Laufübungen. Abgesehen von den Hufschuhen und den fingerlosen Handschuhen an ihren gefesselten Armen trug Hestia nichts weiter als das lederne

Transkript

1 Laufübungen Knie hoch!" Der Befehl schallte durch die Trainingshalle und wurde bereits im nächsten Augenblick durch einen wohlgezielten Hieb mit der Gerte untermauert. Hestia stieß ein gereiztes Schnauben aus und riss den rechten Oberschenkel nach oben, doch es gelang ihr nicht mehr, dem Hieb noch vollständig auszuweichen. Mit einem gut vernehmlichen Schnappen biss sich die Spitze der Gerte in die Unterseite ihres Schenkels und hinterließ dort eine feine, gerötete Markierung. Die Oberschenkel müssen am höchsten Punkt eine waagerechte bilden. Bei jedem Schritt!", erinnerte die Trainerin und ließ die Gerte wie zur Untermalung ihrer Worte durch die Luft sirren. Hestia schenkte ihr keine weitere Aufmerksamkeit, sondern marschierte mit langsamen, nun aber korrekt ausgeführten Schritten an der Längsseite des Trainingsplatzes entlang. Bei jedem Schritt erzeugten die Hufschuhe ein dumpfes Geräusch auf dem sandigen Boden, der in der kleinen Halle wiederhallte. Zudem wippte ihr Schweif sachte im Takt ihrer Schritte. Die langen, roten Haare kitzelten hin und wieder an den Rückseiten ihrer Beine und machten die Stute damit unwillkürlich nervös. Die Modifizierung ihrer Stimmbänder mochte im Alltag der hinderlichste Aspekt ihrer Verwandlung sein, doch der Schweif machte ihr persönlich sogar noch mehr zu schaffen. Sie war sich nicht sicher, ob sie sich überhaupt jemals an dieses neue Körperteil gewöhnen würde. Er gehörte einfach nicht dort hin! Abgesehen von den Hufschuhen und den fingerlosen Handschuhen an ihren gefesselten Armen trug Hestia nichts weiter als das lederne 1

2 Zaumzeug am Körper. Die Nacktheit störte sie jedoch nicht sonderlich. Sollten sie halt glotzen, dann vergaßen sie zumindest nicht, was sie mit ihr angestellt hatten. Weitaus mehr ärgerte sie die lederne, recht harte Trense, die von der Trainerin an den beiden Ringen ihres Zaumzeugs befestigt worden war. Damit konnte sie nicht nur ihren Mund nicht mehr richtig schließen, sondern hatte zugleich auch die Kontrolle über ihren Speichel verloren. Zuerst war die Trense in ihrem Mund einfach nur feucht und schließlich nass geworden, doch mit fortschreitender Zeit hatte sich ein dicker Speichelfaden gebildet, der von der Trense aus an ihrem Kinn herunter und auf ihren Oberkörper tropfte. Eine weitere kleine, aber recht effektive Demütigung, um sie an ihre neue Rolle zu gewöhnen. Eigentlich hatte Hestia überhaupt keinen Grund gesehen, warum sie überhaupt an dem Training teilnehmen sollte. Sie hatte sich nicht freiwillig in ein Pferd verwandeln lassen, und sie hatte auch gegen kein Gesetz verstoßen, so dass eine Verwandlung gegen ihren Willen gerechtfertigt gewesen wäre. Also warum sollte sie dieses dämliche Spiel mitspielen, warum sollte sie den Befehlen gehorchen und sich wie eine brave Stute verhalten? Entsprechend dieser Einstellung hatte sie bei ihrem ersten Training am vorherigen Tag kaum einen Schritt gemacht. Die Trainerin hatte versucht, sie mit Hilfe ihrer Gerte zu motivieren, doch das hatte Hestia nicht gescheckt. Zwar hatte die Gerte eine ganze Reihe von roten Striemen auf ihrem Hintern hinterlassen, und einige der Hiebe waren tatsächlich recht schmerzhaft gewesen. Doch im Vergleich zu den Schmerzen, die sie wenige Tage zuvor hatte ertragen müssen, als sie ihre Brandings bekommen hatte, ließ es sich mühelos aushalten. Was ihre Einstellung jedoch geändert hatte, war der Spruch der 2

3 frustrierten Trainerin gewesen, als sie Hestia wieder in ihre Box gebracht hatte: Dann lern es halt nicht! Du kannst von mir aus den Rest deines Lebens in einer zwei Quadratmeter großen Box liegen bleiben. Wenn dir das reicht, soll es nicht mein Problem sein!" Auch wenn Hestia die Frau erst einmal ignoriert hatte, so hatte sie im Folgenden doch über die Worte nachdenken müssen. Ob sie es nun wollte oder nicht, die Trainerin hatte in einer Sache recht gehabt. Wenn sie nicht lernte, sich in den neuen Hufschuhen ordentlich zu bewegen, würde sie in der Zukunft mit noch größeren Einschränkungen leben müssen, als ohnehin schon. Zudem hoffte sie noch immer darauf, eine weitere Gelegenheit zur Flucht zu bekommen. Um selbige wahrnehmen zu können, würde sie jedoch dazu in der Lage sein müssen, zumindest einigermaßen sicher auf ihren Hufschuhen zu laufen. Also hatte sie sich an diesem Morgen, als sie erneut von der Trainerin abgeholt worden war, kooperativer verhalten. Na siehst du, es geht doch!", rief die Trainerin, als Hestia am Ende der Halle angekommen war und sich auf den Rückweg machte. Die Stute warf der Frau nur einen kurzen, finsteren Blick zu. Die Trainerin war ungefähr so groß wie sie selbst, trug eine dunkle Jeanshose und eine blaue Weste über einer weißen Bluse und hatte ihr blondes Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden. In der rechten Hand hielt sie die Gerte, deren Spitze momentan auf den Boden gerichtet war. Hestia konnte nicht gerade sagen, dass sie die Frau besonders mochte. Doch zumindest brachte sie ihr bei, wie sie auf den Hufschuhen laufen konnte, und so lange sie keinen übermäßigen Gebrauch von der Gerte machte, würde Hestia davon absehen, ihr mit der Absicht, ihr mindestens einen Zeh zu brechen, auf den Fuß zu treten. 3

4 Gut. Jetzt ziehen wir das Tempo mal ein wenig an", forderte die Trainerin und klatschte wie zur Aufforderung laut in die Hände. Hestia funkelte sie böse an, erhöhte jedoch zeitgleich das Tempo ihrer Schritte. Deutlich zügiger als zuvor hob sie abgewechselt die Hufe, zog das jeweilige Bein nach oben und setzte es schließlich ein Stück weiter vorne wieder ab. Bei jedem Schritt die Knie derart hoch zu ziehen war auf Dauer recht anstrengend, und definitiv nicht die effizienteste Art, sich fortzubewegen. Doch die Trainerin achtete peinlich genau darauf, dass Hestia die gewünschte Schrittform beibehielt. Kaum, dass sie das Knie einmal nicht weit genug anhob, tauchte die Frau neben ihr auf und korrigierte ihre Bewegung durch einen kurzen Hieb mit der Gerte. Das ist der schnelle Schritt", erklärte die Trainerin lautstark. Jetzt möchte ich, dass du in einen langsamen Trab übergehst. Die Geschwindigkeit bleibt in etwa gleich, aber die Bewegungen sind gleichmäßiger und runder. Du kannst es mit dem Joggen vergleichen." Hestia schnaubte verächtlich. Wenn sie joggen sollte, warum sagte die Frau das nicht einfach? Die Zähne leicht in die sperrige Trense grabend versuchte sie, der Aufforderung nachzukommen. Doch offenbar schien sie nicht ganz die Art von Bewegung zu treffen, die von ihr verlangt worden war. Schon im nächsten Augenblick war die Trainerin wieder neben ihr aufgetaucht. Ihr wachsamer Blick ruhte auf dem Körper der Stute, während ihre rechte Hand schon fast beiläufig die Gerte schwang. Mach keine so großen Pausen zwischen den Schritten. Die Bewegung soll fließend sein." Die Stute hielt den Blick nach vorne gerichtet, und zuckte leicht zusammen, als die Gerte unmittelbar nach ihrem nächsten Schritt gegen 4

5 die Unterseite ihres Oberschenkels klopfte. Sie hob selbiges Bein rasch an, und mit Hilfe der Korrekturen gelang es ihr nach kurzer Zeit, in ein etwas ungelenkes Traben zu verfallen. Knie hoch!", erinnerte die Trainerin und unterstrich ihre Worte mit einem etwas kraftvolleren Hieb der Gerte. Hestia reagierte darauf, indem sie das Bein weiter anhob und gleichzeitig den Kopf drehte, um der Frau einen bösen Blick zuzuwerfen. Einen weiteren Schritt machend, verlor sie für einen Moment das Gleichgewicht und geriet ins Straucheln. Hastig zog sie das hintere Bein nach, um ihren Körper abzustützen, doch es war bereits zu spät. Die Stute torkelte noch zwei Schritte vorwärts, bevor sie endgültig das Gleichgewicht verlor. Mit einem dumpfen Geräusch landete sie der länge nach auf dem zwar sandigen, aber dennoch festen Boden der Halle. Ein leises, wehleidiges Wiehern entfuhr ihrer Kehle. Hestia kniff die Augen zusammen und fluchte innerlich. Oh, wie sie die Menschen für das verfluchte, was sie ihr angetan hatten. Keine Sorge, aller Anfang ist schwer. Du kriegst den Dreh schon noch raus", ermutigte die Trainerin sie. Hestia hob den Kopf und wollte die Frau erneut mit einem stummen Fluch belegen. Doch zu ihrer Überraschung kniete die Trainerin neben ihr und musterte sie Aufmerksam und sogar mit einer Spur Besorgnis im Blick. Alles noch am Stück?", erkundigte sie sich. Hestia nickte leicht mit dem Kopf und atmete langsam und tief aus. Die von ihrem Speichel nasse Trense klebte voller Sand und ihre Knie waren vermutlich leicht lädiert, doch ansonsten hatte sie bei ihrem Sturz nichts abbekommen. 5

6 Sehr gut. Na komm, wir bringen dich wieder auf die Beine." Sie griff nach Hestias Oberarmen und half ihr dabei, sich wieder aufzurichten. Als die Stute wenige Augenblicke später wieder stand, löste die Trainerin sogar die Trense von ihrem Zaumzeug und zog sie behutsam zwischen ihren Zähnen hervor. Leise schmatzend öffnete und schloss Hestia ein paar Mal ihren Mund. Ihr Kiefer hatte sich ein wenig verspannt, doch die Muskulatur erholte sich schnell. In der Zwischenzeit hatte die Trainerin die Trense mit einem Handtuch abgewischt und wollte sich nun daran machen, sie wieder an Hestias Zaumzeug zu befestigen. In höchstem Maße unbegeistert drehte die Stute den Kopf zur Seite. Sie mochte die Trense nicht, und auch wenn sie auch ohne nicht sprechen konnte, würde sie so wenigstens nicht die ganze Zeit sabbern. Na schön, du darfst in den restlichen paar Minuten unserer Einheit auf die Trense verzichten. Aber dafür möchte ich zum Abschluss noch einmal einen richtig sauberen Trab sehen. Einverstanden?" Hestia musterte die Frau einen kurzen Augenblick lang, ehe sie leicht mit dem Kopf nickte. Es hätte keinen Sinn gemacht, ihr Angebot abzulehnen, denn zweifelsfrei bestand sie ohnehin darauf, dass sie den Trab noch einmal übte. Und wenn sie sich dabei nicht gut anstellte, würde sie so oder so die Reitgerte zu spüren bekommen. Im Prinzip hätte sie der Frau dankbar sein können, denn sie behandelte sie alles in allem recht fair. Doch Dankbarkeit war ein Gefühl, das Hestia momentan überhaupt nicht in den Sinn kommen wollte. Ihre Wut über Manuels Verrat und die Ignoranz des Ministeriums, die ihrem normalen Leben ein Ende gesetzt hatten, wog zu schwer. Daher sah sie selbst die Trainerin, die ihr offenbar nichts Böses wollte, als Teil dieses verhassten Systems an und schenkte ihr statt eines dankbaren Lächelns nur einen kühlen Blick. 6

7 Also gut. Fang im Schritt an und geh dann in einen langsamen Trab über!", forderte die Trainerin und hob die Spitze der Gerte wieder auf Kniehöhe an. Hestia stieß ein innerliches Seufzen aus und setzte sich in Bewegung. Aufmerksam achtete sie darauf, die Knie bei jedem Schritt weit genug anzuheben, und nicht noch einmal das Gleichgewicht zu verlieren. Sehr gut, und jetzt traben!", erklang die Stimme der Trainerin neben ihr. Hestia machte nicht noch einmal den Fehler, sich umzusehen. Stattdessen versuchte sie noch einmal, die Gangart zu wechseln. Die Schritte schneller hintereinander setzend und dabei den kleinen Korrekturen der Gerte folgend gelang es ihr schließlich, in einen langsamen Trab zu verfallen. Nun, immerhin hatte sie damit ein wenig Bewegungsfreiheit zurück erlangt. Für Hestia war die Trainingseinheit einfach nur ein Mittel zum Zweck. Zu dem Zweck, bei der ersten sich bietenden Gelegenheit die Flucht zu ergreifen. Wie viel Zeit würde sie wohl mit der Trainerin verbringen müssen, ehe sie mit vollem Tempo rennen konnte? Sie hoffte, dass es nicht allzu lange dauern würde. Sie wollte so schnell wie möglich für ihre Flucht bereit sein. <<<<>>>> 7