Persönliche PDF-Datei für Jörg von Rosenthal
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1 Persönliche PDF-Datei für Jörg von Rosenthal Mit den besten Grüßen vom Georg Thieme Verlag Medikamentöse Therapie supraventrikulärer und ventrikulärer Arrhythmien DOI /s Aktuel Kardiol 2013; 2: Nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt. Keine kommerzielle Nutzung, keine Einstellung in Repositorien. Verlag und Copyright: 2013 by Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße Stuttgart ISSN Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlags
2 Übersichtsarbeit 379 Medikamentöse Therapie supraventrikulärer und ventrikulärer Arrhythmien Antiarrhythmic Drug Therapy for Supraventricular and Ventricular Arrhythmias Autor Institut Jörg von Rosenthal Die Kardiologen-Gemeinschaftspraxis in Freiburg mit Herzkatheterlabor am St. Josefskrankenhaus Dres. Thierfelder, Gansser, von Rosenthal, Saurbier Schlüsselwörter l " supraventrikuläre und ventrikuläre Arrhythmien l " Antiarrhythmika Proarrhythmie l " Key words l " supraventricular and ventricular arrhythmias l " antiarrhythmic drugs proarrhythmia l " Bibliografie DOI /s Aktuel Kardiol 2013; 2: Georg Thieme Verlag KG Stuttgart New York ISSN Was ist wichtig? l l l l Aktueller Stand: Die Frage nach einer medikamentösen antiarrhythmischen Behandlungsnotwendigkeit von Patienten mit Palpitationen, Extrasystolen oder tachykarden Herzrhythmusstörungen stellt sich im kardiologischen Alltag häufig. Von einer rein symptomatischen Therapieindikation zur Linderung der subjektiven Beschwerden ist dabei eine prognostische Indikation zur Verbesserung der Langzeitprognose myokardialer Erkrankungen zu differenzieren. Vor Therapiebeginn sollte stets das Nutzen-Risiko-Verhältnis mit Blick auf mögliche proarrhythmische Effekte abgewogen werden. Mit den Möglichkeiten der interventionellen Elektrophysiologie ist heutzutage oft eine kurative Katheterablation von Herzrhythmusstörungen erreichbar. Antiarrhythmisch wirksame Medikamente: Eine geläufige Einteilung der Antiarrhythmika stellt die Klassifikation von Vaughan Williams in 4 Medikamentengruppen dar, entsprechend der unterschiedlichen Angriffspunkte der Substanzen an der Herzmuskelzelle. Zu beachten ist, dass neben Natriumkanalblockern, β-rezeptorenblockern, Kaliumkanalblockern und Calciumantagonisten weitere, nicht in dieser Klassifikation aufgeführte Antiarrhythmika existieren (z. B. I f -Kanalblocker, Adenosin, Digitalis). Je nach Pharmakodynamik und Pharmakokinetik besitzt jede Medikamentengruppe ihr spezifisches Wirkungsprofil aber auch ein nicht zu vernachlässigendes Nebenwirkungspotenzial bez. Proarrhythmien. β-rezeptorenblocker stellen bei fast allen supraventrikulären und ventrikulären Arrhythmien die Basismedikation dar. Behandlung supraventrikulärer Arrhythmien: Die Behandlung supraventrikulärer bzw. atrialer Arrhythmien erfolgt meist aus symptomatischer Indikation. Supraventrikuläre Reentry-Tachykardien, Vorhofflattern und atriale Tachykardien werden heutzutage in erster Linie per Katheterablation therapiert. Als medikamentöse Option kommen primär β-rezeptorenblocker zum Einsatz. Im Falle einer relevanten strukturellen Herzerkrankung kann auch Amiodaron gegeben werden. Das vordringliche prognoseverbessernde Therapieprinzip bei Vorhofflimmern und Vorhofflattern ist abhängig vom individuellen Risikoprofil die Antikoagulation zur Thrombembolieprophylaxe. Behandlung ventrikulärer Arrhythmien: Ventrikuläre Extrasystolie oder rezidivierende ventrikuläre Tachykardien stellen ein häufiges und schwerwiegendes, prognoseverschlechterndes Problem im Zusammenhang mit Kardiomyopathien, primär elektrischen Erkrankungen des Herzmuskels oder kardialer Ischämie dar. Letztlich erwies sich bei diesen Patienten neben der ICD-Therapie bislang nur die Medikation mit β-rezeptorenblockern als prognoseverbessernd. Amiodaron kann zwar durch Reduktion ventrikulärer Ereignisse die subjektiven Beschwerden der Betroffenen lindern, eine signifikante Verminderung des plötzlichen Herztods ist für dieses Antiarrhythmikum bei strukturellen Herzerkrankungen bisher aber nicht nachgewiesen. Korrespondenzadresse Dr. med. Jörg von Rosenthal Die Kardiologen-Gemeinschaftspraxis in Freiburg Habsburgerstr Freiburg Tel.: 07 61/ Fax: 07 61/ vonrosenthal@diekardiologenfreiburg.de Glossar AVRT AVNRT ARVD EF AV Reentry-Tachykardie AV-Knoten Reentry-Tachykardie arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie Ejektionsfraktion HCM ICD KHK LVOT RVOT WPW hypertrophe Kardiomyopathie implantierter Kardioverter- Defibrillator koronare Herzkrankheit linksventrikulärer Ausflusstrakt rechtsventrikulärer Ausflusstrakt Wolff-Parkinson-White-Syndrom
3 380 Übersichtsarbeit Aktueller Stand Das Behandlungsspektrum supraventrikulärer und ventrikulärer Herzrhythmusstörungen hat sich in den letzten Jahren durch die interventionelle Therapiemöglichkeit der Katheterablation gewandelt. Dennoch stellt sich die Frage nach einer medikamentösen Behandlungsnotwendigkeit von Patienten mit Palpitationen, Extrasystolen und tachykarden Herzrhythmusstörungen im kardiologischen Alltag recht häufig. Indikationen zur Behandlung Wir unterscheiden eine rein symptomatische Indikation, bei der eine Besserung der arrhythmiebedingten Beschwerden erreicht werden soll, von einer Behandlung aus prognostischer Indikation, wo eine Besserung der Langzeitprognose im Idealfall die Senkung der Mortalität, z.b. durch Verhinderung des plötzlichen Herztods erreicht werden soll. Bei rein symptomatischer Indikation muss das Nutzen-Risiko- Verhältnis einer antiarrhythmischen Behandlung immer gut abgewogen werden, v. a. im Hinblick auf die Gefahr möglicher Proarrhythmie. Bei prognostischer Indikation wird man in vertretbarem Umfang auch Nebenwirkungen in Kauf nehmen, wenn längerfristig eine Prognoseverbesserung erreicht werden kann. In allen Fällen müssen vor Beginn einer spezifischen antiarrhythmischen Therapie ursächliche extrakardiale Erkrankungen wie z. B. Hyperthyreose, Anämie oder chronische Infekte ausgeschlossen werden. Zudem ist zur Erfassung einer etwaigen kardialen Grunderkrankung eine umfassende kardiologische Diagnostik unumgänglich. Kurzgefasst Eine medikamentöse antiarrhythmische Behandlung erfolgt aus symptomatischer oder prognostischer Indikation unter Berücksichtigung aller Kontraindikationen und potenzieller Risiken für Proarrhythmie. Vor Therapiebeginn muss eine evtl. vorhandene kardiale oder extrakardiale Grunderkrankung behandelt werden. Antiarrhythmisch wirksame Medikamente [1,2] Die klassische Einteilung der Antiarrhythmika erfolgt nach der Klassifikation von Vaughan Williams [3]. I Natriumkanalblocker Ia Chinidin, Ajmalin, Prajmalin, Disopyramid Ib Mexiletin, Lidocain Ic Flecainid, Propafenon II β-rezeptorenblocker III Kaliumkanalblocker Amiodaron, Sotalol, Dronedaron IV Calciumantagonisten Verapamil, Diltiazem Nicht eindeutig klassifizierbar: Ivabradin β-rezeptorenblocker als Klasse-II-Antiarrhythmika wirken erregungs- und leitungsverzögernd auf fast alle elektrischen Strukturen des Herzens. Sie werden bei den meisten tachykarden Arrhythmien als Basismedikation eingesetzt zur Reduktion der erhöhten elektrischen Aktivität eines arrhythmogenen atrialen oder ventrikulären Fokus sowie zur Frequenzreduktion bei Auftreten einer atrialen oder supraventrikulären Tachykardie, insbesondere wegen ihrer bremsenden Wirkung auf den AV-Knoten. Bei den β-rezeptorenblockern besteht insgesamt ein günstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis mit recht guter Verträglichkeit bei relativ geringem Risiko für bedeutsame unerwünschte Nebenwirkungen. Als häufigste Nebenwirkung kommt es meist dosisabhängig oder durch Kumulation des Medikaments zu Sinusbradykardien oder höhergradigen AV-Blockierungen. Die Inzidenz proarrhythmischer, tachykarder Komplikationen ist niedrig. β-rezeptorenblocker führen zu keiner relevanten QT- Zeit-Verlängerung und kommen deshalb bei Long-QT-Syndrom therapeutisch zum Einsatz. Mögliche extrakardiale Nebenwirkungen sind bronchiale Obstruktion, Auslösen oder Verschlimmerung einer Psoriasis, Schlafstörungen, depressive Verstimmung und Libidoverlust. Ivabradin (Procoralan ) verzögert als I f -Kanal-Blocker die diastolische Depolarisation an der Membran der Sinusknotenzellen, führt so zu einer selektiven Frequenzsenkung des Sinusknotens ohne Beeinträchtigung der AV-Knoten-Leitung und ist z. B. gut wirksam bei inadäquater Sinustachykardie. Ivabradin zeigt eine gute Verträglichkeit mit relativ niedriger Rate an unerwünschten Arzneimittelwirkungen. Insbesondere bestehen nicht die klassischen Nebenwirkungen der β-rezeptorenblocker, sodass es Patienten mit AV-Knoten-Leitungsstörung, chronisch obstruktiver Ventilationsstörung, Psoriasis oder bei anderen Kontraindikationen für eine β-blockertherapie verschrieben werden kann. Sotalol (Sotalex ) nimmt als spezieller β-rezeptorenblocker mit zusätzlicher antiarrhythmischer Wirkung der Klasse III eine Sonderstellung ein. Es kann wie die übrigen β-rezeptorenblocker bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung und nach Myokardinfarkt eingesetzt werden. Aufgrund der überwiegend renalen Elimination kommt es aber bei Einschränkung der Nierenfunktion (v. a. bei älteren Patienten) möglicherweise rasch zur Kumulation des Medikaments. Dies kann zur Verlängerung der QT-Zeit bis hin zu möglichen Torsade-de-pointes-Tachykardien (l " Abb. 1) führen oder andererseits auch symptomatische Sinusbradykardien und höhergradige AV-Blockierungen mit sich bringen. Der Klasse-III-antiarrhythmische Effekt wird erst bei höheren Dosierungen erreicht. Wegen möglicher Proarrhythmie muss eine strenge Indikationsstellung erfolgen sowie eine engmaschige Überwachung, v. a. bei der Ersteinstellung auf das Medikament. Prinzipiell sollte bei jeder Behandlung mit einem Antiarrhythmikum speziell aber unter Sotaloltherapie auf hochnormale Kaliumserumspiegel über 4,5 mmol/l geachtet werden, zur Reduktion proarrhythmischer Komplikationen [4]. Klasse-IV-Antiarrhythmika, also bradykardisierende Calciumantagonisten vom Non-Dihydropyridintyp wie Verapamil (Isoptin ) oder Diltiazem (Dilzem ), werden durch ihre leitungsverzögernde Wirkung auf den AV-Knoten zur Frequenzreduktion bei supraventrikulären Tachykardien eingesetzt. Bei Sick-Sinus-Syndrom wurden Asystolien beobachtet. Unter der Behandlung kann es dosisabhängig zu höhergradigen AV-Blockierungen kommen, weshalb die Kombination mit einem β-rezeptorenblocker primär nicht indiziert ist und nur in begründeten Einzelfällen durchgeführt werden sollte. Es gibt Verapamil-sensitive ventrikuläre Tachykardien, wo es zum Einsatz kommt [26]. Die Klasse- IV-Antiarrhythmika haben eine negativ inotrope Wirkung und führen zur Vasodilatation mit Senkung des arteriellen Blutdrucks. An extrakardialen Nebenwirkungen stehen gastrointestinale Beschwerden und gelegentlich periphere Ödembildungen im Vordergrund.
4 Übersichtsarbeit 381 Abb. 1 Torsade-de-pointes-Tachykardie. Abb. 2 EKG-Beispiel zur verminderten Repolarisationsreserve. Klasse-I-Antiarrhythmika: Die Behandlung mit einem Klasse-I- Antiarrhythmikum erfordert eine klare Indikationsstellung unter Berücksichtigung der Kontraindikationen. Laut Leitlinien, die aber diesbez. seit vielen Jahren nicht überarbeitet wurden, soll die Ersteinstellung auf ein Klasse-I-Antiarrhythmikum, wie auch auf Sotalol, in den ersten Tagen unter stationären Bedingungen, Monitorüberwachung, täglichen EKG-Kontrollen sowie Aufzeichnung eines 24-Stunden-EKGs durchgeführt werden, um eine sich entwickelnde Proarrhythmie frühzeitig erkennen zu können [4]. Hier muss v. a. auf eine Verlängerung der korrigierten QT-Zeit sowie auf eine sog. eingeschränkte Repolarisationsreserve als frühes Zeichen für Proarrhythmie geachtet werden, bei der mehrere, auf eine Extrasystole folgende Schläge eine QT-Zeit-Verlängerung und/oder T-Wellen-Veränderung zeigen (l " Abb. 2). Seltener sind QRS-Verbreiterungen sowie Änderungen der T-Wellen- Morphologie vor einer ventrikulären Extrasystole. In der klinischen Routine kann von rhythmologisch erfahrenen Kardiologen die Einstellung auf Flecainid und Propafenon jedoch auch unter ambulanten Bedingungen vorgenommen werden, wobei die entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen dringend beachtet werden müssen. Flecainid (Tambocor ) ist das am häufigsten verwendete Klasse- Ic-Antiarrhythmikum und wirkt sowohl bei supraventrikulären als auch bei ventrikulären Arrhythmien. Die Elimination erfolgt hepatisch und renal. Es kann neben QT-Zeit-Verlängerung mit Entwicklung ventrikulärer Tachyarrhythmien auch zur Verbreiterung des QRS-Komplexes und zur Ausbildung von Schenkelblockbildern kommen, weswegen es bei vorbestehendem oder neu unter Therapie aufgetretenem Schenkelblock nicht eingesetzt werden sollte. Gelegentlich treten Sinusbradykardien auf. Bei atrialen Tachykardien und Vorhofflattern sollte es wegen der Gefahr einer 1: 1-Überleitung mit einem β-rezeptorenblocker oder Klasse-IV-Antiarrhythmikum kombiniert werden. Da die Inzidenz proarrhythmischer Komplikationen bei Patienten mit Herzinsuffizienz, KHK (insbesondere nach Myokardinfarkt) sowie bei bedeutsamer linksventrikulärer Funktionsminderung (EF < 35%) deutlich zunimmt, ist die Gabe hier kontraindiziert, wie auch bei primär elektrischen Erkrankungen. Auch bei bedeutsamer linksventrikulärer Hypertrophie ist erhöhte Vorsicht geboten. Extrakardiale Nebenwirkung sind Doppelbilder, Schwindel, Kopfschmerz, Parästhesien und gelegentlich Erhöhung der Transaminasen. Propafenon (Rytmonorm ) hat einen sehr ähnlichen Indikationsbereich, wird ebenso renal und hepatisch eliminiert. Es wirkt verlangsamend auf alle Strukturen des Reizleitungssystems und wird deshalb bei supraventrikulären wie ventrikulären Arrhythmien eingesetzt. Es gelten die gleichen Indikationseinschränkungen wie bei Flecainid. Es kann neben Proarrhythmie zu Sinusbradykardien und AV-Blockierungen kommen, weiterhin zu orthostatischer Dysregulation, Mundtrockenheit, Schwindel, bei Intoxikation zu Somnolenz und zerebralen Krampfanfällen. Selten können eine cholestatische Hepatitis oder Agranulozytose auftreten. Cordichin, eine fixe Kombination aus Chinidin und Verapamil, wird weiterhin primär als Reservemedikament zur medikamentösen Kardioversion von Vorhofflimmern eingesetzt, wie auch
5 382 Übersichtsarbeit zur Rhythmuskontrolle bei Vorhofflimmern. Es erfordert v. a. bei Therapiebeginn ein engmaschiges EKG-Monitoring in Hinblick auf Proarrhythmie, weswegen eine Ersteinstellung auf Cordichin nur unter stationären Bedingungen erfolgen sollte. Während der Behandlung sollte, wie auch bei Sotalol, auf hochnormale Kaliumserumspiegel über 4,5 mmol/l geachtet werden, da dies die Häufigkeit proarrhythmischer Komplikationen deutlich reduziert. Ein Einsatz von Cordichin bei manifester koronarer Herzerkrankung, nach Myokardinfarkt, bei bedeutsamer linksventrikulärer Funktionsminderung, bei höhergradigem AV-Block sowie bei primär elektrischer Erkrankung ist kontraindiziert [4, 5]. Ajmalin (Gilurytmal ), ein intravenös zu verabreichendes Klasse- Ia-Antiarrhythmikum mit kurzer Halbwertszeit wird vornehmlich hepatisch eliminiert. Es ist gut wirksam zur Terminierung akut aufgetretener supraventrikulärer wie auch ventrikulärer Tachykardien. Es eignet sich zur Terminierung von WPW-Tachykardien bei offener Präexzitation wegen der blockierenden Wirkung auf die akzessorische Leitungsbahn und wird deshalb auch diagnostisch im sog. Ajmalintest bei vermuteter offener Präexzitation eingesetzt, wie auch zur Demaskierung eines Brugada-Syndroms bei verdächtigem Ruhe-EKG. Zu beachten ist die gewichtsabhängige Dosierung und die notwendige langsame i. v. Applikation über 1 2 Minuten unter EKG-Monitor-Kontrolle. Es kann zur Verbreiterung des QRS-Komplexes führen und sollte bei vorbestehendem Schenkelblock und AV-Knoten-Leitungsstörung nicht primär eingesetzt werden. Amiodaron (Cordarex ) ist das wichtigste Klasse-III-Antiarrhythmikum und hat sehr gute Wirkung bei atrialen wie ventrikulären Arrhythmien. Es ist ein lipophiles Molekül und erfordert eine kumulative Aufsättigung von 6 8 Gramm über Tage mit anschließender Erhaltungsdosis von mg/d. Es darf neben β-rezeptorenblockern als einziges Antiarrhythmikum auch beim Vorliegen einer bedeutsamen strukturellen Herzerkrankung wie KHK, ischämischer oder dilatativer Kardiomyopathie sowie bei bedeutsamer linksventrikulärer Funktionseinschränkung und manifester Herzinsuffizienz gegeben werden. Amiodaron wird bei solchen Patienten häufig bei Vorhofflimmern oder auch zur Behandlung komplexer ventrikulärer Arrhythmien eingesetzt. Trotz Verlängerung der QT-Zeit führt es nur selten zu Proarrhythmie, gelegentlich kommen Sinusbradykardien vor. Extrakardiale Nebenwirkungen des jodhaltigen Medikaments betreffen die Schilddrüse, eine manifeste Hyperthyreose stellt eine Kontraindikation dar. Es kommt häufig zu reversiblen Korneaablagerungen sowie zu einer erhöhten Photosensibilität der Haut. Die Ausbildung reversibler interstitieller Lungenerkrankungen mit restriktiver Ventilationsstörung und Verminderung der Diffusionskapazität ist möglich. Eine irreversible Lungenfibrose und zahlreiche andere in den Anfangsjahren der Therapie beschriebene Nebenwirkungen treten heutzutage nur selten auf, da früher durch sehr hohe Aufsättigungs- und Erhaltungsdosen toxische Blutspiegel provoziert wurden. Durch Bestimmung der Medikamentenspiegel kann das heute weitgehend verhindert werden. Amiodaron interagiert mit verschiedenen anderen Medikamenten, z. B. sinkt der Bedarf an Phenprocoumon während der Aufsättigungsphase. Dronedaron (Multaq ) ist ein kombinierter Kalium-, Natriumund Calciumkanalblocker mit überwiegender antiarrhythmischer Wirkung der Klasse III. Nach mehreren Studien an großen Patientenzahlen wurde es zugelassen zur Behandlung von paroxysmalem und persistierendem Vorhofflimmern bei Patienten mit Hypertonie oder KHK [6]. Nicht mehr eingesetzt werden darf es bei permanentem Vorhofflimmern [7]. Kontraindikationen sind Herzinsuffizienz NYHA III IV, bedeutsame linksventrikuläre Funktionsminderung sowie vorbestehende Nieren- und Leberinsuffizienz. Wegen möglicher Leberschädigung werden unter der Therapie regelmäßige Laborkontrollen der Leber- und Nierenwerte gefordert, anfangs in 2-, später in 6-monatigen Abständen. Eine Zulassung zur Behandlung ventrikulärer Extrasystolen oder ventrikulärer Tachykardien besteht für Dronedaron nicht. Kurzgefasst Die verschiedenen Antiarrhythmika wirken auf unterschiedliche Ionenkanäle an der myokardialen Zellmembran und an den Zellstrukturen des Reizleitungssystems. Jede Medikamentengruppe hat ein spezifisches Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil, welches beachtet werden muss. β-rezeptorenblocker als Klasse-II-Antiarrhythmika stellen bei fast allen supraventrikulären und ventrikulären Arrhythmien die Basismedikation dar. Speziell bei Klasse-I-Antiarrhythmika und bei Sotalol muss eine engmaschige Überwachung bez. einer sich entwickelnden Proarrhythmie erfolgen, insbesondere bei Therapiebeginn. Eine Therapie mit einem bradykardisierend wirkenden Calciumantagonisten (z. B. Verapamil, Klasse IV) sollte zur Vermeidung von AV-Blockierung nur in begründeten Einzelfällen mit β-rezeptorenblockern kombiniert werden. Neben den β-rezeptorenblockern ist nur das Klasse-III-Antiarrhythmikum Amiodaron zur Rhythmustherapie bei Vorliegen einer bedeutsamen strukturellen Herzerkrankung (z.b. ischämische oder dilatative Kardiomyopathie) sowie bei linksventrikulärer Funktionseinschränkung bzw. manifester Herzinsuffizienz zugelassen. Behandlung atrialer und supraventrikulärer Arrhythmien Inadäquate Sinustachykardie und Sinusknoten-Reentry-Tachykardie Die Symptomatik besteht meist aus Palpitationen, Unruhe und thorakalem Oppressionsgefühl. Die Behandlung erfolgt fast immer aus symptomatischer Indikation. Im Vorfeld müssen andere Ursachen für eine Sinustachykardie ausgeschlossen werden, oft spielen auch psychosomatische Aspekte eine Rolle. Bei der inadäquaten Sinustachykardie sind β-rezeptorenblocker Medikament der ersten Wahl. Eine gute Alternative stellt der I f -Kanal-Blocker Ivabradin (Procoralan ) dar, der durch Verzögerung der diastolischen Repolarisation zur Senkung der Sinusknotenfrequenz führt, wobei für diese Indikation keine offizielle Zulassung besteht. Seltener werden bradykardisierende Calciumantagonisten eingesetzt. Bei ausgeprägter Symptomatik kann ein Klasse-Ic- Antiarrhythmikum gegeben werden, meist kombiniert mit einem β-rezeptorenblocker. Bei der Sinusknoten-Reentry-Tachykardie kann die gleiche Medikation gegeben werden, wobei sich oft ein geringeres Ansprechen zeigt. Bei fortbestehenden Beschwerden unter medikamentöser Therapie ist bei beiden Krankheitsbildern auch eine Katheterablation möglich. Atriale Extrasystolie und atriale Tachykardien Atriale Extrasystolen kommen häufig auch bei Herzgesunden vor, sind oft asymptomatisch und stellen einen meist harmlosen Befund dar. Einzelne Patienten leiden unter unangenehmen Palpi-
6 Übersichtsarbeit 383 Abb. 3 Fokale atriale Tachykardie. tationen. Teilweise können sich die Extrasystolen oder atrialen Tachykardien (l " Abb. 3) auch hämodynamisch ungünstig auswirken. Als erstes wird meist mit einem β-rezeptorenblocker behandelt. Bei stark symptomatischen Patienten kann bei fehlenden Kontraindikationen zusätzlich ein Klasse-I-Antiarrhythmikum gegeben werden. Nur bei hämodynamisch wirksamen atrialen Tachykardien und Vorliegen einer schweren linksventrikulären Funktionsminderung kommt Amiodaron zum Einsatz. Heutzutage werden rezidivierende atriale Tachykardien immer häufiger durch eine Katheterablation behandelt [8, 9]. Vorhofflimmern Vorhofflimmern ist die häufigste atriale Herzrhythmusstörung, die Inzidenz steigt mit höherem Lebensalter. Es tritt sowohl bei herzgesunden Patienten als auch bei struktureller Herzerkrankung auf. Wichtigstes Therapieprinzip ist bei entsprechender Risikokonstellation die Antikoagulation zur Verhinderung thromboembolischer Komplikationen, v. a. des ischämischen Insults. Die Indikation zur Antikoagulation wird anhand des CHADS 2 -Scores und des CHA 2 DS 2 -VASc-Scores gestellt [10, 11]. Zur Behandlung des Vorhofflimmerns kann entweder eine reine Frequenzkontrolle der Tachyarrhythmie durchgeführt werden, meist mit β-rezeptorenblockern oder bradykardisierenden Calciumantagonisten, ggf. kombiniert mit Digitalis. Zur Rhythmuskontrolle stehen mehrere Antiarrhythmika zur Verfügung. Bei fehlenden Kontraindikationen werden zumeist Klasse-Ic-Antiarrhythmika in Kombination mit β-rezeptorenblockern gegeben, weiterhin Dronedaron (ATHENA-Studie) oder Sotalol, seltener Cordichin [4,5]. Bei Vorliegen einer bedeutsamen strukturellen Herzerkrankung kommt Amiodaron zum Einsatz. Bezüglich der Prognose besteht kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Therapieprinzipien der Rhythmus- oder Frequenzkontrolle [27]. Manche Patienten profitieren aber deutlich vom Erhalt des Sinusrhythmus bez. ihrer arrhythmiebedingten Symptomatik. Gelegentlich muss bei ausgeprägter symptomatischer Tachyarrhythmie eine frühzeitige elektrische Kardioversion durchgeführt werden. Bei symptomatischem paroxysmalem Vorhofflimmern, v. a. bei jüngeren Patienten, wird eine Pulmonalvenenisolation mittels Katheterablation frühzeitig empfohlen, da hier eine gute Erfolgsrate erreicht werden kann. Bei persistierendem und lang anhaltendem Vorhofflimmern sind die Erfolgsraten niedriger, zusätzlich müssen oft aufwendigere Ablationstechniken im linken Vorhof angewendet werden [8, 9, 11]. Vorhofflattern Bei Vorhofflattern bestehen die gleichen medikamentösen Therapieempfehlungen wie bei Vorhofflimmern, wobei die Frequenzkontrolle meist schwieriger ist und die Patienten oft stärker symptomatisch sind. Eine Behandlung mit Klasse-Ic-Substanzen begünstigt das Auftreten von Vorhofflattern. Wegen der begleitenden Gefahr der 1: 1-Überleitung sollte hier zusätzlich mit einem β-rezeptorenblocker oder bradykardisierenden Calciumantagonisten behandelt werden. Bei typischem, isthmusgängigem Vorhofflattern (l " Abb. 4) wird heutzutage frühzeitig eine Katheterablation im Bereich des rechtsatrialen Isthmus empfohlen, wodurch das Vorhofflattern in über 90% der Fälle erfolgreich und nachhaltig behandelt werden kann [8, 9,12].
7 384 Übersichtsarbeit Abb. 4 Typisches isthmusgängiges Vorhofflattern. Supraventrikuläre Reentry-Tachykardien: AV-Knoten-Reentry-Tachykardie (AVNRT) und AV-Reentry-Tachykardie (AVRT) Bei supraventrikulären Reentry-Tachykardien kann ein β-rezeptorenblocker gegeben werden zur Reduktion der Anfallshäufigkeit und zur Senkung der Herzfrequenz im Falle des Auftretens der Tachykardie. Im Falle einer AVNRT sowie bei verborgenem WPW- Syndrom ohne antegrade Leitung der akzessorischen Leitungsbahn kann auch ein bradykardisierender Calciumantagonist zur Senkung der Tachykardiefrequenz zum Einsatz kommen, ist aber bei offenem WPW-Syndrom mit antegrad schnell leitender akzessorischer Bahn kontraindiziert wegen der erhöhten Gefahr der schnellen Überleitung einer atrialen Tachykardie über die akzessorische Bahn. Zur Akutterminierung supraventrikulärer Tachykardien kann gewichtsadaptiert Ajmalin i. v. gegeben werden. Das heute oft verwendete endogene Nukleosid Adenosin führt nach Applikation von 9 12 mg i. v. durch kurzzeitigen, kompletten AV-Block zur Terminierung der Reentrytachykardie (l " Abb. 5a) bzw. zur Demaskierung einer atrialen Tachykardie (l " Abb. 5 b). Die Behandlung der ersten Wahl bei AVNRT oder AVRT besteht heute aber in der Katheterablation des Slow Pathway bzw. der akzessorischen Leitungsbahn mit kurativem Therapieansatz und einer sehr hohen Erfolgsquote von über 90% [8, 9,13, 14]. Kurzgefasst Die Behandlung supraventrikulärer bzw. atrialer Arrhythmien erfolgt meist aus symptomatischer Indikation. Primär werden häufig β-rezeptorenblocker gegeben. Die Indikation zur Behandlung mit Klasse-I-Substanzen muss streng gestellt werden. Im Falle von Vorhofflimmern und Vorhofflattern ist die Antikoagulation zur Thromboembolieprophylaxe bei den meisten Patienten das wichtigste prognoseverbessernde Therapieprinzip. Im Falle einer bedeutsamen strukturellen Herzerkrankung kommt meist Amiodaron, neben β-rezeptorenblockern und Sotalol, zum Einsatz. Bei supraventrikulären Reentry-Tachykardien, typischem Vorhofflattern sowie bei einigen weiteren atrialen Tachykardien ist heutzutage die Katheterablation die Behandlung der ersten Wahl. Behandlung ventrikulärer Arrhythmien Ventrikuläre Extrasystolen stellen in der täglichen kardiologischen Praxis einen insgesamt häufigen Befund dar. Bei herzgesunden und asymptomatischen Patienten ist üblicherweise keine Behandlung notwendig, die Arrhythmien sind meist harmlos und prognostisch als günstig einzustufen. Jedoch sind die Extrasystolen in vielen Fällen mit einer subjektiven Beeinträchtigung vergesellschaftet und bedürfen daher einer Therapie. Anders verhält es sich bei Patienten mit nachgewiesener struktureller Herzerkrankung. In einer kürzlich erschienenen Übersichtsarbeit von N. Rüb und Ch. Wolpert [15] wird die Bedeutsamkeit von ventrikulären Extrasystolen und ventrikulären Tachykardien bei verschiedenen kardialen Krankheitsbildern sehr gut zusammengefasst. Bereits Art und Ursprung der ventrikulären Extrasystolen erlauben Rückschlüsse auf eine eher idiopathische ventrikuläre Extrasystolie/Arrhythmie oder auf eine ventrikuläre Arrhythmie auf dem Boden einer kardialen Grunderkrankung. Hier werden Kriterien wie Häufigkeit der Extrasystolen, QRS-Dauer und Morphologie im 12-Kanal-EKG sowie Hinweise für Proarrhythmie unter antiarrhythmischer Therapie berücksichtigt. RVOT- und LVOT-Extrasystolie und Tachykardie Bei ventrikulären Extrasystolen aus dem rechtsventrikulären Ausflusstrakt (RVOT) handelt es sich meist um eine sog. idiopathische ventrikuläre Arrhythmie ohne begleitende kardiale Grunderkrankung. Diese Extraschläge zeigen im 12-Kanal-EKG einen Linksschenkelblock und eine inferiore Achse und treten gehäuft als Bigeminus auf. In ca. 20% der Fälle liegt der Fokus im linksventrikulären Ausflusstrakt (LVOT), zur Differenzierung gibt es auch hier spezifische Morphologiekriterien im 12-Kanal-EKG. Eine Behandlung erfolgt meist aus symptomatischer Indikation wegen unangenehmer Palpitationen. Bei stark gehäufter ventrikulärer Extrasystolie (ab 25 30% aller Schläge im Langzeit-EKG über 24 Stunden) oder beim Auftreten ventrikulärer Tachykardien aus dem RVOT (l " Abb. 6) kann es zur Einschränkung der linksventrikulären Funktion im Sinne einer Tachymyopathie kommen, ggf. einhergehend mit einer klinisch manifesten Herz-
8 Übersichtsarbeit 385 Abb. 5 a Terminierung einer AVNRT nach Adenosin-Gabe. b Demaskierung einer atrialen Tachykardie nach Adenosin-Gabe. Abb. 6 Ventrikuläre Tachykardie mit Ursprung aus dem rechtsventrikulären Ausflusstrakt (RVOT).
9 386 Übersichtsarbeit insuffizienz. In diesen Fällen erfolgt primär ein Therapieversuch mit einem β-rezeptorenblocker. Bei nicht ausreichendem Effekt kann zusätzlich Flecainid oder Propafenon als Monotherapie oder in Kombination gegeben werden. Auch Sotalol als Monotherapie kann zum Einsatz kommen. In Einzelfällen zeigt Mexiletin als Klasse-Ib-Antiarrhythmikum eine gute Wirksamkeit auf die ventrikuläre Extrasystolie; das Medikament ist aber in Deutschland nur noch über die internationale Apotheke erhältlich. Bei Vorliegen einer kardialen Grunderkrankung mit bedeutsamer linksventrikulärer Funktionsminderung kommt Amiodaron zum Einsatz. Gelegentlich kann es aber schwierig sein, zu entscheiden, ob eine linksventrikuläre Funktionsminderung Ursache oder Folge einer gehäuften ventrikulären Extrasystolie ist. Heutzutage steht mit der Katheterablation im RVOT ein sehr effektives Verfahren durch Verödung des arrhythmogenen Fokus zur Verfügung. Im LVOT ist die Ablationsbehandlung technisch schwieriger und hat ein etwas erhöhtes Risiko durch die anatomische Nähe zur Aortenklappe und zu den Koronarostien [16]. Arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie (ARVD) Bei komplexer Extrasystolie bzw. Arrhythmie aus dem rechten Ventrikel kann auch eine arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie vorliegen [17]. Als antiarrhythmische Medikation bei ARVD kommen zumeist β-rezeptorenblocker und/oder Amiodaron zum Einsatz, auch Sotalol kann als Monotherapie gegeben werden. Eine gezielte Katheterablation ist schwierig, da es sich häufig um polymorphe Arrhythmien mit multiplen Foki und variablen Reentrykreisen handelt. Selbst nach primär erfolgreicher Ablation kommt es im Verlauf häufig zu Rezidiven mit veränderter Tachykardiemorphologie. Bei hämodynamisch relevanten Tachykardien, nach Synkopen unklarer Genese in Zusammenhang mit ARVD sowie bei ausgeprägter Erkrankung mit Beteiligung des linken Ventrikels wird eine ICD-Implantation empfohlen nach anhaltender hämodynamisch wirksamer ventrikulärer Tachykardie oder Kammerflimmern ist sie zwingend indiziert [15 17]. Koronare Herzerkrankung Bei Patienten mit KHK und nach Myokardinfarkt führen gehäufte ventrikuläre Extrasystolen und Arrhythmien zu einer Prognoseverschlechterung mit gehäuftem Auftreten von plötzlichem Herztod. In der CAST-Studie [18] zeigte sich aber trotz einer relevanten Reduktion der ventrikulären Extrasystolie unter Ic-Antiarrhythmika eine erhöhte Mortalität, am ehesten durch proarrhythmische Komplikationen, wobei bei differenzierter Betrachtung hauptsächlich Patienten mit höhergradig eingeschränkter linksventrikulärer Funktion und/oder inkompletter Revaskularisation ein deutlich erhöhtes Risiko hatten. Patienten mit bedeutsamer KHK und ventrikulären Arrhythmien werden primär mit einem β-rezeptorenblocker behandelt, da für diese Medikamentengruppe eine prognoseverbessernde Wirkung nachgewiesen werden konnte, u. a. durch Reduktion arrhythmogener Komplikationen. Zur Behandlung komplexer ventrikulärer Rhythmusstörungen bei eingeschränkter linksventrikulärer Funktion kommt ansonsten nur Amiodaron infrage [19, 20]. Mit Einschränkungen kann auch Sotalol gegeben werden, sofern ein engmaschiges Monitoring, insbesondere bei Behandlungsbeginn (s. o.), eingehalten wird. Eine Prognoseverbesserung konnte bei diesen Patienten durch eine spezifische antiarrhythmische Therapie aber bisher nicht nachgewiesen werden [19 21]. Polymorphe ventrikuläre Tachykardien bei Patienten mit KHK sind oft getriggert durch myokardiale Ischämie und treten gehäuft unter körperlicher Belastung auf. Hier muss primär eine möglichst vollständige Revaskularisation angestrebt werden in Kombination mit β-rezeptorenblockern und antiischämischer Medikation. Monomorphen ventrikulären Tachykardien nach Myokardinfarkt liegt häufig ein Reentry-Phänomen mit Substrat im Bereich der Myokardnarbe zugrunde, was heutzutage mithilfe verbesserter Mapping- Technologien oft effektiv durch eine Katheterablation behandelt werden kann. Bei bedeutsam eingeschränkter linksventrikulärer Funktion im Sinne einer ischämischen Kardiomyopathie mit hämodynamisch wirksamen ventrikulären Tachykardien, bei Synkopen unklarer Genese und bei Patienten nach überlebtem plötzlichen Herztod wird ein ICD zur Sekundärprophylaxe implantiert. In der SCD- HeFT Studie [21] konnte gezeigt werden, dass bei Patienten mit einer EF < 35% unter optimaler Herzinsuffizienztherapie auch ohne bisheriges Rhythmusereignis eine Prognoseverbesserung durch eine primärprophylaktische ICD-Implantation erreicht wird. Kommt es bei ICD-Patienten zu gehäuften, prognostisch ungünstigen ICD-Interventionen durch ventrikuläre Tachykardien, wird primär mit einem β-rezeptorenblocker und/oder mit Amiodaron behandelt, ggf. ist auch eine Therapie mit Sotalol möglich. Bei nicht ausreichender Effektivität oder Unverträglichkeit der antiarrhythmischen Therapie kann eine endokardiale oder epikardiale Katheterablation durchgeführt werden [22, 23]. Dilatative Kardiomyopathie Im Vordergrund steht die Behandlung der Grunderkrankung mit leitliniengerechter optimaler Herzinsuffizienztherapie [28]. Asymptomatische ventrikuläre Extrasystolen sollten wegen fehlenden Nachweises einer Prognoseverbesserung nicht behandelt werden [24]. Bei Herzinsuffizienz im Stadium NYHA III und komplettem Linksschenkelblock sollte eine kardiale Resynchronisationstherapie erfolgen (bei einer EF < 35% in Kombination mit einem ICD). Im Falle einer höhergradigen linksventrikulären Funktionsminderung mit hämodynamisch wirksamen ventrikulären Tachykardien sowie nach überlebtem plötzlichen Herztod besteht die dringende Indikation zur ICD-Implantation aus Gründen der Sekundärprophylaxe. Auch für Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie und einer EF < 35% konnte in der SCD-HeFT Studie durch eine primärprophylaktische ICD-Implantation eine Prognoseverbesserung nachgewiesen werden. Im Falle einer notwendigen antiarrhythmischen Behandlung kommt wegen des Risikos der Proarrhythmie neben einem β-rezeptorenblocker nur Amiodaron infrage, wobei auch hier die medikamentöse antiarrhythmische Therapie bisher keine prognoseverbessernde Wirkung erwies. Eine Katheterablation kann sinnvoll sein. Oft sind aber mehrere ventrikuläre Tachykardien induzierbar, sodass es oft schwierig ist, ohne vorherige EKG-Dokumentation die klinisch relevante Tachykardie sicher zu identifizieren. Hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) Bei der HCM hängt die Prognose bei Auftreten von ventrikulären Arrhythmien vom Alter des Patienten und vom Ausmaß der Erkrankung ab. Weitere Faktoren sind das Vorkommen von Synkopen und eine familiäre Belastung. Das Auftreten nicht anhaltender ventrikulärer Tachykardien erhöht das Risiko, am plötzlichen Herztod zu versterben, bei unter 30-jährigen Patienten deutlich (20 vs. 5% in den folgenden 5 Jahren). Bei Betroffenen über 30 Jahren sind nicht anhaltende ventrikuläre Tachykardien nicht mehr mit einem bedeutsam erhöhten Risiko verbunden.
10 Übersichtsarbeit 387 Medikamentös wird mit β-rezeptorenblockern behandelt, gelegentlich auch mit Amiodaron. Die Indikation einer ICD-Implantation zur Primärprophylaxe wird nach wie vor kritisch diskutiert. Im Falle von Synkopen oder anhaltenden, hämodynamisch wirksamen Tachykardien ist sie aber zu empfehlen [15]. Genetisch bedingte und primär elektrische Erkrankungen des Herzens: Long-QT-Syndrom, Short-QT-Syndrom, Brugada-Syndrom, katecholaminerge ventrikuläre Tachykardie Durch Mutationen an unterschiedlichen Genloci resultieren verschiedene Formen von Ionenkanalerkrankungen, die zu den oben genannten Krankheitsbildern führen [25]. Beim Long-QT-Syndrom kommt es zur teils ausgeprägten QT-Zeit- Verlängerung mit der erhöhten Gefahr für bedrohliche Torsadede-pointes-Tachykardien mit möglichem Bewusstseinsverlust, Krampfanfällen bis hin zum plötzlichen Herztod. Neben der strengen Vermeidung QT-Zeit-verlängernder Medikamente werden zur Therapie β-rezeptorenblocker eingesetzt. Bei Bradykardie wird die Behandlung um einen Herzschrittmacher (vornehmlich zur Vorhofstimulation) erweitert, um längere, arrhythmiebegünstigende Pausen, insbesondere nach Extrasystolen, zu verhindern. Bei Auftreten von Synkopen unter β-rezeptorenblockern, bei hämodynamisch bedeutsamen Tachykardien oder nach überlebtem plötzlichen Herztod muss ein ICD implantiert werden. Zur medikamentösen antiarrhythmischen Therapie des Short- QT-Syndroms gibt es bisher keine klaren Empfehlungen. In Einzelfällen hat Chinidin durch Verlängerung der QT-Zeit günstige Wirkungen gezeigt. Bei Auftreten hochfrequenter ventrikulärer Tachykardien, Kammerflimmern, nach überlebtem plötzlichen Herztod sowie auch bei Synkopen unklarer Genese muss eine ICD-Implantation durchgeführt werden. Für das Brugada-Syndrom bestehen keine Empfehlungen bez. einer medikamentösen Therapie, β-blocker können gegeben werden. Es dürfen keinesfalls Antiarrhythmika der Klasse I zum Einsatz kommen, da sie die Gefahr der Auslösung hochfrequenter Tachykardien erhöhen. Chinidin hat sich in Einzelfällen bei Patienten mit Brugada-Syndrom im electric storm als wirksam erwiesen. Die katecholaminerge ventrikuläre Tachykardie tritt oft familiär gehäuft auf und folgt einer autosomal-dominanten Vererbung, auch hier konnten die verantwortlichen Gendefekte zwischenzeitlich identifiziert werden. Typischerweise tritt diese ventrikuläre Tachykardie stressinduziert auf, meist unter körperlicher Belastung, weswegen die Diagnose oft im Rahmen einer Ergometrie gestellt wird bei Erreichen von Herzfrequenzen über 120/min. Oft zeigt die Tachykardie eine bidirektionale Morphologie. Die medikamentöse Therapie besteht typischerweise in der Gabe von β-rezeptorenblockern zur Reduktion des adrenergen Antriebs bei Stress oder körperlicher Belastung. Bei überlebtem plötzlichen Herztod muss eine ICD-Implantation erfolgen, bei Synkope oder anhaltender Tachykardie unter β-rezeptorenblocker wird die ICD-Implantation empfohlen [25]. Kurzgefasst Bei ventrikulären Arrhythmien ist die Unterscheidung von Patienten mit oder ohne strukturelle Herzerkrankung sehr wichtig. Während bei Herzgesunden eine Behandlung meist aus symptomatischer Indikation erfolgt, stellen komplexe Rhythmusstörungen z.b. bei Patienten mit ischämischer oder dilatativer Kardiomyopathie mit bedeutsamer linksventrikulärer Funktionsminderung ein deutlich erhöhtes Risiko für arrhythmogene Komplikationen und den plötzlichen Herztod dar. Letztlich hat aber bei diesen Patienten neben der ICD- Therapie bisher nur die Medikation mit β-rezeptorenblockern einen prognoseverbessernden Effekt erzielen können. Die antiarrhythmische Medikation mit Amiodaron konnte in den bisherigen Studien keine signifikante Reduktion des plötzlichen Herztods erreichen. Dennoch führt Amiodaron oft zu einer wirksamen Reduktion ventrikulärer Arrhythmien mit Verbesserung der Symptomatik für den Patienten. Beim Long- QT-Syndrom werden meist β-rezeptorenblocker eingesetzt, ansonsten gibt es für die genetisch bedingten und primär elektrischen Erkrankungen des Herzens keine Empfehlung einer medikamentösen antiarrhythmischen Therapie. Zusammenfassung Die wichtigsten Therapieprinzipien bei supraventrikulären wie ventrikulären Arrhythmien sind die konsequente Behandlung einer vorhandenen Grundkrankheit, die Abschätzung des potenziellen Risikos für den einzelnen Patienten durch eine antiarrhythmische Therapie sowie ein engmaschiges Monitoring bei Neueinstellung auf eine antiarrhythmische Medikation zur frühzeitigen Erkennung möglicher Proarrhythmie oder sonstiger bedeutsamer Nebenwirkungen. β-rezeptorenblocker stellen bei den meisten Arrhythmien die Basismedikation dar, bei allen anderen Antiarrhythmika müssen vorhandene Kontraindikationen und Medikamenteninteraktionen genau berücksichtigt werden. Problematisch bleibt die Behandlung junger Frauen mit Kinderwunsch, auch hier dürfen aber β-rezeptorenblocker in vielen Fällen eingesetzt werden. Bei allen Patienten sollte immer wieder geprüft werden, ob nicht ein Reduktion oder ein Auslassversuch der medikamentösen antiarrhythmischen Therapie zu vertreten ist. Durch die technische Weiterentwicklung der Katheterablation bietet sich bei einigen Rhythmusstörungen eine kurative Behandlungsmöglichkeit, die eine antiarrhythmische Medikation erlässlich machen kann. Abstract The treatment of supraventricular and ventricular arrhythmias with antiarrhythmic drugs has special implications in regard to potential proarrhythmic complications, other adverse side effects and drug interaction. There must be a clear indication and a continuous monitoring for proarrhythmia by 12 channel-ecg and Holter has to be performed, especially during the initiation phase of treatment with class I drugs. Furthermore an underlying extracardiac or cardiac disease has to be treated before starting with an antiarrhythmic drug therapy. Beta blockers are mostly the first-line drug treatment. In several supraventricular and ventricular arrhythmias catheter ablation can be an effective and curative alternative.
11 388 Übersichtsarbeit Interessenkonflikt Der Autor erklärt, dass er Vortragshonorare von St. Jude Medical, Sanofi-Aventis und Servier erhalten hat. Literatur 1 Kalusche D. Antiarrhythmika: Medikamentöse Therapie von Herzrhythmusstörungen. In: Roskamm H, Neumann F, Kalusche D et al. Herzkrankheiten. 5. Aufl. Berlin: Springer Verlag 2004; Kap Lewalter T, Lüderitz B. Herzrhythmusstörungen. 6. Aufl. Berlin: Springer Verlag 2010; Kap Vaughan Williams EM. Classification of antidysrhythmic drugs. Pharmac Ther B 1975; 1: Kalusche D, Stockinger J, Betz P et al. Sotalol and quinidine/verapamil (Cordichin) in chronic atrial fibrillation conversion and 12-month follow-up a randomized comparison. Kardiol 1994; 83 (Suppl 5): S109 S116 5 Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Fixe Kombination Chinidin/Verapamil (Cordichin ) A-2106 (56). Deutsches Ärzteblatt 1996; 93: A-2106 / B-1786 / C Hohnloser SH, Crijns HJ, van Eickels M et al.; ATHENA Investigators. 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