Der Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) ist eine gefährliche Vereinfachung

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1 Der Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) ist eine gefährliche Vereinfachung KEYFACTS - Korruption ist mehr als Bestechlichkeit - Korruptionsintensität in Wirtschaftssektoren wird nicht erfasst - Korruptionsrisiken müssen im eigenen Unternehmen transparent werden 42 oder Von Zahlen ohne Wert Vor kurzem erschien der Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) von Transparency International für das Jahr Der Index soll das Ausmaß der weltweiten Korruption messen. Statt auf harten Fakten beruht die Messung auf Wahrnehmungen. Das ist aber nicht der einzige Grund, warum Unternehmen den CPI nur als Orientierungshilfe in Sachen Korruptionsprävention nutzen sollten. Im aktuellen Ranking konnte Dänemark seine Spitzenposition als das Land mit der vermeintlich 1/5

2 niedrigsten Korruption verteidigen. Deutschland verbesserte sich vom zwölften Platz auf den zehnten Rang. Am Ende der Tabelle rangieren wie im Vorjahr Nordkorea und Somalia. Nur knapp davor: Afghanistan und der Sudan. Kommt Ihnen das bekannt vor? Die Ergebnisse des CPI lesen sich wie Fußballergebnisse. Scheinbar einfach und klar. Seit 1995 veröffentlicht Transparency International den Index. Seitdem hat er sich zu einem populären Gradmesser entwickelt: Auch wenn bereits in der Bezeichnung Korruptionswahrnehmungsindex deutlich zum Ausdruck kommt, dass es sich um gefühlte Korruption und nicht um Fakten handelt, neigen viele Medien dazu, über diese Einschränkung in der Berichterstattung hinwegzusehen. Erinnern Sie sich an den Science-Fiction-Klassiker Per Anhalter durch die Galaxis? Im Roman ist die Zahl 42 die per Computer errechnete Antwort auf die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest. Ähnlich funktioniert es bei dem CPI: Es entsteht der Eindruck, das nicht Fassbare endlich genauer begrenzen und beschreiben zu können. Diese Vereinfachung ist medial erfolgreich, aber gefährlich. 168 untersuchte Länder erzielten zwei Drittel weniger als 50 Punkte. Wie die Zahl 42 sind die Aussagen des Index eines: verdichtet. Um die Hintergründe zu verstehen, lohnt es sich, nachzuvollziehen, woraus sich die Zahlen der Skala zusammensetzen. Die Skala reicht von 0 Punkten als sehr korrupt wahrgenommen bis zu 100 Punkten für völlige Korruptionsfreiheit. Von den 168 untersuchten Ländern erzielten zwei Drittel weniger als 50 Punkte. Deutschland erhielt in der aktuellen CPI-Ausgabe 81 Punkte. Der Bericht stützt sich dabei auf Umfragen und Studien anderer Organisationen, in denen Experten und Geschäftsleute angeben, für wie korrupt sie Beamte und Politiker in einem Land halten. 2/5

3 Die Erkenntnisse, die sich aus dem CPI gewinnen lassen, sind für Unternehmen interessant, sollten aber nicht überschätzt werden. Aus drei Gründen: 1. Der CPI reduziert das Phänomen Korruption im Wesentlichen auf den Bereich der Bestechung/Bestechlichkeit; Ähnlich einzustufende Phänomene wie Nepotismus, Patronage/Klientelismus fließen in die Messung nicht mit ein. 2. Der Index bezieht sich nur auf den Öffentlichen Sektor. Er gibt keinen Hinweis auf die Korruptionsintensität in bestimmten Wirtschaftssektoren oder auf bestimmten politischen Handlungsebenen. Will sich nun aber ein Unternehmen darüber informieren, wie korrupt das Land ist, aus dem ein potentieller Geschäftspartner kommt, hilft der CPI genau genommen nur sehr eingeschränkt weiter. 3. Der CPI dampft Korruption in einem Staat auf eine Zahl zusammen, nämlich den Punktewert, aus dem sich als Folge die Stellung im internationalen Ranking ergibt. Ob die gemessene Korruption vor allem im Bereich der Politik oder aber in unterschiedlichen Sektoren der Verwaltung (Justiz, Polizei, Finanzverwaltung, etc.) zu finden ist, ob es sich um Formen von Großkorruption der politischen Spitze oder Schmiergelder in der Verwaltung handelt all das sind Dimensionen, die der CPI nicht erfasst. Daher ist es aus meiner Sicht nicht nur irreführend, sondern auch gefährlich, Korruptionsrisiken in Form von Zahlen als reine Fakten abzubilden. Schon Tolstoi wusste: Es gibt keine Fakten Es gibt nur unsere Wahrnehmung davon. Und genau das sollte man immer im Hinterkopf haben, wenn es darum geht, die CPI-Zahlen zu beurteilen. In der betrieblichen Praxis reicht es nicht, sich an dem Index zu orientieren. Wichtiger ist es, sich der spezifischen Korruptionsrisiken im eigenen Unternehmen bewusst zu werden. Denn diese können je nach Geschäftsmodell, Kundenstruktur und Zulieferkette sehr unterschiedlich sein: Mit wem arbeite zusammen? Wo lauern Gefahren in meiner Lieferkette? Wie wahrscheinlich ist es, dass ich bei einem Unternehmenserwerb Risiken einkaufe? Zuverlässige Compliance Risk Assessments sind somit für Unternehmen nach wie vor unabdingbar, um unkalkulierbare Risiken zu vermeiden. Sie helfen dem Unternehmen, die für sie relevanten Korruptionsrisiken nicht nur systematisch zu ermitteln und zu bewerten, sondern auch zu verringern. 3/5

4 Jens C. Laue Head of Governance und Assurance Services Nachricht schreiben Unsere Services ZUSAMMENGEFASST»Aus meiner Sicht ist es nicht nur irreführend, sondern auch gefährlich, Korruptionsrisiken allein in Form von Zahlen abzubilden.«vor kurzem erschien der Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) von Transparency International für das Jahr Der Index soll das Ausmaß der weltweiten Korruption messen. Statt auf harten Fakten beruht die Messung auf Wahrnehmungen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sind hilfreich, bedürfen aber einer kritischen Reflektion. Zum einen misst der CPI den Grad der "Wahrnehmung", zum anderen bezieht er sich nur auf den öffentlichen Sektor. Zusätzlich reduziert er das Phänomen Korruption im Wesentlichen auf den Bereich der Bestechung/Bestechlichkeit. KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, ein Mitglied des KPMG-Netzwerks unabhängiger Mitgliedsfirmen, die KMPG International Cooperative ("KPMG International"), einer juristischen Person schweizerischen Rechts, angeschlossen sind. Alle Recht vorbehalten. 4/5

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