Solidarität als vergängliches Band
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- Anna Schräder
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1 Solidarität als vergängliches Band Herausforderungen des gesellschaftlichen Zusammenhalts im Kontext der Flüchtlingskrise Wolfgang Aschauer Assoziierter Professor Fachbereich Politikwissenschaft und Soziologie Abteilung Soziologie und Kulturwissenschaft Universität Salzburg Ausgangspunkt: Sozialer Wandel und Vulnerabilität EU im Stadium der Mehrfachkrise Herausforderungen kultureller Diversität im Zentrum politischer und medialer Diskurse Migrationsdynamik als Triebfeder politischer Entfremdung Neue Spaltungslinien innerhalb Europas, Solidaritätsbrüche Unter dem Eindruck eines weitreichenden Zukunftspessimismus manifestiert sich Politik der Abschottung Die Postmoderne ist eine Chance der Moderne. Toleranz ist eine Chance der Postmoderne. Solidarität ist die Chance der Toleranz. (Bauman, 199, S. 1) Wachsende vulnerable Gruppen könnten Renationalisierung begünstigen und Legitimationskrise der EU verstärken GlobalisierungsverliererInnen bilden bereits unsichtbare Mehrheit in mehreren europäischen Staaten (z.b. in Bezug auf Italien: Arrigoni, & Ferragina, 201) 1
2 Unzufriedenheit, politisches Misstrauen und Abstiegsängste vs. Systemvertrauen Stimmungslagen des Wandels als neues und notwendiges Forschungsfeld Stimmungslagen des Wandels kann man sehr lange als marginal abtun [ ], auch wenn das Marginale längst dadurch zum Kern der Sache geworden ist. (Streeck, 201, S. 1) Zukunftspessimismus, politische Entfremdung, soziales Misstrauen und Ethnozentrismus können als Symptome des gesellschaftlichen Unbehagens der Gegenwart beschrieben werden Ziele der Präsentation: Vergleichende Perspektive: EU-Staaten Vorstellung einzelner ländervergleichende Survey-Ergebnisse in Bezug auf gesellschaftliches Unbehagen und zivilgesellschaftliches Engagement Mikroperspektive: Inklusion von Flüchtlingen Fokus auf Lebenswelt der Zuwanderer um Herausforderungen der gesellschaftlichen zu beurteilen (am Beispiel einer qualitativen Studie in Salzburg) Politische Umbrüche Systemvertrauen in Nord- und Westeuropa 6, 6,,, Dänemark Schweden Finnland Niederlande Deutschland Belgien Großbritannien Irland Frankreich Systemvertrauen 2006 Systemvertrauen 2012 Erhebungswellen (Quelle: ESS 2006 und 2012, 18 EU Länder) 2
3 Unzufriedenheit, politisches Misstrauen und Abstiegsängste vs. Systemvertrauen Politische Umbrüche Systemvertrauen in Ost- und Südeuropa 6, 6,,, 2, 2 Estland Ungarn Slowakei Polen Zypern Slowenien Spanien Bulgarien Portugal Systemvertrauen 2006 Systemvertrauen 2012 Erhebungswellen (Quelle: ESS 2006 und 2012, 18 EU Länder) Unbehagen: gesellschaftliche Abstiegsängste Verunsicherung der Mittelklasse: Weniger durch tatsächliche Abstiegserfahrungen bedingt Speist sich aus individuellen und gesellschaftlichen Vergleichen Individueller Vergleichshorizont: Relation zu gleichwertigen Statusangehörigen, zu vergangenen Zeitspannen persönlich kontrollierbare und gesellschaftlich unkontrollierbare Sphäre Gesellschaftlicher Vergleichshorizont: trügerische Stabilität der westlichen Gesellschaft Europa als Insel des Wohlstands angesichts zahlreicher Krisenherde steigender Zukunftspessimismus Konsequenzen der gegenwärtigen Abstiegsängste: Nationale Gemeinschaft als imaginärer Schutzraum gegen fremde Mächte (z.b: europäische Eliten) und gegen Unterwanderungstendenzen von innen ( MigrantInnen und Leistungsverweigerer ) Anerkennung nur für jene, die angemessenen Beitrag für die Gesellschaft leisten und zu kulturellen Anpassung an die dominante Gruppe bereit sind Diskurs hat politische und gesellschaftliche Mitte erreicht, wird salonfähig
4 Herausforderungen der gesellschaftlichen von Flüchtlingen ein Treppenmodell Studie zu Anerkennungshürden bei MigrantInnen (Weichbold & Aschauer, 201) Übertragung auf Lebenswelten von Flüchtlingen (Schwerpunkt: Arbeitsmarktintegration) basiert auf Studie zu Anerkennungshürden von Bildungs- und Berufsqualifikationen von MigrantInnen (19 qualitative Interviews) Vorstellung eines Treppenmodells um potentielle Auf- und Abwärtsmobilität zu beschreiben Ja es ist ein bisschen schwierig, aber es ist wie eine Treppe. Eine Treppe ist Putzfirma und Zimmermädchen das ist ganz ganz unten, und jetzt habe ich Arbeit in Lager, das ist auch schwierige Arbeit, aber das ist ganz anderes, wenn du hast Arbeitstage, Samstag/Sonntag frei, Feiertag frei. Das ist das normale Leben. Egal, wenn du viel arbeitest, aber du hast ein normales Leben. Das ist eine höhere Treppe. Rechtliche Sphäre Verwertbare Positiver Asylbescheid Flucht Prekärer rechtlicher Status Nicht verwertbare Ressourcen Barrieren der Familienzusammenführung Soziale Netzwerke Fehlende Institutionelle Sphäre Familiäre Unterstützung Isolation Arbeitsplatz vorübergehend dequalifiziert Persönliche Ebene Höherer Wohn- und Lebensstandard Arbeitsstelle entsprechend Wahrnehmung von Diskriminierung / erlernte Hilflosigkeit Inklusion Soziale Wertschätzung Exklusion Sprachkenntnisse Sprachbarrieren Arbeitslosigkeit Sozialkapital Missachtungserfahrung Versuch der Arbeitsmarktintegration (z.b. Weiterbildung, Anerkennung) Selbstwirksamkeit Anerkennungsdefizite Separationstendenz Förderliche Faktoren der
5 Schlussfolgerungen Erkenntnisse aus dem Treppenmodell: Herausforderungen der Arbeitsmarktintegration können bei fehlender Berücksichtigung der erschwerten Startbedingungen nicht bewältigt werden Inklusion von Flüchtlingen kann nur durch intensive Fördermaßnahmen (auf mehreren Ebenen) erreicht werden eine Verschiebung der gesellschaftspolitischen Ausrichtung (von Forderungen zu Förderungen) ist dringend geboten Zumindest in Österreich besteht aufgrund einer prekären Arbeitsmarktlage, verbunden mit einem Wandel des gesellschaftlichen Klimas die reale Gefahr der Separation und Marginalisierung starke Ressourcen der Zivilgesellschaft sind jedoch vielfach in der Lage, unaufgeregtes Handeln vorzuleben und produktive Lösungen der gegenwärtigen Solidaritätskrise zu erzielen
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