Rede zum Thema Patriotismus, Mitgliederehrung CDU Steinwenden am

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Alexandra Ackermann
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1 Rede zum Thema Patriotismus, Mitgliederehrung CDU Steinwenden am Wir kommen zu einem sehr persönlichen Teil des heutigen Abends. Es ist für mich eine besondere Ehre, ein Grußwort für lang gediente und bewährte Parteimitglieder halten zu dürfen: Es sind dies Herr Fabian Schleyer, der seit 55 Jahren Mitglied unserer Partei ist; und Herr Heinrich Busch, der auf 50 Jahre Mitgliedschaft in der CDU zurückblickt. Sie sind überzeugte und erfahrene Christdemokraten, die mitten im Leben stehen, die viele Höhen und Tiefen unserer Partei erlebt haben, die ihr trotz mancher Enttäuschung treu geblieben sind, und die durch ihren unermüdlichen Einsatz vor Ort das Bild einer lebendigen und bürgernahen Volkspartei geprägt haben. Ohne Ihre Tatkraft, Ihr Engagement, Ihre Überzeugungsarbeit wäre die CDU eine tote Organisation! Gestatten Sie mir, mein Grußwort mit einigen grundsätzlichen Bemerkungen zur aktuellen politischen Lage zu verbinden. Das Wahlergebnis auf Bundesebene war für viele von uns ein Schock. Da gibt es nichts zu beschönigen. Wir haben einen sehr rationalen Wahlkampf geführt. Die Kernbotschaft unseres Wahlkampfes Sozial ist, was Arbeit schafft! halte ich immer noch für richtig. Aber es reicht nicht aus, nur über Zahlen zu diskutieren. So kann man die Wähler nicht von unserer Reformpolitik überzeugen. Die SPD hat mit ihrer emotionalen Kampagne das Bild einer sozial kalten Union geschürt mit Erfolg! Die Furcht vor weiteren Sozialabbau hat viele Wähler in letzter Minute abgeschreckt, das Kreuz bei uns zu machen. Aber ich denke, wir müssen noch tiefer schauen. 1

2 Ich wage eine provozierende These, die zur Diskussion anregen soll und die nicht jedem gefällt. Für viele Menschen in Deutschland ist der Sozialstaat zur Ersatzidentität geworden. Sie sehen im Sozialstaat nicht mehr eine Grundabsicherung für Notfallagen; nein, der Sozialstaat ist für viele Deutsche eine emotionale Bezugsgröße geworden. Sie verbinden damit ein jahrzehntelanges Erfolgsmodell der alten Bundesrepublik. Dies gilt erst recht nach dem Verlust der DM. Für viele Menschen ist der Sozialstaat das Symbol erfolgreicher Nachkriegsgeschichte; das Symbol für den Wiederaufstieg Deutschlands nach einem katastrophalen Krieg; das Symbol für staatliche Fürsorge und Betreuung. Und diese Vorstellung findet auch in Ostdeutschland starken Anklang. Denn dort träumen viele Menschen auch nach dem Untergang der DDR von einem Versorgungsstaat, der sie von der Wiege bis zur Bahre betreut. Die Werte Freiheit und Eigenverantwortung stehen dagegen nicht hoch im Kurs. Aber was sagt diese Entwicklung noch aus? Ich glaube, es fehlt uns Deutschen an patriotischem Gemeinsinn. Wir müssen wieder lernen, positiv über unser Land, seine Kultur, seine Sprache und seine reichhaltige Geschichte zu denken. Wir müssen wieder lernen, unser Vaterland anzunehmen und zu achten. Wir müssen wieder lernen, eine selbstbewusste Nation zu sein. Das ist genau das, was Horst Köhler mit seinem Ausspruch gemeint hat: Ich liebe mein Land! Patriotismus bedeutet nicht, dass wir die Schattenseiten unserer Vergangenheit aus dem Gedächtnis streichen. 60 Jahre nach Kriegsende spüren wir immer noch die Narben von Krieg, Diktatur und jahrzehntelanger Spaltung unseres Vaterlandes. Es dauert noch, bis diese Wunden aus dem letzten Jahrhundert endgültig geheilt sind. 2

3 Doch wenn wir nur um die Negativseiten unserer Geschichte kreisen, sind wir nicht mehr zukunftsfähig. Dann bleibt tatsächlich nur der Sozialstaat als einziger positiver Fluchtpunkt übrig. Und dann bekommen die Leute tatsächlich Angst, wenn man von ihnen Reformen abverlangt. Für einen Engländer oder einen Franzosen ist das schwer nachvollziehbar. Denn sie verbinden mit ihrem Land einen positiven Eigenwert. Deswegen sind unsere europäischen Nachbarn auch eher bereit, den schmerzhaften Gang von Reformen auf sich zu nehmen. Meine Überzeugung ist: Nur wenn wir unser Land lieben lernen, wenn wir Schwarz-Rot-Gold nicht nur zur Fußball-WM hochhalten, wenn wir wieder ein unverkrampftes Wir-Gefühl haben, nur dann werden wir die Herausforderungen der Zukunft meistern, nur dann werden wir Mut zur Erneuerung haben und nur dann sind unsere Landsleute bereit, Opfer auf sich zu nehmen. Gerade in Zeiten der Globalisierung suchen die Menschen Orientierung. Sie brauchen ein emotionales Band, das sie zusammenhält. Deswegen ist eine positive Identität wichtig für uns. Und deswegen behält die Nation auch im zusammenwachsenden Europa ihren festen Platz. Helmut Kohl hat es einmal sehr schön auf den Punkt gebracht: Die Pfalz ist meine Heimat, Deutschland mein Vaterland, Europa die Zukunft! Und noch etwas: Wir beklagen oft, wie schwierig es ist, Ausländer zu integrieren. Aber wir müssen uns ehrlich fragen: Warum sollte ein junger, selbstbewusster Einwanderer die Identität eines Landes annehmen, dass sich selbst verachtet? Wir werden nur erfolgreich integrieren können, wenn wir auch ein positives Wir-Gefühl ausstrahlen. Man kann von den Amerikanern halten, was man will. Aber die ungebrochene Integrationsund Anziehungskraft dieses Landes für viele Einwanderer hat mit der patriotischen Stärke der Amerikaner zu tun. Da können wir uns eine Scheibe von abschneiden! 3

4 Die neue Regierung unter Angela Merkel steht vor riesigen Aufgaben. Beide großen Volksparteien sind zum Erfolg verdammt. Reformen in Staat und Gesellschaft sind immer mit schmerzhaften Einschnitten verbunden. Die können wir aber nur vermitteln, wenn sich die Menschen mit ihrer Heimat, mit ihrem Land identifizieren. Wenn man eine nationale Kraftanstrengung fordert, muß man auch über seine Nation offen sprechen. Für uns Christdemokraten, die wir dieses Land aufgebaut haben, ist das eine Herausforderung ersten Ranges. Deswegen sage ich: Laßt uns mehr Patriotismus wagen! Erst kommt das Land, dann die Partei. Nur wenn wir die Kraft aufbringen, Gemeinsinn über Egoismus zu stellen, schaffen wir die notwendige Erneuerung. Und hier können wir von unseren erfahrenen und lang gedienten Mitgliedern, die wir heute abend ehren wollen, viel lernen. Sie haben mit ihrem Idealismus, ihrer Überzeugungskraft, dem Glauben an ihre Heimat und ihr Land Aufbauarbeit geleistet. Sie haben auch schwierige Zeiten durchgestanden und nach politischen Niederlagen nicht resigniert. Von solchen Menschen lebt eine Demokratie. Solche Menschen sind das Rückgrat einer vitalen Volkspartei. Und nur durch persönlichen Einsatz, durch persönliche Begegnungen, durch Bürgernähe, durch Überzeugungsarbeit im Kleinen werden wir als Union bestehen können. Wir dürfen in einer großen Koalition unser Gesicht nicht verlieren. Umso wichtiger ist es, dass wir in der Parteiarbeit vor Ort Profil zeigen. Wir müssen eine geistige Offensive, eine öffentliche Auseinandersetzung über unsere bürgerlichen Wertvorstellungen wagen. Deswegen hoffe ich, dass die Jubilare des heutigen Abends Vorbild für uns sind. Dann ist mir um die Zukunft unserer Partei nicht bange. Dann werden wir auch weiterhin politische Gestaltungskraft haben. Denn die brauchen wir, um dem Wohle unserer Heimat und unserem Land zu dienen! 4

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