Das Faktorverfahren. Stand: 01/2009
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1 Das Faktorverfahren Gerechtere Aufteilung der Steuerklassen bei Ehegatten Stand: 01/2009 Franz-Josef Tönnemann - Steuerberater Neustadtstraße Haselünne Tel.: / , Fax / info@toennemann.de
2 Das Faktorverfahren Ehegatten, die beide Arbeitslohn beziehen, können derzeit für den Lohnsteuerabzug zwischen zwei Lohnsteuerklassenkombinationen wählen: Steuerklassenkombination IV/IV: Beide Ehegatten werden nach der Steuerklasse IV besteuert; Steuerklassenkombination III/V: Einer der Ehepartner (der Höherverdienende) wird in die Steuerklasse III und der andere in die Steuerklasse V eingeordnet. Je nach der Höhe und dem Verhältnis der Arbeitseinkünfte der Ehegatten zueinander ist die eine oder andere Steuerklassenkombination vorteilhafter. Die Steuerklassenkombination IV/IV geht davon aus, dass die Ehegatten annähernd gleich viel verdienen. Bei der Steuerklassenkombination III/V wird für den Lohnsteuerabzug fiktiv angenommen, dass das Verhältnis der beiden Arbeitsverdienste 60:40 beträgt. Da in den meisten Fällen von diesem unterstellten Verhältnis abgewichen wird, kommt es bei der Kombination III/V häufig zu einer unzutreffenden Besteuerung, die erst im Zuge der Einkommensteuerveranlagung berichtigt wird. Unverhältnismäßig hoher Lohnsteuerabzug in der Steuerklasse V ergibt sich, weil der Grundfreibetrag sowie die Pauschalen für Sonderausgaben und Vorsorge in doppelter Höhe in die Lohnsteuerklasse III eingearbeitet sind. Die hohe Steuerbelastung, die erst im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung ausgeglichen wird, findet keine Akzeptanz bei den in erster Linie hiervon betroffenen Frauen. Die Steuerklasse V wird deshalb als Hindernis angesehen, z. B. nach der Elternzeit eine sozialversicherungs- und steuerpflichtige Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Das neue Faktorverfahren soll diese Ungerechtigkeiten aufheben. Franz-Josef Tönnemann Steuerberater Franz-Josef Tönnemann Steuerberater Haselünne Seite 2
3 Faktorverfahren bei Ehegatten Alternative Lohnsteuerabzugsmethode für Doppelverdiener-Ehegatten Bereits im Koalitionsvertrag vom hat die Bundesregierung die Einführung eines Anteilsverfahrens für den Lohnsteuerabzug bei Doppelverdiener-Ehegatten vereinbart, um die hohe Steuerbelastung in Fällen der Steuerklasse V zu beseitigen, die in der Praxis ganz überwiegend Ehefrauen nachteilig trifft und der Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung entgegenwirkt. Das Anteilsverfahren, das eine nach dem Verhältnis der jeweiligen Arbeitslohnbezüge der Ehegatten aufzuteilende Gesamtsteuerlast im Lohnsteuerabzugsverfahren vorsah, konnte im Gesetzgebungsverfahren zum JStG 2008 aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Mehrheit finden. Mit der Einführung eines überarbeiteten, modifizierten Aufteilungsverfahrens trägt der Gesetzgeber den bisherigen Einwendungen Rechnung, indem als Aufteilungsmaßstab nicht mehr die Lohnbezüge, sondern der Faktor festgelegt ist, der sich aus dem Verhältnis der Einzellohnsteuer des Ehegatten zur Gesamtlohnsteuer beider Ehegatten ergibt ( 39f EStG). Wirkungsweise des optionalen Faktorverfahrens Das neue Lohnsteuerabzugsverfahren für Doppelverdiener- Ehegatten ist als zusätzliche Alternative zur Steuerklassenkombination III/V vorgesehen, die Ehegatten abwählen können, wenn beide (teilweise) zeitgleich Arbeitslohn beziehen und die Voraussetzungen für die Zusammenveranlagung erfüllen. Die bisherigen Steuerklassenkombinationen IV/IV und III/V bleiben bestehen. Der Aufteilungsmaßstab (Faktor) sowie die antragsabhängige Anwendung haben der zulässigen neuen Berechnungsmethode die Bezeichnung "optionales Faktorverfahren" eingebracht. Franz-Josef Tönnemann Steuerberater Haselünne Seite 3
4 Für die Lohnsteuerberechnung nach dem Faktorverfahren ist bei Doppelverdiener-Ehegatten folgendes Verfahren festgelegt: Faktorermittlung Unter dem Faktor ist ein auf der Lohnsteuerkarte einzutragender Multiplikator Y:X zu verstehen, der vom Finanzamt auf drei Nachkommastellen zu berechnen ist. Im Faktorverfahren ist zunächst die voraussichtliche Jahreslohnsteuer für jeden Ehegatten getrennt nach der Steuerklasse IV zu berechnen. Damit werden anders als bei der Steuerklasse V bei dem jeweiligen Ehegatten auch die ihm persönlich zustehenden Freibeträge (Grundfreibetrag, Vorsorgepauschale, Arbeitnehmer- Pauschbetrag, Kinderfreibetrag) steuermindernd berücksichtigt. Auf Antrag sind die auf der Lohnsteuerkarte eintragungsfähigen Freibeträge, z. B. für erhöhte Werbungskosten ( 39a Abs. 1 Nr. 1-6 EStG), vom voraussichtlichen Jahresarbeitslohn abzuziehen. Die Summe der Lohnsteuer, die sich danach für beide Ehegatten nach der Steuerklasse IV ergibt, ist die vom Gesetzgeber als X bezeichnete Ausgangsgröße des Faktors. Als weitere Rechengröße ist nach dem Gesetzeswortlaut Y zu ermitteln. Y ist die voraussichtliche Einkommensteuer, die sich für den Gesamtjahresarbeitslohn beider Ehegatten nach dem Splittingtarif ergibt. Der aus Y:X errechnete Quotient ist der für die Lohnsteuerberechnung der Ehegatten maßgebende Faktor. Er ist stets kleiner als 1, also als Null mit drei Kommanachstellen vom Finanzamt zu bescheinigen. Anwendung des Faktors beim jeweiligen Ehegatten- Arbeitslohn Im Faktorverfahren wird auf den Arbeitslohn des einzelnen Ehegatten die Steuerklasse IV angewandt. Zusätzlich wird die Lohnsteuer der Steuerklasse IV durch Multiplikation mit dem berechneten Faktor gemindert, weil dieser wie bereits ausgeführt immer kleiner als Eins ist. Die steuermindernde Wirkung des Splittingverfahrens kommt damit bereits im Lohnsteuerab- Franz-Josef Tönnemann Steuerberater Haselünne Seite 4
5 zugsverfahren zum Tragen. In die Bemessungsgrundlage für X und Y sind ausschließlich die Lohnbezüge für das erste Dienstverhältnis einzubeziehen. Arbeitslöhne, die nach der Steuerklasse VI zu besteuern sind, bleiben außer Ansatz. Freibeträge im Sinne des 39a Abs. 1 Nr. 1-6 EStG werden auf Antrag abgezogen. Praxis-Beispiel Berechnung des Faktors Ehemann A bezieht EUR Arbeitslohn, die Lohnsteuer nach Lohnsteuerklasse IV beträgt EUR Ehefrau B bezieht EUR Arbeitslohn, die 0 EUR Lohnsteuer nach Lohnsteuerklasse IV beträgt Summe Gesamtlohnsteuer IV/IV (X) beträgt EUR EUR Die Gesamteinkommensteuer im Splittingverfahren beträgt Die Berechnung ist vom Finanzamt durchzuführen. Faktor Y : X berechnet sich mit 0,833 (4.000 EUR : EUR). Er ist vom Finanzamt auf den Lohnsteuerkarten der Ehegatten jeweils neben der Lohnsteuerklasse IV einzutragen. Der Arbeitgeber ermittelt die Lohnsteuer für A wie folgt: EUR (Lohnsteuer bei EUR Arbeitslohn in Lohnsteuerklasse IV) x 0,833 = 3.998,40 EUR. Der Arbeitgeber von B wendet auf den Arbeitslohn von EUR die Steuerklasse IV und anschließend den Faktor 0,833 an, was zu einer Lohnsteuer von 0 EUR (= 0 x 0,833) führt. Das Berechnungsbeispiel für das Faktorverfahren geht von Jahresbeträgen und geschätzten Steuerbeträgen aus. Bei der monatlichen Lohnabrechnung ist für die Einbehaltung der Steuerabzugsbeträge der Faktor auf die Lohnsteuer der Steuerklasse IV für den steuerpflichtigen Brutto-Monatsarbeitslohn der Ehegatten anzuwenden. Franz-Josef Tönnemann Steuerberater Haselünne Seite 5
6 Antrags- und Eintragungsverfahren Der Antrag auf Anwendung des optionalen Faktorverfahrens kann wie ein Steuerklassenwechsel längstens bis zum des laufenden Kalenderjahrs gestellt werden. Ein Steuerklassenwechsel, zu dem auch das Faktorverfahren zählt, ist grundsätzlich einmal während des Kalenderjahrs zulässig. Zuständig ist das jeweilige Wohnsitzfinanzamt. Der Antrag kann von beiden Ehegatten nur gemeinsam gestellt werden. Beide Ehegatten müssen dabei ihre voraussichtlichen Arbeitslöhne aus ihren jeweils ersten Dienstverhältnissen erklären. Ein Antrag nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck ist nicht erforderlich. Die formlose Antragstellung ist allerdings dann ausgeschlossen, wenn die Berücksichtigung von Freibeträgen im Sinne des 39a Abs. 1 EStG beim Faktorverfahren beantragt wird. In diesem Fall ist das Vordruckformular für den Antrag auf Lohnsteuerermäßigung zu verwenden. Als Ergebnis der Antragstellung trägt das Finanzamt die Steuerklasse IV in Verbindung mit dem ermittelten Faktor auf den Steuerkarten der beiden Doppelverdiener-Ehegatten ein. Die Eintragung erfolgt mit Wirkung vom Beginn des auf die Antragstellung folgenden Kalendermonats. Die gleichzeitige Bescheinigung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte ist für den Zeitraum ausgeschlossen, für den das Faktorverfahren angewendet wird. Etwaige Steuerfreibeträge sind bei diesem Verfahren bereits über den Faktor bei der Lohnsteuerberechnung berücksichtigt. Hinweis Pflichtveranlagung bei der Einkommensteuer Das Faktorverfahren ist nach Ablauf des Jahres an eine Pflichtveranlagung bei der Einkommensteuer geknüpft ( 46 Abs. 2 Nr. 3a EStG i. d. F. des JStG 2009). Erst nach Ablauf des Kalenderjahrs kann die nach der Splittingtabelle sich ergebende Jahreseinkommensteuer zutreffend ermittelt werden. Als Folge der Pflichtveranlagung ist die Durchführung des betrieblichen Jahresausgleichs bei Anwendung des Faktorverfahrens ausgeschlossen ( 42b Abs. 1 Nr. 3b EStG i. d. F. des JStG 2009). Die Einführung der neuen Lohnsteuerberechnungsmethode für Ehegatten ist wegen der damit verbundenen Vorlaufzeiten erst für das Lohnsteuerverfahren 2010 vorgesehen ( 52 Abs. 52 Franz-Josef Tönnemann Steuerberater Haselünne Seite 6
7 EStG i. d. F. des JStG 2009). Das Faktorverfahren muss in die vorhandenen Lohnabrechnungssoftwareprogramme eingearbeitet werden. Dazu hat das BMF in dem Programmablaufplan für die maschinelle Berechnung der Lohnsteuer auch das Faktorverfahren zu berücksichtigen ( 39f Abs. 4 EStG). Aufgrund des bereits fortgeschrittenen Zeitablaufs im Gesetzgebungsverfahren war die rechtzeitige technische Umsetzung zum nicht sichergestellt. Diese Informationen haben wir sorgfältig zusammengestellt. Eine Haftung können wir aber nicht übernehmen. Da sich die rechtlichen Rahmenbedingungen ständig ändern ist eine persönliche Beratung unerlässlich. Franz-Josef Tönnemann Steuerberater Haselünne Seite 7
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