Genetische Störungen der Knochenmineralisation
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1 Osteologie des Kindes- und Jugendalters 100 Genetische Störungen der Knochenmineralisation D. Schnabel Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, Sozialpädiatrisches Zentrum, Charité, Universitätsmedizin Berlin Schlüsselwörter Vitamin-D-25-Hydroxylase-Mangel, Vitamin - D-abhängige Rachitis Typ I und II (VDAR I/II), hypophosphatämische Rachitis Zusammenfassung Angeborene Störungen im Vitamin-D-Metabolismus und/oder in der Regulation der Phosphathomöostase führen zu einer gestörten Mineralisation des Skelettsystems. Durch das herabgesetzte Kalzium-Phosphat- Produkt bildet sich im Kindesalter eine Rachitis aus, bei Erwachsenen eine Osteomalazie. Klinische Symptome sind zumeist Extremitätenfehlstellungen (Genua vara/genua valga), aber auch Knochenschmerzen, progrediente Muskelschwäche, Tetanie. Besonders in den vergangenen Jahren sind neue genetische Ursachen von Störungen im Phosphatstoffwechsel publiziert worden. Dieses Review beschreibt Klinik und Pathophysiologie der derzeit bekannten Ursachen angeborener Störungen des Vitamin-D-Stoffwechsels sowie der Phosphathomö ostase und zeigt mögliche zukünftige medikamentöse Optionen in der Behandlung von Patienten mit hypophosphatämischer Rachitis auf. Korrespondenzadresse Dr. Dirk Schnabel Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie Otto-Heubner-Centrum für Kinder- und Jugendmedizin/ SPZ, Charite, Universitätsmedizin Berlin Augustenburger Platz 1, Berlin Tel.:030/ , Fax: 030/ dirk.schnabel@charite.de Keywords Vitamin D-25-Hydroxylase deficiency, vitamin D-dependent rickets type I/II, hypophosphataemic rickets Summary Hereditary disorders in vitamin D metabolism and/or in the regulation of phosphate homeostasis resulted in impaired bone mineralisation. The abnormal mineralisation of the skeleton leads to rickets in children and to osteomalacia in adults. Leading symptoms in impaired mineralisation are mostly bone deformities, but also bone pain, slow motor development, progressive muscle weakness, neuromuscular irritability or convulsions. Over the last decade our knowledge especially of the regulation of phosphorus metabolism has expended. This overview describes clinical and pathophysiological conditions of various hereditary disorders of vitamin D metabolism and phosphate homeo - stasis including data about possible future therapeutic strategies. Genetic disorders of bone mineralization Osteologie 2013; 22: eingereicht: 18. März 2013 angenommen: 20. März 2013 Hereditäre Störungen im Vitamin-D- bzw. Phosphatstoffwechsel führen zur mangelnden Mineralisation des neu gebildeten Osteoids. Die Folgen können im Kindesund Jugendalter die Ausbildung einer Rachitis, nach Schluss der Epiphysen im Erwachsenenalter eine Osteomalazie sein. Physiologie des Vitamin- D-Stoffwechsels Der Kalziumstoffwechsel wird vorwiegend durch die beiden Hormone Parathormon (PTH) und 1,25-Dihydroxy-Vitamin D (1,25[OH] 2 D) = Kalzitriol) durch Einwirkung auf ihre wichtigsten Zielorgane Darm, Skelett und Nieren gesteuert. Vitamin D 3 (Cholecalciferol) wird durch UV- Bestrahlung (Sonnenlicht, Wirkungsmaximum nm) in den tiefen Schichten der Epidermis gebildet oder mit der Nahrung als Vitamin D 3 oder Vitamin D 2 (Ergocalciferol) über den Darm aufgenommen. Der kleinere Anteil des täglichen Vitamin-D-Bedarfs wird enteral resorbiert (Vitamin D 2 aus pflanzlichen, Vitamin D 3 aus tierischen Produkten). Nach Bindung an ein spezifisches Transportprotein (Vitamin D-Bindungsprotein [DBP]) werden Vitamin D 2 und Vitamin D 3 zur Leber transportiert. In den Lebermikrosomen erfolgt durch CYP2R1-Vitamin D 25-Hydroxylase zunächst enzymatisch die Bildung von 25-Hydroxy-Vitamin-D 3 (25-OHD) und anschließend im proximalen Nierentubulus durch die CYP27B1-1α-Hydroxylase die Hydroxylierung zum aktiven Vitamin-D-Hormon (1,25[OH] 2 D) (1). Im Vergleich zum Vitamin D ist das 25-OHD metabolisch zehnfach, das 1,25(OH) 2 D 1000fach stärker wirksam. Alle Vitamin-D-Metabolite werden im Blut durch dasselbe spezifische Vitamin- D-Bindungsprotein (DBP) transportiert. Schattauer 2013 Osteologie 2/2013
2 101 D. Schnabel: Genetische Störungen der Knochenmineralisation Das freie 1,25(OH) 2 D bindet in den Zielzellen, u. a. im Dünndarm und in den Osteoblasten, an den Vitamin-D-Rezeptor und an einen zusätzlichen Rezeptor (Retinoid-X-Rezeptor). Dieser Komplex stimuliert oder inhibiert die spezifische DNA-, RNA- und Proteinsynthese, z. B. in der Dünndarmzelle ein Kalziumbindungs - protein für den Kalzium-Phosphat-Transport vom Darmlumen durch die Mukosazelle ins Blut (2). Die Vitamin-D-Metaboliten stimulieren an der Niere direkt die tubuläre Kalziumund Phosphat-Reabsorption und am Darm die Kalzium- und Phosphat-Absorption entweder direkt oder durch Stimulation der Kalzium-Bindungsprotein-Synthese. Des Weiteren regt Kalzitriol die Osteoblasten zu einer vermehrten Zytokin-Synthese an. Zytokine induzieren die Osteoblasto - genese. CYP24A1 inaktiviert bei ausreichenden Vitamin-D-Konzentrationen sowohl 25-OHD als auch 1,25(OH) 2 D in das biologisch weniger wirksame 24,25-Dihydroxyvitamin D (3). Die Aktivität der Gene CYP27B1 und CYP24A1 wird im Wesentlichen durch die Serumkonzentrationen von 1,25(OH) 2 D, Kalzium und Parathormon reguliert. Der Fibroblasten-Wachstumsfaktor (FGF)-23 und sein Transportprotein KLOTHO beeinflussen die Aktivität von CYP27B1 und damit die Hydroxylierung von 25-OHD in 1,25(OH) 2 D negativ (4). Regulation des Phosphatstoffwechsels Der Phosphatstoffwechsel wird über Kalzitriol, Fibroblasten-Wachstumsfaktor 23 (FGF-23) und Parathormon reguliert. Ein Phosphatmangel führt über eine gesteigerte 1-α-Hydroxylase-Aktivität zu einer vermehrten 1,25(OH) 2 D-Synthese im proximalen Nierentubulus. 1,25(OH) 2 D stimuliert die vermehrte Phosphataufnahme aus dem Darm. Die Serum-Phosphat- Konzentration wird vorwiegend durch die Ausscheidung bzw. Rückresorption des Phosphats über die Nieren kontrolliert. Diese ist von der tubulären Phosphat- Rückresorption abhängig, die über den Natrium-Phosphat-Co-Transporter hauptsächlich für den Typ 2 (NaPi 2a/c) gesteuert wird und einem Transportmaximum (TmP) unterliegt, oberhalb dessen kein Phosphat mehr rückresorbiert, sondern das gesamte Phosphat im Urin ausgeschieden wird (5). FGF-23 wird in den Osteozyten und Osteoblasten des Skelettsystems gebildet. Er kontrolliert die Natrium-Phosphat-Co- Transporter-Aktivitäten an der Niere, indem es zu einer Verminderung der Expression von NaPi 2a und NaPi 2c führt und über die Beeinflussung der CYP27B1 (1-α-Hydroxylase) die Kalzitriol-Synthese hemmt (6). Die Wirkung von FGF-23 am Nierentubulus erfolgt über den KLOTHO- FGFR-1-Rezeptor. KLOTHO ist ein wichtiger Co-Rezeptor, der zur Sensivitätserhöhung der FGF-Rezeptoren für FGF-23 führt (7). Parathormon führt nach Bindung an den PTHR1-Rezeptor zu einer Hemmung der Phosphat-Rückresorption durch Inhibierung des Natrium-Co-Transporters 2a c (8). Rachitis/Osteomalazie Unter dem Begriff Rachitis wird eine Mineralisationsstörung im Bereich der Wachstumsfuge, die zu einer Hemmung der Apoptose der hypertrophischen Chondrozyten führt, verstanden. Im Gegensatz dazu stellt die Osteomalazie eine Hemmung der Reifung und Mineralisation in den Osteoblasten im Bereich von Kortikalis und Spongiosa dar (9). Im Kindes- und Jugendalter kommen beide Defekte gleichzeitig vor. Beim Erwachsenen kann nach erfolgtem Epiphysenschluss nur eine Osteomalazie auftreten. Pathogenetisch können zwei Gruppen unterschieden werden: Kalzipenische Rachitis: Sie wird vorwiegend durch einen Kalzium-Mangel als Folge einer verminderten endogenen Bildung von Vitamin D bzw. Vitamin-D-Metaboliten, einer verminderten exogenen Aufnahme von Vitamin D oder sehr selten durch eine verminderte Vitamin-D-Wirkung verursacht. Hypophosphatämische Rachitis: Sie wird verursacht durch eine Herabsetzung der Phosphatrückresorption im proximalen Nierentubulus. Die Diagnose Rachitis wird durch folgende Trias gestellt (10): Klinische Symptomatik (Beinachsenfehlstellungen, Verdickungen von Hand- und Fußgelenken, Myopathie, Tetaniezeichen, epileptischer Anfall). Radiologische Veränderungen (Auftreibung und Becherung der metaphysären Wachstumsfugen, verminderte Mineralisation, Beinachsenfehlstellungen). Erhöhung der alkalischen Phosphatase (AP). Die radiologischen Veränderungen erlauben in der Regel keine exakte ätiologische Zuordnung zu den verschiedenen Formen der Rachitiden. Zu einer weiteren differenzialdiagnostischen Aufarbeitung ist deshalb eine laborchemische wegweisend. Der Parameter zur Unterscheidung beider Rachitisformen ist das Parathormon. Bei der hypophosphatämischen Rachitis liegt dieses im Normalbereich, während es bei der kalzi penischen Rachitis pathologisch erhöht ist. Bei der Beurteilung der Parameter des Kalzium-Phosphat-Stoffwechsels ist deren starke Altersabhängigkeit, insbesondere des Phosphats sowie der tubulären Phosphat-Rückresorption, zu beachten. Ausnahmen von der Trias finden sich bei der kongenitalen Hypophosphatasie sowie bei länger bestehender renal-tubulärer Azidose. Hereditäre Formen des Vitamin-D-Stoffwechsels Störung der CYP2R1-Vitamin- D-25-Hydroxylase Cheng et al. (11) berichteten erstmals über das in der Leber exprimierte mikrosomale CYP2R1 als Schlüsselenzym für die Vitamin-D-25-Hydroxylase, die die Umwandlung von Vitamin D in 25-Hydroxyvitamin D 3 katalysiert. Aus vorhandener DNA zweier Patienten, die im Jahre 1994 publiziert wurden, gelang der Nachweis einer homozygoten Mutation im Exon 2 des CYP2R1-Gens, Osteologie 2/2013 Schattauer 2013
3 D. Schnabel: Genetische Störungen der Knochenmineralisation 102 das auf dem Chromosom 11p15.2 lokalisiert ist. Unterdessen haben Levine et al. (12) noch bei zwei nigerianischen Familien und Al Mutair et al. (13) in einer saudi-arabischen Familie Mutationen im CYP2R1-Gen beschrieben. Die häufigste Mutation war Leu99Pro im Exon 2 des CYP2R1-Gen. Die publizierten Fälle hatten einen autosomal-rezessiven Vererbungsmodus. Klinische Symptome Die bisher publizierten Einzelfälle hatten ein Manifestationsalter zwischen zwei und zehn Jahren. Die Kinder wurden wegen Beindeformierungen, Schmerzen beim Laufen und/oder Kleinwuchs vorgestellt. Laborchemisch fanden sich dabei bei den Patienten deutlich erhöhte AP- und PTH- Konzentrationen sowie Hypokalzämie und Hypophosphatämie. Die 25-Hydroxyvitamin-D-Spiegel waren bzw. nicht nachweisbar, während die 1,25-Dihydroxyvitamin-D-Konzentrationen im Norm - bereich lagen. Außer dem direkten molekulargenetischen Nachweis sind somit nur die Anamnese (durchgeführte Vitamin- D-Prophylaxe, ausreichende Kalziumaufnahme) und das fehlende laborchemische und radiologische Ansprechen der hoch dosierten Vitamin-D- als Abgrenzung zur Vitamin-D-Mangel-Rachitis möglich. Die Behandlung besteht aus der lebenslangen hochdosierten Substitution mit Ergocalciferol (D 2 ) oder Cholecalciferol (D 3 ) in Dosierungen bis zu IU täglich. Vitamin-D-abhängige Rachitis Typ I (VDAR I) Die Vitamin-D-abhängige Rachitis Typ I (25-Hydroxyvitamin-D-1-α-Hydroxylase- Mangel, VDAR I) wurde 1961 erstmals von Prader et al. (14) als hereditäre Pseudomangel rachitis beschrieben. Ursache dieser seltenen autosomal-rezessiv vererbten Erkrankung sind Mutationen im CYP27B1-Gen (15). Die 1α-Hydroxylierung des 25-OHD 3 in der Niere wird durch das Schlüssel enzym für die Synthese des aktiven Vitamin D 3, dem mitochondrealen Enzym Zytochrom P450c1α katalysiert. Das Gen ist lokalisiert auf Chromosom 12q Seit der Klonierung des CYP27B1-Gens im Jahre 1997 sind über 40 verschiedene Mutationen beschrieben worden. Die Mutationen führen zu unterschiedlich starken Enzymaktivitäts ver - lusten der 25-Hydroxy vitamin- D- 1α- Hydroxylase. Die Klinik der Patienten ist damit variabel. Klinische Symptome Die VDAR I manifestiert sich meist im ersten Lebensjahr. Als Symptome können dabei eine Muskelhypotonie, verzögerter Fontanellenschluss, zögerlicher Milchzahndurchbruch, eine Wachstumsstörung, hypokalzämiebedingte Tetanien und Krampfanfälle, ab dem zweiten Lebensjahr progrediente Beinfehlstellungen nachweisbar sein. Laborchemisch finden sich die bereits genannten Veränderungen einer meist fortgeschrittenen kalzipenischen Rachitis im Stadium II oder III. Im Unterschied zur Vitamin-D-Mangel-Rachitis sind aber die 25-OHD-Spiegel normal, die Serum - konzentrationen von 1,25(OH) 2 D dagegen deutlich (< 5 pmol/l bzw. 12 pg/ ml). Die Behandlung der VDAR Typ I besteht in den Anfangsmonaten aus einer Kombination von 0,5 2 μg 1,25(OH) 2 D (z. B. Rocaltrol) oder Alfacalcidol (50 ng/kg pro Tag, 1 2 ED) und Kalzium. Nach Absättigung der Kalziumspeicher (hungry bone) ist eine Kalziumsubstitution in der Regel nicht mehr erforderlich. Es ist dann nur noch auf eine ausreichende Kalziumzufuhr mit der Nahrung zu achten, die Einnahme des 1,25(OH) 2 D ist hingegen lebenslang erforderlich (16). Vitamin-D-abhängige Rachitis Typ II (VDAR IIA/IIB) Dieser auch als hereditäre 1,25(OH)2Dresistente Rachitis bezeichneten Rachitisform liegt eine angeborene Endorganresistenz von Darm und Skelett, aber auch der Nieren und Nebenschilddrüsen gegenüber 1,25(OH) 2 D zugrunde, die an kultivierten Fibroblasten, Knochen- und Epidermiszellen nachweisbar ist. Ursache der autosomal rezessiv erblichen Erkrankung sind homozygote Mutationen im VDR (Vitamin- D-Rezeptor)-Gen. Dieses ist lokalisiert auf Chromosom 12q13 q14. Mutationen können in der DNA-bindenden oder hormonbindenden Domäne des Rezeptors auftreten. Man unterscheidet Patienten mit Alopezie (VDAR IIA), die dann oftmals auch spärliche Wimpern und Augenbrauen haben, von denen ohne Alopezie (VDAR IIB). Die Alopezie ist assoziiert mit dem Schweregrad der Hormonresistenz (17). Häufigkeit Seit der Erstbeschreibung im Jahre 1978 wurden etwa 100, vorwiegend aus Arabien und Japan stammende Familien, beschrieben. Ein Patient deutscher Herkunft ist publiziert. In den meisten Fällen besteht eine Konsanguinität. Klinische Symptome Die Rachitis manifestiert sich meist in den beiden ersten Lebensjahren, bisweilen erst im Alter von drei bis 15 Jahren, mit klinischen, radiologischen und laborchemischen Zeichen einer kalzipenischen Rachitis. In etwa der Hälfte der Fälle besteht eine Alopezie. Diese kann angeboren sein, tritt aber meist in den ersten beiden Lebensmonaten, spätestens im Alter von vier Jahren auf. Laborchemisch bestehen die bereits genannten Veränderungen einer kalzipenischen Rachitis im Stadium II oder meist III. Bisweilen findet man normale oder leicht erhöhte Serumphosphatspiegel. Im Schattauer 2013 Osteologie 2/2013
4 103 D. Schnabel: Genetische Störungen der Knochenmineralisation Tab. 1 Differenzialdiagnose, und Ursachen hereditärer Störungen des Vitamin-D-Stoffwechsels Table 1 Biochemical and molecular findings and treatment in various types of hereditary vitamin D-deficiencies CYP2R1-Vitamin D-25-Hydroxylase-Mangel VDAR Typ I VDAR Typ IIA/B Kalzium im Serum Phosphat im Serum n/ n/ n/ Alkalische Phosphatase Parathormon 25-OHD n n 1,25(OH)2D n Ursache Mutationen im CYP2R1-Gen Mutationen im CYP27B1-Gen Mutationen im Vitamin-D-Rezeptor (VDR)-Gen Chromosom 11p q q12 q14 bis zu IU Ergocalciferol (D 2 ) oder Cholecalciferol (D 3 ) täglich Kalzitriol: 0,25 2,0 μg/tag ( ng/kg/tag), (1 2 ED) alternativ: Alfacalcidol 50 ng/kg pro Tag (1 2 ED) zunächst: Versuch mit bis zu 24 μg Kalzitriol und 0,5 2,0 g Kalzium/Tag oder IU Vitamin D ggf: nächtliche Kalzium-Infusionen 0,4 1,4 g/m² x d über zentralvenösen Zugang später: bis zu 5 g Kalzium/m 2 /Tag oral Vitamin-D-abhängige Rachitis (VDAR): n = normal; = erhöht; = Unterschied zur VDAR I sind die 1,25(OH) 2 D-Konzentrationen im Serum bei unbehandelten Patienten stark erhöht ( pmol/l bzw pg/ml, normal etwa pg/ml) und steigen unter auf z. T. ekzessive Werte an. Die Serum-25-OHD-Spiegel sind bei unbehandelten Patienten normal. Neben einer molekulargenetischen Untersuchung kann der Enzymdefekt selbst an Rezeptoren von Hautfibroblasten nachgewiesen werden. Eine prognostische Aussage über das Ausmaß des Defektes ist durch die Messung der 1,25(OH) 2 D stimulierten 25-OHD- 24-Hydroxylaseaktivität, einer normalerweise nachweisbaren Vitamin-D-Hormonwirkung, möglich. Bei Patienten mit fehlender Stimulierbarkeit dieses Enzyms in Fibroblasten kann die Hypokalzämie auch durch maximale Dosen von Vitamin D oder 1,25(OH) 2 D meist nicht beeinflusst werden ( Tab. 1). Die ist schwierig. Zunächst sollte immer ein Behandlungsversuch mit Kal - zitriol (bis zu 24 μg/tag) oder mit Vitamin D 3 (bis zu 5 Mio. E/Tag) unternommen werden. Bei ausbleibendem Anstieg des Serumkalziums sind nächtliche Kalzium in fusionen in Dosierungen von 0,4 1,4 g/m2 x d über einen zentralvenösen Zugang über Wochen bis Monate bis zur Absättigung der Kalziumspeicher (hungry bone) erforderlich. Danach gelingt es oftmals mit hohen oralen Kalziumdosen (bis zu 5 g Kalzium/m2 pro Tag) eine Normokalzämie aufrecht zu erhalten und eine normale Knochenmineralisation zu erreichen (16). Einige Patienten, besonders diejenigen mit Alopezie, bleiben trotz aller Maßnahmen hypokalzämisch, weisen schwere Rachitiszeichen auf und versterben bisweilen in den ersten Lebensjahren meist an den Folgen einer Pneumonie. Einige Patienten zeigen nach der Pubertät eine erhöhte fraktionierte intestinale Kalziumabsorption, die somit eine Fortsetzung der Kalziumsupplementation nicht mehr länger erforderlich macht. Bei diesen Patienten finden sich normale Serumkalziumkonzentrationen, eine normale Knochendichte sowie eine normale Knochenstruktur (18). Erklärungen dafür lassen sich möglicherweise aus Maus-Modellen ableiten: Pahuja et al. (19) fanden bei Vitamin-D-defizienten Mäusen einen stimulierenden Einfluss von Prolaktin auf den für den Vitamin-D-unabhängigen transzellulären duodenalen Kalzium-Transporter TRPV6 (Transient Receptor Potential Vanilloid Type 6). Andere Autoren (20, 21) beschrieben den stimulierenden Einfluss von Östrogenen sowohl bei weiblichen als auch bei männlichen (vermehrte periphere Konversion aus Androgenen im Gastro - intestinal-trakt) Ratten auf den intestinalen Kalziumtransport. Osteologie 2/2013 Schattauer 2013
5 D. Schnabel: Genetische Störungen der Knochenmineralisation 104 Hereditäre hypophos - phatämische Rachitiden Alle Formen der hypophosphatämischen Rachitiden werden durch eine vermehrte renale Ausscheidung von Phosphat hervorgerufen. Grundsätzlich unterscheidet man hereditäre hypophosphatämische Rachitiden, die FGF-23 vermittelt sind, von denen, die nicht FGF-23 vermittelt sind ( Tab. 2). Die Wirkung von FGF-23 auf die Phosphatresorption ist im Abschnitt Regulation des Phosphatstoffwechsels detailliert beschrieben. Familiäre hypophosphatämische Rachitis Die familiäre hypophosphatämische Rachitis ( Phosphatdiabetes, XLH) wird durch verschiedene auf dem distalen Anteil des kurzen Arms des X-Chromosoms lokalisierte Mutationen des PHEX-Gens (Phosphate regulating gene with Homologies to Endopeptidases located on the X-chromosome) hervorgerufen. Man nimmt an, dass die Mutationen zu einer verminderten Tab. 2 Table 2 Krankheitsbild Aktivität einer neutralen Endopeptidase führen, die normalerweise einen phosphat - urischen Faktor ( Phosphatonin ) inaktiviert. Möglicherweise ist das in den Osteozyten und Osteoblasten gebildete FGF-23 dieser Faktor. Das beim Phosphatdiabetes gefundete deutlich erhöhte FGF-23 hemmt den für die Phosphatrückresorption wichtigen Natrium-Phosphat-Kotransporter Typ 2 (NaPi 2). Zusätzlich blockiert FGF-23 auch die Hydroxylierung vom 25-OHD zum 1,25(OH) 2 D und die bei einer Hypophosphatämie normalerweise ausgelöste gesteigerte Synthese von 1,25(OH) 2 D unterbleibt (22). Im Serum finden sich trotz ausgeprägter Hypophospatämie nur inadäquat niedrig-normale 1,25(OH) 2 D-Spiegel. Die Hypophosphat - ämie bzw. das herabgesetzte Kalzium- Phosphat-Produkt im Serum führt zur Rachitis und Osteomalazie. PHEX wird ebenfalls in den Osteoblasten und den Odontoblasten exprimiert. Mutationen im PHEX- Gen können somit auch zu verminderter Mineralisation sowohl der Osteoblasten als auch der Odontoblasten führen (23). Bisher sind über 240 Mutationen im PHEX-Gen beschrieben worden, die sich über das gesamte Gen verteilen. Es liegt FGF-23-vermittelte und nicht über FGF-23 vermittelte hereditäre hypophosphatämische Rachitiden Genetic disorders of phosphate homeostasis and their relation to FGF-23 FGF-23-vermittelt X-chromosomale hypophosphatämische Rachitis ( Phosphatdiabetes, XLH) autosomal dominante hypophosphatämische Rachitis autosomal rezessive hypophosphatämische Rachitis 1 autosomal rezessive hypophosphatämische Rachitis 2 Nicht-FGF-23-vermittelt hereditäre hypophosphatämische Rachitis mit Hyperkalziurie (HHRH) X-gebundene rezessive Hypophosphatämie (XLRH) Fanconi Serum-Phosphat Mutiertes Gen PHEX FGF23 DMP1 ENPP1 SLC34A3 CLCN5 SLC34A1 und andere Mechanismus verminderte Proteolyse des FGF-23 verminderte Proteolyse des FGF-23 vermehrte Transkription des FGF-23 unbekannt unbekannt unbekannt unbekannt eine hohe Inzidenz an Neumutationen vor. Vereinzelt wurden Familien mit autosomal-dominantem oder autosomal-rezessivem Erbgang beschrieben. Mit einer Häufigkeit von etwa 1 : Neugeborenen ist der Phosphatdiabetes die häufigste der erblichen Rachitisformen. Klinische Symptome und Verlauf Die Erkrankung manifestiert sich meist erst am Ende des ersten oder häufiger im zweiten Lebensjahr. Die betroffenen Kinder fallen dann durch einen watschelnden, breitbeinigen Gang, zunehmenden Kleinwuchs und rachitische Beindeformitäten auf. Der klinische Ausprägungsgrad korreliert nicht mit dem Ausmaß der Hypophosphatämie, Muskelschmerzen treten nicht auf. Nicht selten treten Zahnschmelzdefekte und Zahnabszesse auf. Unbehandelte erwachsene Patienten können beschwerdefrei sein oder Verkalkungen im Bereich von Sehnen, Gelenkkapseln und Ligamenten sowie eine Innenohrschwerhörigkeit aufweisen und über Knochenschmerzen klagen. Die wichtigsten Laborbefunde sind eine Hypophosphatämie (Serumphosphat im ersten Lebensjahr < 1,6 mmol/l bzw. 5 mg/ dl, bei älteren Kindern < 1,3 mmol/l bzw. 4 mg/dl, bei Erwachsenen < 0,8 mmol/l bzw. < 2 mg/dl) und Verminderung der tubulären Phosphatrückresorption (TRP) bzw. des auf die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) bezogenen Transportmaximums für Phosphat (TmP/GFR). Dabei sind unbedingt die altersabhängigen Normwerte zu beachten (24). Die alkalische-phosphatase- Aktivität ist als Ausdruck einer gesteigerten Osteoblastentätigkeit mäßig erhöht. Die laborchemischen Veränderungen lassen sich meist schon in den ersten Lebensmonaten, nie aber unmittelbar nach Geburt nachweisen. Kalzium, PTH, 25-OHD im Serum sowie Urinkalzium sind bei unbehandelten Patienten normal, der 1,25(OH) 2 D-Serumspiegel ist altersentsprechend, jedoch für die Hypophosphat ämie zu niedrig. Die Röntgenbefunde sind altersabhängig. Im Säuglingsalter überwiegen Auftreibung und Becherung der metaphysären Schattauer 2013 Osteologie 2/2013
6 105 D. Schnabel: Genetische Störungen der Knochenmineralisation Wachstumszone im Bereich der langen Röhrenknochen von Unterarmen und Beinen, später stehen die Veränderungen im Bereich der Knie- und Sprunggelenke im Vordergrund. Charakteristisch ist eine mediale Verbreiterung der Epiphysen am distalen Femur und an der proximalen Tibia sowie eine O-Beinstellung der Unterschenkel mit einem keilförmigen Defekt der statisch überbelasteten medialen Tibiametaphyse. Mit zunehmendem Alter ist bei unbehandelten Patienten eine grobe Trabekelzeichnung der Röhrenknochen und paradoxerweise eine Erhöhung der Knochendichte (ekzessive Anhäufung von intermittierend verkalktem Osteoid) erkennbar. Eine frühzeitige Diagnose ist jedoch bei positiver Familienanamnese über die bereits in den ersten Lebensmonaten erhöhte alkalische Phosphatase und bei unklaren Fällen über eine Mutationsanalyse des PHEX-Gens möglich. Autosomal-dominante hypophosphatämische Rachitis (ADHR) Die ADHR ist deutlich seltener als die X-chromosomale hypophosphatämische Rachitis, wurde erstmals von Bianchine et al. (25) beschrieben. Ihre Prävalenz wird auf 1 : geschätzt. Die autosomaldominant erbliche Rachitis unterscheidet sich laborchemisch und röntgenologisch nicht vom klassischen Phosphatdiabetes. Sie manifestiert sich klinisch meistens im Erwachsenenalter, wobei sich Knochenschmerzen, Muskelschwäche, Osteomalazie, Frakturen bzw. Pseudofrakturen finden. Im Gegensatz zu den XLH-Patienten sind die Betroffenen weder kleinwüchsig noch disproportioniert. Frauen sind häufiger von der ADHR betroffen. Dabei scheint die Schwangerschaft den Krankheitsausbruch zu triggern (26). Patienten mit ADHR weisen aktivierende Mutationen im Gen des Fibroblastenwachstumsfaktors FGF-23 auf. Normalerweise wird das sezernierte FGF-23 über Endopeptidasen abgebaut. Bei Patienten mit ADHR führten Mutationen in zwei eng benachbarten Arginin resten (Arg 176 und Arg 179) jedoch zu einer veränderten Proteinstruktur im Bereich der proteolytischen Spaltstellen des Proteins, so dass dessen Abbau gestört ist und biologisch aktives FGF-23 im Körper akkumuliert. Diese führt zu Hypo phosphat ämie, renalem Phosphatverlust und inadäquat niedrigen 1,25(OH) 2 D- Serumspiegeln (27). Autosomal-rezessive hypophosphatämische Rachitis (ARHR) Typ 1 Bei der ARHR kommt es durch inaktivierende Mutationen im Dentin-Matrix- Protein (DMP)-1 zur erhöhten Transkription von FGF-23 in den Osteozyten. Die pathologisch erhöhten FGF-23-Konzentrationen führen über die Hemmung des Na- Pi-Kotransportersystems zum renalen Phosphatverlust mit den Konsequenzen: Störung des Kalzium-Phosphat-Produkts und nachfolgender Rachitis (28). Laborchemisch finden sich ein deutlich erhöhtes FGF-23, Hypophosphatämie, renaler Phosphatverlust sowie inadäquat niedrige 1,25(OH) 2 D-Serumspiegel. Typ 2 Lorenz-Depiereux et al. (29) beschrieben erstmals in vier Familien mit hypophosphatämischer Rachitis inaktivierende Mutationen im EctoNucleotide Pyrophos - phatase/phosphodiesterase (ENPP)1-Gen. ENPP1 ist die Hauptquelle für extrazelluläres Pyrophosphat (PPi), das die kristalline Ablagerung von Hydroxyapatit verhindert und das Wachstum hemmt. Mutationen im ENPP1-Gen gehen bei Patienten mit hypophosphatämischer Rachitis mit der gleichen Laborkonstallation wie bei der ARHR Typ 1 einher. Da diese Mutationen auch bei dem schwerwiegenden Krankheitsbild GACI (generalisierte Verkalkung der Arterien im Kleinkindalter) gefunden wurden, stellt der renale Phosphatverlust bei den Patienten mit gleichzeitig vorhandener hypophosphatämischer Rachitis (HR) möglicherweise einen Schutzmechanismus gegenüber der starken arteriellen Verkalkung dar. Eine Substitutionstherapie der HR sollte deshalb nur unter strengen laborchemischen und sonografischen Kontrollen (Gefäße, Herz, Niere) erfolgen. der hypophosphatämischen Rachitiden (ohne HHRH) Die Behandlung erfolgt mit vier bis sechs über den Tag verteilten Dosen von Phosphat. Die Dosierung beträgt je nach Lebensalter unter Verträglichkeit etwa mg pro kg Körpergewicht pro Tag, wobei sich die angegebene Menge auf den Gehalt an elementarem Phosphor bezieht. Die Enddosis soll erst nach einigen Wochen erreicht werden. Um einer phosphat - induzierten Tendenz zur Hypokalzämie mit sekundärem oder tertiärem Hyper - parathyreoidismus entgegenzuwirken und eine Ausheilung der Mineralisations - störung im Bereich von Spongiosa und Kortikalis zu erzielen, wird zusätzlich 1,25(OH) 2 D (Kalzitriol) in einer Dosis von initial 15 bis 20 ng/kg täglich oral in zwei bis drei Einzeldosen verabreicht und innerhalb von wenigen Wochen auf die Erhaltungsdosis von täglich 20 bis 30 ng/kg gesteigert (23). Alternativ kann auch Alfacalcidol in einer Dosierung von 50 ng/kg pro Tag in zwei bis drei Einzeldosen (1-Alpha-2 μg/ml Tropfen) verwendet werden. Vitamin D muss bei einem Hinweis auf eine Hyperkalziurie (Nephrokalzinose und Hyperkalzämie) reduziert und bei einem sekundären Hyperparathyreoidismus erhöht werden. Die Phosphatdosis soll bei herabgesetzter Wachstumsrate und/oder erhöhter Serum-AP-Aktivität gesteigert werden, was allerdings wegen gastrointestinaler Symptome und sekundärem Hyperparathyreoidismus nicht immer möglich ist. In Phasen der Immobilisation ist die Medikation abzusetzen. Der klinische Nutzen einer Frühtherapie mit Phosphat und Vitamin D (vor dem dritten Monat) bei einem zweiten Kind nach einem Indexfall in der Familie ist noch nicht abschließend beurteilbar. Sicherlich sollte bei ansteigender alkalischer Phosphatase, spätestens aber ab dem sechsten Lebensmonat, eine medikamentöse Substitutionstherapie erfolgen. Hereditäre hypophosphatämische Rachitis mit Hyperkalziurie (HHRH) Bei dieser sehr seltenen vorwiegend autosomal-rezessiv vererbten hypophosphatä- Osteologie 2/2013 Schattauer 2013
7 D. Schnabel: Genetische Störungen der Knochenmineralisation 106 mischen Rachitis liegt eine inaktivierende Mutation des Gens SLC34A3 vor, das den Natrium-Phosphat-Kotransporter NaPi 2c reguliert. Da die HHRH nicht FGF-23-vermittelt ist (30), liegt somit auch keine Störung der 1-α-Hydroxylase-Aktivität vor. Die 1,25(OH) 2 D-Serumspiegel sind somit im Gegensatz zum Phosphatdiabetes stark erhöht als Hinweis einer adäquaten Reaktion des Organismus auf den renalen Phosphatverlust. Durch die erhöhte 1,25(OH) 2 D-Sekretion kommt es zur vermehrten Aufnahme von Kalzium aus dem Darm, einer Tendenz zur Hyperkalzämie und Nebenschilddrüsensuppression mit der Folge einer Hyperkalziurie. Klinische Symptome Es handelt sich um ein Spektrum von Symptomen, das von einer asymptomatischen Hyperkalziurie bis zum schweren Ausprägungsgrad mit Rachitis, Nephrokalzinose, Nephrolithiasis und Kleinwuchs reicht. Sie stützt sich auf den Nachweis einer Hyperkalziurie und einer Erhöhung der 1,25(OH) 2 D-Serumkonzentrationen bei unbehandelten Patienten mit hypophospatämischer Rachitis. Die übrigen labor - chemischen Veränderungen entsprechen dem Phosphatdiabetes. Die Konzentration des Fibroblastenwachstumsfaktors (FGF) 23 ist normal. Der molekulargenetische Mutationsnachweis sichert die Diagnose. Die Behandlung besteht in der alleinigen oralen Phosphatsubstitution, die bis auf 70 bis 100 mg/kg KG elementaren Phosphor in fünf bis sechs Einzeldosen gesteigert werden muss. Die 1,25(OH) 2 D-Serumkonzentrationen sind bei unbehandelten HHRH- Patienten deutlich erhöht und haben zum Zeitpunkt der Diagnosestellung meist schon zu einer Nephrokalzinose geführt. ziel der alleinigen Phosphatsubstitution ist somit die Normalisierung des 1,25(OH) 2 D (31). In Tabelle 2 sind die verschiedenen Ursachen hereditärer hypophosphatämischer Rachitiden mit ihren zugrundeliegenden molekulargenetischen Veränderungen dargestellt. Mögliche zukünftige - optionen bei FGF-23-vermittelter hypophosphatämischer Rachitis Anti-FGF23-Antikörper- Aono et al. (32) konnten in einer randomisierten kontrollierten tierexperimentellen Studie (Mäuse) zeigen, dass die mit dem FGF23-Ak behandelten Mäuse eine Abnahme ihrer fraktionierten Phosphatausscheidung zeigten, die wiederum zu einem Anstieg des Serum-Phosphats führte. Ebenfalls konnte der hemmende Effekt auf die CYP27B1-Expression durch den Anti-FGF23-Ak neutralisiert werden und es kam zum Anstieg der 1,25(OH) 2 D. Nachdem eine Phase-I-Studie abgeschlossen wurde, ist nunmehr eine Phase-II- Studie mit Erwachsenen mit hypophosphatämischer Rachitis geplant. Kalzitonin Bei einer kontrollierten prospektiven Studie (33) mit sechs Patienten mit hypophosphatämischer Rachitis und sechs Kontrollen führte eine einmalige Gabe von 200 I.U. Kalzitonin subkutan zu einem signifikanten Abfall der FGF-23-Serumspiegel. Dieses ist auf den direkten Kalzitonineffekt auf die Osteozyten, in denen u. a. FGF-23 gebildet wird, zurückzuführen. Mit dem Abfall des FGF-23 stiegen sowohl das Serum- Phosphat als auch der 1,25(OH) 2 D-Serumspiegel an. Cinacalcet In einer kleinen experimentellen Studie untersuchte Alon et al. (34) die einmalige Gabe von Cinacalcet, einem Kalzimimetikum. Cinacalcet führte über eine Modulation am Kalzium-Sensing-Rezeptor zu einem Abfall des Parathormons. Nach - folgend kam es zu einem Anstieg der TmP/ GFR und einem Anstieg des Serum-Phosphats. Hexa-D-Arginin Ausgehend von der tierexperimentellen Situation, dass die Expression von 7B2 und PC2 in der Hyp-Maus (murines Gegenstück zur menschlichen XLH) vermindert ist, führte Yuan et al. (35) eine tierexperimentelle Studie durch, in der der Effekt von Hexa-D-Arginin auf das Proprotein- Convertase-2 (7B2PC2)-System untersucht wurde. Dieses System ist in den Abbau von FGF-23 involviert. Die Applikation von Hexa-D-Arginin führte in der Studie zu einer Verminderung der FGF mrna und somit zu einer Reduktion der FGF-23-Synthese. Nachfolgend kam es zu einer vermehrten renalen Rückresorption von Phosphat mit einem konsekutiven Anstieg des Serum-Phosphats. Ebenso stieg das 1,25(OH) 2 D an. Biosynthetisches Wachstumshormon Zivicnjak et al. (36) konnten in einer multizentrischen, prospektiven, kontrollierten, randomisierten Studie an präpubertären Kindern mit familiärer hypophosphatämischer Rachitis zeigen, dass die Wachstumsgeschwindigkeit innerhalb der ersten drei Studienjahre in der wachstumshormon - Fazit für die Praxis Die Symptome Extremitätenverbiegungen (Genua vara/genua valga), Knochenschmerzen (z. B. distale Wirbelsäule), Muskelhypotonie, Tetanie, sollten dazu führen, differenzialdiagnostisch eine Störung des Kalzium-/ Phosphatstoffwechsels auszuschließen. Damit sind bei kalzipenischer Rachitis/Osteomalazie neben der Vitamin-D-Mangelrachitis auch hereditäre Ursachen des Vitamin- D-Stoffwechsels insbesondere auch dann zu beachten, wenn es unter der leitlinien - gerechten zu keiner laborchemischen, klinischen und radiologischen Veränderung kommt. Störungen in der Phosphathomöostase sind deutlich häufiger hereditären Ursprungs. Patienten mit hypophosphatämischer Rachitis benötigen wegen der Komplexität des Krankheitsbildes meist die Betreuung durch ein multiprofessionelles Team in einer spezialisierten Institution. Schattauer 2013 Osteologie 2/2013
8 107 D. Schnabel: Genetische Störungen der Knochenmineralisation behandelten Gruppe (0,4 mg pro kg pro Woche) signifikant höher war als in der Kontrollgruppe. Unter der anabolen Wirkung von Wachstumshormonen zeigte sich eine Konstanz der Hautfaltendicke in der mit Wachstumshormon behandelten XLH- Gruppe, während es in der Kontrollgruppe zu einer steten Zunahme der Hautfalten - dicke kam. Anhaltende Veränderungen auf die tubuläre Phosphat-Rückresorption und damit auf die Serum-Phosphat-Konzentrationen fanden sich in der wachstumshormonbehandelten Gruppe nur kurzzeitig. Die Körperproportionen entwickelten sich in der mit Wachstumshormonen behandelten Gruppe deutlich günstiger als in der Kontrollgruppe. Interessenkonflikt Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Literatur 1. Holick MF. Vitamin D deficiency. N Engl J Med 2007; 357: Mentrup B, Ebert R, Walther JN et al. Molekular - biologische Aspekte und Signalwege von Vitamin D. 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