Nord-Süd-Verhältnisse und Entwicklung wie und für wen?
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- Holger Schäfer
- vor 7 Jahren
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1 Nord-Süd-Verhältnisse und Entwicklung wie und für wen? VO Internationale Politik (Prof. Brand), Texte für die Klausur Begriff Entwicklung historische und aktuelle Entwicklungen Probleme und Reformulierungen theoretische und begriffliche Paradigmen Modernisierungs- Dependenztheorie, Post-Development aktuelle alternative Ansätze heute nur als VO bis 19 Uhr - um 19:15 Uhr für Interessierte: Dr. Uwe Hoering: Neue Landnahme, Agrobusiness und Ernährungssicherheit. Konflikte um die Ressource Land NIG, EG, HS II Basistexte: Gabriele Zdunnek 2004 Tobias ten Brink 2008
2 Texte für die Klausur Vorlesungen: ppt, Mitschriebe und Diskussionen alle aus dem Reader plus I.Kant vom website vom Geschichtstext (Brand, 18. März) lediglich Strukturgeschichte; keine Jahreszahlen; bspw. Pax Britannica, liberal-kapitalistische Entwicklungsweise skizzieren können nicht relevant für die Klausur: Czempiel (11. März) Agathangelou/Ling und List (über Ostern) --- aber empfohlen Global Governance (Brand) / Beck (20. Mai)
3 Wer spricht über Entwicklung, in wessen Interesse? So you want our country to remain underdeveloped! - Hochrangiger Mitarbeiter der indischen Botschaft in Bonn zu Deutschen, die unter dem Slogan Keine Menschenopfer für Entwicklung gegen den Sardar Sarovar Staudamm und die Überflutung von einigen hundert Dörfern (und zahlreichen protestierenden Bewohnern) demonstrierten. If we have to drive our people to paradise with sticks, we will do so for their own good... - Regional-Präsident des Südlichen Sudan In Entwicklungsländern ist es notwendig, Menschen hinzurichten, um Stabilität und die Entwicklung der Wirtschaft zu sichern - Vorsitzender der Chinesischen Forschungsgesellschaft für Menschenrechte beim deutsch-chinesischen Symposium in Peking, nach FR vom Zitate aus Aram Ziai (2004): Entwicklung als Ideologie? Das klassische Entwicklungsparadigma und die Post-Development Kritik. Ein Beitrag zur Analyse des Entwicklungsdiskurses. Hamburg.
4 Begriffe entwickelte unterentwickelte Länder post-koloniale Länder Dritte Welt Peripherie Metropole OECD-Länder, G8-Länder, G77-Länder globaler Süden globaler Norden zwei dominante Perspektiven auf Entwicklungsdisparitäten: Entwicklung weitgehend von internen Faktoren abhängig oder von äußeren ( dann vor allem Nord-Süd-Verhältnisse, vgl. 2. Teil der VO)
5 historische Entwicklungen (1) 19. Jahrhundert: Thema innerhalb der nord-westlichen Länder, Entwicklungsdynamiken zwischen England (liberal, D.Ricardo), Frankreich, Deutschland (geschützt, merkantil, F.List): Pax Britannica, deren Auflösung 20. Jahrhundert: USA holte auf: Pax Americana wichtige Einsicht: ökon. stärkere Länder pro Freihandel E. lange Zeit gegenü. Kolonien, Unzivilisierten kein Thema erst Mitte 20. Jahrhundert: Entwicklung als Nord-Süd- Thema, Angelegenheit post-kolonialer Gesellschaften in manchen Ländern nach Krise 1929 stärkere Binnenorientierung; import-substituierende Entwicklung Antrittsrede US-Präsident Truman 1949: die Entwicklung der Unterentwicklung gleichzeitig Entkolonialisierung begann
6 U.S.-Präsident H.Truman 1949 we must embark on a bold new program for marking the benefits of our scientific advances and industrial progress available for the improvement and growth of underdeveloped areas. The United States is preeminent among nations in the development of industrial and scientific techniques. And, in cooperation with other nations, we should foster capital investment in areas needing development. nicht mehr rassistische Begründung von Unterlegenheit wie in Kolonialzeit, sondern ökonomisch-sozial
7 wichtig wurden: Förderung von Entwicklung und Bekämpfung von Armut Überwindung traditioneller (subsistenter) Produktionsverhältnisse und Sozialstrukturen; trickledown-effekte zentrale Orientierungen seit 1950er/60er Jahren Entwicklungshilfe als Politikressort internationale Institutionen wie Weltbank wichtig Entwicklungsforschung als eigener wissenschaftlicher Zweig, ExpertInnen für Gründe von Nicht-Entwicklung und Möglichkeiten von Entwicklung
8 historische Entwicklungen (2) Krise der Pax Americana 1970er Jahre, Ölpreiskrise: Diskussion um Neue Weltwirtschaftsordnung von G77 eingefordert - politische Regulierung der Rohstoff- und Warenmärkte, stärkere Regeln für transnationale Konzerne, Demokratisierung IWF und Weltbank, Schuldenentlastung neuer Umbruch ab 1982: Schuldenkrise Strukturanpassungen ( Washington Consensus ), stärkere Exportorientierung, Staatsrückbau, Lohn- und Einstellungsstopps (G.Zdunnek) 1980er: Aufstieg der Tiger-Staaten Südkorea, Singapur, Thailand, Taiwan starke Rolle des Staates 1990er: Aufstieg von China und Indien starke Rolle des Staates Ausdifferenzierung der Dritten Welt ab 2000: Legitimationskrise des neoliberalen Modells; Post-Washington Consensus
9 Probleme der Entwicklung es kam an vielen Orten der Welt nicht zu erfolgreicher Entwicklung -- Konkurrenz auf Weltarbeitsmarkt, nicht alle können Exportüberschüsse erwirtschaften, Ressourcenextraktion, Protektionismus Ind-länder Orientierung an Wachstum, Modernisierung, wie im Westen, so auf Erden zunehmend kritisiert (siehe unten) oft Reduktion auf Entwicklungshilfe, eigenes Ressort, nicht Weltmarkt, Preisverfall und Wirtschaftspolitik methodologischer Nationalismus : Länder als Einheiten, Durchschnittseinkommen Ungleichheiten in Ländern ausgeblendet Ausblendung der Kosten von Entwicklung: informelle Arbeit, Subsistenzarbeit als Grundlage billigerer Arbeitskraft, ökologische Kosten, z.b. Großstaudamm notwendig für Entwicklung Geschlechtsspezifische Differenzen; Intensivierung und Mechanisierung der Landwirtschaft tendenziell pro Männer Brigitte Erler: Buch Tödliche Hilfe von wichtig in Diskussion
10 heute: teilweise Reformulierung von Entwicklungsstrategien Entwicklung in Zeiten der Globalisierung: Aus-differenzierung der Dritten Welt, enorme Macht transnationaler Unternehmen --- Anerkennung, dass bisherige Entwicklungsstrategien problematisch, Armut und Ungleichheit zunimmt Erfahrung, dass interne Faktoren wie Infrastruktur, Bildung, Verwaltung, Rechtsstaat wichtig --- Teil von Good Governance ökologische Krise Leitbild der nachhaltigen Entwicklung (M.Wissen) stärkere Partizipation der Betroffenen, empowerment Human Development (UNDP): neben Wirtschaftswachstum auch Lebenserwartung, Bildung, Gesundheit, Kindersterblichkeit MDGs zentrale Orientierungen von Entwicklung nicht infrage gestellt
11 Millennium Development Goals (bis 2015) Für die Umsetzung der Millenniumserklärung erstellte eine Arbeitsgruppe aus UNO, Weltbank, OECD und anderen Organisationen im Jahr 2001 eine Liste von Zielen, die als die acht so genannten Millennium-Entwicklungsziele (Millennium Development Goals, MDGs) bekannt wurden. Im Einzelnen wurden folgende Hauptziele formuliert: 1. Bekämpfung von extremer Armut und Hunger (Vorgabe: bis zum Jahr 2015 den Anteil der Menschen halbieren, die weniger als 1 US-Dollar am Tag haben, und ebenso den Anteil der Menschen, die Hunger leiden [Basisjahr 1990]) 2. vollständige Primarschulbildung für alle Jungen und Mädchen 3. Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und Stärkung der Rolle der Frauen 4. Reduzierung der Kindersterblichkeit (Senkung der Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren um zwei Drittel) 5. Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Müttern (Senkung der Müttersterblichkeitsrate um drei Viertel) 6. Bekämpfung von HIV/AIDS, Malaria und anderen schweren Krankheiten 7. Ökologische Nachhaltigkeit (Verbesserung des Umweltschutzes) 8. Aufbau einer globalen Entwicklungspartnerschaft Quelle: wikipedia
12 Fragen?
13 theoretische und begriffliche Paradigmen Modernisierung Modernisierungstheorie Abhängigkeit Dependenztheorie, Neo-Kolonialismus neuerer Diskussionsstrang: Post-Development; Kritik an den ersten beiden Ansätzen
14 Modernisierung - Modernisierungstheorie Blockaden der Entwicklung ENDOGEN, in Gesellschaften: starre Sozialstrukturen und Eliten, zu wenig Kapital, Technologie und Wissen Überlegenheit der entwickelten Gesellschaften Konsequenz: Kapital / Investitionen und Wissen von außerhalb Integration in Weltmarkt relativ wirkungsmächtig; nicht mehr direkte Herrschaft wie zu Kolonialzeiten / Imperialismus, Mondernisierungsparadigma wurde geglaubt, betrieben
15 Grundlagenwek von Walt Rostow (1960): The Stages of Economic Growth: A Noncommunist Manifesto 1) traditionelle Gesellschaft: agrarisch, keine Wissenschaft und Technologie 2) Vorphase des take-off : Europa im 17. und 18. Jhdt., neue Produktionsmethoden, Weltmarktentwicklung 3) take-off der Entwicklung (20-30 Jahre): Anstieg der Investitionen, neue Industrien, hohe Gewinne, Reinvestition, Städte wichtig, Technisierung der Landwirtschaft 4) Reifephase (40 Jahre): anhaltend hohe Investitionen, Industrialisierung aller Bereiche 5) Massenkonsum: Grundbedürfnisse befriedigt, Nachfrage nach hochwertigen Konsumgütern Anwendung auf Entwicklungsländer
16 Dependenztheorie / Neo-Kolonialismus (1) seit 1960er Jahren v.a. in Lateinamerika entwickelt histor. Erfahrung: trotz Entkolonialisierung: Abhängigkeit Grenzen der Importsubstitution Entwicklung der Unterentwicklung (A.G.Frank) Infiltration durch Kapitalismus, insbesondere herrschende Klassen (Kompradoren) und Staat Brückenköpfe (Klassen, Städte, Regierungen) internationale Arbeitsteilung / Weltmarkt führt zur Reichtumsaneignung durch Zentrum terms-of-trade nachteilhaft für Rohstoff- und Agrarexporteure Freihandel, laissez-faire nützt tendenziell stärkeren Länder
17 Dependenztheorie / Neo-Kolonialismus (2) kapitalistischer Weltmarkt eingeteilt in Zentrum (Industrialisierung, hohe Wertschöpfung, politische Macht, bestimmt Regeln), Semi-Peripherie und Peripherie (Agrar und Rohstoffe; Brückenköpfe ) schwer zu verändern, bestimmt Entwicklungsmöglichkeiten von Ländern neben direkter Gewalt: strukturelle Gewalt (Johan Galtung) funktionierender Neo-Kolonialismus benötigt keine direkte Gewalt Blockaden der Entwicklung EXOGEN, Weltmarkt und internationale Machtverhältnisse wirtschaftspolitische Konsequenz: (relative) Abkopplung vom Weltmarkt, stärkere Binnenentwicklung
18 Wichtige Gemeinsamkeit: Modernisierungs- und Dependenztheorie Ziel und Mittel: Wachstum, Modernisierung, Industrialisierung, Überwindung von Tradition universeller Weg für Entwicklung beide haben strategisches Schweigen gegenüber Geschlechtsverhältnissen Differenzen: Gründe für Blockaden und Entwicklungsstrategien: endogen oder exogen
19 Radikale Kritik an beiden: Post-Development Kritik an Idee der Entwicklung, westlich, weiße (männliche) Experten andere sind unterlegen (die denken das oft selbst) Mod vs Dep theorie: war Teil des Ost-West-Konflikts, südliche Länder abhalten von sozialistischen Strategien entwickelte Industrieländer tun so, als sie moderner, vernünftiger, überlegener seien -- sind aber nicht Vorbild, sondern Teil des Problems (zerstörerische Über-Entwicklung) Aufholen unter Bedingungen des kapitalistischen Weltmarkts nicht möglich westliches Lebensmodell aus ökologischen Gründen nicht verallgemeinerbar ist widerspricht pluralen Lebensverhältnissen (viele indigene Völker wollen nicht entwickelt werden) grundlegende Alternativen notwendig, Anerkennung versch. Lebensweisen, sich kapitalistischen Zwängen entziehen, andere Formen von Politik
20 einige aktuelle Alternativen Globale Regeln für Umwelt- und Sozialstandards, Schließung Steueroasen, demokratische Global Governance Neo-Desarrollismo: Agro-Exporte für Binnenindustrialisierung, Kontrolle des Kapitalverkehrs, Wachstum und Umverteilung: Massennachfrage und Infrastrukturentwicklung, Aufwertung des Staates nachhaltige Entwicklung regionale Wirtschaftssysteme, -kreisläufe; relative Entkopplung vom Weltmarkt (selektive Dissoziation) alternative regionale Integration wie ALBA (Bolivarianische Allianz für die lateinamerikanischen Völker: Venezuela, Bolivien, Kuba, Nikaragua, Honduras, Ekuador, kleinere Länder) radikale Veränderung des Produktions- und Konsummodells in nördlichen Ländern De-Globalisierung (Walden Bello): gegen westlich. Konsumismus, Ressourcen aus Gesellschaft, nicht FDI, für umweltfreundliche, lokale Technologien, Verteilungsgerechtigkeit, Aufwertung und Demokratisierung des Staates, Selbstbestimmung Rückkehr zur / Stärkung der Subsistenzökonomie (Öko-Fem)
21 Fragen?
22 für übernächste Woche (10. Juni): Theorien: Konstruktivismus Dr. Jan Pospisil Holert, Tom / Terkessidis, Mark 2006 Duffield, Mark 2005 Wer Zeit und Lust hat: Dr. Uwe Hoering zu einem der heißesten aktuellen entwicklungspolitischen Themen. Schönes Wochenende wünsche ich allen!
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