B e g r ü n d u n g :
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- Magdalena Hofer
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1 1 Bsw 40072/98 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Kammer III, Beschwerdesache Helmut ***** gegen Österreich, Zulässigkeitsentscheidung vom , Bsw /98. Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK, 294 Abs. 5 StPO - Berufungsverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten. Zulässigkeit der Beschwerde (einstimmig). B e g r ü n d u n g : Sachverhalt: Am brachte die Staatsanwaltschaft (StA) ***** eine Anklageschrift gegen den Bf. ein, in der diesem zwei Fälle von Vergewaltigung, die schwere Körperverletzungen zur Folge hatten, vorgeworfen wurden. Die StA warf dem Bf. vor, er habe am ***** vergewaltigt, geschlagen und gewürgt, sie gezwungen Medikamente zu schlucken und mit dem Tode bedroht. Am habe er ***** vergewaltigt, geschlagen und gewürgt, sie gezwungen Medikamente zu schlucken, ihr mit einer Zigarette Verbrennungen zugefügt und ihr mit einem Messer schwere Schnittverletzungen im Unterleibsbereich zugefügt. Am wurde der Bf. vom Geschworenengericht beim LG ***** in beiden Fällen der schweren Vergewaltigung gemäß 201 (1) u. (3) StGB für schuldig befunden und zu 14 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Als mildernde Umstände wurden das teilweise Geständnis betreffend die Vergewaltigung von ***** gewertet sowie zu einem gewissen Grad der Umstand, dass der Täter unter Einfluss von Alkohol und Drogen gehandelt hatte. Als erschwerende Umstände wertete das Gericht die Vorstrafen
2 2 Bsw 40072/98 des Bf. sowie die zweifache Begehung des Delikts und die extreme Brutalität, mit der er gehandelt hatte. Am erhob der Bf. Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung. In seiner Nichtigkeitsbeschwerde machte der Bf. ua. geltend, dass das Geschworenengericht die beantragten Zeugen aus Polen nicht vernommen hatte. Am bestätigte der OGH den Wahrspruch der Geschworenen betreffend die Vergewaltigung von ***** und hob den Wahrspruch betreffend die Vergewaltigung von ***** und den Strafausspruch auf. Nach Ansicht des OGH lagen genügend Anhaltspunkte vor, um die polnischen Zeugen auszuforschen, weshalb das Geschworenengericht sich um die Aufnahme dieses Beweises hätte bemühen müssen. Die Sache wurde zur nochmaligen Verhandlung an die erste Instanz verwiesen. Am befand das Geschworenengericht den Bf. neuerlich wegen Vergewaltigung von ***** für schuldig und verhängte eine Freiheitsstrafe von 14 Jahren. Als mildernde Umstände wurden das Geständnis des Bf. bezüglich einiger Fakten betreffend die Vergewaltigung von ***** sowie zu einem gewissen Grad seine Alkoholisierung gewertet. Gegen dieses Urteil erhob der Bf. am Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung. In seiner Berufung behauptete der Bf., dass das Gericht es versäumt hätte, mildernde Umstände, namentlich seine vernachlässigte Erziehung, seine schwierige Kindheit und seine Alkoholisierung, ausreichend zu berücksichtigen. Der Bf. stellte keinen Antrag auf Vorführung vor das OLG. Der OGH wies die Nichtigkeitsbeschwerde am in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurück.
3 3 Bsw 40072/98 Am beraumte das OLG ***** die Berufungsverhandlung für den an. Der Bf. erhielt eine Benachrichtigung, dass er aufgrund seiner Inhaftierung nicht persönlich, sondern nur durch seinen Verteidiger vertreten vor Gericht erscheinen könne, da die Voraussetzungen des 294 (5) StPO nicht erfüllt wären. Am wies das OLG ***** die Berufung gegen den Strafausspruch ab, nachdem die Verhandlung in Abwesenheit des Bf., aber im Beisein seines Verteidigers geführt wurde. Bezüglich der Bewertung von Milderungs- und Erschwerungsgründen durch das Geschworenengericht stellte das OLG fest, dass das teilweise Geständnis des Bf. ein bloßer Beitrag zur Wahrheitsfindung war und nicht als mildernder Umstand zu qualifizieren wäre. Überdies lagen weitere erschwerende Umstände vor, wie die besondere Grausamkeit, mit der die Straftaten begangen wurden sowie das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen. Das OLG stellte fest, dass eine vernachlässigte Erziehung und eine schwere Kindheit nicht als mildernde Umstände herangezogen werden könnten, da der Bf. nunmehr erwachsen sei und dies auch nicht sein besonders bru tales Verhalten erkläre. Auch seiner Alkoholisierung könne kein Gewicht beigemessen werden, da er über die Auswirkungen von Alkohol auf seine Person hätte Bescheid wissen müssen und die Sachverständigen festgestellt hätten, dass die Alkoholisierung keinen Einfluss auf die Tatbegehung hatte. Überdies waren die Straftaten des Bf. keine Folge geistiger Verwirrung, sondern von Frustration und gesteigerter Aggressivität. Er zeigte außerdem kein Schuldbewusstsein. Aus diesen Gründen sah das OLG keinen Grund für eine Reduktion des Strafausspruchs. Rechtsausführungen:
4 4 Bsw 40072/98 Der Bf. behauptet eine Verletzung von Art. 6 (3) (c) EMRK (Recht auf Verteidigung in eigener Person oder durch einen Verteidiger), weil die Berufungsverhandlung vor dem OLG in seiner Abwesenheit geführt wurde. Zur behaupteten Verletzung von Art. 6 (3) (c) EMRK: Die Reg. bringt vor, dass der Bf. nicht alle innerstaatlichen Rechtsbehelfe ausgeschöpft habe. Er sei während des gesamten Verfahrens von demselben Verteidiger vertreten worden und wurde auch persönlich von der Berufungsverhandlung informiert. Dennoch habe weder der Bf. noch sein Verteidiger seine Vorführung zur Berufungsverhandlung gemäß 294 (5) StPO beantragt oder in irgendeiner anderen Weise den Wunsch geäußert, an der Verhandlung teilzunehmen. Nach st. Rspr. erfordert die nach Art. 35 EMRK notwendige Erschöpfung aller innerstaatlichen Rechtsbehelfe auch das Ergreifen aller prozessualen Mittel, die eine Verletzung der EMRK verhindern können. Im vorliegenden Fall gelangt der GH zu der Ansicht, dass die Frage, ob der Bf. die Teilnahme an der Berufungsverhandlung beantragen hätte müssen, so eng mit der materiellen Prüfung des Falles zusammenhängt, dass sie nicht getrennt behandelt werden kann. Die Reg. führt aus, dass das OLG aufgrund des Fehlens entsprechender Bemühungen des Bf. von einem Verzicht auf die persönliche Teilnahme an der Verhandlung ausgehen konnte. Der Bf. bestreitet dies mit dem Argument, dass ihn das OLG vorladen hätte müssen, da sich das Gericht bei der Überprüfung des Strafausspruchs einen persönlichen Eindruck vom Angeklagten machen müsse. Daher wäre seine Anwesenheit bei der Verhandlung im Interesse der
5 5 Bsw 40072/98 Rechtspflege dringend geboten gewesen, er habe außerdem nie ausdrücklich auf dieses Recht verzichtet. Der GH stellt fest, dass der Fall komplexe Sachund Rechtsfragen aufwirft und erklärt die Bsw. gemäß Art. 35 (3) EMRK für zulässig (einstimmig). Hinweis: Das vorliegende Dokument über die Zulässigkeitsentscheidung des EGMR vom , Bsw /98, entstammt der Zeitschrift ÖIMR-Newsletter" (NL 2002, 51) bzw. der entsprechenden Datenbank des Österreichischen Institutes für Menschenrechte, Salzburg, und wurde von diesem dem OGH zur Aufnahme in die Entscheidungsdokumentation Justiz im RIS zur Verfügung gestellt. Die Zulässigkeitsentscheidung im englischen Originalwortlaut (pdf-format): Das Original der Zulässigkeitsentscheidung ist auch auf der Website des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ( abrufbar.
Entschädigung nach Art. 41 EMRK: 1.000,- für immateriellen Schaden, 3.500, für Kosten und Auslagen (einstimmig).
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