Lohnsteuernachforderung
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- Ralf Fiedler
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1 Lohnsteuernachforderung Prof. Dr. jur. Tobias Huep, Dipl.-Vw., Dipl. Fw. Marcus Spahn, Christoph Fleige TK Lexikon Steuern 14. Dezember 2015 Lohnsteuernachforderung HI Zusammenfassung LI Begriff Der Arbeitgeber oder das Finanzamt fordern Lohnsteuer nach, wenn beim Lohnsteuerabzug zu wenig Lohnsteuer einbehalten wurde. Nachforderungen können ihre Ursache im Verhalten des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers haben. Bei der Lohnsteuernachforderung ist zwischen der Haftung des Arbeitgebers und der Rückforderung von Lohnsteuer beim Arbeitnehmer zu trennen. Die Nachforderung kann während oder nach Ablauf des betreffenden Kalenderjahres erfolgen. Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung Lohnsteuer: Der Arbeitgeber ist nach 41c EStG zur Änderung des Lohnsteuerabzugs und zur Nacherhebung zu wenig einbehaltener Lohnsteuer beim Arbeitnehmer berechtigt. Weitere Einzelheiten regeln R 41c.1 bis R 41c.3 LStR sowie H 41c.1 bis H 41c.3 LStH. Die Haftung des Arbeitgebers ergibt sich aus 42d Abs. 3 EStG. Sozialversicherung: Beitragspflichtiges Arbeitsentgelt ist in 14 SGB IV geregelt. Eine mögliche Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen ist in 28g SGB IV erläutert. Hierbei gelten die zu berücksichtigenden Verjährungsvorschriften nach 25 Abs. 1 SGB IV i. V. m. der Rechtsprechung des BSG, Urteil v , B 12 KR 14/99 R. Arbeitsrecht HI Führt ein Arbeitgeber bei der Lohnabrechnung zu wenig Lohnsteuer an das Finanzamt ab, so hat er gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf Freistellung von drohenden Steuernachforderungen. Hat er die fehlende Lohnsteuer nach entrichtet, so verwandelt sich dieser Freistellungsanspruch in einen Erstattungsanspruch. Beide Ansprüche werden einheitlich von tariflichen Ausschlussklauseln erfasst. Eine tarifliche Ausschlussfrist, die auf die Fälligkeit des Anspruchs abstellt, beginnt bei Steuererstattungsforderungen frühestens mit der Abführung der Steuern. [ 1 ] Lohnsteuer 1 Nachforderung durch Arbeitgeber HI HI Reicht der vom Arbeitgeber geschuldete Barlohn zur Deckung der Lohnsteuer nicht aus, hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber den Fehlbetrag zur Verfügung zu stellen. Alternativ kann der Arbeitgeber einen entsprechenden Teil der anderen Bezüge des Arbeitnehmers zurückbehalten. Soweit beides nicht möglich ist bzw. nicht gelingt, hat der Arbeitgeber dies dem Betriebsstättenfinanzamt anzuzeigen. Das Finanzamt muss die zu wenig erhobene Lohnsteuer dann vom Arbeitnehmer nachfordern. [ 2 ]
2 Verpflichtung zum nachträglichen Einbehalt Der Arbeitgeber ist berechtigt für bereits abgelaufene Lohnzahlungszeiträume [ 3 ] noch nicht erhobene Lohnsteuer nachträglich einzubehalten. Dies gilt, wenn ihm ELStAM zum Abruf zur Verfügung gestellt werden oder der Mitarbeiter eine Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug mit Eintragungen vorlegt, die auf einen vorherigen Zeitpunkt zurückwirken. [ 4 ] Der Arbeitgeber ist zur nachträglichen Einbehaltung verpflichtet, wenn er erkennt, dass er die Lohnsteuer bisher nicht vorschriftsmäßig einbehalten hat. [ 5 ] Diese Verpflichtung gilt nur, wenn dies wirtschaftlich zumutbar ist. Bei Arbeitgebern mit maschineller Lohnabrechnung gilt diese Voraussetzung regelmäßig als erfüllt. Nachforderung wegen Gesetzesänderung Eine Nachforderungspflicht (Änderungsverpflichtung der Lohnabrechnung) des Arbeitgebers besteht insbesondere bei nachträglichen Gesetzesänderungen. Nachträglicher Einbehalt nach Ablauf des Kalenderjahres Nach Ablauf des Kalenderjahres kann die Lohnsteuer nur einbehalten werden, solange die elektronische Lohnsteuerbescheinigung noch nicht an das Finanzamt übermittelt wurde. Ändert der Arbeitgeber die Lohnabrechnung, muss er den nachzufordernden Steuerbetrag bei der nächsten Lohnzahlung in einer Summe einbehalten. Pfändungsfreigrenzen unbeachtlich Die nachträgliche Einbehaltung ist auch insoweit zulässig, als dadurch die Pfändungsfreigrenzen unterschritten werden. [ 6 ] Abzuführende Lohnsteuer übersteigt Nettolohn Übersteigt der nachträgliche Lohnsteuerabzug den auszuzahlenden Barlohn, ist dieser bis zur Höhe des auszuzahlenden Barlohns vorzunehmen und dem Finanzamt für den übersteigenden Betrag eine Anzeige zu erstatten. 2 Nachforderung durch Finanzamt HI Eine Lohnsteuernachforderung durch das Finanzamt kommt in folgenden Fällen in Betracht: Der Arbeitgeber will die zu wenig einbehaltene Lohnsteuer nicht selbst nacherheben, die nachträgliche Einbehaltung ist dem Arbeitgeber nicht möglich, weil der Arbeitnehmer von ihm keinen Arbeitslohn mehr bezieht, der Arbeitgeber hat bereits eine Lohnsteuerbescheinigung übermittelt oder die nachträglich abzuführende Lohnsteuer übersteigt den Nettolohn. Der Arbeitgeber hat dies dem Betriebsstättenfinanzamt unverzüglich anzuzeigen, um sich von seiner Arbeitgeberhaftung zu befreien. Das Finanzamt wird die zu wenig erhobene Lohnsteuer dann unmittelbar vom Arbeitnehmer einfordern, wenn der
3 nachzufordernde Betrag 10 EUR übersteigt. Nachforderung ausschließlich beim Arbeitnehmer Darüber hinaus wird Lohnsteuer, in den folgenden Fällen vom Finanzamt ausschließlich beim Arbeitnehmer nachgefordert wenn als Lohnsteuerabzugsmerkmal eine zu günstige Steuerklasse gebildet worden ist, als Lohnsteuerabzugsmerkmal eine zu hohe Kinderzahl gebildet worden ist, die Voraussetzungen für die Steuerklasse II nicht vorlagen und der Arbeitnehmer die falschen Merkmale nicht hat berichtigen lassen [ 7 ], als Lohnsteuerabzugsmerkmal ein Freibetrag unzutreffend ermittelt worden ist. [ 8 ] In diesen Fällen haftet der Arbeitgeber insoweit nicht für die (nicht einbehaltenen) Lohnsteuerbeträge. [ 9 ] Ebenso kann es zu Nachzahlungen und damit faktisch zu einer Nachforderung von Lohnsteuer im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers kommen. 3 Haftung des Arbeitgebers HI Der Arbeitgeber haftet für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat. [ 10 ] Dies gilt grundsätzlich auch für die Nachforderung von Lohnsteuer. Haftungsausschluss des Arbeitgebers Der Arbeitgeber haftet jedoch nicht, soweit Lohnsteuer nachzufordern ist, wegen falscher Steuerklassen, falscher Kinderzahl, falscher Freibeträge und in den vom Arbeitgeber angezeigten Fällen. Hinweis Nachforderungsverzicht führt zu Arbeitslohn Insbesondere im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung kann zu gering einbehaltene Lohnsteuer vom Arbeitnehmer nachgefordert werden oder im Wege der Haftung vom Arbeitgeber. Wird der Arbeitgeber für die beim Arbeitnehmer zu gering einbehaltene Lohnsteuer haftbar gemacht und fordert er den Betrag vom Arbeitnehmer nicht zurück, führt der Verzicht zu zusätzlichem Arbeitslohn, der im Zeitpunkt des Verzichts lohnsteuerpflichtig ist. Berechnung der Haftungsschuld mit durchschnittlichem Steuersatz Alternativ kann der nachzufordernde Steuerbetrag auch mit einem pauschalen Steuersatz ermittelt und zulasten des Arbeitgebers erhoben werden, wenn die Nachforderung eine größere Zahl von Arbeitnehmern betrifft und der Arbeitgeber dies beantragt. [ 11 ] In diesem Fall muss grundsätzlich der Arbeitgeber die pauschale Lohnsteuer tragen; er wird zum unmittelbaren Steuerschuldner. Zulässig ist aber, die Pauschalsteuer auf den Arbeitnehmer abzuwälzen. Sozialversicherung HI
4 Sozialversicherung 1 Lohnsteuer als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt HI Lohnsteuer, die der Arbeitgeber auf vertraglicher Grundlage übernimmt, z. B. bei einer Nettolohnvereinbarung, nachträglich für zunächst steuerfrei gestellten Arbeitslohn abführt, aufgrund Haftbarkeit, z. B. Lohnsteuer-Außenprüfung nachzuentrichten hat sowie bei Hinterziehung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen [ 12 ] zu zahlen hat stellt beitragspflichtiges Arbeitsentgelt dar. 2 Auswertung von Lohnsteuer-Außenprüfungen HI Betriebe werden regelmäßig in Abständen vom Finanzamt geprüft. Werden bei einer Lohnsteuer-Außenprüfung Differenzen festgestellt, kommt es häufig zu Lohnsteuernachforderungen. Das kann bei falscher Bewertung von Dienstwagen, Sachbezügen oder anderen Sachverhalten der Fall sein. Hinweis Pflicht des Arbeitgebers Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Lohnsteuerbescheid auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht auszuwerten. In den meisten Fällen sind steuerpflichtige Entgeltbestandteile auch sozialversicherungspflichtig. Daraus folgt, dass der von der Lohnsteuer-Außenprüfung steuerpflichtige Betrag mit dem Zeitpunkt der Feststellung auch beitragspflichtig in der Sozialversicherung ist. Unterlässt der Arbeitgeber die beitragsrechtliche Auswertung des Lohnsteuerbescheids, werden für die fälligen Beiträge [ 13 ] zusätzlich Säumniszuschläge erhoben. Die Verjährungsvorschriften [ 14 ] sind zu beachten. [ 15 ] 3 Tragung der Beiträge HI Einforderung beim Arbeitnehmer Die nachzuzahlenden Sozialversicherungsbeiträge trägt in der Regel der Arbeitgeber allein. Arbeitnehmeranteile dürfen höchstens für 3 zurückliegende Monate vom Lohn einbehalten werden. Nur wenn den Arbeitgeber keinerlei Verschulden trifft, dürfen Arbeitnehmeranteile für weiter zurückliegende Zeiträume eingefordert werden. [ 16 ] [ 1 ] BAG, Urteil v , 3 AZR 124/82. [ 2 ] 38 Abs. 4 EStG. [ 3 ] S. Lohnzahlungs- und Abrechnungszeiträume in der Entgeltabrechnung. [ 4 ] 41c Abs. 1 Nr. 1 EStG. [ 5 ] 41c Abs. 1 Nr. 2 EStG. [ 6 ] S. Lohn- und Gehaltspfändung. [ 7 ] 39 Abs. 5 EStG.
5 [ 8 ] 39a Abs. 5 EStG. [ 9 ] 42d Abs. 2 EStG. [ 10 ] S. Haftung des Arbeitgebers für Lohnsteuer und Beiträge. [ 11 ] BFH, Urteil v , VI R 120/92, BStBl 1994 II S [ 12 ] BE v. 30./ : TOP 4. [ 13 ] S. Fälligkeit von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen. [ 14 ] S. Verjährung. [ 15 ] 25 Abs. 1 SGB IV i. V. m. BSG, Urteil v , B 12 KR 14/99 R. [ 16 ] 28g SGB IV.
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