zur Anhörung des Rechtsausschusses des Landtages NRW am
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- Hildegard Blau
- vor 6 Jahren
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1 Landtag Nordrhein-Westfalen Drucksache 16/8130 Antrag der Fraktion der CDU vom zum Betreuungswesen Stellungnahme des Katholischen Sozialdienst e. V, Hamm (KSD) zur Anhörung des Rechtsausschusses des Landtages NRW am STELLUNGNAHME 16/2874 A14, A01 1. Der KSD begrüßt ausdrücklich den Antrag der CDU-Fraktion, die öffentliche Anhörung und eine ernsthafte Diskussion der Notwendigkeiten. Wir hoffen sehr und warten seit längerem! - auf die Weiterentwicklung des Betreuungsrechtes sowohl im Bereich der Führung rechtlicher Betreuungen, als auch in der sogenannten Querschnittarbeit (Gewinnung, Schulung und Begleitung ehrenamtlicher Betreuerinnen, Beratungen zur Vorsorge-, Vermögens- und Betreuungsvollmachten, Beratung von Bevollmächtigten). Diese beiden Bereiche gehören in unserer alltäglichen Arbeit im Verein untrennbar zusammen. 2. Die derzeitigen Rahmenbedingungen sind unzureichend und bedürfen dringend der Veränderungen. Auch unserer Betreuungsarbeit droht der Kollaps: Einerseits durch die Überlastung der BetreuerInnen durch die Fallarbeit und der damit verbundenen Gefahr, dass Betreute zu Schaden kommen oder dass Betreute nicht angemessen und gesetzeskonform vertreten werden, und andererseits aufgrund der unzureichenden Finanzierung. 3. Den Titel der Initiative sollte in der weiteren Diskussion aus unserer Sicht ergänzt werden: Vorsorgen. Vermögen sichern, Betreuung regeln. Selbstständigkeit erhalten, Würde schützen: Das Betreuungsrecht ist gut, aber teilweise überholt und muss reformiert werden, damit es den demographischen Herausforderungen standhält. 4. Der Fraktionsantrag führt aus (Seite 1, letzter Satz), dass die beste Vorsorge Eigenvorsorge ist: sie zu stärken muss die Hauptanliegen eines modernen Betreuungsrechtes sein. Wir teilen diese Einschätzung, doch muss es u. E. durch das Ziel ergänzt werden: Selbstständigkeit, -bestimmung und Teilhabe soweit wie möglich zu schützen und zu erhalten und die Würde derer zu schützen ist, die nicht oder nur teilweise dazu allein in der Lage sind. Es geht um den Umgang der Gesellschaft mit Menschen mit existenziellen Beeinträchtigungen, Handicaps, Behinderungen, schwerwiegenden Erkrankungen, mit nachlassenden psychischen und physischen Kräften, in lebensbedrohlichen Krisen. Seit der Einführung des Betreuungsrechtes haben sich die Problemlagen der Betreuten verändert und verschärft, es gibt eine deutliche Zunahme jüngerer Betreuter und bei den psychischen und manifesten Erkrankungen. Seite 1 von 5
2 5. Feststellungen des Landtages (Seite 3, II): Die Beratung zur Vorsorgen-, Vermögens- und Betreuungsvollmachten ist ein wichtiger und zentraler Ansatz, die Beratung ist ausbaubar. Sie braucht allerdings Raum und Zeit, sie hat mit sehr persönlichen, sehr schwierigen Entscheidungen zu tun. Wichtig ist, dass Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, um nach Abschluss der Vollmachten die Bevollmächtigten zu beraten! Dies nimmt in der Praxis immer mehr zu und scheint nirgendwo im Fokus zu sein. Querschnittarbeit ist zu allererst Beziehungs- und Beratungsarbeit. Priorität der Gewinnung von Ehrenamtlichen Wir erleben in unserer Praxis, dass trotz der hohen Verantwortung und der vielfältigen Herausforderungen es weiterhin Ehrenamtliche gibt, die bereit sind Betreuungen zu übernehmen. Da ist durchaus bemerkenswert und keinesfalls selbstverständlich! Unser Befragungen ergeben: sie tun dies deutlich eher, lieber und länger, wenn sie Rückhalt in unserem Betreuungsverein haben, Rat und Unterstützung von Fachleuten bekommen, die die Themen und Probleme aus eigener Betreuungserfahrung kennen, wenn sie Kontakte zu anderen Ehrenamtlichen haben, und wenn sie wertschätzend begleitet werden. Investitionen in diese Arbeit sparen mittelfristig nicht nur das Geld beruflich geführter Betreuungen, sondern erzielen weitere Mehrwerte, denn die Ehrenamtlichen betreuen (Zeit-) intensiver und persönlicher und tragen die Erfahrungen ihres Engagements in ihr soziales Umfeld. Betreuungsverein als Element der Betreuungswesen Betreuungsvereine führen nicht nur Betreuungen und leisten die Querschnittarbeit, sie bündeln Fachwissen und Kompetenzen und so sind wir in Hamm an vielen wichtigen Entwicklungen beteiligt (zum Beispiel Initiativen zur Verminderung von Fixierungen, Qualitätsdialoge mit stationären Einrichtungen, Öffentlichkeitsarbeit). 6. Der Landtag beschließt (Seite 3, III): Eine landesweite Woche der Selbstbestimmung für die Öffentlichkeit und die Sensibilisierungsarbeit ist hilfreich. Sie muss ergänzt und flankiert durch lokale, kontinuierliche, kreative Aktivitäten, Impulse und Veranstaltungen vor Ort, um in den Quartieren und Gemeinwesen zu wirken. Zentrale Internetplattform Der verbandliche Caritas bietet bereits eine gute Internetpräsens mit vielfältigen Informationen, inkl. online-beratung, Know-how und Vermittlungen zu den örtlichen Betreuungsvereinen; diese kann und sollte genutzt und eingebunden werden. Seite 2 von 5
3 Projekte wie zum Beispiel Vorsorgelotsen Projekte zur Einbindung Ehrenamtlicher sind sinnvoll. Zu beachten ist dabei, dass der Anspruch an fachliche Qualität damit nicht reduziert werden sollte, weil die fachkundige Beratung und Begleitung unerlässlich ist, unvollständige oder fehlerhafte Arbeit problematische Auswirkungen haben kann und daher Ehrenamtliche fundiert geschult und begleitet werden müssen. Hier sollten Standards geschaffen und eingehalten werden. Andere Projekte zur Vermeidung von Betreuungen sind ebenfalls zukunftsorientiert und erforderlich. Der KSD erprobt derzeit modellhaft mit der Stadt Hamm ein entsprechendes Angebot. Doch auch und gerade dabei sind fachliche Qualifikationen und Erfahrungen erforderlich - und zur Finanzierung kann nicht auf ein so bewährtes Institut wie die Rechtliche Betreuung zurück gegriffen werden. Derzeit gibt es lediglich Projektmittel und freiwillige Zuschüsse innovativer Entscheider, die genutzt werden können. 7. Stärkung der Arbeit der Betreuungsvereine (Seite 3) Eine Mischung aus pauschaler Grundförderung (in einer nennenswerten Größenordnung!!) plus Vergütung von Zusatzleistungen plus erfolgsabhängigen Zuschüssen ist möglich und wird der Arbeit der Betreuungsvereine mehr gerecht, als die derzeitige Finanzierung. Wenn die Ziele erreicht werden sollen, bedarf es der Finanzierung fester Stellen (-anteile), denn die Arbeit wird nur dann effektiv sein, wenn sie nicht nebenbei gemacht wird und bedarf der Kontinuität. Wir erinnern daran, dass die Förderung sich mit der letzten Umstellung deutlich verschlechtert hatte (!) obwohl die Arbeit des KSD im Bereich des Querschnitts umfangreicher, schwieriger und intensiver geworden ist, erhalten wir weniger Förderung. Im Hinblick auf die Bedeutung des Themas und den Umfang der Arbeit sind die Förderungssummen völlig unzureichend, unverständlich und unangemessen. Berücksichtigt werden muss in der Finanzierung die Beratung zu den Vollmachten und die Beratung der Bevollmächtigten, die bereits ca. 30% der Arbeit umfasst. 8. Stärkung der Arbeit von Berufs- und Vereinsbetreuern (Seite 4) Die Landesregierung bringt eine Bundesratsinitiative auf den Weg. Die Vergütungssätze für das Führen rechtlicher Betreuungen (für KSD-Leistungen 44,00 ) liegen so niedrig wie in kaum einem anderen vergleichbaren Leistungsbereich. Durch die Festschreibung und mangelnde Dynamisierung geht die Schere immer weiter auseinander, wichtige und wertvolle Arbeit wird nicht angemessen honoriert (und nicht angemessen wertgeschätzt). Das ist in keiner Weise nachvollziehbar. Mit jedem Jahr wächst die Gefahr, aus wirtschaftlichen Gründen die Arbeit einstellen zu müssen, wie es mehrere andere Betreuungsvereine bereits getan haben. Seite 3 von 5
4 Die (Lohn-) Kostensteigerungen seit 2005 sind immens und erfordern einerseits die schnelle Anpassung auf ein aktuelles Niveau und andererseits die Dynamisierung für die Folgejahre. Die Steigerung der Fallzahlen pro Vollzeitkraft stößt für uns an die Grenze des Verantwortbaren. Einerseits ist eine rechtliche Vertretung nach dem BtG nur möglich, wenn eine angemessene Ermittlung der Wünsche des Betreuten erfolgt und wenn die Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte des Betreuten so gering ausfallen wie nur möglich. Andererseits stehen die Betreuerinnen in der Verantwortung für ihre Betreuten. Die Gefahr, dass Betreute zu Schaden kommen, unter unangemessenen Bedingungen leben (müssen) oder ihre Rechte verletzt werden, steigt mit jeder weiteren Betreuung, die ein Betreuer führt. Daher müssen die finanziellen Rahmenbedingungen so gestaltet sein, dass fachliche qualifizierte Arbeit im Sinne der Betreuten möglich ist. Ein zentrales und wichtiges Qualitätsmerkmal unserer Arbeit ist die Teamarbeit verschiedener Betreuer (weiblich / männlich, unterschiedliche Zusatzqualifikationen, Vertretungsregelungen, Co-Beratung etc.), die sowohl dem Führen der Betreuungen, als auch der Querschnittsarbeit zu Gute kommt, sowie die Einbindung in die Trägerstrukturen (Fach- und Dienstaufsicht, Know-how anderer Dienste etc.). 9. Stärkung der Stellung des Landes Nordrhein-Westfalen im Betreuungsrechtes (Seite 4) Aus Sicht unseres Betreuungsvereines begrüßen wir eine Bündelung in einem Ministerium. Unabhängig von der Zuständigkeit plädieren wir eindringlich dafür, die Überwachungs- und Überprüfungsmaßnahmen, sowie den Aufwand für Antragstellung und Mittelabrechnung in einem bewältigbarem Umfang zu halten. Hier hat eine Entwicklung eingesetzt, die im Blick auf die Betreuungsvereine überzogen ist. In den Betreuungsvereinen selbst gibt es bereits diverse Strukturen und Mechanismen zur Abfederung der Risiken. Defizite in einzelnen Betreuungsvereinen sollten nicht dazu führen, dass alle unter einen Generalverdacht gestellt und mit übermäßigen Kontrollen überzogen werden. Die größte Gefahr und Anfälligkeit für Fehler und Defizite liegt in einer strukturellen inhaltlichen und finanziellen Überforderung der Betreuungsvereine. Seite 4 von 5
5 Daten und Fakten zum KSD Der Katholische Sozialdienst e. V. (KSD) ist ein Fachverband des Deutschen Caritasverbandes in Freiburg und Mitglied im Gesamtverein Sozialdienst katholischer Frauen e. V., Dortmund. Gegründet 1907 unterhält er verschiedene Angebote (Jugendhilfe, Vormundschaften für Minderjährige, Wohnungslosenhilfe, Schuldner- und Insolvenzberatung, Stadtteilbüros, Schwangerschaftsberatung, Frühe Hilfen, Gewaltberatung etc.). Er wird durch einen ehrenamtlichen Vorstand geleitet und beschäftigt 75 MitarbeiterInnen. Mit dem Entstehen des Betreuungsrechtes wurde er anerkannter Betreuungsverein und leistest somit seit über 20 Jahren die Arbeit in diesem Bereich, steht in enger Kooperation mit dem Amtsgericht und der Stadtverwaltung sowie vielen Trägern von ambulanten und stationären Hilfen für Betreute. 7 Vereinsbetreuer, davon 3 in Teilzeit, plus 3 Verwaltungskräfte Fallzahlen: ca. 50 Betreuungen pro Vollzeitstelle Von den 7 Betreuern sind zwei vorrangig zusätzlich zu geführten Betreuungen für die Querschnittsarbeit verantwortlich Professionen: Sozialarbeit/Sozialpädagogik, Sozialjurist; in der Regel mit weiteren Qualifikationen z. B. Verwaltungsausbildung, Krankenpflege Zahlen Geführte Betreuungen Begleitete Ehrenamtliche Beratung / Begleitung Ehrenamtlicher Beratungen zur Vorsorgevollmacht Beratung Bevollmächtigte Beratungen allgemein zu BtG Neu gewonnene Betreuer Vorträge zu Vollmachten 12 mit insgesamt 277 TN 14 mit insgesamt 281 TN Entscheider und Akteure des Betreuungswesens, die sich gern ein unmittelbares Bild von unserer Arbeit machen möchten, sind herzlich eingeladen. Andreas Thiemann Geschäftsführer Diplom-Sozialarbeiter thiemann@ksd-sozial.de Ludger Meyer Rechtlicher Betreuer Fachdienstleiter Diplom-Sozialpädagoge meyer@ksd-sozial.de Stadthausstr Hamm Tel.: / Fax.: / info@ksd-sozial.de - Seite 5 von 5
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