BGH-Urteil vom 21. März 2017 zu 30 GmbHG - Quo vadis Limitation Language?
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- Bastian Braun
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1 Mai 2017 BGH-Urteil vom 21. März 2017 zu 30 GmbHG - Quo vadis Limitation Language? BGH entscheidet Streit Bestellung vs. Verwertung bei Gewährung dinglicher Sicherheiten Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 21. März entschieden, dass es für die Beurteilung, ob die Gewährung einer dinglichen Sicherheit durch eine Gesellschaft zur Besicherung von Darlehensverbindlichkeiten ihres Gesellschafters eine verbotene Auszahlung im Sinne von 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG darstellt, auf den Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit - und nicht auf den Zeitpunkt ihrer Verwertung - ankommt. Damit hat der BGH nunmehr erstmalig diese in Literatur und Praxis lange höchst umstrittene Frage geklärt 2. Inhalt Hintergrund und Bedeutung der Entscheidung... 1 Inhalt der Entscheidung... 2 Was folgt aus der Entscheidung?... 3 Fazit:... 4 Hintergrund und Bedeutung der Entscheidung Die Entscheidung ist insbesondere für die Praxis im Bereich nationaler und internationaler Konzernfinanzierungen, einschließlich sogenannter Leveraged- Buy-Out Kredite, von Bedeutung, bei denen üblicherweise Sicherheiten von Tochtergesellschaften zur Besicherung der Verbindlichkeiten von Mutter- und Schwestergesellschaften (sog Upstream-Sicherheiten bzw. Cross-stream- Sicherheiten ) gestellt werden. Im Rahmen solcher Besicherungen hatte sich vor dem Hintergrund der bislang unsicheren Rechtslage die Marktusance entwickelt, die von einer GmbH oder GmbH & Co. KG zu bestellenden Sicherheiten mit einer Verwertungsbeschränkung (sog. Limitation Language ) zu versehen. Dadurch sollte eine mögliche persönliche Haftung des Geschäftsführers der Gesellschaft nach 43 Abs. 3 i.v.m. 30 GmbHG bei Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften vermieden werden, namentlich indem man die Erhaltung des Stammkapitals der Gesellschaft zu jeder Zeit, und somit insbesondere auch im Zeitpunkt der Verwertung der Sicherheiten, sicherstellte. Als Kehrseite dieser Vorgehensweise wurde jedoch der Wert der Sicherheiten und die praktische Verwertbarkeit erheblich eingeschränkt. Dem konnte man aus Sicht der Darlehensgeber häufig nur durch strukturelle Maßnahmen (wie z.b. Verschmelzungen oder sog. Debt Pushdowns ) entgegenwirken (sofern dies in der konkreten Situation aus kreditmateriellen Gesichtspunkten geboten war). 1 Az.: II ZR 93/16; veröffentlicht am 10. Mai 2017 auf der Website des BGH (Link zum Urteil). 2 In einem Urteil vom 10. Januar 2017 (II ZR 94/15; Link zum Urteil) in Bezug auf die Bestellung einer dinglichen Sicherheit durch eine Aktiengesellschaft zugunsten von Darlehensverbindlichkeiten ihrer Aktionäre hatte der BGH für die Auszahlung bzw. Einlagenrückgewähr auch auf die Bestellung der Sicherheit abgestellt. Der Zeitpunkt der Auszahlung stand dort allerdings nicht im Mittelpunkt der Entscheidung. BGH-Urteil vom 21. März 2017 zu 30 GmbHG Quo vadis Limitation Language? 1
2 Inhalt der Entscheidung > Zur Begründung der Entscheidung, dass die Auszahlung i.s.d. 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG bereits in der Bestellung der dinglichen Sicherheit liege, führt der BGH unter anderem aus, dass die Stellung einer dinglichen Sicherheit für eine Darlehensverbindlichkeit des Gesellschafters mit der Gewährung eines Darlehens der Gesellschaft an den Gesellschafter gleichzustellen sei. Dass sich die Bestellung der Sicherheit in der Handelsbilanz nicht unmittelbar auswirke ( 251 HGB), stehe dem nicht entgegen. Nach Ansicht des Senats sei eine strikte Orientierung an den Bilanzierungsgrundsätzen für die Handelsbilanz in diesen Fällen nicht angebracht, sondern vielmehr eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten. Demnach scheide die Sicherheit - und das meint der BGH offenbar wirtschaftlich - bereits mit ihrer Bestellung aus dem Vermögen der Gesellschaft aus. > Gemäß 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG liegt jedoch dann keine Auszahlung vor, wenn die Leistung der Gesellschaft durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt ist. Die Gesellschaft hat aufgrund der Bestellung einer Sicherheit für den Gesellschafter einen Anspruch auf Freistellung von der Inanspruchnahme der Sicherheit, wenn die besicherte Verbindlichkeit fällig wird. Dieser Anspruch ist nach Ansicht des Senats im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung vollwertig, wenn der Gesellschafter - aus einer ex ante Sicht - voraussichtlich in der Lage sein wird, die besicherten Darlehensverbindlichkeiten zurückzuzahlen, da in diesen Fällen eine Inanspruchnahme der Sicherheit und somit ein Ausfall des Freistellungsanspruchs der Gesellschaft gegen den Gesellschafter unwahrscheinlich ist ( Prognoseentscheidung ). Sofern die Prognoseentscheidung positiv beantwortet werden kann, liegt im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung ein bloßer Aktivtausch vor, der nach 30 GmbHG unbeachtlich ist. 3 > Eine spätere Verschlechterung der Vermögenslage des Gesellschafters ist nach Auffassung des Senats für die Beurteilung der Auszahlung im Zeitpunkt der Bestellung grundsätzlich nicht von Bedeutung. Eine negative Entwicklung lasse die ex ante bestehende Vollwertigkeit des Freistellungsanspruchs nicht rückwirkend entfallen. > Daneben treffe den Geschäftsführer der Gesellschaft zwar die Pflicht, die Vermögensverhältnisse des Gesellschafters zu beobachten und auf eine sich andeutende Bonitätsverschlechterung mit der Anforderung von Sicherheiten oder der Durchsetzung des Freistellungsanspruchs zu reagieren. Das Unterlassen der Geltendmachung dieses Freistellungsanspruchs begründe jedoch keine Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers gemäß 43 Abs. 2 GmbHG und stelle auch selbst keine Auszahlung im Sinne des 30 GmbHG dar. 3 Ist der Freistellungsanspruch bei Bestellung der Sicherheit nicht vollwertig, liegt nach dem BGH bereits darin die Auszahlung im Sinne von 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG; diese Auszahlung ist verboten, wenn der Wert des Vermögensabflusses durch die Bestellung der Sicherheit, der einer unterstellten Verwertung im Zeitpunkt der Bestellung entspricht, durch den Freistellungsanspruch nicht ausgeglichen wird und die rechnerische Unterdeckung - unabhängig davon, ob sie sich in der Handelsbilanz niederschlagen würde - zu einer Unterbilanz führt oder eine Unterbilanz vertieft. 2
3 Was folgt aus der Entscheidung? > Das Urteil wirft insbesondere für die aktuelle Praxis der Upstream- bzw. Cross-stream-Sicherheiten Fragen auf. Zwar hat der BGH nun klargestellt, dass für die Beurteilung einer verbotenen Auszahlung nicht der Zeitpunkt der Verwertung, sondern der Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit maßgeblich ist. Nun aber gilt es im Anschluss zu beobachten, ob der auf den Verwertungszeitpunkt zielende Schutzzweck der Limitation Language noch geboten ist oder ob der Markt im Lichte dieser Entscheidung die bisherige Risikoverteilung zwischen den Gläubiger- und Organinteressen neu ordnet. Daneben kann festgehalten werden, dass es jetzt unstreitig möglich sein dürfte, dingliche Sicherheiten zu gewähren, die zum Zeitpunkt ihrer Bestellung aus dem freien Vermögen der Gesellschaft geleistet werden können. > Ganz wesentlich für die weitere Entwicklung der Marktpraxis wird sein, welche Aspekte bei der oben erwähnten, im Rahmen der Prüfung der Vollwertigkeit des Freistellungsanspruches vorzunehmenden Prognoseentscheidung zu berücksichtigen sind, wie sie zu bewerten sind und welcher Sorgfaltsmaßstab dabei anzulegen ist. Denn dem Geschäftsführer wird nunmehr aufgegeben, im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung eine eigene Einschätzung zur Rückführbarkeit des Darlehens durch den Gesellschafter, und damit eine Art Bonitätseinstufung, vorzunehmen, die später aus einer ex ante Perspektive überprüfbar sein wird. Leider hat sich der BGH hier nicht zu Einzelheiten geäußert, da dieser Umstand im konkreten Fall nicht entscheidungsrelevant war. 4 Es bleibt abzuwarten, ob sich hieraus neue Aspekte ergeben, die die Bestellung von Upstream- bzw. Cross-stream-Sicherheiten erschweren. Jedenfalls erscheint nach dem Urteil des BGH aus Gläubigersicht ein Beharren auf der bisherigen Limitation Language nicht sachgerecht. > Zu beachten ist zudem, dass sich die Entscheidung des BGH nur auf dingliche Kreditsicherheiten bezieht. Damit wird sich insbesondere die Frage stellen, ob und inwieweit die Entscheidung auch auf Personalsicherheiten, insbesondere die in den internationalen Konsortialkreditverträgen standardmäßig enthaltenen Garantien, übertragen werden kann. Auch wenn der BGH hierzu keine Ausführungen gemacht hat, da es in dem konkreten Fall um eine Grundschuldbestellung ging, spricht nach einer ersten Einschätzung einiges dafür, dass sich die Herleitung und Begründung der Entscheidung auch auf Garantien übertragen lässt. 4 In dem in Fn. 2 genannten Urteil vom 10. Januar 2017 (II ZR 94/15) nimmt der BGH Bezug auf die vernünftige kaufmännische Beurteilung und stellt unter anderem auf die Bonität der Darlehensnehmer ab. 3
4 Fazit: > Der BGH hat endlich eine lange diskutierte Grundsatzfrage entschieden. Bei der Gewährung von dinglichen Upstream- und Cross-stream-Sicherheiten ist nunmehr im Hinblick auf die Einhaltung der Kapitalerhaltungsvorschriften auf den Zeitpunkt der Bestellung abzustellen. > Eine Ausweitung dieser Entscheidung auf die Praxis bei Garantien erscheint nicht unwahrscheinlich. > Sofern auf der Basis einer vom Geschäftsführer zu stellenden Prognoseentscheidung die Rückführung des gesicherten Darlehens durch den Gesellschafter wahrscheinlich ist, liegt in der Sicherheitenbestellung ein für 30 GmbHG unbeachtlicher Aktivtausch. Von daher wäre eine auf den Verwertungszeitpunkt abstellende Limitation Language entbehrlich. 4
5 Ansprechpartner Marc Trinkaus Partner Julian J. Zaich Partner Linklaters LLP Taunusanlage Frankfurt am Main Telefon (+49) Fax (+49) Nicole Rölike Senior PSL nicole.roelike@linklaters.com Autoren: Marc Trinkaus, Julian J. Zaich, Nicole Rölike Dieses Dokument enthält Hinweise zu ausgewählten Rechtsthemen und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Der Inhalt des Dokuments stellt keine Rechtsberatung dar, und es wird keine Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der behandelten Themen übernommen. Sollten Sie weitere Fragen bezüglich der hier behandelten oder anderer rechtlicher Themen haben, so wenden Sie sich bitte an Ihren Ansprechpartner bei Linklaters LLP. Linklaters LLP. Alle Rechte vorbehalten Sollte dieses Dokument Links zu externen Webseiten Dritter enthalten, weisen wir darauf hin, dass wir auf deren Inhalte keinen Einfluss haben. Deshalb können wir für diese fremden Inhalte auch keine Gewähr übernehmen. Für die Inhalte der verlinkten Seiten ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber der Seiten verantwortlich. Ihre Kontaktdaten sind in unserer Datenbank gespeichert. Sie werden von unseren verschiedenen internationalen Büros ausschließlich für interne Zwecke und für diese oder ähnliche Marketing-Aktionen genutzt. Eine Weitergabe an Dritte findet nicht statt. Wenn Sie keine weiteren Marketing-Kommunikation von uns erhalten möchten, schreiben Sie uns an linklaters.germany@linklaters.com. Linklaters LLP ist eine in England und Wales unter OC registrierte Limited Liability Partnership, die als Anwaltskanzlei durch die Solicitors Regulation Authority zugelassen ist und deren Bestimmungen unterliegt. Der Begriff Partner bezeichnet in Bezug auf die Linklaters LLP Gesellschafter sowie Mitarbeiter der LLP oder der mit ihr verbundenen Kanzleien oder sonstigen Gesellschaften mit entsprechender Position und Qualifikation. Eine Liste der Namen der Gesellschafter der Linklaters LLP und der Personen, die zwar nicht Gesellschafter sind, aber als Partner bezeichnet werden, sowie ihrer jeweiligen fachlichen Qualifikation steht am eingetragenen Sitz der Firma in One Silk Street, London EC2Y 8HQ, England, oder unter zur Verfügung. Bei diesen Personen handelt es sich um deutsche oder ausländische Rechtsanwälte, die an ihrem jeweiligen Standort als nationale, europäische oder ausländische Anwälte registriert sind. Wichtige Informationen zu unserer aufsichtsrechtlichen Stellung finden Sie unter 5
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