Histologie des Ovars
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- Leon Pohl
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1 Histologie des Ovars Einleitung: Hintergrundinformationen zu den Präparationsabenden der MGW im Sept von Dr. Thomas Kann Es wurden im Rahmen der histologischen Präparationsabende folgende Dauerpräparate angefertigt: Präp.1: Ovar (Eierstock) vom Schwein Kresylechtviolettfärbung Präp.2: Ovar (Eierstock) vom Schwein: Azanfärbung Die Fixierung der Gewebe erfolgte in Formalin, die Einbettung in Paraplast; geschnitten wurde am Reichert Rotationsmikrotom mit Schnittdicke10µm. Gefärbt wurde neben Kresylechtviolett auch mit Pseudo-AZAN Färbung nach folgendem Rezept: 1) Xylol zum Entparaffinieren 2) Absteigende Akloholreihe bis Aqua dest. 3) Kernechtrubin als Kernfärbung: ca 10 Min. 4) Kurz spülen mit Aqua dest. 5) Entfärben & Beizen des Bindegewebes mit 5% Phosphorwolframsäure: ca. 10 Min 6) Kurz spülen mit Aqua dest. 7) Azan Lösung: (Orange G (feindisperse Zytoplasmafärbung) + grobdisperses Anilinblau) für ca. 3 Min. 8) Kurz spülen mit Aqua dest. 9) Differenzieren in 70 % Alk. und 96% Alk. 10) Terpineol 11) Eindecken in Malinol Interpretation der AZAN Färbung: Zellkerne: rot Erythrocyten: rot-orange Muskelzellen: rot-violett kollagenes + retikuläres Bindegewebe: blau Schleim: blau Historische Meilensteine zur mikroskopischen Forschungsgeschichte des Ovars: Gabriele Falloppio ( ) beschreibt als Anatom in Ferrara, Pisa und Padua den Eileiter. Reinier de Graaf : De mulierum organis in generationi inservientibus tractatus novus. 1672: erste Beschreibung von Ovar und Follikel (Abb. 1-3). 1827: beschreibt Karl Ernst von Baer die Eizelle in De ovi mammalium et hominis genesi, Leipzig 1827) und 1828 in einem deutschen Aufsatz (Commentar, in Heusingers Zeitschrift für organische Physik). Abb.4, 5
2 1840 erläutert Charles Négier (Frankreich) Zusammenhänge zwischen Ovulation und Menstruation 1870 beschreibt Kronid Slavjansky. in Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Medicin 17. December 1870, Volume 51, Issue 4, pp Zur normalen und pathologischen Histologie des Graaf'schen Bläschens die Follikelatresie 1890: beschreibt der Wiener Gynäkologe Dr. Emil Knauer Fruchtbarkeitsfermente durch Ovartransplantationen bei Nagetieren 1901 beweist Josef Halban den Zusammenhang zwischen Sekretion chemischer Stoffe aus dem Eierstock und Eintritt der Menstruation 1903 entdeckt Fraenkel die Funktion des Gelbkörpers Ludwig Haberland 1921: Verhütungsexperimente bei Nagetieren mit verpflanztem Ovarien trächtiger Tiere George W. Corner und Williard M. Allen 1928: Entdeckung des Progesterons 1929: Eduard Doisy: Entdeckung von Östrogen. Parallel dazu gelang es auch dem deutschen Biochemiker Adolf Butenand 1929 das Hormon Östrogen aus Stutenharn zu isolieren
3 Abb.1: Reinier de Graaf : De mulierum organis in generationi inservientibus tractatus novus (Quelle: google.books) Abb.2: Reinier de Graaf : De mulierum organis in generationi inservientibus tractatus novus (Quelle: google.books)
4 Abb.3: Reinier de Graaf : De mulierum organis in generationi inservientibus tractatus novus (Quelle: google.books) Abb.4: Karl Ernst von Baer De ovi mammalium et hominis genesi epistolam ad Academiam Imperialem Scientairum Petropolitanam. Leipzig 1827 (Quelle: google.books)
5 Abb.5: Detail aus Karl Ernst von Baer De ovi mammalium et hominis genesi epistolam ad Academiam Imperialem Scientairum Petropolitanam. Leipzig 1827 Abb. 6: Kronid Slavjansky: Zur normalen und pathologischen Histologie des Graaf'schen Bläschens Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Medicin 17. December 1870, Volume 51, Issue 4, pp
6 Histologie des Ovars: Grobe Architektur: Abb.7, 8 Das Ovar ist beim Menschen ca. 3 x 1,5 x1cm groß. Es wird vom Peritonealepithel, einem einschichtig platten bis kubischem Epithel, überkleidet. Darunter findet sich eine unscharf begrenzte Zone aus straffem Bindegewebe (Tunica albuginea) die kontinuierlich in das Stroma des Ovars übergeht. Das Ovar kann grob in eine Rinde mit dichtem, spinozellulärem Bindegewebe und Follikel sowie in eine Markzone untergliedert werden. Das Mark enthält lockeres Bindegewebe und zahlreiche Blutgefäße aber keine Follikel. Abb. 7: aus O. Bucher, H. Wartenberg: Cytologie, Histologie und mikroskopische Anatomie des Menschen Verlag Hans Huber; 11 Auflage; 1992 Abb. 8: aus Sobotta-Welsch: Lehrbuch der Histologie; 2. Auflage; Urban & Fischer; 2006
7 Abb.9: Ovar vom Schwein mit vielen Tertiärfollikel: Lupenvergrößerung, Azanfärbung Feinarchitektur des Ovars / Follikelentwicklung: Abb. 8 und Abb. 10: Primordialfollikel bestehen aus den primären Oozyten (Eizellen) und dem umgebenden flachen, einschichtigen Follikelepithel. Oozyten haben einen Durchmesser von ca µm, einen großen bläschenförmigen, hellen, Zellkern mit großem Nukleolus. Primärfollikel haben eine etwas größere primäre Eizelle und ein kubisches bis hochprismatisches, einschichtiges Follikelepithel. Es beginnt sich ein Spaltraum zwischen Eizelle (Oozyt) und Follikelepithel, der späteren Zona pellucida auszubilden. Sekundärfollikel haben in toto Durchmesser bis 250 µm. Es kommt zu mehreren charakteristischen Veränderungen: Vergrößerung der primären Eizelle (Oozyt) Ausbildung der sogenannten Zona pellucida Vermehrung des Follikelepithels zur Granulosa Entstehung einer Theca folliculi. Durch weitere Verbreiterung des Spaltes zwischen Oozyt und Follikelepithel und durch Einlagerung amorphen Materials entsteht die Zona pellucida. Mikrovili der Eizelle und lange Fortsätze der Follikelepithelzellen ragen in die Zona pellucida hinein. Durch mitotische Vermehrung ist aus dem ursprünglich einschichtigen Follikelepithel ein mehrschichtiges (bis zu 5 Schichten ) Epithel entstanden. Aufgrund lichtmikroskopisch nachweisbarer Granulierung werden die Epithelzellen auch Granulosazellen genannt. Als Theca folliculi werden Stromazellen benannt, die unmittelbar an die Basalmembran der Granulosa grenzen. Diese spezialisierten Stromazellen sind größer als die übrigen
8 Stromazellen. Mit weiterem Wachstum des Follikels betrifft diese Spezialisierung nur die innere Schichte (Theca interna) während die äußere Schichte stromaartig verbleibt. Tertiärfollikel besitzen folgende Eigenschaften: Vergrößerung der primären Eizelle (Oozyt) Follikelepithel mit mehr als 5 Zellschichten (Granulosa) Entstehung von flüssigkeitsgefüllten Räumen zwischen den Follikelepithelzellen Ausdifferenzierung der Theca in eine Theca interna und externa Wachstum des Tertiärfollikels bis 1cm Durchmesser Die Eizelle erreicht nun ihre volle Größe µm. Sie befindet sich jedoch immer noch in der Prophase der 1. Reifeteilung (Diktyotänstadium s.u.). Zwischen den Granulosazellen kommt es zu flüssigkeitsgefüllten Räumen, die schließlich zur Follikelhöhle (Antrum folliculi) zusammenfließen. Im Bereich der Eizelle ragt ein kleiner Granulosazellhügel (Cumulus oophorus) in die Follikelhöhle hinein. Die Ausdifferenzierung der Theca in eine innere, gefäßreiche, epithelartige Theca intera und eine äußere, gefäßarme, bindegewebige Theca externa hat funktionelle Gründe: In der Theca intera werden Androgene produziert, während die spindelförmigen Theca externa Zellen keine sekretorische Funktion aufweisen. Reifer Follikel Graaf Follikel können > 1cm Durchmesser aufweisen. Die Eizelle verliert ihren Kontakt zum Cumulus oophorus und schwimmt frei, nur umgeben von der Corona radiata (mehrschichtiger Kranz von Granulosazellen) in der Follikelhöhle umher. Kurz vor dem Eisprung vollendet die Eizelle ihre 1. meiotische Teilung. Dabei entstehten 2 Tochterzellen innerhalb der Zona pellucida mit unterschiedlich viel Zytoplasma: der sekundäre Oozyt und das 1. Polkörperchen, das bald danach abgestoßen wird. Nach dieser Abstoßung beginnt die 2. meiotische Teilung, die bis zur Metaphase fortschreitet. Erst nach dem Eindringen von Spermien wird die 2. Meiose vollendet. Corpus luteum: nach Platzen des reifen Graaf Follikels kommt es zu einer Einblutung in die Follikelhöhle und zu einer Umwandlung in eine endokrine Drüse, dem Gelbkörper: Dabei wandeln sich die Granulosazellen in die steroidhormonproduzierenden Granulosaluteinzellen um, die Thecazellen werden zu Thecaluteinzellen. Corpus albicans: tritt keine Schwangerschaft ein so degeneriert der Gelbkörper nach Tagen zum Corpus albibans. Atretische Follikel stellen zurückgebildete Primär-, Sekundär-, oder Tertiärfollikel dar. Auffallenderweise lösen sich Eizelle und Follikelepithelzellen schneller auf, als die Zona pellucida. Diese verbleibt von Bindegewebe umgeben als membrana atretica Grohe Slaviansky noch einige Wochen länger im Ovar.
9 Abb.10: aus L.C. Junqueira; J. Carneiro Histologie: Zytologie, Histologie und mikroskopische Anatomie des Menschen:; übersetzt von Th. Schiebler; 4. Auflage; Springer; 1996 Histophysiologie des Ovars: Als Oogonien werden die Stammzellen des fetalen Ovars bezeichnet. In der Fetalzeit entstehen daraus beim Menschen ca. 2-4 Mio. Eizellen ( = Oozyten). Bereits vor der Geburt sterben viele Oozyten ab, sodass schließlich nur übrig bleiben. Oozyten verharren in
10 einem Vorstadium der 1. Reifeteilung (Meiose) bis zur Ovulation. Dieses Vorstadium ist das Diktyotän, ein Sonderstadium des Zygotän: Es ist charakterisiert als jenes Stadium der homologen Chromosomenpaarung, in der die 4 Chromatiden locker an wenigen Punkten in Verbindung stehen. Erst unmittelbar vor dem Eisprung wird die 1. Meiose mit Halbierung des Chromosomensatzes vollendet. Somit kann sich der Ablauf der vollständigen Meiose bis zu 40 Jahre hinziehen. Von den Oozyten reifen in einem Leben ca vollständig heran. Die übrigen Oozyten gehen in verschiedenen Follikelstadien zugrunde (= Atresie). Die reifenden Follikel produzieren die Östrogene (Östradiol, Östron und Östriol); der Gelbkörper (Corpus luteum) produziert auch Progesteron. In den Theca interna Zellen der Follikel werden Androgene produziert ( Androstendion), die dann in den Granulosa Zellen durch das Enzym Aromatase in Östrogene umgewandelt werden. Dabei steht das Ovar unter der Kontrolle von Hypothalamus und Hypophyse: Unter Einfluss von Gonadoliberin (GnRH) des Hypothalamus sezerniert die Anhangsdrüse (Hypophyse) die Gonadotropine: FSH und LH: FSH (Follikel stimulierendes Hormon oder Follitropin) bewirkt das Wachstum und Reifung der Ovarfollikel und Aktivierung der Aromatase und damit Freisetzung von Östrogenen, sowie die Vermehrung von FSH Rezeptoren im Follikel. LH (luteinisierendes Hormon oder Lutropin) fördert die Synthese von Androgenen in den Theca interna Zellen. In einem Rückkopplungsmechanismuns senkt der erhöhte Östrogenplasmaspiegel die FSH Freisetzung der größte Follikel aber mit der höchsten Östrogenproduktion und den meisten FSH Rezeptoren kann dennoch weiterwachsen. Die übrigen Follikel gehen durch den unveränderten Androgeneinfluss und sinkenden FSH zugrunde (= Atresie). Zusätzlich produziert der selektierte, größte Follikel das Hormon Inhibin, das die hypophysäre FSH Sekretion hemmt. Nach der Ovulation bewirken LH und Östrogene die Umwandlung des eingebluteten Follikels zu dem Gelbkörper, welcher Progesteron produziert. Progesteron bewirkt eine weitere Sekretion von LH aber auch einen negativen Feedback auf die hypothalamische Gonadoliberinsekretion. Schließlich bewirkt die dadurch fallende LH Plasmakonzentration, dass der Gelbkörper zugrunde geht. Damit sinken Progesteron und Östrogene ab. Über Feedback Mechanimus steigt die Gonadoliberinsekretion nun wieder an, sodass neue Follikel reifen dürfen und ein neuer Zyklus beginnen kann. Farbphotographien: Abb.11: Ovar, 100x; Kresylechtviolett; Primordial- und Primärfollikel Abb. 12: Ovar, 400x; Kresylechtviolett: Primordialfollikel Abb. 13: Ovar 400x; Azan: Sekundärfollikel Abb.14: Ovar 100x; Kresylechtviolett: Tertiärfollikel Abb.15: Ovar 100x; Atretischer Tertiärfollikel; Azan Literatur: L.C. Junqueira; J. Carneiro Histologie: Zytologie, Histologie und mikroskopische Anatomie des Menschen:; übersetzt von Th. Schiebler; 4. Auflage; Springer; 1996 Schwarzacher, Schnedl, Pavelka Histologie:; 5. Auflage; Facultas, 1995 O. Bucher, H. Wartenberg: Cytologie, Histologie und mikroskopische Anatomie des Menschen Verlag Hans Huber; 11 Auflage; 1992 V. Patzelt: Histologie; 2. Auflage; 1946 Sobotta-Welsch: Lehrbuch der Histologie; 2. Auflage; Urban & Fischer; 2006 S. Silbernagl; A. Despopoulos: Taschenatlas der Physiologie; 4. Auflage; Thieme 1991 A. Stevens, J. Lowe: Histologie; übersetzt von K. Tiedemann; VCH Verlag 1992;
11 c b a Abb.11: Ovar, 100x; Kresylechtviolett: Primordial- und Primärfollikel: a = einschichtiges Oberflächenepithel; b = spinozelluläres Stroma; c = atretischer Follikel Abb.12: Ovar, 400x; Kresylechtviolett: Primordialfollikel mit deutlichem Nukleolus umgeben von spinozellulärem Bindegewebe
12 Abb. 13: Ovar 400x; Azan: Sekundärfollikel d c b e f a Abb.14: Ovar 100x; Kresylechtviolett: Tertiärfollikel: a = Eizelle; b = Granulosa; c = Theca interna; d = Theca externa; e = spinozelluläres Bindegewebe; f = Follikelhöhle
13 e d a f b c Abb.15: Ovar 100x; Atretischer Tertiärfollikel; Azan: a = atretischer Follikel; b = Sekundärfollikel; c = Oberflächenepithel; d = Tertiärfollikel; e = spinozelluläres Bindegewebe; f = membrana atretica Grohe Slaviansky
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