Der Wald ist gesetzlich geschützt auch der Bremgartenwald Kurzreferat vom 30. Mai 2012 Pro Bremgartenwald Conradin Mohr, Forstingenieur
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- Sebastian Koch
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1 Der Wald ist gesetzlich geschützt auch der Bremgartenwald Kurzreferat vom 30. Mai 2012 Pro Bremgartenwald Conradin Mohr, Forstingenieur
2 Zu meiner Person: Seit 1975 in der Stadt Bern zuhause Von 1980 bis 2003 als Kreisoberförster, später als leitender Oberförster für forstpolizeiliche Fragen auch für die Stadt Bern und damit für den Bremer verantwortlich war die Autobahn bereits gebaut und 2003 die Rodung für die Kehrichtverbrennungsanlage noch nicht erteilt. Ich bin deshalb unbefangen, was Rodungen im Bremer betrifft Zu meinen Ausführungen Beschränkung auf die Rodungsfrage Kritische Hinterfragung der Machbarkeitsstudie (siehe dazu auch Einbringen meiner Erfahrungen Wertung der politischen und fachlichen Diskussion in der Schweiz bezüglich Rodungsfragen Ich vertrete hier meine persönliche Meinung Bitte Anhang beachten.
3 1. Die Waldstadt Bremer ist nicht machbar, weil hierfür keine Rodungsbewilligung erteilt werden kann Art. 5 des eidg. Waldgesetzes von 1992 sagt Rodungen sind verboten Ausnahmebewilligungen können erteilt werden, falls Wichtige Gründe bestehen, die das Interesse an der Walderhaltung überwiegen Standortgebundenheit nachgewiesen Voraussetzung der Raumplanung erfüllt Keine erhebliche Gefährdung der Umwelt Billiger Bodenerwerb ist kein wichtiger Grund für Rodung Was sagt die Machbarkeitsstudie dazu? Josef Estermann, Urbanist und ehemaliger Stadtpräsident von Zürich, kommt in einem bemerkenswerten Beitrag zum Schluss, dass eine Rodungsbewilligung möglich und sinnvoll ist. Begründung: Raumplanerisch ist der Standort optimal Das Bauen im Wald schützt Fruchtfolgeflächen, die ebenfalls bundesrechtlich geschützt sind Das Projekt erlaubt die Überdeckung der Autobahn (Stadtreparatur) Meine Beurteilung: Aus raumplanerischer Sicht ist der Standort gut Der Schutz der Fruchtfolgeflächen ist auf dem Papier zwar festgelegt, lässt sich in der Praxis aber nicht durchsetzen. Falls die Überbauung Bremer bewilligt wird, ist dadurch keine ha Fruchtfolgefläche nachhaltig geschützt. Die entsprechenden rechtlichen Instrumente fehlen. Autobahnüberdeckung kann nicht als Stadreparatur geltend gemacht werden. Stadtrand verlief immer am Waldrand; Lage der Autobahn im Abstand von m zum Stadtrand ist eine stadtplanerische Entscheidung (Autobahn=Stadttangente mit Pufferzone) Die Machbarkeitsstudie vergleicht 5 potenzielle Siedlungsgebiete in Bezug auf eine umfassende Nachhaltigkeit, nämlich Waldstadt Bremer (zentrumsnah) Bern West (zentrumsnah) Muri: Saali-Melchenbühl (Kernagglomeration) Münchenbuchsee: Hofwil (weitere Agglomeration) Belp: Stöcklimatte (weitere Agglomeration Sie kommen zum Schluss, dass die beiden zentrumsnahen Projekte am besten abschneiden, die Projekte in der weiteren Agglomeration am schlechtesten. Begründung Verdichtetes Bauen nur in Zentrumsnähe möglich Wenig Verkehrsfläche Weniger MIV
4 Meine Beurteilung: Der Bericht des Büros Novatlantis zeigt gerade, dass Stadterweiterung im Bremer auch unter Berücksichtigung strenger Nachhaltigkeitskriterien nicht besser abschneidet als Bern West; damit ist die Standortgebundenheit für die Waldstadt Bremer eigentlich widerlegt. Zum Rodungsersatz Art. 7 des Waldgesetzes sagt (Fassung vom 16. März 2012): Für jede Rodung ist in derselben Gegend Realersatz zu leisten Anstelle von Realersatz können gleichwertige Massnahmen zu Gunsten des Natur- und Landschaftsschutzes getroffen werden: a). b) ausnahmsweise zur Schonung von landwirtschaftlichem Kuturland sowie ökologisch oder landschaftlich wertvollem Gebiet Was sagt die Machbarkeitsstudie dazu? Sie hält fest, dass das Amt für Wald des Kantons Bern (zuständige Behörde für die Erteilung der Rodungsbewilligung) die Hälfte der Rodungsfläche von 34 ha, also 17 ha als Realersatz verlangt. Für die übrigen 17 ha sind gleichwertige Massnahmen zugunsten des Natur- und Landschaftsschutzes zu leisten. Das Bureau führt einen Katalog von acht möglichen Massnahmen auf. Meine Beurteilung: Die Vorschläge sind wenig konkret, mehr Ideen als Vorschläge; wenig überzeugend Nach meiner Erfahrung wird es sehr schwierig werden, in der Gemeinde Bern und Nachbargemeinden 17 ha Land für eine Aufforstung zu finden Damit fehlt meines Erachtens neben der Standortgebundenheit die zweite wichtige Voraussetzung für die Erteilung einer Rodungsbewilligung, nämlich der Nachweis, dass geeignete Ersatzmassnahmen vorhanden sind.
5 2. Die Rodungsbewilligung darf nicht erteilt werden, weil dadurch ein unerwünschter raumplanerischer Präzedenzfall geschaffen würde Was sagt die Machbarkeitsstudie dazu? Estermann: äussert sich dazu nicht Bureau Nouvelle Forêt Freiburg zeigt eindrücklich, wie restriktiv bisher die Rodungspraxis gehandhabt wurde: in der Schweiz bewilligte Rodungen für Wohnbauten zwischen 2000 und 2009 pro Jahr: 18 Bewilligungen mit einer Gesamtfläche von 1.65 ha. Mit dem Projekt Waldstadt Bremer soll für ein Wohnbau-Projekt etwa gleich viel Wald gerodet werden wie in der ganzen Schweiz während der letzten 20 Jahre. Team Bauart: Das Projekt Waldstadt hat aufgrund seiner Einmaligkeit Vorbildcharakter und schafft kein Präjudiz. Ich frage mich: wie kann ein Projekt zugleich Vorbildcharakter haben und kein Präjudiz schaffen? Bereits die Kehrichtverbrennungsanlage dient als Präjudiz für die Waldstadt Bremer. Die Stadt Neuenburg wartet nur auf die Bewilligung in Bern, um ein ähnliches Vorhaben realisieren zu können. Der Schutz des Waldes hat in der Schweiz eine lange Tradition. Ich vergleiche die Dufourkarte von 1854 mit der Landeskarte 1:25'000 von 1993: Die Waldflächen haben sich kaum verändert. Das Siedlungsgebiet ist bis an den Waldrand gewachsen. Der einzige Wald der auf diesem Kartenausschnitt von 9x12 km um die Stadt Bern in den 139 Jahren verschwunden ist, ist der Burgdorfer Wald im Burgfeld. Weshalb ist der rigorose Waldschutz auch eine raumplanerische Errungenschaft? Der Wald gliedert die Landschaft. Er trennt Baugebiete ab und bietet Grünflächen im überbauten Gebiet. Er ist dank freiem Betretungsrecht von grossem Wert für die Naherholung. Die Wälder sind naturnahe Inseln in unserer intensiv genutzten Landschaft. Betrachten wir die Stadtgrenze zur Gemeinde Muri. Auch die kleinen und kleinsten Wäldchen haben überlebt, obwohl sie sich fürs Bauen bestens geeignet hätten. Was will ich damit zeigen: die konsequente Anwendung des Rodungsverbotes für Wohnbauten, welche vom Bundesgericht durchwegs geschützt wird, führt dazu, dass gar keine Gesuche gestellt werden. Bauherren, Architekten, Planer, Juristen wissen, das geht nicht. So ist eine grosse Rechtssicherheit entstanden. Ich hatte in meiner 23-jährigen Amtszeit vielleicht 3-4 Fälle zu behandeln. An eine Bewilligung kann ich mich gar nicht erinnern. Die Baubewilligung für die Waldstadt Bremer käme einem Dammbruch gleich, einem Paradigmawechsel. Ein ganz fester Baustein in unserem raumplanerischen Gefüge würde herausgebrochen, mit schwer absehbaren Konsequenzen.
6 3. Das Projekt Waldstadt Bremer kommt zu früh Der Druck auf den Wald kommt von drei Seiten: Von der Bergbevölkerung. Von der Landwirtschaft im Mittelland Von der Raumplanung Was sagen die Politik, Fachleute aus Forst- und Landwirtschaft, Raumplanung, Bevölkerung? Politik: 2012 beschliesst das eidg. Parlament eine Revision des Waldgesetzes. Diese sieht zwar Massnahmen vor in Berggebieten, wo der Wald sich ausdehnt. Aber keine Lockerung des Rodungsverbotes! Obwohl das Thema Waldstadt Bremer bereits auf dem Tisch lag und durchaus ein Diskussionspunkt war. Ein Vertreter der Abt. Wald des Bundesamtes für Umwelt: Aufgrund der bisherigen Abklärungen und vorhandenen Unterlagen kann das Bundesamt für Umwelt die Schlüsse der Machbarkeitsstudie, wonach eine Waldrodung für das Projekt Waldstadt Bremer möglich ist, nicht teilen. Ebenso kann die präjudizielle Wirkung für andere Vorhaben nicht abgesprochen werden. Runder Feldtisch der Arbeitsgemeinschaft für den Wald vom 23. November 2011: Waldstadt Bremer ein Projekt mit nationaler Signalwirkung Bruno Röösli, Abt. Wald, Bundesamt für Umwelt Ein Vertreter des Bauernverbandes: Bis 2050 müssen in der Schweiz 9 Mio Menschen ernährt werden. Das ackerfähige Land beträgt in der Schweiz nur 5 Aren/Kopf (D 15, F 29!), muss deshalb geschützt werden, mit raumplanerischen und agrarpolitischen Massnahmen. Nicht Waldschutz gegen Schutz der Agrarflächen ausspielen! Fachtagung Raumplanung und Wald: Konflikte, Koordination, Konzepte, vom 7. Mai in Solothurn Beat Röösli, Vertreter des Schweizerischen Bauernverbandes Ein Vertreter der Raum- und Landesplanung: Für einen solchen Paradigmenwechsel braucht es eine demokratische Legitimierung (Anpassung Gesetz mit Referendumsmöglichkeit) Falsches Signal bei heutigen Verdichtungsabsichten; verdichtet wird erst, wenn Boden knapp wird In einem Zeitpunkt, in dem sich die Notwendigkeit der baulichen Verdichtung in den Köpfen immer mehr festsetzt, ist die Öffnung des Waldes für Siedlungszwecke ein falsches Signal. Lukas Bühlmann, Vereinigung für Landesplanung Ein Vertreter der kantonalen Verwaltungen: Es braucht eine bessere Abstimmung zwischen Wald- und Raumplanung, d.h. Raumplanungsund Waldgesetz müssen besser aufeinander abgestimmt werden Das strategische Instrument für den haushälterischen Umgang mit dem Boden ist der Kantonale Richtplan, welcher vom Bund zu genehmigen ist. U. Strauss-Gallmann, Kantonsplaner St. Gallen Kürzliche Bevölkerungsumfrage der WSL ergibt 85 % Zustimmung zum geltenden Rodungsverbot. Für mich ist trotzdem sehr unsicher, wie eine stadtbernische Abstimmung zur Zonenplanänderung ausgehen würde. Warum? Die Abstimmung für die Kehrichtverbrennungsanlage ging problemlos durch, ohne nennenswerte Opposition. Hat mich sehr überrascht.
7 Zusammenfassung Der raumplanerische Preis für die Schweiz, der für die Waldstadt Bremer zu bezahlen ist, ist höher als der Gewinn, den die Stadt Bern durch die zentrumsnahe Überbauung erzielen kann. Der Druck auf den Wald wird anhalten. Fachgremien, Behörden und Politik sind aufgefordert, den Ball aufzunehmen, den das Büro Bauart vorgelegt hat. Es wird nicht genügen, sich auf die bestehende strenge Forstgesetzgebung zu berufen. Weil griffige Instrumente zum haushälterischen Umgang mit dem Boden (ob Wald oder Fruchtfolgeflächen oder Siedlungsgebiet) noch fehlen, kommt das Projekt Waldstadt Bremer zu früh.
8 ANHANG Bundesgesetz über den Wald 1991 Bundesgesetz über den Wald, Änderung vom 16. März 2012
9 Bern einst und jetzt: Gegenüberstellung der Dufourkarte von 1854 mit der Landeskarte 1993 im Massstab 1:25'000 Bundesamt für Landestopographie, 3084 Wabern, Ausgabe 1995 Das Siedlungsgebiet ist bis an die Waldränder gewachsen. Landwirtschaftsland wurde überbaut. Der Wald ist geblieben. Dufourkarte 1854 Ausschnitt Stadtrand Bern Muri Auch kleine und kleinste Wälder haben dank restriktiver Anwendung der Rodungsbewilligungen die letzten 139 Jahre überdauert Landeskarte der Schweiz 1993
10 Dufourkarte 1854 Landeskarte der Schweiz 1993
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