Was gibt es Neues und Neues über Bewährtes auf dem Gebiet der Kopfschmerztherapie
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- Eugen Kerner
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1 Was gibt es Neues und Neues über Bewährtes auf dem Gebiet der Kopfschmerztherapie Übersicht über einige Studien 2015 Dr. Walter Amberger
2 Triptane zur Behandlung akuter Migräne-Attacken Cameron C, Kelly S, Hsieh SC, Murphy M, Chen L, Kotb A, Peterson J, Coyle D, Skidmore B, Gomes T, Clifford T, Wells G. Triptans in the Acute Treatment of Migraine: A Systematic Review and Network Meta-Analysis. Headache Jul;55 Suppl 4:
3 Einführung der Triptane Migräne-Attacken wurden bis zu Beginn der 90iger Jahre mit Acetylsalicylsäure, Paracetamol, nicht-steroidalen Antirheumatika oder Mutterkornalkaloiden behandelt. Diese Substanzen waren zum Teil schlecht wirksam oder hatten wie Mutterkornalkaloide unangenehme Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen. Die Einführung der Triptane (erstes Triptan Sumatriptan), stellte einen Durchbruch in der Migräne-Therapie dar und für viele Patienten war es zum ersten Mal möglich geworden, die Migräne-Attacken erfolgreich zu behandeln.
4 7 Triptane wurden entwickelt Almotriptan, Eletriptan (Relpax), Frovatriptan (Eumitan), Naratriptan (Naramig, Antimigrin), Rizatriptan (Maxalt), Sumatriptan (Imigran) und Zolmitriptan (Zomig). Die meisten Zulassungsstudien wurden gegen Placebo durchgeführt. Direkte Vergleichsstudien gibt es relativ wenige, so dass man bei einem Vergleich zwischen den einzelnen Triptanen und einem Vergleich mit der Standardtherapie der Migräne, auf MetaAnalysen angewiesen ist
5 Eine Meta-Analyse Die Autoren aus Kanada identifizierten 133 Studien zur Behandlung akuter Migräne-Attacken mit Triptanen, die den hohen methodischen Ansprüchen der Autorengruppen genügten Triptane haben eine gute, aber keine überragende Wirkung bei der Behandlung akuter Migräne- Attacken. Ein Nachteil ist die relativ begrenzte Wirkdauer, die bei 20 bis 30% der Patienten eine erneute Einnahme des Migränemittels notwendig macht.
6 Was können Triptane Die Besserung der Kopfschmerzen innerhalb von 2 Stunden von schwer und mittelschwer oder leicht bis keine Kopfschmerzen gelang im Mittel bei 42 bis 76% der Patienten nach der Einnahme eines Triptans. Die Prozentzahlen für Schmerzfreiheit nach 2 Stunden lagen zwischen 18 und 50%. Schmerzfreiheit über 24 Stunden bei 18 bis 33% der Patienten Eine anhaltende Besserung der Kopfschmerzen nach 24 Stunden wurde bei 29 bis 50% der Patienten erreicht. Eine zweite Einnahme eines Triptans oder eine andere Kopfschmerztherapie war bei 20 bis 34% der Patienten notwendig.
7 In Vergleichsstudien waren Triptane besser wirksam als Mutterkornalkaloide, nicht-steroidale Antirheumatika, Acetylsalicylsäure und Paracetamol. Die wirksamste Substanz innerhalb der Triptane war die subkutane Gabe von Sumatriptan. Bei den oralen Triptanen waren am besten wirksam Rizatriptan, Zolmitriptan und Eletriptan. Die Kombination eines Triptans mit Acetylsalicylsäure oder einem nicht-steroidalem Antirheumatikum war wirksamer als die jeweilige Monotherapie.
8 im klinischen Alltag Bei mittelschweren Migräne-Attacken zunächst nicht-steroidale Antirheumatika, Acetylsalicylsäure, Paracetamol zu versuchen und bei Therapieversagen auf Triptane umzusetzen. Bei Patienten mit schweren Migräne-Attacken bietet sich allerdings an, die Therapie direkt mit Triptanen zu beginnen. Das mit Abstand wirksamste Triptan ist die subkutane Injektion von Sumatriptan, wobei man das Gefühl hat, dass angesichts der geringen Verordnungszahlen, diese hochwirksame Therapie partiell in Vergessenheit geraten ist. Die Autoren haben in ihrer Studie nur die Wirksamkeit der Triptane untersucht und keine Analyse der Nebenwirkungen vorgenommen.
9 Simvastatin und Vitamin D 3 zur Migräne- Prophylaxe Buettner C, Nir RR, Bertisch SM, Bernstein C, Schain A, Mittleman MA, Burstein R. Simvastatin and vitamin D for migraine prevention: A randomized controlled trial. Ann Neurol Sep 29. doi: /ana [Epub ahead of print]
10 Warum eine solche Idee? Die Arbeitsgruppe um Burstein in Boston hatte tierexperimentell belegt, dass Statine pleiotrope Effekte haben und die endotheliale Funktion verbessern. Pleiotrope Effekte der HMG-CoA-Reduktase-Hemmer (Lipidsenker) betreffen neben der Cholesterinspiegelsenkung beispielsweise die Endothelfunktion, die Entzündungsreaktion und die Blutgerinnung. In einer populationsbezogenen Studie hatten sie herausgefunden, dass möglicherweise die Kombination von Statinen und Vitamin D die Migräne- Frequenz reduzieren kann. Deshalb führten sie jetzt eine randomisierte doppelblinde Placebokontrollierte Studie durch.
11 Setting und Ergebnis Es wurden 57 Erwachsene mit episodischer Migräne eingeschlossen. 28 in der Verumgruppe, 29 erhielten Plazebo 2 x 20 mg Simvastatin pro Tag plus 1000 IE Vitamin D3 zweimal täglich gegen Plazebo Bewertet wurde die Reduktion der Migräne Tage pro Monat Diese Unterschiede waren mit P-Werten von <0.001 signifikant. Die Responderrate betrug 25% und 29% in der ersten und zweiten Behandlungsphase mit Verum und 3% in der Placebo-Gruppe. Bei den Nebenwirkungen ergaben sich keine Unterschiede.
12 Größere Studien notwendig Diese prospektive randomisierte Studie scheint auf den ersten Blick zu belegen, dass die Kombination von Simvastatin und Vitamin D in der Migräne-Prophylaxe wirksam ist. Die Studie selbst ist technisch gut durchgeführt und hat eine lange Baseline und Beobachtungsphase. Allerdings ist die Zahl der Patienten sehr gering und es ergab auch signifikante Unterschiede in bestimmten Charakteristika zum Zeitpunkt der Randomisierung. Besonders auffällig ist der fehlende Placebo-Effekt. Es ist außerordentlich ungewöhnlich, dass in Studien zur Migräne- Prophylaxe Placebo nicht zu einer Reduktion der Migräne-Häufigkeit führt.
13 TEV-48125, ein monoklonaler Anti-CGRP- Antikörper in der Prophylaxe der hochfrequenten episodischen Migräne. Bigal ME, Dodick DW, Rapoport AM, Silberstein SD, Ma Y, Yang R, Loupe PS, Burstein R, Newman LC, Lipton RB. Safety, tolerability, and efficacy of TEV for preventive treatment of high-frequency episodic migraine: a multicentre, randomised, doubleblind, placebo-controlled, phase 2b study. Lancet Neurol. 2015; 14:
14 CGRP - MIGRÄNE Calcitonin gene-related peptide (CGRP) wird während Migräne-Attacken ausgeschüttet. CGRP ist ein potenter Vasodilatator und hat offenbar eine Vielzahl von biologischen Wirkungen im ZNS, die bisher nicht ausreichend geklärt sind. CGRP-Antagonisten wurden zur Behandlung von Migräne-Attacken entwickelt und waren auch wirksam. Die weitere Entwicklung dieser Substanzen musste allerdings wegen hepatotoxische Nebenwirkungen eingestellt werden. Der nächste Therapie-Ansatz war die Entwicklung von monoklonalen humanisierten Antikörpern gegen CGRP zur Migräne-Prophylaxe. Ein solcher Antikörper ist TEV-48125
15 Methode Es handelt sich um eine multizentrische randomisierte doppelblinde Placebo-kontrollierte Phase IIb Studie, in die Patienten mit 8 bis 14 Migräne-Tagen pro Monat rekrutiert wurden. Nach einer 28-tägigen Run-in-Phase erhielten die Patienten alle 4 Wochen eine subkutane Gabe von 225 mg oder 675 mg TEV oder Placebo. Die Kopfschmerzhäufigkeit wurde in einem elektronischen Tagebuch erfasst. Der primäre Endpunkt war die Reduktion der Migräne-Tage zwischen Baseline und den Wochen 9 bis 12. Der sekundäre Endpunkt war die Reduktion der Kopfschmerztage. Der primäre Endpunkt war die Reduktion der Migräne-Tage zwischen Baseline und den Wochen 9 bis 12. Der sekundäre Endpunkt war die Reduktion der Kopfschmerztage.
16 Findings In die Studie wurden 297 Teilnehmer eingeschlossen. 104 erhielten Placebo, 95 die niedrige und 96 die hohe Dosis von TEV Die Patienten waren im Mittel 41 Jahre alt und 90% waren Frauen. Die mittlere Zahl der Migräne-Tage pro Monat betrug 11, die mittlere Zahl der Kopfschmerztage pro Monat betrug 12,5, an 10 Tagen pro Monat wurden Medikamente eingenommen, an 8,4 Tagen Triptane.
17 Findings Die Abnahme der Migräne-Tage zwischen Baseline und Woche 9 bis 12 betrug 3,46 Tage für Placebo, 6,72 Tage für die niedrige Dosis und 6,09 Tage für die hohe Dosis von TEV Diese Unterschiede waren statistisch signifikant. Die Differenz der Kopfschmerztage betrug 2,63 Tage zwischen Placebo und der niedrigen Dosis und 2,58 Tage zwischen Placebo und der hohen Dosis von TEV-48125, auch diese Unterschiede waren signifikant. Die Zahl der berichteten Nebenwirkungen war zwischen den drei Therapiegruppen nicht unterschiedlich
18 Interpretation TEV-48125, at doses of 225 mg and 675 mg given once every 28 days for 12 weeks, was safe, well tolerated, and effective as a preventive treatment of high-frequency episodic migraine Es gibt jetzt vier neue CGRP-Antikörper oder Antikörper gegen den CGRP- Rezeptor, die alle in Phase II Studien besser wirksam sind als Placebo. Besonders hervorzuheben ist das gute Nebenwirkungsprofil, das sich nicht von Placebo unterscheidet. Allerdings liegen für alle Substanzen bisher keine Langzeitbehandlungsraten vor. Der nächste Schritt in der Entwicklung von TEV wird sein, die Ergebnisse dieser Studie durch eine große Phase III Studie zu bestätigen
19 Langzeiterfahrung der Behandlung der chronischen Migräne mit Botulinumtoxin A Cernuda-Morollón E, Ramón C, Larrosa D, Alvarez R, Riesco N, Pascual J. Long-term experience with onabotulinumtoxina in the treatment of chronic migraine: What happens after one year? Cephalalgia. 2015;35(10):
20 Patienten und Methode Die randomisierten Placebo-kontrollierten Studien zum Einsatz von Onabotulinumtoxin A bei der chronischen Migräne hatten einen Beobachtungszeitraum von einem Jahr. Es gibt relativ wenige Langzeitdaten zur Wirksamkeit und zu Nebenwirkungen dieser Therapie. Die spanischen Autoren behandelten 132 Patienten mit chronischer Migräne mit einem mittleren Alter von 47 Jahren, darunter 119 Frauen.
21 Ergebnisse Bei allen Patienten wurde die Behandlung mit Onabotulinumtoxin A zunächst für 1 Jahr durchgeführt und dann 4 Monate gewartet mit der Frage, ob sich die Kopfschmerzen wieder verschlechtern. Wenn dies der Fall war, wurde die Behandlung mit Onabotulinumtoxin A fortgesetzt. 108 Patienten (81) sprachen auf Onabotulinumtoxin A im ersten Jahr an 19 Patienten (14,4%) hatten Nebenwirkungen
22 Ergebnisse Nach dem Ende des ersten Behandlungsjahres kam es bei der Hälfte der Patienten nach viermonatigen Behandlungspause erneut zu einer Verschlechterung der Migräne. Bei diesen Patienten wurde die Behandlung fortgesetzt. Über einen Zeitraum von 2 Jahren zeigte sich bei den Onabotulinumtoxin A behandelten Patienten, eine Reduktion der Akut-Medikation von 53% und ein Rückgang der Besuche in der Notaufnahme mit 61%
23 Kommentar von H.C.Diener (Essen) Diese interessante Langzeitstudie aus Spanien belegt, was auch unsere Erfahrung ist. Bei etwa der Hälfte aller Patienten mit chronischer Migräne bessert sich die Migräne unter einer Behandlung mit Onabotulinumtoxin A über ein Jahr so gut, dass eine weitere Behandlung nicht mehr notwendig ist. Bei der anderen Hälfte der Patienten verschlechtert sich die Migräne jeweils 3 bis 4 Monate nach der letzten Injektion, so dass die Behandlung fortgesetzt werden muss. Beobachtungsdaten bzgl. der Langzeittherapie liegen in der Zwischenzeit aus mehreren Zentren über einen Zeitraum von bis zu 5 Jahren vor. Beim Grossteil der Patienten ist die Therapie weiterhin wirksam. In einzelnen seltenen Fällen wurden Muskelatrophien bei einigen der injizierten Muskeln beobachtet, ansonsten sind keine schwerwiegenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen zu verzeichnen.
24 Akuter Kopfschmerz in der Schwangerschaft Robbins MS, Farmakidis C, Dayal AK, Lipton RB. Acute headache diagnosis in pregnant women. A hospital-based study. Neurology2015; 85:
25 Dieser Artikel beschäftigt sich mit der wichtigen Fragestellung, welche akuten Kopfschmerzen bei schwangeren Frauen auftreten und ob sich bestimmte klinische Konstellationen identifizieren lassen, die auf einen symptomatischen Kopfschmerzen hindeuten. Hierfür analysierten die Autoren retrospektiv die Daten von insgesamt 140 schwangeren Frauen, die sich mit akuten Kopfschmerzen über einen Zeitraum von 5 Jahren in einer amerikanischen Notaufnahme vorstellt hatten. Über die Hälfte der Patientinnen (56,4%) stellen sich im letzten Trimenon der Schwangerschaft vor.
26 Ein Drittel der Kopfschmerzen konnte sekundären Kopfschmerzursachen (am häufigsten assoziiert mit arterieller Hypertonie (51,0%)zugeordnet werden bei zwei Dritteln handelte es sich um primäre Kopfschmerzerkrankungen (am häufigsten um eine Migräne (91,2%). Bei sekundären Kopfschmerzen fanden sich verglichen mit primären Kopfschmerzursachen häufiger eine fehlenden vorherige Kopfschmerzanamnese, jedoch fand man epileptische Anfälle, einen erhöhter Blutdruck, Fieber und Auffälligkeiten im neurologischen Untersuchungsbefund.
27 typische klinische Charakteristika Dabei stellten ein erhöhter Blutdruck (Odds Ratio (OR)= 17.0) und eine fehlenden Kopfschmerzanamnese (OR=4,9) Risikofaktoren für das Vorliegen einer sekundären Kopfschmerzursache dar psychiatrische Komorbidität (OR=0,13) und Phonophobie (OR 0,29) deuteten eher auf das Vorliegen primärer Kopfschmerzen hin.
28 Fazit Eine gute Anamnese sowie einfache klinische Untersuchungen geben bei Patientinnen mit akutem Kopfschmerz in der Schwangerschaft oftmals bereits gute Hinweise zur Unterscheidung zwischen einem primären und einem sekundären Kopfschmerz.
29 Kardiovaskuläre Nebenwirkungen von Triptanen und Mutterkornalkaloiden: Gibt es Anlass zur Sorge? Roberto G, Raschi E, Piccinni C, Conti V, Vignatelli L, D'Alessandro R, De Ponti F, Poluzzi E. Adverse cardiovascular events associated with triptans and ergotamines for treatment of migraine: systematic review of observational studies. Cephalalgia. 2015;35(2):
30 Mutterkornalkaloide und Triptane sind vasokonstriktive Substanzen. Dieser Mechanismus soll für einen Teil der therapeutischen Wirkung bei der Behandlung akuter Migräne-Attacken verantwortlich sein. Daher entstand die theoretische Befürchtung, dass diese Substanzen das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse bei Patienten mit entsprechenden Vorerkrankungen oder Risikofaktoren erhöhen könnten. Patienten mit schwerwiegenden kardiovaskulären Erkrankungen sind daher von einer Behandlung mit Mutterkornalkaloiden und Triptanen ausgeschlossen.
31 Die Autoren aus Bologna führten eine systematische Literaturrecherche zu der Frage durch, ob es bei der Behandlung von Migräne-Attacken mit Triptanen und Mutterkornalkaloiden zu einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse kommt. Insgesamt wurden nur vier Studien gefunden, wobei es sich bei drei Studien um Fall-Kontrollstudien und einmal um eine retrospektive Kohortenstudie handelt. Dabei zeigte sich für die Anwendung von Mutterkornalkaloiden ein um den Faktor 2,28 erhöhtes Risiko, was signifikant war, und für Triptane kein erhöhtes Risiko. Bei Mutterkornalkaloiden zeigte sich bei Patienten, die diese Substanzen derzeit einnehmen, ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle, wenn die Anwendung an mehr als 10 Tagen im Monat erfolgte.
32 Die derzeit vorliegenden Ergebnisse aus großen Fall-Kontroll-Studien legen nahe, dass die Einnahme von Triptanen nicht mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse oder Schlaganfälle einhergeht. Das ist für Mutterkornalkaloide nicht der Fall. Ob dies allerdings auch für Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen gilt, ist leider bisher nicht untersucht.
33 Intranasale Kühlung könnte ein wirksame Migräne- Akuttherapie sein Vanderpol J, Bishop B, Matharu M, Glencorse M. Therapeutic effect of intranasal evaporative cooling in patients with migraine: a pilot study. J Headache Pain 2015 Jan 26;16:5. doi: /
34 Physikalische Kühlung ist eine der ältesten und auch unter Patienten weitverbreitetsten Methode, Kopfschmerzsymptome insbesondere bei der Migräne zu lindern. Klinische Studien zu diesem generell akzeptierten Vorgehen gibt es kaum. Im Zuge der weiteren Ausbreitung von Medizinprodukten und Geräten untersuchte eine Pilotstudie die intranasale Kühlung zur Behandlung der Migräne.
35 Mechanismen mit denen eine Kühlung zur Kopfschmerzlinderung führen können 1. Neurovaskuläre Effekte durch eine kälteinduzierte Vasokonstriktion und eine verminderte Freisetzung inflammatorischer Mediatoren und Reduktion eines lokalen Gewebeödems; 2. Kälteinduzierte Herabsetzung der Nervenleitgeschwindigkeit, insbesondere kleiner myelinisierten nozizeptiver Fasern; 3. Reduktion metabolischer Prozesse; 4. Veränderung des Transienten Rezeptor Potentials (TRP, TRPV1, Vanilloid- Rezeptor 1 ) an Ionenkanälen. Er wird besonders stark in freien Nervenendigungen, die als Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) fungieren, exprimiert. Er besitzt eine intrazelluläre Bindungsstelle für die scharfen Inhaltsstoffe von Pfeffer (Piperin) sowie Paprika bzw. Chili (Capsaicin). Auf der anderen Seite wird er auch durch erhöhte Temperatur sowie durch endogene Cannabinoide aktiviert. Dadurch erklärt sich die ähnliche Qualität der Empfindungen für heiß bzw. scharf.
36 System zur intranasalen Kühlung (RhinoChill ) Wurde ursprünglich zur Induktion einer Hypothermie nach Reanimation entwickelt Das System kann wahlweise mit einer Druckluft- oder Sauerstoffflasche betrieben werden. Nachgeschaltet ist eine Kühleinheit, die Perfluorohexan enthält, dabei handelt es sich um eine Flüssigkeit, die über Verdampfung kühlt und in der Medizin bereits verbreitet ist. Erreicht wird damit eine Kühlung des eingesetzten Gases auf 2 C.
37 Methode 28 erwachsene Patienten mit Migräne wurden in die Studie eingeschlossen, bei 15 Patienten wurde einmalig oder mehrfach eine Behandlung durchgeführt, so dass insgesamt zur Auswertung die Daten von 20 behandelten Migräneattacken vorlagen. 80% der Teilnehmer waren Frauen im mittleren Alter von 43 Jahren. 93% der Patienten berichteten, dass ihre Migräneattacken üblicherweise länger als 24 Stunden andauern
38 Ergebnis Unmittelbar bei Behandlungsende (nach maximal 20 Minuten Kühlung) 40% der Patienten waren symptomfrei. 50% der Patienten berichteten einen Schmerzrückgang sowie einen Rückgang der Begleitsymptome. Zwei Stunden nach der Behandlung 45% aller Studienteilnehmer symptomfrei 45% berichteten eine Verbesserung des Schmerzes sowie der Begleitsymptome. 24 Stunden nach Behandlung waren 50% der Patienten kopfschmerz- und symptomfrei. 15% kam es zu einer Symptomreduktion. 25% hatten nach 24 Stunden erneut Kopfschmerzen. Nur bei zwei Behandlungen (10%) zeigte sich überhaupt kein Effekt
39 Zwei Studienteilnehmer (13%) gaben an, dass die Behandlung so unangenehm gewesen sei, dass dies den Benefit überwogen habe. 60% der Studienteilnehmer gaben an, dass die intranasale Kühlung besser sei als ihre übliche Attackenmedikation 26% gaben sie als gleich gut an.
40 Aus der kleinen Pilotstudie, kann allerdings noch nicht auf die Wirksamkeit des Verfahrens geschlossen werden. Der Plazeboeffekt des beeindruckenden Systems dürfe hoch sein. Das System ist zu erwerben, die Therapiekosten sind aktuell jedoch außerordentlich hoch. Die Idee eine medikamentöse Akuttherapie zu vermeiden und eine so rasche Schmerzfreiheit zu erreichen, dürfte viele Patienten interessieren. Schmerzfreiheit 20 Minuten nach Einnahme ist mit einem oralen Triptan in aller Regel nicht zu erzielen
41 Mangelnde Wirksamkeit von Akuttherapie stellt einen Risikofaktor für Kopfschmerzchronifizierung dar Lipton RB, Fanning KM, Serrano D, Reed ML, Cady R, Buse DC. Ineffective acute treatment of episodic migraine is associated with new-onset chronic migraine. Neurology 2015;84:688-95
42 Befragungen der American Migraine Prevalence and Prevention Study (AMPP) Erfragt wird: die Schmerzfreiheit nach 2 Stunden, die anhaltende Schmerzfreiheit nach 24 Stunden, die Fähigkeit, nach Einnahme der Medikation der üblichen Tagesaktivität nachzugehen das Gefühl, der Sicherheit der Wirksamkeit der Medikation im weiteren Tagesverlauf vertrauen zu können
43 Klassifizierung der Akutmedikation Einfache Analgetika Kombinationsanalgetika NSAR Triptane Opioide und Barbiturate (in den USA durchaus gebräuchlich) klassifiziert Score für die Wirksamkeit der Akutmedikation sehr schlechter Behandlungseffekt schlechter Therapieeffekt moderater Therapieeffekt guter Therapieeffekt
44 Von den 5681 Teilnehmern wurden 396 als Teilnehmer mit sehr schlechtem Effekt der Akuttherapie (6,5%) 17,6% mit schlechtem Therapieeffekt 46,8% mit moderatem Therapieerfolg 29% mit gutem Therapieeffekt klassifiziert.
45 Alter und Geschlecht hatten keinen Einfluss auf den Therapieeffekt Der Anteil, der Personen mit hohem Jahreseinkommen steigt mit dem Therapieerfolg an Die Beeinträchtigung, gemessen mit dem MIDAS, wird bei abnehmendem Therapieerfolg immer höher Die Wahrscheinlichkeit, einen guten Therapieeffekt zu erreichen, war für mit Triptanen behandelte Patienten am höchsten Einfache Analgetika und NSAR waren weniger effektiv
46 3,1% aller Patienten wechselten in einen chronischen Erkrankungsverlauf. Aus der Gruppe der Teilnehmer mit gutem Therapieeffekt waren dies nur 1,9%, bei moderatem Effekt der Akuttherapie 2,7%, bei schlechtem Effekt der Akuttherapie 4,4% und bei sehr schlechtem Ansprechen auf die Akutmedikation 6,8%. Das Risiko, eine chronische Migräne zu entwickeln, ist bei ineffektiver Akuttherapie also mehr als doppelt so hoch wie bei gut wirksamer Akuttherapie. In der Arbeit werden Mechanismen und Modelle vorgestellt, die diese Befunde erklären können. Möglicherweise führt eine längere Aktivierung des nozizeptiven Systems zur Begünstigung der Chronifizierung.
47 Facit Je früher eine gute Akuttherapie zum Einsatz kommt, desto besser können wir unseren Patienten helfen Eine gute Akuttherapie kürzt Kopfschmerzattacken ab und verbessert den Umgang der Patienten mit ihrer Migräne
48 Der Wochenendkopfschmerz : Wenn Stressreduktion Migräne auslöst *Lipton RB1, Buse DC, Hall CB, Tennen H, Defreitas TA, Borkowski TM, Grosberg BM, Haut SR. Reduction in perceived stress as a migraine trigger: Testing the "letdown headache" hypothesis. Neurology. 2014;82:
49 Um Faktoren zu untersuchen, die Kopfschmerzen auslösen, führten die Forscher eine dreimonatige Studie mit 17 volljährigen Teilnehmern durch, die täglich ein patientenspezifisches elektronisches Tagebuch führten. Jeden Tag beantworteten die Teilnehmer Fragen zu Migräneattacken, es wurden 2 Typen von Stress-Skalen abgefragt und übliche Migränetrigger wie die Dauer des Schlafes, bestimmte Lebensmittel, Alkoholkonsum und der Menstruationszyklus festgehalten.
50 Methodik Ebenfalls dokumentierten die Teilnehmer täglich ihre Stimmung, also ob sie glücklich, traurig, entspannt, nervös, lebhaft oder gelangweilt waren. Es wurden die Daten von Tagebucheinträgen bei 110 Migräneattacken ausgewertet. Die Studie zeigt eine beachtliche Assoziation zwischen Stressreduktion und dem Auftreten eines Migränekopfschmerzes.
51 Ergebnis Die Ergebnisse waren während der ersten 6 Stunden am deutlichsten. Bei Stressreduktion war das Risiko des Erleidens einer Migräneattacke in den ersten 6 Stunden fast 5-fach erhöht. Grund dafür könnte laut der Forscher das Hormon Kortisol sein, das bei Stress ansteigt und Schmerzen reduziert. Der Kortisolabfall während einer Entspannungsperiode nach Stress könnte den Kopfschmerz triggern.
52 Konklusion Migränepatienten mit Stressreduktion von einem Tag auf den anderen haben ein signifikant höheres Risiko am nächsten Tag eine Migräneattacke zu erleiden. Deshalb sind ein erfolgreiches Stressmanagement und ein gesunder Lebensstil wichtig für Migränepatienten. Für sie ist es wichtig zu erkennen, wenn sich ihr Stress erhöht, damit sie frühzeitig gegensteuern können. Die Studie verdeutlicht wie wichtig Stressmanagement und ein gesunder Lebensstils bei Patienten mit Migräne sind und das Präventionsbehandlungen und Verhaltenstherapien zur Stressbewältigung notwendig sind
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