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2 ernährung Im Rennen bieten Kohlenhydrate eine gute Energiequelle. mehr fett, Am Herd sollte anstatt Pasta besser Gemüse und Fleisch regieren. Foto: Robert Niedring

3 Text Björn Kafka Weniger Kohlenhydrate, mehr Fett und Eiweiß: Mit immer neuen Ernährungsvorschlägen bombardieren einen Wissenschaftler und Medien. Wir wollten mehr zu diesem Thema wissen und fragten bei einem der bekanntesten Experten zum Thema Fett nach. Doktor Nicolai Worm gilt als Vorreiter einer kohlenhydratarmen Ernährung. Er propagiert seit Jahrzehnten, mehr Eiweiß und Fett in die Nahrung zu integrieren. Dabei hat Worm über viele Jahre nicht nur Freunde um sich geschart. Allen voran die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) übt an seinen Positionen Kritik. Wir wollten vom Münchener wissen, wieso Kohlenhydrate schlecht sind und was Fette und Eiweiße für Vorteile bringen. Herr Dr. Worm, was halten Sie von der Ernährungspyramide der Deutschen Gesellschaft für Ernährung? Von der Idee her ist sie toll nicht aber von der Gewichtung der Lebensmittel. Zudem halte Ohne Kohlenhydrate bleiben Fette und Eiweiß? Reicht das? Fett und Eiweiß, richtig. Klingt komisch in einer Zeit, wo über Jahrzehnte gegen Fette gewettert wurde. Und wo zu viel Eiweiß verpönt war. Klar ist Eiweiß teuer in der Produktion. Eines dürfen wir aber nicht vergessen: Die DGE ist nicht unabhängig. Der Dienstherr der DGE ist das Ernährungsministerium. Alles, was die DGE publiziert, muss vorher vom Ministerium abgenickt werden. Es geht hier nicht um wissenschaftliche Neuheiten, sondern um politische Korrektheit. Und das Ernährungsministerium hat natürlich kein Interesse daran, kostengünstige Kalorien in Form von Kartoffeln, Müsli oder Brot den Leuten madig zu machen. Jetzt mal praktisch gefragt: Was bleibt da noch auf meinem Frühstücksteller, wenn ich Kohlenhydrate rauswerfe? Nichts einfacher als das. Wie wäre es mit Ei, Gurke, Paprika, Tomaten, Lachs oder Schinken? Auch unterwegs ist das kein Problem. Jedes wenig. Die Menschen verfetten, da sie ihre Glykogenspeicher nicht benutzen, sprich keinen Sport machen. Dazu schauen wir uns noch mal die DGE an. Sie soll eine präventive Rolle einnehmen, das heißt, gesunden Menschen Ernährungsrichtlinien geben. Nun sind aber schon zwei Drittel unserer Gesellschaft übergewichtig. Die Empfehlungen der DGE sprechen nur ein Drittel an. Sie raten diesem gesunden Drittel aber auch zu mehr Fett und Eiweißkonsum: Wie profitieren zum Beispiel Ausdauersportler von einem höheren Fettkonsum? Ausdauersportler erreichen durch ihr jahrelanges Training eine Optimierung des Fettstoffwechsels. Dadurch können sie ihre Energie aus Fett ähnlich schnell und effizient gewinnen wie aus Zucker. Sie können mit fettreicher Kost eine vergleichbare Ausdauerleistung erreichen. Durch die erhöhte Fettzufuhr verbessern sich aber ihre Parameter des Immunsystems und die Cholesterinwerte im Blut. Das hat einen bitte! Dr. Nicolai Worm Die Pasta-party steht im Verruf: Sie macht eher fett als fit. Dr. Nicolai Worm erklärt, wie Fette und EiweiSSe sportlern bei der regeneration helfen. Fotos: sporzpics, M. Vogel, G. Grieshaber ich sie für zu intellektuell anspruchsvoll. Die Idee einer Mengen- und Qualitätsangabe für Essen ist grundsätzlich eine geniale Sache und sicher einmalig auf dieser Welt, aber sie ist schwer zu begreifen. Das wäre das Erste. Zum Anderen, und das ist sicher interessanter, kann ich viele Dinge inhaltlich nicht für gut heißen. Es wird eine alte Lehre aufgezeigt: nämlich kohlenhydratlastig mit viel Vollkorn. Was heißt das genau? Es gibt eine Weltverbesserungstradition in der Ernährungslehre. Das fing an mit Herrn Kellogg und den Vegetariern vor rund 150 Jahren. Vollkornmehl ist sicher besser als Auszugsmehl, aber verkannt wird, dass viele Menschen das gar nicht vertragen. Zudem stellt Vollkorn in einer Gesellschaft, wo man sich wenig bewegt, immer noch ein Problem dar im Hinblick auf einen erhöhten Blutzuckerspiegel. Hotel-Buffet hat diese Sachen. Aber klar kann man ein Müsli essen, dann aber mit weniger Getreide, dafür mit mehr Früchten oder Nüssen. Haferflocken, wenn es Getreide sein soll, sind eine gute Quelle. Was spricht denn gegen zwei Scheiben Schwarzbrot? Wenn die Energie, sprich die Kohlenhydrate, danach verbrannt werden, ist das kein Problem. Ein schlanker, bewegungsaktiver Mensch kann das machen, aber wenn meine Glykogenspeicher im Muskel voll sind und ich dann noch zwei Scheiben Schwarzbrot esse, wandelt das der Körper in Fett um. Muskelglykogen kann nur vom Muskel benutzt werden und nicht zum Beispiel vom Gehirn. Für jemanden, der sich viel bewegt, sind die zwei Scheiben, wie gesagt, sicher nicht das Problem. Aber 90 Prozent der Deutschen bewegen sich zu Dr. Nicolai Worm ist Diplom-Ökotrophologe, Ernährungswissenschaftler und Autor zahlreicher Bücher und Fachaufsätze. Bekannt wurde Worm vor allem durch die Logi- Methode als Ernährungsempfehlung, die Übergewicht, Insulinresistenz und das metabolische Syndrom verhindern soll. Dabei spielen der glykämische Index und die glykämische Last der Lebensmittel eine wesentliche Rolle. In der Fachwelt ist Worm u. a. durch seine kritische Position in der Cholesterin-Diskussion bekannt. Zudem hält er die Ernährungsempfehlungen der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) für falsch. 11/12 BIKE 83

4 ernährung immensen Vorteil, denn man kann seinen extrem hohen Energiebedarf mit einem wesentlich kleineren Nahrungsvolumen abdecken als bei fettarmer und kohlenhydratreicher Kost. Gut, wenn ich nun auf Kohlenhydrate weitgehend verzichte, greife ich zu mehr Fett und Eiweiß. Aber wie genau ist Fett gut fürs Immunsystem? Sehr gut. Schauen wir uns die essentiellen Fettsäuren an: Omegea 3 und 6. Diese wirken antagonistisch, und wir müssen sie mit der Nahrung aufnehmen, da wir sie selber nicht herstellen können. Der Körper macht aus diesen Fettsäuren Gewebshormone. Wir nehmen also Vorstufen von Hormonen zu uns, wenn wir Fette essen und zwar sehr wichtige, die viele Vorgänge steuern. Ein Aspekt ist zum Beispiel, dass unser Immunsystem Entzündungen braucht. Sagen wir mal, Sie schneiden sich und es dringen Bakterien ein. Dann versucht der Körper, diese Bakterien durch eine Entzündung wieder loszubekommen. Und dafür braucht er Omega 6. Das Gegengewicht dazu stellen die Gewebshormone aus den Omega-3-Fettsäuren dar. Diese lassen eine Entzündung abklingen. Leider haben wir aber durch unsere Ernährung ein Ungleichgewicht. Wie sieht das aus? Wir haben einen acht bis zehn mal höheren Anteil an Omega 6. Das kommt daher, dass wir uns so getreidelastig ernähren. Viele Menschen leben praktisch in einem permanenten Entzündungszustand. Leider werden auch Tiere mit Vollkorn gefüttert. Wir haben kaum Quellen für Omega 3. Und die sind wichtig, vor allem in Hinblick auf die Regeneration nach dem Sport, wo es durch hartes Training zu Mikroentzündungen im Muskel kommt. Was soll man da machen? Fleisch essen, das von Tieren stammt, die auf der Weide grasten und nicht mit Kraftfutter gepäppelt wurden. Irische Milchprodukte, zum Beispiel Butter, haben einen höheren Omega-3-Anteil, da diese Kühe fast das ganze Jahr draußen stehen. Wenn Tiere sich bewegen und Gras fressen, können sie mehr Omega-3-Fettsäuren bilden. Ist Bio ein Garant für Omega 3? Nein, da die Hühner oder Kühe ja auch biologisch angebautes Getreide als Futter bekommen können. Am besten, man kennt seinen Bauern und sieht, wie die Kühe oder Hühner draußen auf der Weide stehen. Woher weiß ich denn eigentlich, ob ich zu viel Omega 6 im Gewebe habe. Das kann man mit dem Omega-3-Index überprüfen. Professor Clemens von Schacky hat diesen Index erfunden. Dieser Index ist insofern gut, weil die Zufuhrmengen an Fett von Körper zu Körper unterschiedlich aufgenommen werden. Der Zielwert sollte bei acht Prozent liegen, der deutsche Durchschnitt erreicht sechs. Bei Völkern, die so bei acht Prozent liegen, gibt es viel weniger Herzinfarkte. Also, nicht blind Fischölkapseln einwerfen? Das machen ja einige, um an Omega 3 ranzukommen. Nein, denn wie gesagt, jeder Körper verwertet Fett anders. Nur mit diesem Index bekommt man Klarheit. Kann ich also zum Arzt gehen und den Index bestimmen lassen. Ja, kein Problem. Kommen wir noch einmal auf das Frühstück zurück. Das Mehr an Fett, vor allem Omega 3, wirkt sich positiv aus. Wie sieht es mit Eiweiß aus? Die DGE Mehr davon bitte: Gemüse sollte den Großteil der Ernährung ausmachen. empfiehlt 0,8 Gramm pro Kilo Körpergewicht. Ist das genug? Das Eiweiß-Thema ist interessant. Der Wert setzt sich zusammen aus Bedarf und Sicherheitszuschlag. Insofern kann man da nichts gegen sagen. Der Bedarf ist also mehr als gedeckt. Die Frage sollte sich aber nicht nach dem Bedarf richten, sondern danach, was das Optimale ist. Zum Bespiel gibt es bei Kohlenhydraten keinen Bedarf. Wieso? Weil es gesünder ist, angeblich. Wieso argumentiert man nicht so beim Eiweiß? Also, mehr ist gut. Es sprechen so viele wissenschaftliche Daten dafür, dass mehr Eiweiß Vorteile bringt. Die angeblichen Risiken sind nicht zu finden. Mehr Eiweiß ist besonders bei Übergewichtigen und Sportlern sehr gut. Was macht dann eine erhöhte Eiweißzufuhr so gut? Sie sind schneller gesättigt, kommen mit weniger Kalorien aus. Sie haben einen positiven Effekt auf den Blutdruck und Blutfette. Das Muskelwachstum wird angesprochen und die Regeneration beschleunigt. Es ist eine riesige Palette an positiven Dingen. Das Risiko liegt im Grunde nur bei den Nieren. Wenn die nicht gut funktionieren, bereitet zu viel Eiweiß Probleme. Zum Schluss wieder eine praktische Frage. Wie sollte ich meine Kohlenhydrate als Sportler timen? Am besten nach dem Sport, aber auch währenddessen, wenn die Belastung intensiv ist. Insulin ist das stärkste körpereigene Anabolikum. Wenn wir durch Kohlenhydrate die leeren Muskelglykogenspeicher wieder füllen, und der Insulinspiegel steigt, schützt das zum Beispiel vor Erkältungen nach der Belastung. Zudem erholen Sie sich schneller. Man muss mit den Kohlenhydraten spielen. Fotos: D. Simon, clipdealer 84 BIKE 11/12

5 Training So timen Sie das Essen an Trainingstagen. Frühstück Was haben Sie vor? Diese Frage sollten Sie sich an Trainingstagen stellen. Wer gleich morgens losrasen möchte, sollte kohlenhydratlas tiger essen, aber nicht am Frühstückstisch, sondern direkt beim Training mit. Ideal: Nehmen Sie Bananen oder Riegel mit zum Training. Auf dem Frühstücksteller liegt eher eiweißreiche Kost. Übrigens: Wer locker fährt, kommt auch ohne Riegel und Bananen aus. Mittag Fertig mit dem Training, oder geht das Training erst nach dem Mittag los? Wer zum Mittag wieder zurückkommt, isst kohlenhydratlastig. Süßkartoffeln sind ideal. Nach einem intensiven Training (hart und kurz) können Sie auch einen Recovery-Shake zu sich nehmen. Falls das Training noch anstehen sollte, essen Sie lieber eiweißreich und nehmen während der Belastung Kohlenhydrate zu sich. Abend Auch das Abendessen richtet sich nach der Frage: Fahren Sie noch los, oder haben Sie Ihr Training schon absolviert? Wer die Trainingseinheit noch vor sich hat, nimmt sich Kohlenhydrate mit auf den Weg. Wer schon fertig ist, greift zu Fisch, Fleisch, Gemüse und Kohlenhydraten. Wichtig: Nach harten Trainingseinheiten sollte grundsätzlich kohlenhydratreich gegessen werden. Ruhetag Mehr Fett und Eiweiß für die Erholung Frühstück Beginnen Sie den Tag eiweiß- und fettreich. Greifen Sie zu Eiern und viel Gemüse. Wer ohne sein Müsli nicht auskommt, kann ein getreidearmes Müsli selber mischen. Nehmen Sie etwas Haferflocken, viel Obst und Nüsse. Statt Milch können Sie auch Quark nehmen. Dadurch erhalten Sie mehr Eiweiß, und die Sättigung tritt schneller ein. Trinken Sie dazu Tee oder Kaffee. Mittag Greifen Sie zu einem Salat und Fleisch. Wie wäre es mit dem klassischen Putenstreifen- Salat? Den Brotkorb lassen Sie aber besser stehen. Bei der Wahl des richtigen Getränkes entscheiden Sie sich am besten für einfaches Wasser. Schorle oder Säfte stecken voller Zucker. Apfelsaft hat ähnlich viel Zucker wie eine Cola. Abend Gemüse in allen Variationen steht an, dazu vielleicht Fisch oder doch ein Stück Fleisch? Idealerweise ist das Gemüse gedünstet oder auch gebraten. Purer Salat wäre abends schwer zu verdauen. Braten Sie Ihr Fleisch nicht in Pflanzenölen. Machen Sie es wie Ihre Mutter: Benutzen Sie Butter. Dadurch erhalten Sie ein gutes Omega-3-Spektrum. 11/12 BIKE 85

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