Michael Golz. Reise ins Athosland 17. April bis 30. Oktober 2016
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- Laura Brinkerhoff
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1 Kinder und Jugendliche im Kunstmuseum Michael Golz. Reise ins Athosland 17. April bis 30. Oktober 2016 Michael Golz, «Landkarte von Athosland», Detail von Teilstück «Honne», 1977 heute Die Phantasie treibt manchmal wunderliche Blüten und befähigt die Menschen, aus Bekanntem und Wohlvertrautem ganz neue Welten zu entwickeln, in denen plötzlich das Fremde, Wundersame und Wunderbare Oberhand gewinnen. Beim 1957 geborenen Michael Golz zeigt sich diese Gabe in besonderer Weise. Im Verlauf der letzten Jahrzehnte hat sich der aussergewöhnliche Phantast eine fiktive Parallelwelt erschaffen: «Athosland», eine gleichermassen fremde wie vertraute Welt. Durch die fruchtbare, helle, vielfältige Gegend führt ein dichtes Eisenbahn- und Autobahnnetz. In fast jedem Dorf finden sich Bahnhof, Kino, Gasthof, Einkaufsladen, Sparkasse und eine Post. Wer keine Lust mehr hat zu arbeiten, kriegt in «Athosland» Urlaubstage, so viele er will. Die Arbeit wird von lieben Robotern erledigt. Bezahlt wird mit Kleiderknöpfen, aber auch mit Grashalmen, mit Blättern von Bäumen oder einfach nur Papierschnipseln. Eine Idylle ist «Athosland» aber dennoch nicht, denn hier treiben sich mancherlei skurrile Wesen und seltsame Figuren herum. «Athosland» existiert allerdings nicht nur in der Phantasie des Künstlers Michale Golz gibt seiner Idee eine Gestalt in Form einer riesigen Landkarte von 14x17 Meter, an der er seit den 70er Jahren arbeitet. Zudem vermittelt er in Einzelansichten von Städten und Dörfern sowie in Reiseberichten und Geschichten seine Vorstellung von «Athosland». Die Ausstellung lädt Kinder, Jugendliche sowie Erwachsene zu einer fantastischen Reise ein und regt dazu an, eigene Weltvorstellungen und -konzepte zu entwickeln. Kunstmuseum Thurgau Kartause Ittingen, 8532 Warth Museumspädagogik / Kulturvermittlung: Brigitt Näpflin brigitt.naepflin@tg.ch, weitere Informationen sind zu finden unter: und
2 Inhalt Inhaltsverzeichnis 1 Michael Golz / Biografie 2 Bildimpressionen 3 Kunstpädagogische Anregungen 5 Auf den Museumsbesuch einstimmen Stichwort 1 Phantasiewelt Stichwort 2 Merkmale einer Landkarte Stichwort 3 Regeln und Normen Stichwort 4 Wie sehen «Brucktiere» aus? Ausstellung «Michael Golz. Reise ins Athosland» erkunden 6 Vorschlag 1 Wer ist Michael Golz Vorschlag 2 «Ifichen Mems Ferien Mappen» Vorschlag 3 Riesenkarte mit vielen Details Vorschlag 4 Stadt- und Landansichten Vorschlag 5 Material / Werkzeug Vorschlag 6 Bilder erzählen Geschichten Vorschlag 7 Rätselhafte Worterfindungen Praktische, gestalterische Vertiefung 7 Im Atelier 1 Zeichnen an einer Riesenkarte Im Atelier 2 Aus seltsamen Wörtern seltsame Wesen entstehen lassen Im Atelier 3 Aus seltsamen Wörtern seltsame Wesen bauen Im Atelier 4 Farbiger Phantasieort Publikationen, Informationen zur Ausstellung 8 1
3 Michael Golz / Biografie Die vorliegende Biografie wurde von Renate Golz-Fleischmann, der Mutter des Künstlers, verfasst. Der Text ist eine persönliche, biografische Annäherung einer Mutter an das Schaffen ihres Sohnes und entstand aufgrund erster Auseinandersetzungen der Kunstwelt mit dem Künstler anlässlich seiner Ausstellung in der Galerie ART CRU in Berlin (2012). Michael Golz ein Aussenseiter? Michael ist geistig behindert durch eine massive Schädigung seines Gehirns als Folge einer Virus-Infektion durch die Pockenschutz-Impfung. Aus einem hellwachen, lebhaft an seiner Umwelt interessierten Kind war innerhalb von fünf Tagen bei anhaltend 41 Fieber ein anderes geworden. Er war in sich selbst gefangen, sein ICH war ihm abhandengekommen. Seine Bewegungen wurden ziellos und seine Beschäftigungen sinnlos. Später, als er einen Buntstift in die Hand bekam, begriff er zunächst nicht, was man damit machen kann. Nachdem aber für dieses Problem eine Lösung gefunden werden konnte, war das, als ob eine Schleuse geöffnet worden wäre. Nach den ersten gelungenen Krakeleien nahmen seine Zeichnungen eigenwillige Formen an. Sein künstlerisches Talent war unverkennbar. Da Zeichnen und Malen seine allgemeine Entwicklung positiv beeinflusste, suchte ich nach einer geeigneten Schule. Diese fand ich in Eckwälden in der Schwäbischen Alb, eine Internatsschule für geistig behinderte und lernbehinderte Kinder, deren spezielle anthroposophisch geprägte therapeutische Erziehung geistige und kreative Ressourcen weckt und fördert. Michael war zehn Jahre in Eckwälden. Die dreieinhalb Monate Ferien verbrachte er zu Hause. Nach der Schulentlassung äusserte er den Wunsch, Gärtner zu werden. Nach der Ausbildungszeit in weiterführenden anthroposophischen Einrichtungen kam er nach Dalle in der Lüneburger Heide, eine dörfliche Gemeinschaft für schulentlassene junge Erwachsene aus Eckwälden. Hier wartete ein grosser Garten auf Michael und das kreatives Gärtnern (biologischer Anbau). Auch als Gärtner hat er seine künstlerische Tätigkeit nie unterbrochen. In den dort angebotenen Malkursen verfeinerte er seine Zeichentechnik. Später kam sein Gärtner bei einem Autounfall ums Leben, da änderte sich alles für Michael. Nach einem gescheiterten Versuch, ihn ins normale Berufsleben zu integrieren, kam er schliesslich in die Garten-Abteilung der WfB (Werkstätte für Behinderte) der Fliedner-Stiftung Mülheim. Hier werden Auftragsarbeiten ausgeführt; Michael vermisste das kreative Gärtnern, so wie er es in Dalle kennen gelernt hatte. Seine Unzufriedenheit hatte aber auch einen positiven Effekt: Er konzentrierte sich umso mehr auf seine Kunst und begann den Athos-Plan zu zeichnen. Er fing mit einem DIN A4 Blatt an. Der Athos-Plan hat inzwischen eine Dimension von ca. 14 x 17 Metern erreicht und ist nahtlos zusammengesetzt aus hunderten von Blättern. Michael kündigte 2012 in der Werkstatt, nachdem er zuvor in eine eigene Wohnung gezogen war (betreutes Wohnen). Er kann einmal in der Woche im Atelier der MALzeitler ( Diakoniewerk Duisburg GmbH ) seinen künstlerischen Fähigkeiten nachgehen. Seit Alexandra von Gersdorff- Bultmann ihn entdeckt und ausgestellt hat, setzt er alles daran, sich als Künstler zu bewähren. Renate Golz-Fleischmann 2
4 Bildimpressionen Michael Golz vor einer Stadtansicht, 2016 Michael und Wulf mit «Ifichen Mem s Ferien Mappe 2» 3
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6 KUNSTPÄDAGOGISCHE ANREGUNGEN Auf den Museumsbesuch einstimmen Stichwort 1 Phantasiewelt Michael Golz baut seit Jahrzehnten an seinem «Athosland». Die Riesenkarte aus grossen Einzelblättern misst derzeit etwa 14 x 17 Meter und wird laufend fortgesetzt. Zur Karte gibt es zahlreiche Einzelansichten von Dörfern, Landschaften und Städten. In einer ganzen Reihe von Ordnern sind Geschichten und kommentierte Bilderdarstellungen zusammengefasst, die genaue Hinweise über das Zusammenleben auf «Athosland» geben. Zum Beispiel ist es immer sonnig und warm, bezahlen kann man mit Knöpfen, mit Blättern von Bäumen oder einfach nur mit Papierfetzchen. Aufgabe vor dem Museumsbesuch: In welchem Phantasieland würdest du gerne wohnen? Wie sieht es dort aus? Wer wohnt dort? Was wäre erlaubt? Welche Regeln würden gelten? Stichwort 2 Merkmale einer Landkarte Die Karte von «Athosland» gleicht in vielerlei Hinsicht einer herkömmlichen Karte. Aufgabe vor dem Museumsbesuch: Verschiedene Land- und Stadtkarten genauer anschauen und vergleichen. Was ist aus diesen Karten zu lesen? Welche typischen Fachbegriffe sind zu finden? Welche Orientierungshilfen und Informationen geben Karten allgemein? Stichwort 3 Regeln und Normen Michael Golz schreibt in seinen Ordnern über Sitten und Gebräuche auf «Athosland». Zum Beispiel braucht man nicht in die Fahrschule zu gehen, dank digitaler Computertechnik fahren Autos ganz von selber. Man braucht nur den gewünschten Zielort zu nennen, und schon fährt das Auto mit dem Insassen direkt ganz schnell zum gewünschten Zielort und überfliegt den Stau. «AWM», das Athos-Wundermittel hat die Form einer 2 cm kleinen, runden Pille. Es wirkt sofort nach der Einnahme: Durch das «AWM» kann man nichts Böses denken, wird nicht krank, kann ewig leben. Man braucht kaum noch Polizei, weil es in ganz «Athosland» und Umgebung nur noch liebe Menschen gibt. Aufgabe vor dem Museumsbesuch: Welche Regeln im Schulhausareal vereinfachen das Zusammenleben? Wofür müsste eine Pille erfunden werden? Stichwort 4 Wie sehen «Brucktiere» aus? Auf «Athosland» leben viele eigenartige Wesen, zum Beispiel: «Brucktiere», «Blübbviecher» und «Breitspurmonster». Aufgabe vor dem Museumsbesuch: Einen Begriff aus dem Glossar der Publikation wählen und die Kinder dieses Wesen mit Farbstift oder mit flüssiger Farbe darstellen lassen; wahlweise als Riesenwesen oder als Miniaturzeichnung. 5
7 Ausstellung «Michael Golz. Eine Reise ins Athosland» erkunden Übung 1 Wer ist Michael Golz? Den Film oder einen Ausschnitt daraus anschauen, in welchem einiges über den Künstler und seine erfundene Welt zu erfahren ist. Welche Eindrücke an das Porträt bleiben? Übung 2 «Ifichen Mems Ferien Mappen» In Vitrinen befinden sich mehrere Ordner, in digitaler Form wird darin geblättert, an den Wänden hängen einzelne Seiten. Einblick in diese Beschreibungen gewinnen, Bilder wirken lassen und auf einzelne Worte achten. Was ist zu erfahren? Details und Erkenntnisse vorstellen. Übung 3 Riesenkarte mit vielen Details Eine Karte wird erst interessant, wenn man sie genauer anschaut. Die Riesenkarte ist über einen Steg begehbar und ein kleiner Aussichtsturm gibt den Blick von oben frei. Was ist an dieser Karte besonders? Was ist bei genauerer Betrachtung erkennen und zu erfahren? Die Entdeckungen vorstellen. Übung 4 Stadt- und Landansichten Ergänzend zur Landkarte gibt es viele Einzelbilder, gewissermassen vergrösserte Detailansichten. Die Darstellungen sind zwar der Phantasie entsprungen, aber viele Informationen erinnern an Bekanntes. Welche Details sind aus der Phantasie entstanden? Welche Details orientieren sich an bekannten und üblichen Karten? An konkreten Kartenstellen auf solche Beobachtungen hinweisen. Übung 5 Material / Werkzeug Was braucht Michael Golz für seine Kunst? In der Ausstellung auf Materialsuche gehen und aufschreiben, was er alles braucht. Ist es viel, ist es wenig? Sämtliche Materialen, die der Künstler benützt, vorstellen und bei den ganz besonderen Entdeckungen vor Ort zeigen, wo diese sichtbar sind. Übung 6 Bilder erzählen Geschichten Ein Bild, das interessiert, auswählen. Was passiert auf dem Bild? Welche Objekte, Gegenstände und Lebewesen sind dargestellt? Welche Geschichte erzählt das Bild? Die Geschichte zu dem Bild erzählen. Übung 7 Rätselhafte Worterfindungen Die Wände im Museum sind mit zahlreichen Wörtern beschriftet. Die Begriffe bezeichnen Orte oder Lebewesen. Welches ist das seltsamste Wort? Ist es möglich auf einem der Bilder einzelne Orte oder Lebewesen zu diesem Wort zu finden? Im Glossar nachlesen, was der Künstler zu einzelnen Begriffen erzählt. Ein paar dieser seltsamen Begriffe vorstellen, mit Entdeckungen auf Bildern und mit Erklärungen aus dem Glossar. 6
8 Praktische, gestalterische Vertiefung Im Atelier 1 Zeichnen an einer Riesenkarte Material: Papierkarten ca. A5 gross Werkzeug: Bleistift, Farbstifte, Neocolor, Leuchtstifte, Filzstifte, Lettraset. Als Klasse an einer Riesenkarte zeichnen, die ein Gesamtbild ergibt. Wichtig: mit den Kindern der angrenzenden Karten absprechen, auf welcher Höhe Flüsse verlaufen, wo Strassen und durchgehende Linien gezeichnet werden. Auch farblich sollte die Fläche möglichst eine Einheit bilden, trotz Phantasienamen und trotz kleinen Traumweltdarstellungen im Einzelnen Im Atelier 2 Aus seltsamen Wörtern seltsame Wesen entstehen lassen Material: Papier in diversen Formaten, A4, A5, A3 Werkzeug: Bleistift, Farbstifte, Filzstifte, Pinsel und Farbe, Schwämmchen u.ä. Aus dem Glossar von Michael Golz lauter Begriffe von «Viechern» herausschreiben. Jedes Kind wählt einen Begriff und zeichnet, malt sein eigenes Phantasiewesen dazu. Im Atelier 3 Aus seltsamen Wörtern seltsame Wesen bauen Material: diverse Recyclingmaterialien, Petflaschen, Luftpolsterfolie, Schaumstoff u.ä Werkzeug / Hilfsmittel: Schere, farbige Klebebänder, Zange, Draht, Schnur, Filzschreiber Aus dem Glossar von Michael Golz lauter Begriffe von «Viechern» herausschreiben. Jedes Kind wählt einen Begriff und baut sein eigenes Phantasiewesen dazu. Im Atelier 4 Farbiger Phantasieort Material: Papier in diversen Formaten, A4, A5, A3 bis Weltformat Werkzeug / Hilfsmittel: flüssige Farbe, Pinsel, Wasserglas, Malkarton. Angeregt durch die Ausstellung einen Ort erfinden, wo man gerne wohnen würde. Diesen Phantasieort darstellen, skizzieren, malen, beschriften. An diesem Ort ist alles farbig und anders 7
9 Publikationen, passend zur Ausstellung Michael Golz. Reise ins Athosland (2016) mit Texten von Renate Golz, Markus Landert und Christiane Jeckelmann. Sulgen: medienwerkstatt ag. Weltensammler. Internationale Aussenseiterkunst der Gegenwart (2011) mit Texten von Max E. Ammann und Markus Landert. Bern, Sulgen, Zürich: Benteli. Diverse Landkarten, z.b. die Güterkarte von 1745 im Ittinger Museum von Josephus Wech, Stadtkarten, Wanderkarten, Dorfplan u.ä. > aktuelle Ausstellungen > Künstlerverzeichnis > Ausstellungsarchiv > Veranstaltungen, wie Sonntagsführungen zur Ausstellung oder Feierabend im Museum 8
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