Merkblatt November 2013
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- Sven Biermann
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1 Merkblatt November 2013 Abgeltung von Bereitschaftsdienst Die Arbeitsvertragssituation der Ärzte hat sich durch den Abschluss arztspezifischer Tarifverträge grundlegend geändert. Bildete bis zum der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) eine überwiegend einheitliche Grundlage der Arbeitsverträge bei Bund, Ländern und Gemeinden, sind durch unterschiedliche tarifliche Vereinbarungen im universitären und kommunalen Bereich zwar von der Grundstruktur ähnliche, in Einzelfragen jedoch voneinander abweichende Regelungen vereinbart worden. Auch kirchliche und private Krankenhausträger lehnen sich nicht mehr wie früher an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes an. Hier werden vielerorts abweichende arbeitsvertragliche oder tarifliche Regelungen getroffen. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die vom Marburger Bund mit der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) sowie der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) abgeschlossenen arztspezifischen Tarifverträge. Grundlagen Für die angestellten Ärzte des öffentlichen Dienstes besteht eine tarifliche Verpflichtung zur Ableistung von Bereitschaftsdienst. Sie ist eine besondere Dienstform zusätzlich zur täglichen Arbeit. Es ist daher nicht zulässig, die regelmäßige Arbeitszeit mit Bereitschaftsdienst aufzufüllen. Ärzte sind verpflichtet, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst). Der Arbeitgeber darf Bereitschaftsdienst nur anordnen, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt. Im Bereich des TV-Ärzte/VKA ( 7 Abs. 6) besteht die Besonderheit, dass Teilzeitbeschäftigte nur aufgrund arbeitsvertraglicher Regelung oder mit ihrer Zustimmung zur Ableistung von Bereitschaftsdienst verpflichtet sind (siehe Merkblatt Teilzeitbeschäftigung ). Abgeltung von Bereitschaftsdienst Ärztliche Bereitschaftsdienste können finanziell oder auch durch Freizeitausgleich abgegolten werden. Der Arbeitgeber muss sich nicht für eine Form entscheiden. Er kann auch kombinieren und Bereitschaftsdienste teilweise finanziell und teilweise durch Freizeit abgelten. Zwischen beiden Formen kann kurzfristig gewechselt werden, auch wenn es jahrelang eine bestimmte Handhabung gab. Nach dem Tarifrecht sind finanzieller Ausgleich und Freizeitausgleich gleichwertig. Die Kontrolle, ob die Bereitschaftsdienstabgeltung korrekt erfolgte, wird dadurch nicht einfacher. Gewährter Freizeitausgleich darf jedoch nicht dazu führen, dass in der regelmäßigen Arbeitszeit Minusstunden entstehen. Innerhalb des Ausgleichzeitraums von 52 Wochen muss der Arbeitgeber die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit einhalten. Entscheidend für die Bewertung des Bereitschaftsdienstes ist die durchschnittlich anfallende Arbeitsleistung während des Bereitschaftsdienstes.
2 Tarifvertrag mit der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) Zum Zwecke der Entgeltberechnung wird die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit nach dem Maß der während des Bereitschaftsdienstes erfahrungsgemäß durchschnittlich anfallenden Arbeitsleistungen wie folgt als Arbeitszeit gewertet: Bereitschaftsdienststufe Arbeitsleistung innerhalb des Bereitschaftsdienstes Bewertung als Arbeitszeit I bis zu 25 v. H. 60 v. H. II mehr als 25 bis 40 v. H. 75 v. H. III mehr als 40 bis 49 v. H. 90 v. H. Die jeweilige Bereitschaftsdienststufe wird zwischen dem einzelnen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in einer schriftlichen Nebenabrede zum Arbeitsvertrag vereinbart. Diese ist mit einer Frist von drei Monaten jeweils zum Ende eines Kalenderhalbjahres separat kündbar. Die Nebenabrede ist maßgeblich für die Abgeltung. Ihr ist die tatsächliche Arbeitsbelastung zugrunde zu legen. Bis zum Termin, zu dem die Kündigung der Nebenabrede wirksam wird, sind Arbeitnehmer und Arbeitgeber an die Nebenabrede gebunden. 1. Stundenentgelt Für die als Arbeitszeit gewertete Zeit des Bereitschaftsdienstes wird das nachstehende Entgelt je Stunde gezahlt: I 25,73 Euro 29,84 Euro 32,41 Euro 34,47 Euro Diese Bereitschaftsdienststundenentgelte verändern sich bei nach dem wirksam werdenden allgemeinen Entgeltanpassungen um den für die jeweilige Entgeltgruppe vereinbarten Vomhundertsatz. 2. Bereitschaftsdienstzuschlag Ab dem erhalten Ärzte für die 97. und die folgenden Bereitschaftsdienststunden (Zeit des Bereitschaftsdienstes) im Kalendermonat einen Zuschlag von 5% des jeweiligen Bereitschaftsdienstentgelts nach Punkt 1. Dieser Zeitzuschlag kann nicht in Freizeit abgegolten werden. Er beträgt pro Stunde (ab der 97. Bereitschaftsdienststunde) in I 1,29 Euro 1,49 Euro 1,62 Euro 1,72 Euro Bei einer 16-stündigen Bereitschaftsdienstdauer würden nach sechs Bereitschaftsdiensten (6 x 16 Stunden) im Kalendermonat insgesamt 96 Bereitschaftsdienststunden zusammenkommen. Dies bedeutet, dass ab dem siebten Bereitschaftsdienst der Bereitschaftsdienstzuschlag pro Stunde zu zahlen ist.
3 3. Feiertagszuschlag Für jede als Arbeitszeit gewertete Stunde, die an einem Feiertag geleistet worden ist, wird zusätzlich ein Zeitzuschlag in Höhe von 25% dieses Stundenentgelts gewährt. Der Zeitzuschlag kann sowohl finanziell als auch in Freizeit abgegolten werden. Bei einer Auszahlung beträgt der Feiertagszuschlag pro Stunde in I 6,43 Euro 7,46 Euro 8,10 Euro 8,62 Euro 4. Nachtarbeitszuschlag Für die Zeit des Bereitschaftsdienstes in den Nachtstunden ( 9 Abs. 3 TV-Ärzte/VKA), also in der Zeit von 21:00 bis 06:00 Uhr erhält der Arbeitnehmer zusätzlich zu dem unter Ziffer 1 genannten Stundenentgelt je Stunde einen Zeitzuschlag in Höhe von 15% des Stundenentgelts. Dieser Zeitzuschlag kann nicht in Freizeit (siehe Punkt 5) abgegolten werden. Der Zeitzuschlag pro Nachtarbeitsstunde beträgt in I 3,86 Euro 4,48 Euro 4,86 Euro 5,17 Euro Beim Zusammentreffen von Zeitzuschlägen nach Ziffer 3. (Feiertagszuschlag) und 4. (Nachtarbeitszuschlag) wird nur der Zeitzuschlag nach Ziffer 3 gezahlt. Weitergehende Zuschläge bestehen nicht. Der Nachtarbeitszuschlag ist nach dem Einkommenssteuergesetz in vollem Umfang steuerfrei ( 3 b EStG). 5. Freizeitausgleich Anstelle der Auszahlung (mit Ausnahme des Bereitschaftsdienst- sowie des Nachtarbeitszuschlags nach Ziffer 2 und 4) kann die errechnete Arbeitszeit einschließlich des Zeitzuschlags 1:1 bis zum Ende des dritten Kalendermonats auch durch entsprechende Freizeit abgegolten werden (Freizeitausgleich). Für die Zeit des Freizeitausgleichs werden das Entgelt und die in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen fortgezahlt. Dabei ist ab dem folgendes zu beachten: a. Freizeitausgleich während Ruhezeit (10 Prozent-Bonus) Erfolgt Freizeitausgleich in Zeiten, zu denen gemäß 5 und 7 Abs. 9 Arbeitszeitgesetz Ruhezeit zu gewähren ist, wird abweichend von der eingangs dargestellten prozentualen Bewertung der Arbeitszeit je Bereitschaftsdienststufe I bis III (90%, 75% und 60%) diese um 10 Prozent erhöht. Dies bedeutet, dass für die Dauer dieser (Ruhe-)Zeit der Bereitschaftsdienst der Stufe III mit dem Faktor 100%, der Stufe II mit dem Faktor 85% und der Stufe I mit dem Faktor 70% als Arbeitszeit bewertet wird. Arzt A wird bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von acht Stunden in der Zeit von 7:30 bis 16:00 Uhr an allen Arbeitstagen von Montag bis Freitag eingesetzt. Am Dienstag von 16:00 Uhr bis Mittwoch 7:30 Uhr erfolgt ein Einsatz im Bereitschaftsdienst der Stufe III. Eine Tätigkeit am Mittwoch von 7:30 bis 16:00 Uhr ist nicht möglich, da die Ruhezeit nach 5 Arbeitszeitgesetz einzuhalten ist. Für die Dauer dieser Ruhezeit (RZ) von acht Stunden (Arbeitszeit am Mittwoch) wird der Bereitschaftsdienst anstatt mit 90% mit 100% bewertet (10%-Bonus). Der Bereitschaftsdienst berechnet sich daher wie folgt:
4 15,5 Stunden Bereitschaftsdienst abzüglich 8 Stunden (Arbeitsverpflichtung) x 100% = 7,5 Stunden, diese verbleibenden 7,5 Stunden x 90% = 6,75 Stunden, die finanziell oder in FZA ausgeglichen werden können. Bis : 15,5 BD x 90% abzüglich acht Stunden FZA am Folgetag = 5,95 Stunden, die finanziell oder in FZA ausgeglichen werden können. Dies bedeutet, dass der Bereitschaftsdienst ab dem um 0,8 Stunden besser vergütet wird, als zuvor. Bei einem Stundenentgelt von 25,73 erhält Arzt A nun pro Bereitschaftsdienst 20,58 mehr. b. Kein Freizeitausgleich während Ruhezeit Ist nach den arbeitszeitgesetzlichen Vorschriften eine Ruhezeit im Anschluss an den Bereitschaftsdienst nicht vorgesehen (z.b. bei Bereitschaftsdiensten von Freitag auf Samstag oder Samstag auf Sonntag, ggf. auch aufgrund eines Dienstplanmodells mit maximal 13 Stunden), bleibt es bei der bisherigen Abgeltung. Der 10%-Bonus fällt nicht an. Da eine Arbeitsverpflichtung am Folgetag (Samstag oder Sonntag) nicht vorgesehen ist (5-Tage-Woche), kann der Bereitschaftsdienst vollständig unter Berücksichtigung mit dem für die jeweilige Entgeltgruppe festgelegten Vergütungssatz ausgezahlt oder bis zum Ende des dritten Kalendermonats in Freizeit ausgeglichen werden. Ein Bereitschaftsdienst der Stufe III von 24 Stunden wird dann nach wie vor mit 90 % als Arbeitszeit bewertet, so dass 21,6 Stunden (24 Stunden Bereitschaftsdienst x 90%) abzugelten sind. Beispiel (Feiertag): Im Falle des Freizeitausgleichs erhöht sich die Bewertung der Arbeitszeit an einem Feiertag (0:00 Uhr bis 24:00 Uhr) entsprechend der Bereitschaftsdienststufe um 25%. Ein Bereitschaftsdienst der Stufe III von 24 Stunden beginnt am Feiertag um 8:00 Uhr und endet am folgenden Tag um 8:00 Uhr. Die Zeit am Feiertag von 8:00 Uhr bis 24:00 Uhr wird neben der allgemeinen Abrechnung (16 Stunden x 90% = 14,4 Stunden) zusätzlich mit dem Feiertagszuschlag (16 Stunden x 25% = 4 Stunden) bewertet, während für die Zeit von 0:00 Uhr bis 8:00 Uhr am Folgetag (8 Stunden x 90% = 7,2 Stunden) kein Feiertagszuschlag zu gewähren ist. Insgesamt wird der Bereitschaftsdienst mit 25,6 Stunden (14,4 Stunden + 4 Stunden + 7,2 Stunden) als Arbeitszeit bewertet. Erfolgt der Freizeitausgleich während der Ruhezeit ist der 10 Prozent Bonus zu berücksichtigen (s.o.). Hinweis: Seit dem ist die durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit im Rahmen von Bereitschaftsdienst von bisher 60 auf 58 Stunden (nur möglich bei Opt-Out-Regelung) reduziert. Wichtig ist dabei, dass der bisherige Ausgleichszeitraum von 52 Wochen auf sechs Monate halbiert wurde. Dadurch soll den Ärztinnen und Ärzten die Überprüfung und Einhaltung der mit dem Arbeitgeber vereinbarten Höchstarbeitszeiten erleichtert werden. Durch zeitnahen Freizeitausgleich muss der Arbeitgeber sicherstellen, dass die tarifvertraglichen Höchstarbeitszeiten innerhalb des nun wesentlich kürzeren Ausgleichszeitraums eingehalten werden. 6. Zusatzurlaub Der Arbeitnehmer erhält für die Zeit der Bereitschaftsdienste in den Nachtstunden einen Zusatzurlaub in Höhe von zwei Arbeitstagen pro Kalenderjahr, sofern mindestens 288 Stunden der Bereitschaftsdienste kalenderjährlich in die Zeit zwischen 21:00 bis 6:00 Uhr fallen. Erreicht er diese Stundenzahl nicht, besteht kein Anspruch auf den Zusatzurlaub, auch nicht anteilig. Bei Teilzeitkräften ist die Zahl der erforderlichen Bereitschaftsdienststunden entsprechend dem Verhältnis ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit zur regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer vollbeschäftigter Arbeitnehmer zu kürzen. Ist die vereinbarte Arbeitszeit im Durchschnitt
5 des Urlaubsjahres auf weniger als fünf Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt, ist der Zusatzurlaub entsprechend der Regelungen zum Erholungsurlaub zu ermitteln. Beispiel (Teilzeitkraft): Eine 50%-Teilzeitkraft arbeitet an fünf Arbeitstagen der Woche. Sie muss 144 Stunden im Bereitschaftsdienst in der Zeit von 21:00 bis 6:00 Uhr leisten, um die zwei Tage Zusatzurlaub zu erwerben. Ist die vereinbarte Arbeitszeit der 50%-Teilzeitkraft auf drei Arbeitstage in der Woche verteilt, reduziert sich der Zusatzurlaubsanspruch auf 1,2 Tage, abgerundet ergibt dies einen Tag Zusatzurlaub. Aufgrund einer besseren Lesbarkeit wird im Text auf die weibliche Anredeform verzichtet. Frauen sind in den männlichen Berufsbezeichnungen selbstverständlich mit eingeschlossen. Dieses Merkblatt gibt nur allgemeine Hinweise und ersetzt nicht die Beratung durch den für Sie zuständigen Marburger-Bund-Landesverband, der Sie im konkreten Fall gerne berät.
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