diese Verfallfristen können, abhängig vom Kollektivvertrag, sehr kurz sein. Viele Arbeitnehmer/-innen wagen es aus Angst um den Arbeitsplatz nicht, im aufrechten Dienstverhältnis nichtbezahlte Überstunden einzufordern, was häufig zu deren Verfall führt. Gewisse Arbeitszeiten (z. B. Vorbereitungs- oder Abschlussarbeiten nach Geschäftsschluss) werden von den Arbeitgebern gar nicht als Arbeitszeiten anerkannt. Manche Unternehmen fälschen systematisch Arbeitszeitaufzeichnungen von Mitarbeitern/-innen zu ihren Gunsten. Manche Unternehmen verhindern die Aufzeichnung unzulässiger Überstunden. Manche Unternehmen verwenden sogar manipulierte Arbeitszeitaufzeichnungssoftware, die z. B. ungesetzliche Arbeitszeiten automatisch falsch erfasst. Manche Unternehmer ändern für Teilzeitkräfte wöchentlich das Ausmaß der Arbeitszeit, um sich Mehrarbeitszuschläge zu ersparen. 4

5 Eindrückliche Beispiele für respektlosen Umgang Einige Beispiele aus dem Alltag der AK-Juristinnen und -Juristen zeigen den Handlungsbedarf deutlich auf. So wurde einem Arbeitnehmer im Bezirk Gmunden die Bezahlung von 188 Überstunden, die er innerhalb von drei Monaten geleistet hatte, zunächst vorenthalten. Er erhielt das entsprechende Entgelt nach der Firmeninsolvenz erst eineinhalb Jahre später. Im Bezirk Ried blieben 93 Überstunden eines Arbeitnehmers unbezahlt. Auch hier kam der Betroffene erst durch das Engagement der AK-Experten zu seinem Recht und zustehenden Lohn. Bei einer Baufirma im Bezirk Eferding machten vier Männer monatelang Überstunden, die sie nie ausbezahlt bekamen. Zwar bauten die Männer in Form von Zeitausgleich wieder einige Überstunden ab, doch am Ende der Saison blieben immer noch etliche Stunden offen. Dank ihrer genauen Arbeitszeitaufzeichnungen stellten die AK-Experten fest, dass den Männern Lohn vorenthalten worden war. So musste die Firma schlussendlich für offene Überstunden und Diäten Euro nachzahlen. Das sind nur drei von vielen derartigen Fällen. 12-Stunden-Tag gefährdet Überstunden-Zuschläge im Wert von zwei Milliarden Euro Falls die Bundesregierung den 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche einführt, hätte dies weitere negative Auswirkungen auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Vor allem wenn in Verbindung mit langen Durchrechnungszeiträumen die Tages- bzw. Wochen-(Höchst-)-Arbeitszeiten ausgeweitet werden. Dann stehen insgesamt rund zwei Milliarden Euro an Zuschlägen für Überstunden bzw. Mehrarbeitsstunden auf dem Spiel, die von vornherein nicht mehr ausbezahlt würden. 5

6 Forderungen der AK Die AK Oberösterreich lehnt eine generelle Ausweitung der höchstzulässigen Arbeitszeiten auf 12 Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche vehement ab und fordert, den aktuellen Überstundenklau durch mehrere entsprechende gesetzliche Maßnahmen zu beseitigen: 100 Prozent Strafzuschlag für unbezahlte Über- und Mehrarbeitsstunden: als vorbeugende Maßnahme sollen Unternehmen für jede nichtbezahlte Über- und Mehrarbeitsstunde einen Strafzuschlag von 100 Prozent bezahlen müssen. Monatliche Vorlage von Arbeitszeitsaufzeichnungen durch die Unternehmen: Unternehmen sollen gesetzlich verpflichtet werden, jeder Arbeitnehmerin/jedem Arbeitnehmer unaufgefordert mit der Lohnabrechnung eine genaue Arbeitszeitaufzeichnung vorzulegen. Das ermöglicht den Arbeitnehmern/-innen, die Korrektheit der Arbeitszeiterfassung zu kontrollieren. Beweislastumkehr: Falls die monatliche Vorlage von Arbeitszeitsaufzeichnungen nicht eingehalten wird, soll bei Gerichtsverfahren um die korrekte Abgeltung geleisteter Arbeitsstunden eine Beweislastumkehr erfolgen. Das heißt: Das Unternehmen soll beweisen müssen, dass die Forderung der Arbeitnehmerin / des Arbeitnehmers zu Unrecht besteht. Straftatbestand: Fälschung von Arbeitszeitaufzeichnung: Einem Unternehmen, das systematisch falsche Arbeitszeitaufzeichnungen zu Ungunsten der Arbeitnehmer/-innen führt und diesen so Geld für geleistete Arbeit vorenthält, droht derzeit im schlimmsten Fall eine Nachzahlung und eine Verwaltungsstrafe. Zur Abschreckung soll daher die systematisch falsche Arbeitszeitaufzeichnung durch ein Unternehmen ein Straftatbestand werden. Gleiche Zuschläge für Mehrarbeit von Teilzeitbeschäftigten wie für Überstunden: Dadurch kann verhindert werden, dass Unternehmen Arbeitnehmer/-innen gezielt nur in Teilzeit beschäftigen, um bei Mehrarbeit Zuschläge zu sparen. 6

7 Verpflichtende Deckungsprüfung bei pauschalen/all-in-arbeitszeit-vereinbarungen Auch bei Pauschalen bzw. All-In-Arbeitszeit-Vereinbarungen müssen Arbeitsstunden, die über die pauschale Vereinbarung hinausgehen, extra bezahlt werden. Die Missbrauchsgefahr ist dabei hoch. Daher sollten Unternehmen verpflichtet werden, zu überprüfen, ob die tatsächlich geleistete Arbeitszeit durch das Pauschale abgedeckt ist und den Arbeitnehmern/- innen das Ergebnis dieser Prüfung vorzulegen. 7