ACHTSAMKEIT UND DER INNERE BEOBACHTER. Dr. Monika Veith
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- Samuel Bretz
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1 ACHTSAMKEIT UND DER INNERE BEOBACHTER
2 2 SELBST-DIAGNOSE MIT DEM INNEREN BEOBACHTER Das Konzept der Achtsamkeit im Alltag und in der Arbeit Wozu Achtsamkeit? Das wichtigste Ziel der Achtsamkeitspraxis, also der konsequenten Arbeit mit dem eigenen Inneren Beobachter, besteht darin, mit sich selbst näher in Kontakt zu kommen. Es geht konkret darum, zu erforschen, wer ich bin, meine Sicht von Welt und meine Rolle/n darin zu hinterfragen und jeden Augenblick, in dem ich lebe, in seiner Fülle zu schätzen. Unser gewöhnlicher Wachzustand ist von vielerlei Automatismen geprägt. Unser Alltagsbewusstsein leitet uns, möglichst energiesparend vorzugehen und die Welt im Rahmen unserer Gewohnheiten und Annahmen wahrzunehmen. Dabei filtern wir möglichst effektiv, was nicht in unser Bild passt. Unsere alltägliche Wirklichkeitskonstruktion lässt uns die Dinge nicht so erleben, wie sie sind, sondern viel mehr so wie wir sie gerne möchten. Sicherlich haben Sie auch schon von Selektiver Wahrnehmung gehört wer sich gerade ein rotes Auto gekauft hat, sieht lauter rote Autos auf der Straße, wer gerade ein Baby bekommen hat, bemerkt ganz viele Kinderwägen überall, wer hungrig ist und die Geldbörse vergessen hat, riecht nur verlockende Düfte in den U-Bahn-Passagen und konzentriert sich neidisch auf die Fahrgäste mit Brötchen in der Hand. Unsere persönlich gefärbte Wirklichkeitskonstruktion geht allerdings noch weit darüber hinaus. Kollegen, bei denen wir den Eindruck haben, die Chemie stimmt bekommen von uns Vorschusslorbeeren, ohne dass wir es bemerken, anderen stehen wir unbewusst kritischer gegenüber. In einem Meeting meinen wir blitzschnell zu spüren, ob uns die Gesprächspartner wohlgesonnen sind oder nicht und entsprechend handeln wir. Achtsam den Inneren Beobachter zu nutzen bedeutet, auf eine ganz bestimmte Weise aufmerksam zu sein: bewusst, im gegenwärtigen Augenblick und ohne zu bewerten. Diese Art der Aufmerksamkeit fördert ein klares Erkennen und die Fähigkeit, die Realität des gegenwärtigen Augenblicks zu akzeptieren. Jon Kabat-Zinn versteht Achtsamkeit als die Kunst, bewusst zu leben. Achtsamkeit zu praktizieren, meint er, sei einfach, aber nicht leicht. Es erfordert Bemühung und Disziplin, denn
3 3 die Kräfte, die unserer Achtsamkeit entgegenwirken (wie oben beschrieben) sind äußerst hartnäckig. Diese Mühe wird dadurch belohnt, dass wir dabei mit Aspekten unseres Lebens und Möglichkeiten des Erlebens in Kontakt kommen, die wir normalerweise übersehen und die uns verloren gehen würden. Wir lernen, Bereiche unseres Lebens besser zu verstehen, zu denen wir bislang keinen Zugang hatten oder mit denen wir uns vielleicht auch nicht auseinandersetzen wollten oder konnten. Diese sind oft mit tiefen Emotionen verbunden wie Kummer, Kränkung, Wut oder Angst, die wir uns nicht zugestehen. Sie ermöglichen aber auch Gefühle wie Freude, inneren Frieden und Glück zu würdigen, die oft unbemerkt an uns vorüber ziehen. Achtsamkeit kann stärkend wirken, weil uns der Innere Beobachter Zugang zu den Quellen unserer Kreativität, Intelligenz, Inspiration und Entschlossenheit eröffnet, die sich tief in unserem Inneren befinden. Unser permanenter Gedankenstrom lässt uns kaum Zeit, innere Stille zu erfahren. Wir geben uns selbst ohne es zu merken nur wenig Raum, einfach nur zu SEIN, ohne dauernd irgendwelche Dinge zu tun. Unsere Handlungen entspringen oft einer inneren Getriebenheit und wir erlauben uns zu wenig, sie achtsam ausführen. Wir lassen uns leicht von diesem Strom von Gedanken und Impulsen mitreißen, bis er unser ganzes Leben beherrscht und uns an Orte bringt, zu denen wir vielleicht gar nicht wollten. Achtsamkeit zu üben bedeutet, immer wieder bewusst innezuhalten, nur zu beobachten, nicht zu tun (Achtung nicht tun bedeutet nicht nichts tun!!). Sie lehrt uns, uns selbst und die Welt auf eine neue Weise zu sehen und mit unserem Körper, unseren Gedanken, Gefühlen und Wahrnehmungen bewusst umzugehen. Sie hilft uns dabei, unser Gleichgewicht, den Ort der inneren Mitte, zu finden und mehr und mehr in ihm zu bleiben. BEI WELCHEN GELEGENHEITEN ACHTSAMKEIT ÜBEN? Übung von Achtsamkeit, konsequente Arbeit mit dem Inneren Beobachter weist mehr auf eine Lebenshaltung, einen persönlichen Weg hin als auf eine Technik. Achtsam zu sein bedeutet, sich bewusst auf den gegenwärtigen Augenblick einzustellen, einzulassen, ohne Ablenkung von Vergangenheit oder Gegenwart. Bei alltäglichen Handlungen (Stiegen steigen, Essen, Telefon abheben, U-Bahn-fahren, Joggen,... ) Vor, in oder nach schwierigen Situationen (Meetings, Klärungsgespräche, Konfliktgespräche,
4 4 Auseinandersetzungen mit pubertierenden Jugendlichen,...) Als bewusste Meditationspraxis (für bestimmte Zeit 5-20 Minuten) WIE ACHTSAMKEIT ÜBEN? Achtsamkeit zu üben ist zwar ein Weg und keine Technik, jedoch die Anwendung von ganz einfachen Techniken kann allerdings auf diesem Weg sehr nützlich sein: Eine gute Art, mit allem Tun innezuhalten, besteht zunächst darin, für einen Augenblick in den Seins-Modus überzuwechseln. Stellen Sie sich vor, Sie wären zeitlos. Beobachten Sie einfach diesen Augenblick, ohne zu versuchen, ihn auf irgendeine Weise zu verändern. Was geschieht? Was sehen Sie? Was hören Sie? Was empfinden Sie? Halten Sie hin und wieder im Laufe des Tages inne, werden Sie sich Ihres Atems bewusst. Dazu genügt oft nur 1 Minute. Akzeptieren Sie den Augenblick so wie er ist, einschließlich dessen, wie Sie sich fühlen und wie Sie das Geschehen wahrnehmen. Versuchen sie, in solchen Augenblicken absolut nichts zu verändern. Atmen Sie ganz bewusst ein und aus... und lassen Sie die Vorstellung ziehen, dass in diesem Augenblick irgendetwas anders sein sollte. Empfinden Sie, dass Sie selbst genau so sind, wie Sie sind. Wenn Sie bemerken, dass Ihre Gedanken in die Vergangenheit oder Zukunft wandern, lassen Sie diese gehen und kommen sanft zurück in diesen Augenblick. Rufen Sie sich von Zeit zu Zeit in Erinnerung: Ich bin jetzt hier! Atmen Sie locker weiter ohne die Atmung zu verändern -... Wandern Sie beobachtend durch Ihren Körper, nehmen Sie drei oder vier Minuten für eine Art Body Scan von den Zehen zum Kopf, ganz langsam und aufmerksam wandern, spüren, dies ist heute mein Körper. Prüfen Sie, ob und wie sie mit Ihrem Körper in Kontakt sind, verweilen Sie, wenn sie Zeit haben, länger an Stellen, die sich angespannter anfühlen. Sie können dies im Stehen, Sitzen, Liegen oder Gehen durchführen. Reservieren Sie täglich eine gewisse Zeit, Minuten genügen, nur um zu SEIN. Setzen Sie sich und beobachten Sie, wie die Augenblicke sich entfalten mit nichts anderem im Sinn als voll da zu sein. Benutzen Sie den Atem als Anker. Ihr Geist wird immer wieder abtreiben. Benutzen Sie den Atem, um wieder in den Augenblick zurück zu kommen. Sitzen Sie aufrecht und entspannt. Es gibt nichts zu erreichen, nur DA zu SEIN. Nach Jon Kabat-Zinn, Im Alltag Ruhe finden, Knaur 2010 und ders. Gesund durch Meditation, Knaur 2011
5 5 Diese Mühe wird dadurch belohnt, dass wir dabei mit Aspekten unseres Lebens und Möglichkeiten des Erlebens in Kontakt kommen, die wir normalerweise übersehen und die uns verloren gehen würden. Wir lernen, Bereiche unseres Lebens besser zu verstehen, zu denen wir bislang keinen Zugang hatten oder mit denen wir uns vielleicht auch nicht auseinandersetzen wollten oder konnten. Diese sind oft mit tiefen Emotionen verbunden wie Kummer, Kränkung, Wut oder Angst, die wir uns nicht zugestehen. Sie ermöglichen aber auch Gefühle wie Freude, inneren Frieden und Glück zu würdigen, die oft unbemerkt an uns vorüber ziehen. Achtsamkeit kann stärkend wirken, weil uns der Innere Beobachter Zugang zu den Quellen unserer Kreativität, Intelligenz, Inspiration und Entschlossenheit eröffnet, die sich tief in unserem Inneren befinden. Unser permanenter Gedankenstrom lässt uns kaum Zeit, innere Stille zu erfahren. Wir geben uns selbst ohne es zu merken nur wenig Raum, einfach nur zu SEIN, ohne dauernd irgendwelche Dinge zu tun. Unsere Handlungen entspringen oft einer inneren Getriebenheit und wir erlauben uns zu wenig, sie achtsam ausführen. Wir lassen uns leicht von diesem Strom von Gedanken und Impulsen mitreißen, bis er unser ganzes Leben beherrscht und uns an Orte bringt, zu denen wir vielleicht gar nicht wollten. Achtsamkeit zu üben bedeutet, immer wieder bewusst innezuhalten, nur zu beobachten, nicht zu tun (Achtung nicht tun bedeutet nicht nichts tun!!). Sie lehrt uns, uns selbst und die Welt auf eine neue Weise zu sehen und mit unserem Körper, unseren Gedanken, Gefühlen und Wahrnehmungen bewusst umzugehen. Sie hilft uns dabei, unser Gleichgewicht, den Ort der inneren Mitte, zu finden und mehr und mehr in ihm zu bleiben.
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