Medizin und Wirtschaft müssen unter einen Hut
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- Simon Kästner
- vor 6 Jahren
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Transkript
1 Neue Technologien und die Zukunft der Rehabilitation Medizin und Wirtschaft müssen unter einen Hut Vertreter aus Industrie, Politik, Patientenverbänden, aber auch Kostenträger sassen im Rahmen einer spannenden Podiumsdiskussion im Hause des Schweizer Medizintechnikherstellers Hocoma zusammen. Im Verlauf der Diskussion kristallisierte sich in vielerlei Hinsicht ein grundsätzlicher Konsens heraus: Neue Technologien in der Neurorehabilitation sollten ein Standard in der Therapie sein. Eindrücklich schilderten betroffene Patienten, wie sie mit Hilfe robotisch assistierter Therapiegeräte ihr Leben und ihre Lebensqualität zurück gewonnen haben. Podiumsteilnehmer Fritz Zürcher ist seit einem Gleitschirmunfall inkomplett querschnittsgelähmt. Er zahlt seine Therapie auf dem Lokomat seit sechs Jahren selbst und betont: «Mein regelmässiges neuromuskuläres Training mit dem Lokomat hat meine Mobilität, Vitalität und Leistungsfähigkeit stark verbessert.» Höchst wirkungsvoll: Training und Therapie mit robotisch assistierten Geräten Im Resultat führte die innovative Therapie dazu, dass Fritz Zürcher heute wieder selbst zu seinem Lebensunterhalt beitragen kann; er ist freiberuflich tätig. Auch die anderen Anwesenden im Raum zeigten, wie Patienten durch intensive Therapie langfristig wieder zurück ins Leben und den Beruf gebracht werden können. Sebastian Dietz wurde wie Bernd Krahl als Schwerstpflegefall bezeichnet. Heute ist Dietz zweifacher Olympiasieger und Krahl leitet sein eigenes Therapiezentrum, um Menschen, die als «austherapiert» gelten, den Weg zurück in ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Sebastian Dietz führt seine sportlichen Erfolge unter anderem auch auf die Möglichkeit des Trainings mit dem Lokomat und dem Armeo zurück. Bernd Krahl bezeichnete seine erste Einheit auf dem Lokomat als ein «von Tränen begleitetes Gefühl ich war so stolz auf mich.» Rente oder Rehabilitation: eine einfache Milchbüchleinrechnung Ein Mensch verunglückt schwer im Alter von 30 Jahren; der Unfall führt zu einer inkompletten Querschnittlähmung. Seine Lebenserwartung liegt bei niedrig gegriffenen 65 Jahren. Für die verbleibenden 35 Jahre stehen ihm verschiedene Möglichkeiten offen: Er kann sich mit dem Rollstuhl arrangieren und sein Leben so einrichten. Seinen Erwerbsausfall übernimmt in diesem Fall die IV. Theoretisch gibt es für diesen Patienten aber noch eine Alternative: Durch intensive Neurorehabilitation könnten zumindest ein Teil der später anfallenden Kosten signifikant reduziert Innovative Technologie von Hocoma öffnet neue Perspektiven in der Neurorehabilitation. Unser Bild zeigt folgende in Volketswil produzierten Geräte (v.l.n.r.): Lokomat Pro, Lokomat Nanos und Andago. 108 clinicum 5-16
2 und damit die IV, Krankenversicherung und dadurch letztlich auch jeder einzelne Arbeitnehmer entlastet werden. Diese bereits früh angesetzte Intensivtherapie verursacht jedoch, kurzfristig betrachtet, Mehrkosten. Dass die Übernahme solcher Therapien nicht unumstritten ist, ist im Hinblick auf nicht gewährleistbare Resultate erstmal verständlich. Wenn man allerdings in Betracht zieht, dass durch den «ganz normalen» Bedarf eines Rollstuhlfahrers monatlich leicht mehrere tausend Franken durch die IV zu übernehmen sind, und dies im Beispielsfall für die Dauer von 35 Jahren, muss man sich fragen, ob hier eine anfänglich höhere Investition nicht unterm Strich auch monetär lohnenswert wäre. Ganz abgesehen von menschlichen Schicksalen, die hier auf Basis harter Währung entschieden werden. Einigkeit auf dem Podium: die beste Therapie für jeden Patienten Einig war man sich auf dem Podium in einer Sache: Es muss unabhängig vom Vermögen des Patienten ein Zugang für die jeweils bestmögliche Therapie gewährt werden können. Daniel Schmutz, CEO der Helsana-Gruppe, regte hier die Einführung von Standards an. Eine Kostenübernahme sei deutlich leichter zu verargumentieren, wenn nachzuweisen sei, dass ein Patient durch die Anwendung moderner Technologien ein besseres Resultat erziele als es bei normalem Verlauf der Therapie ohne zu erwarten gewesen sei. Das Gegenargument kam prompt von Sebastian Dietz: «Wir reden hier immer über Zahlen. Der Mensch ist kein Standard, hier gibt es keinen Standard.» Regierungsrat Dr. Thomas Heiniger von der Gesundheitsdirektion des Kanton Zürich ging jedoch mit der Argumentation des Helsana CEO und bekräftigte: «In einem System, das so verästelt ist, ist es schwierig, ohne Standards auszukommen.» Kosten der Gesamtwirtschaft versus Kosten des einzelnen Kostenträgers Einig war man sich weiterhin darin, dass mit einer hohen Wahrscheinlichkeit die Investitionen in die Rehabilitation eines Patienten nach einem Vorfall wie Schlaganfall oder Wirbelsäulenverletzung insgesamt günstiger sind als die Kosten, die entstehen, wenn ein Patient langfristig pflegebedürftig bleibt. Man müsse aber sehen, so Daniel Schmutz, «dass Kosten, die eingespart werden gesamtwirtschaftlich woanders anfallen. Der Mensch in der Pflege kostet uns als Krankenversicherung nur einen kleinen Teil. Finanzierungsströme werden unter den verschiedenen Playern geteilt, das stellt ein Hindernis dar, Patienten optimal zu behandeln.» Dr. Bernd Krahl, Leiter des Ambulanticums in Herdecke, einer Intensivtherapie-Einrichtung in Deutschland, verteidigte die Kostenträger: «Wir kennen nur Akutversorgung, Pflege und Berentung, danach kommt nichts mehr. Was ich fordere, ist ein Ausgleichstopf, in dem die Kranken- und Unfallversicherungen auch von den Renten- und Pflegeversicherern unterstützt werden.» Regierungsrat Dr. Thomas Heiniger brachte es auf den Punkt: «Es ist die Gemeinschaft, die es tragen soll, wir alle hier. Es sind Lohnprozente, Kopfprämien oder Steuerfranken. Am Schluss ist es die Gesellschaft, die zahlen muss. Rehabilitation statt Rente, da sagt sicher niemand nein, und zahlt lieber Rente über Lohnprozente.» Lösungen gemeinsam entwickeln, ökonomische und medizinische Gesichtspunkte beachten Dank der souveränen und nachdrücklichen Moderation wurde letztlich trotz Zeitknappheit noch ein nächster Schritt beschlossen: Daniel Schmutz von der Helsana regte an, einen ökonomischen Ansatz in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe zu entwickeln. «Wir müssen zusammen an den Rahmenbedingungen arbeiten, wo gewisse Fehlanreize vorhanden sind ein Topf zahlt da, ein anderer da, das müssen wir schrittweise bereinigen.» So wird man sich nun erneut gemeinsam an einen Tisch setzen um nachhaltige Lösungsmodelle zu schaffen, die Menschen mit Behinderung nicht als «austherapiert» abschreiben und die Schweiz Ein Bombenerfolg, der erste Cybathlon: Hier ist ein Teilnehmer beim Hindernisparcours mit robotischem Exoskelett zu sehen. clinicum
3 Die Cybathlon-Gewinner in den sechs Disziplinen Die 14-jährige Schlaganfallpatientin Mia wirkt im Andago-Therapieroboter bei der Medaillenvergabe am Cybathlon wacker mit. Robert Radocy vom Team DIPO Power im Geschicklichkeitsparcours mit Armprothesen (ARM), Mark Muhn vom Team Cleveland beim Fahrradrennen mit elektrischer Muskelstimulation (FES), Florian Hauser vom Team HSR Enhanced beim Parcours mit motorisierten Rollstühlen (WHEEL), Andre Van Rueschen vom Team ReWalk beim Parcours mit robotischen Exoskeletten (EXO), Numa Poujouly vom Team Brain Tweakers beim Virtuellen Rennen mit Gedankensteuerung (BCI), und Helgi Sveinsson vom Team OssurRheoKnee beim Hindernisparcours mit Beinprothesen (LEG) als Vorreiterin in der modernen Rehabilitation zu positionieren. Cybathlon: gelungene Weltpremiere Kurz nach dem äusserst spannenden Symposium, in dem innovative Technik für moderne Therapieformen präsentiert wurde, fand der weltweit erste Cybathlon statt. Auch hier dominierten neben erstklassigem persönlichem Einsatz innovative technische Spitzenprodukte, dank denen die Athleten Höchstleistungen erreichen. Rund 4600 Besucherinnen und Besucher kamen in die seit Tagen ausverkaufte SWISS Arena Kloten und feuerten die 66 internationalen Teams an. In sechs Disziplinen kämpften die Piloten um den Sieg und zeigten zugleich, wie moderne Assistenztechnologien Menschen mit Behinderung im Alltag helfen können. Mitreissende Wettkämpfe bestimmten den Tag. Die Piloten waren hoch konzentriert bei der Sache und wurden von den Zuschauenden in der SWISS Arena Kloten begeistert angefeuert. Jeder Pilot war mit einem ganzen Team angereist, insgesamt waren so rund 400 Personen am Cybathlon beteiligt. Die Halle hat getobt, die Piloten untereinander zeichneten sich nicht allein durch sportliche Fairness, sondern einen unglaublichen Support füreinander aus, was äusserst beeindruckend zu erleben war. Es gab mehr als einen Gänsehautmoment, die jeweiligen Finals waren an Spannung nicht zu überbieten. Sechs Disziplinen standen auf dem Programm: Jeweils zwölf Piloten waren beim Hindernisparcours mit Beinprothesen (LEG), beim Parcours mit motorisierten Rollstühlen (WHEEL), beim Fahrradrennen mit elektrischer Muskelstimulation (FES) und beim virtuellen Rennen mit Gedankensteuerung (BCI) am Start. Zehn Piloten gingen beim Geschicklichkeitsparcours mit Armprothesen (ARM) und acht Teilnehmende beim Parcours mit robotischen Exoskeletten (EXO) ins Rennen. Aufgrund des Reglements wurden allerdings nicht alle teilnehmenden Teams bewertet. Aus der Schweiz waren insgesamt sieben Teams dabei, zwei von der ETH Zürich. In jeder Disziplin stand am Ende des Tages ein Siegerteam fest (siehe Box). Technik leistet Erstaunliches Die sportlichen Leistungen waren beeindruckend und auch das Ziel, die Forschung und Entwicklung von Assistenztechnologien voranzubringen, wurde erreicht. ETH-Präsident Lino Guzzella zog am Ende des ereignisreichen Tages eine positive Bilanz: «Aus der visionären Idee von ETH-Professor Robert Riener ist ein Anlass mit globaler Ausstrahlung entstanden. Der Cybathlon hat heute nicht nur Zuschauende aus aller Welt begeistert, sondern uns auch eindrücklich vor Augen geführt, was Technik zu leisten vermag, wenn sie im Dienste der Menschen steht». Er betonte: «Lösungen zu entwickeln, welche die Gesellschaft in Zukunft weiterbringen, dafür steht die ETH Zürich.» Weltweite Beachtung Auch Robert Riener, Initiator des Cybathlon und Professor für Sensomotorische Systeme an der ETH Zürich, zeigte sich hoch zufrieden: «Die eigentlichen Sieger des heutigen Cybathlon sind all jene Menschen, deren Alltag aufgrund einer körperlichen Behinderung eingeschränkt ist. Wir haben heute gezeigt, dass wir Grossartiges leisten können, wenn wir die Bedürfnisse der Betroffenen in die Entwicklung von Assistenztechnologien einbeziehen. Ich bin stolz auf die Arbeit dieser rund 70 Teams und freue mich riesig über die weltweite Beachtung, die der Cybathlon gefunden hat». Rund 150 internationale Medienschaffende begleiteten die Cybathlon-Weltpremiere. Gemeinsam mit den Zuschauenden, darunter 120 Gäste in Rollstühlen, erlebten sie in der ausverkaufen Arena, wie Teams und Piloten miteinander wetteiferten. Das Schweizer Radio und Fernsehen übertrug den Wettkampf live und bettete ihn in einen Thementag ein. Ausstellung und zahlreiche freiwillige Helfer Was moderne Assistenztechnologien bereits heute leisten, konnten die rund 4600 Besucherinnen und Besucher auch selbst ausprobieren. Es gab verschiedene Stände von PluSport, an denen Interessierte zum Beispiel mit einem Rollstuhl über unebenen Boden rollen oder ein Computerspiel mit den Gedanken steuern konnten. Eine Ausstellung führte in die Geschichte der Unterstützungstechnik ein. Für einen reibungslosen Ablauf sorgten rund 600 Freiwillige und zahlreiche Mitarbeitende der ETH Zürich. Geplant ist in vier Jahren erneut einen Cybathlon zu organisieren. Weitere Informationen clinicum 5-16
4 Robotik in der Rehabilitation wie ein Komapatient wieder auf die Beine kommt Die Geschichte von Peter Häberli Ein ganz normaler Morgen am Bahnhof Bülach im September Gegen sechs Uhr früh holt sich Peter Häberli noch eine Zeitung und einen Kaffee. Sieben Wochen später erwacht er mit den Worten «Was mache ich hier? Ich muss zur Arbeit!» Was war passiert? Peter Häberli hatte an jenem Morgen am Bahnhof einen hämorrhagischen Schlaganfall erlitten und lag daraufhin für sieben Wochen im künstlichen Koma. Nach der Akutversorgung im Unispital Zürich wurde er im November 2012 in die Rehaklinik Zihlschlacht verlegt, wo er bis zum Mai 2014 zur Rehabilitation blieb. Neuroplastizität das Potenzial optimal ausnutzen In den späten 90er Jahren kam es in der Neurorehabilitation zu einem äussert wichtigen Paradigmenwechsel. Die bis anhin gängige Vorstellung eines starren, nicht erholungsfähigen Nervensystems wurde dabei langsam abgelöst durch das Wissen, dass Neuroplastizität, gerade auch nach einer Verletzung, durchaus möglich ist. Die Konsequenz dieses Paradigmenwechsels ist dass man sich heute in der Rehabilitation nicht mehr nur auf das Erlernen von Kompensationsstrategien konzentriert. Stattdessen versucht man mittels hoch-repetitiven Trainings, basierend auf den Prinzipien des motorischen Lernens, das Potenzial der Neuroplastizität optimal auszunutzen und eine bestmögliche Regeneration der Funktionsfähigkeit zu erreichen. Bereits während Peter Häberli sich noch im Koma befand, trainierte er regelmässig auf dem Erigo. Der Erigo ermöglicht die Mobilisierung von schwer betroffenen Patienten bereits in sehr frühen Phasen der Rehabilitation, indem er als einzige Therapielösung die stufenlose Vertikalisierung mit robotischer Beinbewegung und reziproker Beinbelastung kombiniert. Die dadurch erreichte Stabilisierung der cardiovaskulären Parameter (unter anderem ein reduziertes Auftreten von Synkopen) erlaubt bereits in dieser Phase eine längere, konstantere Vertikalisation dank weniger Therapie-Unterbrüchen. Die sehr frühe Mobilisierung während der nach der Hirnschädigung natürlich erhöhten Neuroplastizität stellt die optimale Nutzung des Erholungspotenzials sicher. Des Weiteren hat sich gezeigt, dass die Vertikalisation das Bewusstsein der Patienten verbessern kann und selbstverständlich Konsequenzen der Immobilität und Bettlägerigkeit entgegen wirkt. Gangrehabilitation ein langer Weg mit vielen kleinen Schritten Nachdem Peter Häberli das Bewusstsein wiedererlangt hatte und seine Frage nach dem «Was mache ich hier?» beantwortet war, war sein Weg in der Therapie natürlich noch lange nicht beendet. Er trainierte auch weiterhin auf dem Erigo, bis man von ärztlicher Seite in die weitere Gangtherapie einwilligte. Es folgten etwa drei Monate, in denen der Pa tient ca. zwei Mal pro Woche für 45 Minuten auf dem Lokomat trainierte. Der Lokomat als weltweit meist erforschter Gangroboter ermöglicht durch hohe Wiederholungsraten und eine ständige Anpassung auf die Möglichkeiten und Ziele des Patienten eine intensive Gangtherapie. Der Roboter unterstützt den Patienten mit partieller Körpergewichtsabnahme und ein durch die Bein-Orthesen gewährleistetes physiologisch korrektes Gangbild. Er formt somit eine sogenannte «sichere und erlaubende Umgebung (engl. save and permissive environment)», welche es dem Therapeuten erlaubt, den Patienten optimal zu fordern. Sowohl wirtschaftlich als auch therapeutisch ist dies ein enormer Vorteil gegenüber der konventionellen, manuellen Laufbandtherapie, bei der speziell bei schwer betroffenen Patienten stets mehrere Therapeuten notwendig sind, um den Patienten zu sichern und Unterstützung der Schrittbewegung zu gewährleisten. Manuelles Laufband Training ist für die Therapeuten physisch äusserst an spruchs voll und oft ist nicht der Patient, sondern der Therapeut der limitierende Faktor. Beim Training mit dem Lokomat wird die Grenze hingegen nicht durch die physische Leistungsfähigkeit des Therapeuten gesetzt, sondern durch die individuellen Möglichkeiten des Patienten bestimmt. Peter Häberli ist dank intensiver Gangtherapie mit dem Lokomat in Kombination mit anderen Gangtherapien heute für kurze Strecken frei und für längere Strecken ausserhalb des Hauses mit Rollator gehfähig. Dr. Gery Colombo, Gründer, CEO und VR-Mitglied Hocoma AG, unterhält sich mit Peter Häberli. Frühe Mobilisierung für einen bestmöglichen Start zurück ins Leben clinicum
5 Peter Häberli beim Training auf dem Erigo, dank dem er grosse Fortschritte erzielte. Eine früh initiierte und multimodale Therapie zeigt klar erkennbare Früchte. Arm- und Handtherapie das eigene Leben wieder in den Griff kriegen Seinen linken Arm trainierte Peter Häberli in der Rehaklinik Zihlschlacht am Armeo. Der spielerische Aspekt des Trainings, die Gewichtsentlastung und die beim ArmeoPower verfügbare robotische Unterstützung der Armbewegung erlaubten es dem Patienten, seinen Bewegungsradius stetig zu vergrössern, die neuromuskuläre Koordination zu verbessern und mittels sukzessive reduzierter robotischer Unterstützung die Muskulatur wieder zu kräftigen. Dabei spielte der durch die Armeo Software unterstützte Motivations-Aspekt eine wesentliche Rolle, um hohe Trainingsintensitäten zu erreichen. An der Feinmotorik seiner linken Hand arbeitete er im weiteren Verlauf mittels Spiegeltherapie, um durch eine Nutzung der Spiegelneuronen die Plastizität weiter auszuloten. Zurück im Leben Peter Häberli hat es inzwischen weit gebracht; seine Arm-, und Beinkontrolle ist weitgehend wieder hergestellt und was niemand zunächst für möglich gehalten hatte wurde wahr: Peter Häberli geht selbständig einkaufen oder in den Ausgang, er hat also auch auf der Partizipationsebene wesentliche Fortschritte erzielt. Bei einem Besuch in der Firma Hocoma, die die erwähnten robotischen Therapiegeräte herstellt, nutzte Peter Häberli im Mai 2016 die Möglichkeit, deren neueste Entwicklung, den Andago, zu testen. Hier fi el sein Urteil durchweg positiv aus: «Das ist ein tolles Gerät, das hätte ich gerne schon gehabt, als es für mich darum ging, nach dem Training auf dem Lokomat das freie Gehen wieder zu erlernen.» Peter Häberli lebt heute in einer Einrichtung für jüngere Behinderte. Er ist 58 Jahre alt. Wenn er die Einrichtung mit Eintritt des AHV-Alters verlassen muss, hat er ein Ziel: eine eigene Wohnung. «Ich kann ja alles alleine, ich ziehe mich alleine an, dusche alleine und koche gemeinsam mit anderen. Ich brauche keine permanente Hilfe oder sogar Pfl ege.» Wesentliche Verbesserungen bei Funktion, Aktivität und Partizipation Die früh initiierte und intensive, multimodale Therapie mit und ohne technologische Unterstützung hat es bei Peter Häberli, einem Pa tienten welcher noch vor 25 Jahren vermutlich als nicht therapierbar klassifi ziert worden wäre, erlaubt, Neuroplastizität zu induzieren und eine wesentliche Verbesserung auf einer Funktions-, Aktivitäts- und Partizipationsebene zu erreichen! Dieses Fallbeispiel wird inzwischen auch von immer mehr gross angelegten Studien bestätigt. 112 clinicum 5-16
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