Betreuung bei Verlust des Kindes
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- Erwin Frank
- vor 7 Jahren
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1 Universitätsklinik für Frauenheilkunde Abteilung für Geburtshilfe und feto-maternale Medizin A 1090 Wien, Währinger Gürtel DVR: ALLGEMEINES KRANKENHAUS DER STADT WIEN Betreuung bei Verlust des Kindes gültig ab: Version 03 Seite 1 von 6 1 GELTUNGSBEREICH UND ZWECK Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Medizinische Universität Wien 2 MITGELTENDE DOKUMENTE KIP-Obd. Bestattungsmöglichkeiten beim Verlust Ihres Kindes bis zur Schwangerschaftswoche 13+6 Informationsblatt KIP-Obd. Bestattungsmöglichkeiten beim Verlust Ihres totgeborenen Kindes unter 500g ab der Schwangerschaftswoche 14+0 Informationsblatt KIP-Obd. Bestattungsmöglichkeiten beim Verlust Ihres Kindes bei Tod nach Lebendgeburt (ohne Gewichtsbeschränkung) oder einem totgeborenen Kindes über 500g Informationsblatt AKH-KIP-FM Obduktionsanweisung Kinder AB FHK-GHFMM-FM POINT-Broschüre FKH-GHFMM-SOP Versorgung des Neugeborenen beim Schwangerschaftsabbruch aus medizinischer Indikation FHK-GHFMM-SG Hebammenstandard Abortus FKH-GHFMM-SOP Muskelbiopsie und Magnetresonanztomographie bei verstorbenen Feten AKH-Folder Ort der Erinnerung für verwaiste Eltern 3 VERWENDETE ABKÜRZUNGEN AL OA QM QM-GHFMM SSW Abteilungsleiter Oberarzt/OberärztIn Qualitätsmanagement Qualitätsmanager der Abteilung für Geburtshilfe und feto-maternale Medizin der Universitätsklinik für Frauenheilkunde Schwangerschaftswoche 4 VERANTWORTL. MITARBEITERIN DES QM-DOKUMENTS Für den Inhalt verantwortliche(r) Autor/Autorin: a.o.univ. Prof. Dr. Martin Langer, Abteilung für Geburtshilfe und feto-maternale Medizin, Universitätsklinik für Frauenheilkunde Wien. Funktion Name Datum Unterschrift Erstellt OA Prof. Langer e.h. Geprüft QM-GHFMM Prof. Leitich e.h. Freigegeben AL Prof. Husslein e.h.
2 gültig ab: Version 03 Seite 2 von 6 5 TÄTIGKEITSBESCHREIBUNG 5.1 Vorwort Eine zufriedenstellende Betreuung, in der sich die trauernden Eltern verstanden und in ihrem Leid angenommen fühlen, kann nur in Teamarbeit mit Schwestern, Hebammen und Ärzten erfolgen. Es wurde vom Pflegedienst der Station 16 E im Jahr 1999 ein Pflegeprojekt erstellt, das gewährleisten soll, dass in sensibler Weise auf die Trauernden eingegangen wird. Gleichzeitig wurde im Rahmen des Projektes eine Broschüre verfasst, die am QM-Channel zur Verfügung steht (POINT-Broschüre). Sie soll bei der Auseinandersetzung mit aufbrechenden Gefühlen helfen, enthält aber auch Detailinformationen über Bestattung, Selbsthilfegruppen, etc. Die hier vorliegende Leitlinie bietet eine kurze Zusammenfassung der Vorgangsweise und Hilfsangebote unserer Abteilung. 5.2 Von der Diagnosestellung bis zur Aufnahme Mit der Feststellung der fehlenden Herzaktion werden mit einem Schlag alle Hoffnungen, Sehnsüchte und Zukunftsplanungen zerstört und das eigene Selbstwertgefühl verletzt. Phasen des Nicht-Wahrhabenwollens und der aufbrechenden Emotionen sind die Folge. Schuldzuweisungen und Schuldgefühle sind der verzweifelte Versuch, Unerklärbares erklärbar zu machen und sollten auch als solche verstanden werden. Im Zuge der Diagnosemitteilung (akute Belastungssituation) ist der Kontakt zu einer Psychologin herzustellen, um mittels Krisenintervention Entlastung von emotionalem Druck zu erreichen und dadurch dem Paar zu ermöglichen, Orientierung wieder zu gewinnen und wesentliche Fragen für das weitere Vorgehen zu besprechen. So kann es für die Frau wichtig und nützlich sein, noch nach Hause entlassen zu werden, um sich so mit dem Partner und eventuellen Geschwisterkindern auf die neue Lebenssituation einzustellen und gemeinsam von ihrem Kind Abschied nehmen zu können. Es sollte daher dieses Angebot gemacht werden und die Aufnahme zur Einleitung, wenn möglich (d.h. wenn von beiden Partnern gewünscht und wenn ein funktionierendes soziales Netz vorhanden ist) am nächsten Tag erfolgen. Nach der Aufnahme aus dem Ambulanzbereich sollte ein Gespräch mit einem Arzt auf der Station vor Beginn der Einleitung stattfinden. In diesem sind Emotionen zuzulassen, aber auch in Ruhe das weitere medizinische Vorgehen zu erklären. Die Patientinnen werden entsprechend dem Pflegeprojekt von 16E die erarbeitete Broschüre erhalten, die sie sich in aller Ruhe durchlesen können (POINT-Broschüre). Danach sollten auftretende Fragen eingehend behandelt und gemeinsam der Zeitpunkt für den Beginn der Einleitung festgelegt werden. Während der stationären Aufnahme wird täglich psychologische Betreuung angeboten. Dabei ist es sinnvoll, die Gefühle der Eltern (insbesondere deren Ängste) bei der Vorstellung von der Begegnung mit ihrem toten Kind anzusprechen und so auch die Frage nach dem Ansehenund Angreifenwollen zu stellen. Bereits hier sollte über die Möglichkeit der Bestattung und evtl. Taufe informiert werden, da die Eltern Zeit brauchen, sich damit auseinanderzusetzen.
3 gültig ab: Version 03 Seite 3 von Zur Geburt Die Patientin soll bei der Geburt unaufdringlich, aber verlässlich zur Seite stehend begleitet werden. Hier wäre eine möglichst kontinuierliche Betreuung mit wenig Arztwechsel anzustreben. Das Kind soll Mensch und nicht Sache sein: nicht von "es", sondern vom Kind mit Namen sprechen (Mütter erleben es sehr kränkend, dass am Totenschein nur das Geschlecht, aber nicht der Name ihres Kindes steht). Dies ermöglicht Nähe und erleichtert so, das Kind anzusehen und zu berühren. So wird das jähe Ende einer längst begonnenen Beziehung bewusst gestaltet, ein Abschiednehmen ermöglicht und werden Schuldgefühle bzw. Selbstvorwürfe gelindert. Die Eltern sollen die Zeit mit ihrem Kind bekommen, die ihnen wichtig erscheint im Wissen, nicht allein gelassen zu werden. Die Eltern werden befragt, ob sie ihr Kind sehen möchten. Auf jeden Fall werden Photos gemacht, die bei entsprechendem Wunsch der Eltern ausgefolgt oder in einem Kuvert in die Krankengeschichte gelegt werden. Die Fotos können jedoch auch zu einem späteren Zeitpunkt angefordert werden. 5.4 Feststellung von Lebenszeichen und Versorgung des Kindes Zur Unterscheidung zwischen Abortus, Totgeburt und Lebendgeburt werden die entsprechenden Stellen aus dem Hebammengesetz wiedergegeben: 8. (1) Hebammen haben jede Lebend- und Totgeburt innerhalb einer Woche der zuständigen Personenstandsbehörde anzuzeigen. Fehlgeburten sind nicht anzuzeigen. Die Anzeige hat neben den von der Personenstandsbehörde benötigten Daten auch jene medizinischen und sozialmedizinischen Daten zu enthalten, die der Personenstandsbehörde ausschließlich zum Zweck der Übermittlung an das Österreichische Statistische Zentralamt bekanntgegeben werden. Bei der Anzeige sind folgende Geburtsfälle zu unterscheiden: 1. Lebendgeburt: als lebendgeboren gilt unabhängig von der Schwangerschaftsdauer eine Leibesfrucht dann, wenn nach dem vollständigen Austritt aus dem Mutterleib entweder die Atmung eingesetzt hat oder irgendein anderes Lebenszeichen erkennbar ist, wie Herzschlag, Pulsation der Nabelschnur oder deutliche Bewegung willkürlicher Muskeln, gleichgültig, ob die Nabelschnur durchgeschnitten ist oder nicht oder ob die Plazenta ausgestoßen ist oder nicht; 2. Totgeburt: als totgeboren oder in der Geburt verstorben gilt eine Leibesfrucht dann, wenn keines der unter Z 1 angeführten Zeichen erkennbar ist und sie ein Geburtsgewicht von mindestens 500 Gramm aufweist; 3. Fehlgeburt: diese liegt vor, wenn bei einer Leibesfrucht keines der unter Z 1 angeführten Zeichen vorhanden ist und die Leibesfrucht ein Geburtsgewicht von weniger als 500 Gramm aufweist. Nachdem die Feststellung von Lebenszeichen unabhängig von der SSW weitreichende Konsequenzen hat, muss sie von Hebamme und ÄrztIn gemeinsam im Vieraugenprinzip getroffen werden. Bei positiven Lebenszeichen muss zur Versorgung des Kindes entsprechend der Grundkonstellation (Gestationsalter, Schwangerschaftsabbruch versus Spontangeburt) differenziert vorgegangen werden. Zur Versorgung des Neugeborenen beim Schwangerschaftsabbruch aus medizinischer Indikation steht eine eigene SOP zur Verfügung (siehe mitgeltende Dokumente)
4 gültig ab: Version 03 Seite 4 von Weiterführende Untersuchungen Zur Diagnosesicherung soll bei allen verstorbenen Kindern mit bekannten Fehlbildungen oder Chromosomenanomalien nach der Geburt eine Magnetresonanzuntersuchung durchgeführt werden (siehe mitgeltende Dokumente). Wenn es zur Sicherung der Diagnose des verstorbenen Kindes erforderlich ist, können im Kreissaalbereich Muskelbiopsien für zytogenetische Untersuchungen durchgeführt werden (siehe mitgeltende Dokumente). Die dazu erforderliche Einverständniserklärung der Mutter zur genetischen Untersuchung des Kindes soll möglichst schon vor der stationären Aufnahmen der Mutter eingeholt werden. Falls zusätzliche invasive Untersuchungen erforderlich sind, müssen diese im Rahmen der Obduktion durchgeführt werden. 5.6 Obduktion Alle an der Universitäts-Frauenklinik verstorbenen Feten / Kinder und die dazugehörigen Plazenten müssen an die Pathologie, Leitstelle 3i, gesandt und dort obduziert werden. Das betrifft sowohl prä-, intra- oder postpartal verstorbene Kinder als auch Feten nach Schwangerschaftsabbruch aus medizinischer Indikation. Zuständig für die Zusendung und das korrekte Ausfüllen der Zuweisung ist der/die die jeweilige Geburt leitende Arzt/Ärztin. Die Notwendigkeit der Obduktion bei allen Feten ist durch das öffentliche Interesse an der Klärung der Todesursache gerechtfertigt, das sich auf folgende Teilargumente stützt: Diagnosesicherung: selbst eine durch mehrfache bildgebende oder zytogenetische Verfahren gewonnene Diagnose bleibt mit einem Rest von Unsicherheit behaftet, der nur durch Pathologie und Histologie endgültig geklärt werden kann. Qualitätssicherung: eine Obduktion kann als Qualitätssicherung für die angewandten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen vor dem Tod des Kindes dienen Ausschluß von Fremdverschulden: im Falle eines peripartalen Todes kann es für die Eltern und das Krankenhauspersonal sinnvoll sein, zweifelsfrei die Todesursache festzustellen und Fremdverschulden auszuschließen Nur in seltenen Ausnahmefällen und nur dann, wenn die medizinische Situation eindeutig geklärt ist, kann auf religiöse oder kulturelle Vorbehalte der Eltern Rücksicht genommen und auf die Obduktion verzichtet werden. Die Anweisung zur Obduktion hat mit dem von der Ärztlichen Direktion und der Prosektur ausgearbeiteten Zuweisungsschein (AB ) zu erfolgen. Insbesondere sind dabei auszufüllen: Geburtstag, -zeit, Angabe des Gestationsalters in SSW + Tagen, Grundkrankheit und evt. zusätzliche Erkrankungen relevante verabreichte Therapien bei Schwangerschaftsabbruch aus medizinischer Indikation: (Verdachts)Diagnose, Kopie des zytogenetischen und/ oder sonographischen Befundes Um die Aussagekraft der Obduktion zu erhöhen, sollen Schwangerschaftsabbrüche aus medizinischer Indikation nach Möglichkeit werktags von Montag bis Mittwoch durchgeführt werden.
5 gültig ab: Version 03 Seite 5 von Bestattung In Abhängigkeit vom Schwangerschaftsalter und dem Geburtsgewicht stehen für das Kind unterschiedliche Möglichkeiten der Bestattung zur Verfügung. Zur näheren Information über die Bestattungsmöglichkeiten stehen eigene Informationsblätter zur Verfügung (siehe mitgeltende Dokumente). 5.8 Seelsorge Manchen Eltern ist oft auch die religiöse Begleitung durch einen Seelsorger / eine Seelsorgerin Hilfe und Trost. Diese können auf entsprechenden Wunsch hin kontaktiert werden (auch im Sinne einer Begleitung vor der Geburt). Wenn auch eine Taufe des Kindes nur nach Lebendgeburt erfolgen kann, so wird bei verstorbenen Kindern oder Totgeburten im Rahmen von Abschiedsfeiern von allen Konfessionen ein Segnungsritual durchgeführt. In der Evangelischen Kapelle auf Ebene 5 (Raum 05.MS.03) ist allen Betroffenen unabhängig von Konfession, Religion oder Weltanschauung ein Ort der Erinnerung zu jeder Zeit (0-24 Uhr) zugänglich. Der Ort der Erinnerung wird von der Evangelischen Seelsorge als ein konfessions-, religions- und weltanschauungsoffenes freiwilliges Angebot für Erinnerungsfeiern betreut. Betroffene können dort auch zu einem späteren Zeitpunkt mit einer Perle eine individuelle Erinnerungsfeier halten. (POST_AKH_Evang-Seelsorge@akhwien.at und Informationsfolder) Kontaktaufnahme: Katholische Seelsorge Evangelische Seelsorge und Islamischer Besuchs- und Sozialdienst 01/ Jüdische Religiöse Betreuung 1479 Israelitische Kultusgemeinde 01/ Vor der Entlassung Gerade nach einem intrauterinen Fruchttod ist die Verweildauer an der Abteilung sehr kurz, der Trauerprozess hat erst begonnen. Abhängig von den eigenen Ressourcen und ihrem sozialen Netz, wird es einer Frau besser oder schlechter gelingen, wieder innere Stabilität und neue Lebensperspektiven zu finden. Allen Patientinnen der Abteilung wird ca. 4-8 Wochen nach Entlassung eine psychologische Nachbesprechung angeboten. Bereits das Wissen, dass sie den steinigen Weg dorthin nicht alleine gehen muss, kann hilfreich und tröstend sein. Daher sollte jede Frau nach einem intrauterinen Fruchttod über die Betreuungsmöglichkeit informiert werden. Die Entscheidung, ob Eltern ihr verstorbenes Kind sehen, es bestatten oder taufen lassen möchten, ob sie anschließend psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen wollen oder nicht, obliegt alleine ihnen. Unsere Aufgabe kann nur sein, sie in ihrem Leid ein kleines Stückchen unaufdringlich zu begleiten und Hilfe anzubieten.
6 gültig ab: Version 03 Seite 6 von 6 6 ERLÄUTERUNGEN keine 7 ÄNDERUNGEN Datum Version Änderung Erstellung, erste Freigabe Ergänzung der Tätigkeiten der klinischen Psychologinnen Aktualisierung der Punkte 5.5 weiterführende Untersuchungen, 5.8. Seelsorge, Ergänzung im Punkt 5.6. Obduktion, dass Schwangerschaftsabbrüche aus medizinischer Indikation nach Möglichkeit werktags von Montag bis Mittwoch durchgeführt werden sollen
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