Versorgungsforschung in der Rehabilitation

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1 Versorgungsforschung in der Rehabilitation Univ.-Prof. Dr. Holger Pfaff Universität zu Köln & 17. Rehawissenschaftliches Kolloquium Rehabilitation heute Versorgungsrealität , Berlin

2 Gliederung 1. Was ist Versorgungsforschung? 2. Was ist rehabilitative Versorgungsforschung? 3. Forschungsgegenstand: Input-Faktoren der Reha 4. Forschungsgegenstand: Erbringung der Rehaleistung 5. Forschungsgegenstand: Kontext der Rehaleistung 6. Forschungsgegenstand: Versorgungsoutcome 7. Forschungsgegenstand: Versorgungskette 8. Forschungsgegenstand: Versorgungsentwicklung 9. Fazit

3 Definition der Versorgungsforschung Versorgungsforschung ist ein fachübergreifendes Forschungsgebiet, das ausgehend von der Patienten- und Populationsperspektive und vor dem Hintergrund komplexer Kontextbedingungen die Versorgungsstrukturen und -prozesse der Gesundheitsversorgung untersucht, den Outcome auf Ebene der Alltagsversorgung beschreibt und komplexe Interventionen zur Verbesserung der Versorgung evaluiert. (Schrappe & Pfaff, in Druck)

4 Das neue Throughput-Modell

5 1. Was ist Versorgungsforschung? 2. Was ist rehabilitative Versorgungsforschung? 3. Forschungsgegenstand: Input-Faktoren der Reha 4. Forschungsgegenstand: Erbringung der Rehaleistung 5. Forschungsgegenstand: Kontext der Rehaleistung 6. Forschungsgegenstand: Versorgungsoutcome 7. Forschungsgegenstand: Versorgungskette 8. Forschungsgegenstand: Versorgungsentwicklung 9. Fazit

6 Versorgungsforschung in der Rehabilitation als Bewältigungsressource Versorgungsforschung in der Reha Systemische & organisationale Bewältigung Druck auf das Rehabilitationssystem - Demographie - Wettbewerb - Ansprüche Betroffene: - Teilhabe - Lebensqualität Leistungserbringer: - Versorgungsqualität - Rücklagen

7 Versorgung Präventive Kurative Rehabilitative Palliative Pflegerische Versorgung Pfaff, H. & Schrappe, M. (2010), S. 19.

8 Rehabilitative Versorgung Rehabilitative Versorgung kann definiert werden als alle Aktivitäten von professionellen Einrichtungen und Fachkräften, die der Rehabilitation einer Person oder einem Kollektiv von Personen dienen. Rehabilitation Selbstrehabilitation Rehabilitative Versorgung

9 Rehabilitative Versorgungsforschung Rehabilitative Versorgungsforschung kann definiert werden als eine problemorientierte, fachübergreifende Forschung, welche die rehabilitative Kranken- und Gesundheitsversorgung und ihre Rahmenbedingungen beschreibt und kausal erklärt sowie aufbauend darauf Versorgungskonzepte entwickelt, die Umsetzung von Versorgungskonzepten begleitend erforscht und unter Alltagsbedingungen evaluiert ( effectiveness ).

11 Versorgungskette: Output = Input Rettungsdienst Akutklinik Rehaklinik Facharzt/ Hausarzt

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13 Forschungsthema: Rehabilitationsbedarf

14 Forschungsbedarf: Belegungssicherung: Identifikation und Beeinflussbarkeit praxiswirksamer Steuerungsfaktoren für den Zugang zur Rehabilitation Bedarfsgerechte, zukunftsfähige Anpassung des eigenen Leistungsportfolios (bspw. stärker in Richtung ambulanter und mobiler Angebote) Kostenunabhängige Sicherstellung indikationsgerechter Zuweisung (bspw. Aufnahme in eine teurere geriatrische statt eine günstigere muskuloskelettale Reha)? Lübke, N. Rehabilitationseinrichtungen in: Pfaff, H. et al. (Hg): Lehrbuch Versorgungsforschung, 2. Aufl. (in Druck)

16 Forschungsbedarf: Beschreibung des Leistungsgeschehens

17 Forschungsbedarf: Mangelnde Nachhaltigkeit der Reha

18 Methodenvielfalt bei komplexen Interventionen Gegenstand der Versorgungsforschung Menschlicher Körper Medizintechnik Denken, Fühlen, Verhalten und subjektives Befinden der Akteure im Versorgungssystem Wechselseitiges Verhalten der Akteure (Individuen und Organisationen) im Versorgungssystem Systemtyp Menschlicher Organismus Technisches System (Maschinen) Psychisches System Soziales System Datenart Biomedizinische Daten Technische Daten Psychosoziale Daten Sozioökonomische Daten Datengewinnung Methoden der klinischen Forschung und der Biomedizin Methoden der Ingenieurwissenschaften Methoden der empirischen Sozialforschung Pfaff, H.: Konzepte und Methoden der Versorgungsforschung. in: Psychiatrie, 1: 2004

20 Forschungsbedarf: Work force Fluktuation, AU, Präsentismus etc.

21 Lübke, N. Rehabilitationseinrichtungen in: Pfaff, H. et al. (Hg:) Lehrbuch Versorgungsforschung, 2. Aufl. (in Druck) Universität zu Köln Forschungsbedarf: Qualitätssicherung & -management Qualitätssicherungsverfahren und deren Wirkungen: - Konzeptionalisierung/Zielorientierung von QS-Verfahren? - Reicht die alleinige Orientierung an der Erfüllung von Mindeststandards (wie sie bspw. das derzeitige QS-Reha -Verfahren der GKV vorsieht)?

22 Lübke, N. Rehabilitationseinrichtungen in: Pfaff, H. et al. (Hg:) Lehrbuch Versorgungsforschung, 2. Aufl. (in Druck) Universität zu Köln Forschungsbedarf: Wirtschaftlichen Leistungsoptimierung Wie verhält sich Art, Zahl und Qualifikation des eingesetzten Personals zur Qualität der Leistungserbringung? Welche Leistungen und Leistungsintensitäten sind für welche Outcomeergebnisse bei welchen Zielgruppen fachlich oder normativ erforderlich/verzichtbar? Welche Erbringungssettings (stationär, ambulant, mobil oder welche Kombinationen) sind unter welchen Kontextbedingungen am wirtschaftlichsten? Evidenz/Flexibilisierungsbedarfe der derzeitigen leistungsrechtlichen Rehabilitationsangebote?

23 Forschungsbedarf: Implementierungsforschung Innovation Reine Wirkung (klinische Studie) Implementation Eingebaute Innovation Organisation Verwässerte Wirkung Gesamtwirkung Kranken- & Gesundheitsversorgung Qualität Preis/Kosten Humanität der Arbeit Quantität

25 Forschungsbedarf: Erfüllung der positiven ICF- Dimensionen durch Reha Fallbeispiel: ICF-Anwendung auf einen Patienten mit Herzinfarkt Gesundheitsproblem: Myokardinfarkt Schädigung der Körperstruktur: Absterben von Herzmuskelzellen Schädigung der Körperfunktion: herabgesetzte Pumpleistung des Herzens Beeinträchtigung der Aktivität: z.b. Einschränkung des Treppensteigens Beeinträchtigung der Teilhabe: z.b. partieller Ausschluss von aushäusigen Ereignissen umweltbezogene Kontextfaktoren: fördernd: z.b. Lift im Haus hemmend: z.b. kein treppenfreier Zugang zum Arbeitsplatz personenbezogene Kontextfaktoren: fördernd: z.b. Motivation, Wissen und Durchsetzungsvermögen hinsichtlich der Ansprüche auf einen barrierefreien Zugang zum Arbeitsplatz hemmend: z.b. lebensstilbedingtes Übergewicht Lübke, N. Rehabilitative Versorgung in: Pfaff, H. et al. (Hg:) Lehrbuch Versorgungsforschung, 2. Aufl. (in Druck)

26 Arbeitsfähigkeit (Work Ability) How good is the worker at present, in the near future, and how able is he or she to do his or her work with respect to the work demands, health and mental resources? (Imarinen et al. 2005: 3) International Congress Series Volume 1280, June 2005, Pages 3 7 New dimensions of workability J. Ilmarinen,, K. Tuomi, J. Seitsamo Finnish Institute of Occupational Health, Helsinki, Finland

27 Beschäftigungsfähigkeit Beschäftigungsfähigkeit beschreibt die Fähigkeit einer Person, produktiv zu sein und auf der Grundlage ihrer fachlichen und Handlungskompetenzen, Wertschöpfungs- und Leistungsfähigkeit ihre Arbeitskraft anbieten zu können und damit in das Erwerbsleben einzutreten, ihre Arbeitskraft zu halten oder, wenn nötig, sich eine neue Erwerbsarbeit zu suchen (Blancke/Roth/Schmidt 2000, S. 9) "Arbeitsmarktfitness" "Arbeitsmarktfähigkeit" "Jobility"

28 Forschungsbedarf: Inklusion

29 Forschungsbedarf: Erfüllung der Wirkprinzipien Die ICF erschließt die drei grundsätzlichen Wirkprinzipien der Rehabilitation: Restitution i.s. der Wiederherstellung geschädigter Körperstrukturen und -funktionen Kompensation i.s. des Erlernens von Umwegstrategien und dem Ausbau verbliebener Teilfunktionen Adaptation der person- oder umfeldbezogenen Kontextfaktoren (von Einstellungsänderungen und Angehörigenunterstützung oder -anleitung über Hilfsmitteleinsatz, die Nutzung technischer Mittel (z.b. von Ambient Assisted Living- Produkten) bis ggf. zur Geltendmachung von Sozialleistungsansprüchen) Lübke, N. Rehabilitative Versorgung in: Pfaff, H. et al. (Hg:) Lehrbuch Versorgungsforschung, 2. Aufl. (in Druck)

30 Forschungsbedarf: Zielverschiebung? Von dem Ziel des Erhalts von Erwerbsfähigkeit (DRV: Rehabilitation vor Rente ) hin zu dem Ziel Vermeidung von Pflegebedürftigkeit (GKV: Rehabilitation vor Pflege ) Lübke, N. Rehabilitative Versorgung in: Pfaff, H. et al. (Hg:) Lehrbuch Versorgungsforschung, 2. Aufl. (in Druck)

32 Forschungsbedarf: Modelle der koordinierten rehabilitativen Versorgung Modell der segmentierten Versorgung Modell der integrierten segmentierten Versorgung Generalunternehmermodell Gesamtdienstleistermodell Patientenunternehmermodell Pfaff, H. et al. (2005): Integrierte Versorgungsformen aus stationärer Perspektive. In Badura, B. & Iseringhausen, O (Hg): Wege aus der Krise der Versorgungsorganisation. Huber: Bern. S Pfaff, H., Schulte, H.: Der onkologische Patient der Zukunft: Co-Manager und Patientenunternehmer in eigener Sache. Der Onkologe 2012; 18:

33 Forschungsbedarf: Trend zu Mega-Kliniken mit integrierter Reha Große Kliniken mit integrierten Reha-Abteilungen werden zunehmen (Beispiel: Cleveland Clinic)

34 Forschungsbedarf bzgl. Zukunftstrends Prozesskette-Perspektive: Das Versorgungsproblem macht nicht an den Fachgrenzen halt Rahmensteuerung (Budget; Komplexpauschale; bundled payment) Lebenszyklus-Perspektive: Alterung Entgrenzung von Prävention, Kuration und Rehabilitation In der Rehabilitation findet auch Prävention statt Kuration ist ein Beitrag zur Rehabilitation

36 Forschungsbedarf: Versorgungsentwicklung Unter Versorgungsentwicklung verstehen wir die geplante Veränderung des Versorgungssystems und der damit verbundenen Versorgungsprozesse und - strukturen unter Einbeziehung, Federführung oder in Eigenregie der Akteure zum Zwecke der medizinischen, sozialen und ökonomischen Verbesserung des bestehenden Versorgungsystems.

38 Fazit Versorgungsforschung in der Rehabilitation = 1. Inputforschung 2. Throughputforschung 3. Output- und Outcomeforschung 4. Versorgungskettenforschung 5. Versorgungsentwicklung-Forschung

39 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! IMVR Versorgungsforschung und der Humanwissenschaftlichen Fakultät und der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln