Position. Familienarbeitszeit. Stand: April 2017
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- Hennie Haupt
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1 Position Familienarbeitszeit Stand: April
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3 Position Familienarbeitszeit Vorwort Vorwort Realitätsnahe Lösungen statt pauschaler Gesetze Die bayerischen Unternehmen sind beim Thema Familienfreundlichkeit gut aufgestellt, wie die vielen Initiativen und Beispiele zeigen: Die Angebote reichen von vielfältigen Arbeitszeitmodellen über betriebliche Kinderbetreuung bis hin zu unterschiedlichsten Beratungsmöglichkeiten. Ein Rechtsanspruch auf Familienarbeitszeit geht jedoch sowohl an der Unternehmensrealität als auch an den Bedürfnissen der Eltern vorbei. Für eine Vielzahl an Betrieben würde er zudem eine erhebliche finanzielle und bürokratische Belastung bedeuten. Statt starrer und teurer gesetzlicher Pauschallösungen, die sowohl aus Sicht der Betroffenen als auch aus volkswirtschaftlicher Sicht nicht sinnvoll sind, setzen die bayerischen Arbeitgeber auf Praxisnähe und individuelle, passgenau zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer abgestimmte Angebote. Bertram Brossardt 10. April 2017
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5 Position Familienarbeitszeit Inhalt Inhalt 1 Hintergrund Auswirkungen Anstieg der Arbeitskosten bei Arbeitszeitverkürzungen mit Lohnausgleich Volkswirtschaftliche Auswirkungen IW-Studie: Auswirkungen auf die M+E-Industrie Weitere Aspekte Steuerbelastung bei Kompensation aus Steuermitteln Schwierigkeiten bei der Personalplanung Zunahme von Schwarzarbeit Situation und Wünsche der Beschäftigten Fazit... 7 Ansprechpartner... 9 Impressum... 9 Hinweis Zitate aus dieser Publikation sind unter Angabe der Quelle zulässig.
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7 Position Familienarbeitszeit Hintergrund 1 1 Hintergrund Die Pläne des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) macht seit geraumer Zeit Werbung für die Idee einer Familienarbeitszeit. Im Kern geht es darum, Beschäftigte (in der Regel Mütter) aus der sogenannten Teilzeitfalle herauszuholen und mit staatlichen Zuschüssen von insgesamt 300 Euro dafür zu sorgen, dass ein Elternteil seine Arbeitszeit vermindert, während der andere sie erhöht. Beide Teile würden dann in einem Zeitkorridor zwischen 28 und 36 Wochenstunden arbeiten. Die Forderung ist nicht in den Koalitionsvertrag eingegangen. Die Unionsparteien haben die Pläne bislang nicht unterstützt. Konkret sollen laut Aussagen des Bundesfamilienministeriums Eltern jüngerer Kinder in der Phase der Familienarbeitszeit darin unterstützt werden, die Zeit untereinander so aufzuteilen, dass beide Eltern gleich viel Zuwendungszeit für das Kind haben, ihre Chancen im Beruf ergreifen und ihre Existenzen auf Dauer sichern können. Das Konzept sieht vor, dass Eltern, die in einem Korridor von 28 bis 36 Wochenstunden arbeiten, ein Familiengeld von 300 Euro erhalten 150 Euro pro Partner, bis zu 24 Monate lang, bis das Kind acht Jahre alt ist. Der Korridor von 28 bis 36 Wochenstunden entspricht 80 bis 90 Prozent der jeweils regulären Vollzeit. Mütter und Väter sollen so ihre Existenzen individuell sichern. Das Ministerium nennt eine kleine Teilzeit als eine Ursache für Armutsrisiken von Familien, vor allem von Frauen und Kindern.
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9 Position Familienarbeitszeit Auswirkungen 3 2 Auswirkungen Negative Aspekte überwiegen 2.1 Anstieg der Arbeitskosten bei Arbeitszeitverkürzungen mit Lohnausgleich Die effektive Arbeitszeit (eines Vollzeitbeschäftigten) liegt heute nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im Schnitt in Deutschland bei ca. 38 Wochenstunden. Eine Reduktion auf 30 Wochenstunden entspräche einem Minus von 21 Prozent, was bei vollem Lohnausgleich wiederum zu einer Erhöhung der Arbeitskosten um 27 Prozent führen würde. 2.2 Volkswirtschaftliche Auswirkungen Eine Reduzierung der Arbeitszeit von Vätern und Müttern führt zu einem Rückgang des gesamtwirtschaftlichen Arbeitsvolumens und damit auch zu einem Verzicht auf Wachstum. Die von den Befürwortern einer Familienarbeitszeit vertretene Argumentation, dass durch die Aufteilung der Arbeitszeit Produktivitätsfortschritte erzielt werden könnten, ist völlig abwegig. Der Einsatz von Arbeit ist ebenso wie der Einsatz von Kapital und der technische (Produktivitäts-)Fortschritt eine Voraussetzung von Wachstum. Weniger Arbeitseinsatz bedeutet folglich weniger Wachstum. Auch wenn die jetzt vorliegenden Vorschläge etwas andere Fristen setzen, zeigen Berechnungen des iw Köln die grundsätzlich negativen Effekte für die Volkswirtschaft auf. Geht man davon aus, dass alle Eltern mit Kindern unter drei Jahren ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf 32 Stunden reduzieren, hieße das nach Angaben des iw Köln (2014): - Das gesamte Arbeitsvolumen in Deutschland sinkt um 588 Millionen Stunden pro Jahr, das ist ein Minus von rund einem Prozent. - Folglich würde auch die Wirtschaftsleistung (BIP) um ein Prozent sinken, das wären 27 Milliarden Euro p. a. Wenn sogar alle Eltern mit Kindern unter 16 Jahren ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf 32 Stunden reduzieren, hieße das: - Das gesamte Arbeitsvolumen in Deutschland sinkt um 2,4 Milliarden Stunden pro Jahr, das ist ein Minus von über vier Prozent. - Folglich würde auch die Wirtschaftsleistung (BIP) um gut vier Prozent sinken, das wären 110 Milliarden Euro p. a. Der vom Ministerium angegebene Effekt, dass die einseitige Aufstockung der Arbeitszeit die Verluste auf der anderen Seite kompensieren würde, ist zu bezweifeln und zu-
10 4 Auswirkungen Position Familienarbeitszeit dem eher theoretischer Natur, da zumindest in etlichen Sparten deutliche negative Effekte zu verzeichnen wären (s. 2.3.). 2.3 IW-Studie: Auswirkungen auf die M+E-Industrie Das IW Köln hat die Effekte einer Familienarbeitszeit für die Metall- und Elektro- Industrie (M+E-Industrie) berechnet (Februar 2017). Das Ergebnis zeigt sehr deutlich: Die geplante Familienarbeitszeit geht in der deutschen Metall- und Elektro-Industrie zu Lasten von Arbeitszeitvolumen und Wertschöpfung. Demnach gäbe es in der M+E- Industrie einen Rückgang der Arbeitszeit in Höhe von bis zu Vollzeitäquivalenten darunter zum großen Teil MINT-Fachkräfte. Dies würde in der M+E-Industrie zu einem Verlust an Wertschöpfung von bis zu 7,5 Milliarden Euro führen. Gleichzeitig würden die Kosten für die staatlichen Subventionen (300 Euro monatlich) für die gesamte Wirtschaft bei rund 6 Milliarden Euro liegen. Über alle Branchen hinweg kann das Vorhaben sogar über Vollzeitäquivalente kosten, so die IW- Berechnungen. Die Verrechnung der Arbeitszeiten vergleicht zudem Äpfel mit Birnen. Die Studienersteller verdeutlichen das mit einem Beispiel: Wenn etwa der M+E-Ingenieur seine Arbeitszeit von 35 auf 28 Stunden reduziert und dafür die Referentin im Familienministerium von 20 auf 27 Stunden aufstockt, sei das in der Gesamtsumme in der Tat ausgeglichen. Aber dem M+E-Betrieb nutze die aufgestockte Arbeitszeit im Familienministerium nicht das Geringste, und auch das Familienministerium müsse erst einmal diese zusätzliche Arbeitszeit der Referentin benötigen. 2.4 Weitere Aspekte Steuerbelastung bei Kompensation aus Steuermitteln Ein Ausgleich der Lohneinbußen bei Arbeitszeitreduzierungen aus Steuermitteln hätte eine hohe Belastung des Haushaltes zur Folge, die wiederum nur durch (inakzeptable) Steuererhöhungen oder durch Kürzung anderer Haushaltsposten möglich wäre Schwierigkeiten bei der Personalplanung Geringfügige Arbeitszeitreduzierungen würden Arbeitgeber auch ohne Lohnausgleich vor fast unlösbare Herausforderungen bei der Personalplanung stellen. Würde z. B. ein Arbeitnehmer mit Kindern im Geltungsbereich der bayerischen M+E-Tarifverträge seine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für zwei Jahre von 35 Stunden auf 32 Stunden herunterfahren, müsste der Arbeitgeber einen personellen Ausgleich für drei Wochenstunden finden. Eine Vertretungskraft auf einer 3-Stunden-Basis wird sich kaum finden lassen, so dass der Arbeitgeber entweder die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit anderer Arbeitnehmer erhöhen oder den Ausfall durch Überstunden kompen-
11 Position Familienarbeitszeit Auswirkungen 5 sieren müsste. Selbst wenn sich in solchen Fällen personeller Ersatz finden ließe, hätte der ergänzungsweise eingestellte Arbeitnehmer ein zeitlich beschränktes, nur wenige Wochenstunden umfassendes und damit nur sehr flüchtiges Arbeitsverhältnis Zunahme von Schwarzarbeit Arbeitszeitverkürzungen gehören mit zu den wesentlichen Ursachen für die Zunahme von Schwarzarbeit. Untersuchungen zeigen, dass Versuche der Umverteilung von Arbeit ein Abwandern in die Schattenwirtschaft zur Folge haben Situation und Wünsche der Beschäftigten Tatsächlich beträgt die durchschnittliche Wochenarbeitszeit aller Beschäftigten (Vollzeit und Teilzeit) in Deutschland ca. 30 Stunden. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit der Vollbeschäftigten liegt hingegen bei etwa 38 Stunden. Laut Arbeitskräfteerhebung des Statistischen Bundesamtes wollen ca. 85 Prozent der Teilzeitbeschäftigten nicht länger arbeiten. Hingegen äußern immerhin über vier Prozent der Vollzeitbeschäftigten den Wunsch nach längeren Arbeitszeiten.
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13 Position Familienarbeitszeit Fazit 7 3 Fazit Praktische Hilfen sinnvoller als theoretische Rechenspiele Eine Verkürzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit lehnt die vbw ab. Die Möglichkeiten der Arbeitszeitreduzierung sind in den vergangenen Jahrzehnten überreizt worden. Stattdessen gilt es, auch im gesetzlichen Rahmen mehr Flexibilität zuzulassen, die den Eltern mehr nutzt als theoretische Rechenspiele. Die bei einer Reduzierung der Arbeitszeit drohende Zunahme von Schwarzarbeit darf weder unter volkswirtschaftlichen noch unter gesellschaftspolitischen Aspekten hingenommen werden. Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf voran zu bringen, gilt es vielmehr, an den wahren Ursachen anzusetzen, um die beklagten Ungleichheiten zu bekämpfen und Familien bessere Rahmenbedingungen zu bieten. Eine gute und bedarfsgerechte Infrastruktur zur Kinderbetreuung gehört hier ebenso dazu wie ausreichend gute Pflegeplätze, flexible Öffnungszeiten, praktikable Schließzeiten in den Ferien sowie der Ausbau bedarfsgerechter Ganztagsangebote auch für ältere Kinder. Zudem müssen auch die bereits erfolgreich laufenden Bemühungen zur Vereinbarkeit auf betrieblicher Ebene betont werden. Denn die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für die Wirtschaft auch ohne gesetzliche Vorgaben ein wichtiges Thema. Laut dem Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit 2016 des Bundesfamilienministeriums schätzen acht von zehn Unternehmen in Deutschland (77,4 Prozent) die Bedeutung von Familienfreundlichkeit für sich als sehr wichtig oder wichtig ein. Die Betriebe wissen, dass sie im Wettbewerb um Fachkräfte mit Möglichkeiten punkten können, Familien- und Berufsleben zu vereinbaren. Praktisch alle Unternehmen bieten daher bereits heute familienfreundliche Maßnahmen an. Dazu zählen insbesondere Modelle zur Flexibilisierung von Arbeitszeit und Arbeitsorganisation wie etwa mobiles Arbeiten. Auch Unterstützung bei der Kinderbetreuung oder im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements gehören zu den Angeboten der Arbeitgeber. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf betrieblicher Ebene muss auch künftig auf individuellen Vereinbarungen beruhen.
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15 Position Familienarbeitszeit Ansprechpartner / Impressum 9 Ansprechpartner Franz Niedermaier Abteilung Sozial- und Gesellschaftspolitik Telefon Telefax Franz.niedermaier@vbw-bayern.de Impressum Alle Angaben dieser Publikation beziehen sich grundsätzlich sowohl auf die weibliche als auch auf die männliche Form. Zur besseren Lesbarkeit wurde meist auf die zusätzliche Bezeichnung in weiblicher Form verzichtet. Herausgeber: vbw Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. Max-Joseph-Straße München vbw April 2017
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