Der Anspruch der Ethik und seine Bedeutung für die Medizin
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- Wolfgang Färber
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1 Der Anspruch der Ethik und seine Bedeutung für die Georg Marckmann Universität Tübingen Institut für Ethik und Geschichte der Tagung, Recht, Ethik zwischen Konflikt und Kooperation Evangelische Akademie Tutzing Tutzing, 17. März 2010
2 Ausgangspunkte Leitfrage der Tagung: Wie kann das Zusammenspiel zwischen, Recht und Ethik verbessert werden? Impliziert:, Recht und Ethik lassen sich trennen! These: & Ethik lassen sich (konzeptionell) nicht trennen ist ohne Ethik (konzeptionell) nicht denkbar & Recht lassen sich (konzeptionell) trennen ist ohne Recht (konzeptionell) denkbar benötigt das Recht aber aus pragmatischen Gründen, Recht & Ethik unterschiedliche Fachdisziplinen, von unterschiedlichen Fachleuten vertreten Kooperation und Konflikte möglich Herausforderungen liegen vor allem auf der pragmatischen, nicht auf der konzeptionellen Ebene! 2
3 Gliederung Klärung 1: Verhältnis zwischen Moral und Ethik Klärung 2: Verhältnis zwischen Moral/Ethik und Perspektiven 1: konzeptionelle Kooperation zwischen & Ethik prinzipienorientierte ethik Perspektiven 2: pragmatische Kooperation zwischen & Ethik ethische Beratung Ausblick: Verhältnis von Ethik und Recht in der 3
4 Gliederung Klärung 1: Verhältnis zwischen Moral und Ethik Klärung 2: Verhältnis zwischen Moral/Ethik und Perspektiven 1: konzeptionelle Kooperation zwischen & Ethik prinzipienorientierte ethik Perspektiven 2: pragmatische Kooperation zwischen & Ethik ethische Beratung Ausblick: Verhältnis von Ethik und Recht in der 4
5 Moral vs. Ethik Moral Sittliche Phänomene in einer bestimmten Gemeinschaft: moralische Überzeugungen, Regeln, Normen, Wertmaßstäbe, Gebote Die Moral gibt an, was moralisch richtig und falsch ist Bspl.: Der Wille eines Patienten ist zu respektieren. Ethik Die (philosophische) Reflexion über moralische Phänomene Die Ethik versucht zu begründen, warum etwas moralisch richtig und falsch ist. Bspl.: Warum ist der Wille eines Patienten zu respektieren? Bspl.: Wie kann man den Willen bei einem nicht äußerungsfähigen Patienten respektieren? 5
6 Formen der (philosophischen) Ethik Metaethik Klärt die Verwendung moralischer Begriffe und Grundfragen Bspl.: Gibt es eine rational begründbare, allgemein verbindliche ethik? Deskriptive Ethik Untersucht faktische moralische Orientierungen Bspl.: Einstellungen von ÄrztInnen zur aktiven Sterbehilfe Normative Ethik Prüfung & Begründung moralischer Urteile Leifrage: Was soll ich (sollen wir) tun? Bspl.: Ist die aktive Sterbehilfe ethisch vertretbar? Bspl.: Soll man dem Wunsch des Patienten folgen und das Beatmungsgerät abstellen? 6
7 Ethik als Disziplin Ethik = Reflexion über moralische Fragen Zielsetzung: Begründete Antwort auf die Frage Was soll ich tun? Ist nicht an eine bestimmte Fachdisziplin gebunden Kein Privileg der professionellen Ethiker Jeder vernünftige Mensch ist (potenziell) zu ethischer Reflexion fähig Man kann unmoralisch, aber nicht unethisch handeln! Akademische Ethik = Moralphilosophie: professionelle Reflexion über moralische Fragen Ursprünge: Antike Philosophie Entwicklung ethischer Theorien allgemeine Kriterien, was moralisch richtig & falsch, gut & schlecht, gerecht & ungerecht ist Orientierung in schwierigen moralischen Konfliktsituationen! 7
8 Gliederung Klärung 1: Verhältnis zwischen Moral und Ethik Klärung 2: Verhältnis zwischen Moral/Ethik und Perspektiven 1: konzeptionelle Kooperation zwischen & Ethik prinzipienorientierte ethik Perspektiven 2: pragmatische Kooperation zwischen & Ethik ethische Beratung Ausblick: Verhältnis von Ethik und Recht in der 8
9 & Moral : sehr heterogene Disziplin (Bereiche, Institutionen, Wissen, Argumentation, ) Definition über interne Zielsetzung: Hilfe für kranke (oder von Krankheit bedrohte) Menschen Ausgangspunkt: archetypische Situation von Not (Bedrohung durch Krankheit) und Hilfe Interne Moralität der als Hilfsdisziplin Integrale moralische Verpflichtungen Das eigene Handeln den Interessen des Kranken unterordnen Wohlergehen der Betroffenen nach bestem Wissen und Gewissen fördern Schweigepflicht & Schutz der Privatsphäre Selbstbestimmung der Kranken respektieren ist (konzeptionell) ohne Moral nicht denkbar! 9
10 & Ethik ethik: Reflexion über moralische Fragen in der Seit den Ursprüngen der (schriftlich überlieferten ) Traditionelle ethik: professionsinterne Regelung für das Verhalten von Ärzten ( ärztliches Ethos ) Hippokratischer Eid Urspr.: 4. Jhdt. v. Chr. in pythagoräischer Ärztegruppe Z.B.: Patient nutzen und nicht schaden, Schweigepflicht Historisches Dokument, kein aktuell verbindlicher Moralkodex! Neue Entwicklungen seit 1950: isch-technischer Fortschritt (v.a. Intensivmedizin) Pluralisierung von Wertüberzeugungen Akzentuierung der Patientenautonomie (v.a. durch Rechtssystem!!) Akademisierung der ethik eigene Disziplin! USA seit 1970, D etwa seit 1995) 10
11 Gliederung Klärung 1: Verhältnis zwischen Moral und Ethik Klärung 2: Verhältnis zwischen Moral/Ethik und Perspektiven 1: konzeptionelle Kooperation zwischen & Ethik prinzipienorientierte ethik Perspektiven 2: pragmatische Kooperation zwischen & Ethik ethische Beratung Ausblick: Verhältnis von Ethik und Recht in der 11
12 Leitfrage: Was soll ich tun? technisch evaluativ moralisch Kann eine PEG bei Demenz eine Aspirationspneumonie verhindern? Naturwissenschaften/ Abhängig von wissenschaftlicher Evidenz Ärztlich-pflegerische Expertise Dient die PEG dem Wohlergehen eines Demenzpatienten? Strebensethik Evaluative Ethik Abhängig von Vorstellungen des guten Lebens (Pluralität) Individuelle Patienten-Präferenzen Ist die vorausverfügte Verweigerung einer PEG bei Demenz zu respektieren? Sollensethik Normative Ethik Allgemeine Verbindlichkeit Oft rechtliche Regulierung 12
13 Prinzipienorientierte ethik Normative Ethik Begründung ethische Theorie Problem der angewandten Ethik: Pluralismus ethischer Theorien Abstraktionsgrad ethischer Theorien Berücksichtigung verschiedener moralischer Aspekte erforderlich (vgl. moralisches Ereignis) Alternativmodell: prinzipienorientierte ethik Konzeptionelles Kooperationsmodell Ausgangspunkt: weithin geteilte moralische Überzeugungen Rekonstruktion sog. mittleren Prinzipien als moralische Grundorientierung Prüfung auf Kohärenz: bei der Anwendung und im Hinblick auf Hintergrundtheorien ggf. Revision Kohärentistische oder rekonstruktive Ethikbegründung 13
14 Prinzipienorientierte ethik Moralische Alltagsüberzeugungen Rekonstruktion Interpretation Gewichtung Mittlere Prinzipien Autonomie Wohltun/Nutzen Nichtschaden Gerechtigkeit Einzelfall 14
15 Prinzipienorientierte Falldiskussion Interpretation Gewichtung 1. Analyse: ische Aufarbeitung des Falles Information über Patient (Diagnose etc.) Behandlungsmöglichkeiten, Chancen und Risiken 2. Bewertung 1: Ethische Verpflichtungen gegenüber dem Patienten Wohl des Patienten/Nichtschaden (Fürsorge) Autonomie des Patienten 3. Bewertung 2: Ethische Verpflichtungen gegenüber Dritten (Gerechtigkeit) Familienmitglieder, andere Patienten, Gesellschaft 4. Synthese: Konflikt? Begründete Abwägung 5. Kritische Reflexion des Falls Stärkster Einwand? Vermeidung möglich? 15
16 Gliederung Klärung 1: Verhältnis zwischen Moral und Ethik Klärung 2: Verhältnis zwischen Moral/Ethik und Perspektiven 1: konzeptionelle Kooperation zwischen & Ethik prinzipienorientierte ethik Perspektiven 2: pragmatische Kooperation zwischen & Ethik ethische Beratung Ausblick: Verhältnis von Ethik und Recht in der 16
17 Pragmatische Kooperation Ziel: Verankerung bzw. Unterstützung der ethischen Reflexion im system Ethische Beratung: verschiedene Ebenen & Bereiche Forschung Ethikkommissionen Klinik Klinische Ethikkomitees (KEKs) Ethikberatung im Einzelfall: Ethische Fallbesprechung im Team nach dem Modell der prinzipienorientierten Falldiskussion Gesundheitswesen Ethische Beratungsorgane Nationaler/deutscher Ethikrat Enquetekommission Ethik und Recht der modernen Zentrale Ethikkommission bei der Bundesärztekammer Zielsetzung der Beratung: Verbindung von fachlicher & ethischer Expertise unter Einbeziehung der Betroffenen 17
18 Gliederung Klärung 1: Verhältnis zwischen Moral und Ethik Klärung 2: Verhältnis zwischen Moral/Ethik und Perspektiven 1: konzeptionelle Kooperation zwischen & Ethik prinzipienorientierte ethik Perspektiven 2: pragmatische Kooperation zwischen & Ethik ethische Beratung Ausblick: Verhältnis von Ethik und Recht in der 18
19 , Ethik & Recht Recht: ebenfalls normative Disziplin Reflexion & Anwendung rechtlicher Normen in der In den meisten Fällen: (konzeptionelle) Konvergenz von Ethik und Recht Legitimationsvoraussetzungen ärztlichen Handelns: (1) Nutzen für den Patient ( Indikation ), (2) Willen für den Patienten, (3) Durchführung lege artis Orientierungspunkte bei der stellvertretenden Entscheidung: (1) Patientenverfügung, (2) mündlich geäußerte Behandlungswünsche, mutmaßlicher Wille, (3) objektives Wohl Herausforderung: rechtliche Regulierung bei moralischer Pluralität Bspl.: Schwangerschaftsabbruch, Forschung an embryonalen Stammzellen, Tötung auf Verlangen Konflikte zwischen Ethik und Recht möglich! 19
20 Fazit und Ethik sind durch die interne Moralität der konzeptionell nicht zu trennen Handeln in der muss sich immer an moralischen Normen orientieren ist konstitutiv auf die ethische Reflexion angewiesen Konzeptionelle Kooperation : prinzipienorientierte ethik strukturierte Verbindung von medizinischer Fachexpertise und ethischer Reflexion Pragmatische Kooperation: multidisziplinäre Beratungsgremien und Beratungsstrukturen 20
21 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Folien, Kommentare:
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