Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz - von der Bewerberauswahl bis zum Zeugnis
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- Ewald Sauer
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1 Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz - von der Bewerberauswahl bis zum Zeugnis Berlin, 19./ Rechtsanwalt Jürgen Baumeister Fachanwalt für Arbeitsrecht Partner PASCHEN Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft
2 Agenda Das AGG Entscheidungen Bewerbungsverfahren Quintessenz Das Zeugnis Bedeutung verschiedener Formulierungen Quintessenz Vollstreckung eines wohlwollenden Zeugnisses
3 Befürchtungen bei Einführung 2006: Das AGG wird die Rechtslandschaft in Deutschland deutlich verändern Massiver Eingriff in Privatautonomie (Art.2 I GG) Angebliche Diskriminierungsopfer können hohe Entschädigungssummen einklagen Beweislastumkehr: Unternehmen müssen sich entlasten Unternehmen haben einen hohen bürokratischen Aufwand ( Dokumentationspflichten ) Regelmäßige Schulungen der Mitarbeiter, 12 AGG
4 es ist eine Klageflut zu erwarten ABM für Rechtsanwälte/-innen Große Risiken möglicher Schadensersatzansprüche für Arbeitgeber und deren Entscheider bergen z.b.: Unachtsamkeit bei der Formulierung von Stellenanzeigen unpassende Fragen im Bewerbungsverfahren
5 Fall 1: Der abgelehnte Rechtsanwaltsfachangestellte Stellenausschreibung: Wir suchen eine Rechtsanwaltsfachangestellte für unser Team Reaktion: Ablehnung Forderung: Entschädigung und Schadensersatz wegen Missachtung des AGG Zu Recht?
6 Fall 1: Der abgelehnte Rechtsanwaltsfachangestellte Ein Arbeitsplatz darf nicht unter Verstoß gegen Benachteiligungsverbot ausgeschrieben werden! AGG 11 Ausschreibung, 7 Benachteiligungsverbot Benachteiligungen aus Gründen der Rasse der ethnischen Herkunft des Geschlechts der Religion oder Weltanschauung einer Behinderung des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen AGG 1 Ziel des Gesetzes
7 Fall 2: Unverzügliche Rücksendung der Bewerbungsunterlagen Forderung: Stellenausschreibung: Wir suchen eine/n Rechtsanwaltsfachangestellte/n für unser Team Reaktion: Rücksendung der Bewerbung erfolgte am gleichen Tage des Eingangs Schadensersatz wegen Diskriminierung Er sei aus Gründen des Geschlechts benachteiligt. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit seinen Bewerbungsunterlagen könne gar nicht erfolgt sein. Offensichtlich werden männliche Bewerber direkt aus der Auswahl ausgeschlossen. Zu Recht?
8 Fall 2: Unverzügliche Rücksendung der Bewerbungsunterlagen 1. Arbeitnehmer muss nur Benachteiligung behaupten 2. Arbeitgeber muss Gegenteil beweisen 22 Beweislast Unterschiedliche Behandlung ist nur zulässig, wenn die Art der auszuübenden Tätigkeit oder die Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt AGG 8 Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen
9 Fall 3: Erzieher mit seiner Bewerbung im Mädcheninternat gescheitert Stellenausschreibung: Wir suchen eine Erzieherin für unser Mädcheninternat Reaktion: Ablehnung Zu Recht? Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts ist zulässig, wenn das Geschlecht des Stelleninhabers eine wesentliche und entscheidende Anforderung im Sinne des 8 Abs. 1 AGG darstellt. Der Träger eines Mädcheninternates darf die Bewerberauswahl auf Frauen beschränken, wenn die Tätigkeit auch mit Nachtdiensten im Internat verbunden ist. Dem Arbeitgeber steht es frei festzulegen, welche Arbeiten auf einem zu besetzenden Arbeitsplatz zu erbringen sind. BAG, Urteil vom AZR 536/08
10 Fall 4: Der Postzusteller von der Elfenbeinküste Forderung: Der in der Elfenbeinküste geborene Kläger hatte sich auf eine Stelle als Postzusteller beworben. Voraussetzung: Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift. Im Rahmen eines üblichen Telefonkontaktes befand die Mitarbeiterin des Unternehmens die Sprachkenntnisse für nicht hinreichend. Mit dieser Begründung erhielt der Kläger eine Absage. Schadensersatz wegen mittelbarer Diskriminierung Zu Recht?
11 Fall 4: Der Postzusteller von der Elfenbeinküste Das Arbeitsgericht Hamburg sah in der Vorgehensweise des beklagten Unternehmens eine mittelbare Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft. Für Angehörige anderer Ethnien als deutsche Muttersprachler ist es typischerweise schwerer ein deutliches Ausdrucksverhalten beim telefonischen Erstkontakt in deutscher Sprache zu zeigen. Keine Rechtfertigung durch ein legitimes Ziel nach 8 AGG: Kurzer telefonischer Erstkontakt ist keine hinreichende Grundlage Auswahlkriterien sind überzogen ArbG Hamburg, Urteil vom Ca 282/09
12 Fall 5: Falsche Anrede im Ablehnungsschreiben Das Ablehnungsschreiben richtete sich an Herrn X statt an Frau X. Forderung: Schadensersatz wegen Benachteiligung ihrer ethnischen Herkunft Die falsche Anrede belege, dass man ihre Bewerbung allein wegen ihres Namens aussortiert habe. Zu Recht?
13 Fall 5: Falsche Anrede im Ablehnungsschreiben Klage abgewiesen Keine Indizien, welche auf Benachteiligung schließen lassen. Vielmehr ist wahrscheinlich, dass lediglich ein Bearbeitungsfehler vorliege. ArbG Hamburg, Urteil vom Ca 908/11
14 Fall 6: Die abgelehnte Bewerbung mit Schriftvermerk Reaktion: Rücksendung der Bewerbungsunterlagen mit dem handschriftlichen Vermerk (-) Ossi und DDR Forderung: die in der damaligen DDR geborene Klägerin fordert Schadensersatz wegen Benachteiligung ethnischer Herkunft Zu Recht?
15 Fall 6: Die abgelehnte Bewerbung mit Schriftvermerk Klage abgewiesen Ossi tendenziell Bezeichnung mit diskriminierendem Charakter Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft sieht ArbG hier nicht: Bürger aus der ehemaligen DDR seien keine eigene ethnische Volksgruppe ArbG Stuttgart, Urteil vom Ca 8907/09 Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Vergleich außerhalb einer mündlichen Verhandlung
16 Fall 7: Die Cockpit-Mütze für männliche Piloten Betriebsvereinbarung sieht für männliche Piloten das Tragen einer Pilotenmütze im Cockpit vor. Pilotinnen müssen keine tragen. Hiergegen wendet sich der Pilot, der sich benachteiligt fühlt. Zu Recht?
17 Fall 7: Die Cockpit-Mütze für männliche Piloten Klage abgewiesen Eine lediglich andere Behandlung, die nicht mit einer Herabsetzung gegenüber dem anderen Geschlecht verbunden ist, stellt keine vom AGG erfasste Benachteiligung dar. LAG Köln, Urteil vom Sa 549/11
18 Fall 8: Junior Personalreferent/in Die Ausschreibung einer Stelle mit Junior Personalreferent/in beinhaltet keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung älterer Bewerber wegen des Alters. LAG Brandenburg, Urteil vom Sa 847/11 BAG, Beschluss vom AZN 1398/11, Verwerfung der Revision Fall 9: Junge/r Bewerber/in gesucht Die Ausschreibung einer Stelle Junge/r Bewerber/in gesucht verstößt grundsätzlich gegen das Altersdiskriminierungsverbot. BAG, Urteil vom AZR 530/09
19 Quintessenz so viel wie nötig, so wenig wie möglich Kein Auskunftsanspruch eines abgelehnten Bewerbers, ob Arbeitgeber am Ende des Einstellungsverfahrens einen anderen Bewerber eingestellt hat EuGH, Urteil vom BAG, Urteil vom AZR 287/08
20 Zeugnis Arbeitnehmer hat Wahlrecht Einfaches Zeugnis Qualifiziertes Zeugnis qualifiziertes Zeugnis muss wohlwollend sein
21 Zeugnis Inhalt eines ordnungsgemäßen qualifizierten Zeugnisses 1) die Dauer des Arbeitsverhältnisses 2) die Art des Arbeitsverhältnisses 3) die Leistungen des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin 4) die Führung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin vgl. LAG Hamm, Urteil vom Sa 391/97 Schlussformel z.b. Dank für die Zusammenarbeit, kein erforderlicher Inhalt eines Arbeitszeugnisses vgl. BAG 9. Senat, Urteil vom AZR 227/11
22 Zeugnis Leistungen des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin Er hat die ihm übertragenen Arbeiten stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt. Er hat die ihm übertragenen Arbeiten stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt. Er hat die ihm übertragenen Arbeiten zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt. Er hat die ihm übertragenen Arbeiten zu unserer Zufriedenheit erledigt. Er hat die ihm übertragenen Arbeiten im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit erledigt
23 Zeugnis Klauseln eines wohlwollenden qualifizierten Zeugnisses Der Arbeitgeber hat die gebräuchliche Gliederung eines qualifizierten Zeugnisses zu beachten, denn diese ist inzwischen weitgehend standardisiert Ein Zeugnis darf nicht in sich widersprüchlich sein und mit Hilfe von Widersprüchen keine Herabsetzung der Verhaltensbeurteilung erfolgen Doppelbödige Formulierungen sind ersatzlos zu streichen LAG Hamm, Urteil vom Sa 630/98
24 Zeugnis Klauseln eines wohlwollenden qualifizierten Zeugnisses & deren Bedeutung ihr/sein Verhalten war im Wesentlichen einwandfrei Sozialverhalten: mangelhaft ihr/sein Verhalten gab zu Beanstandungen keinen Anlass Sozialverhalten: ausreichend alle Arbeiten erledigte er/sie mit großem Fleiß Leistung: mangelhaft er/sie wusste sein/ihr solides Fachwissen einzusetzen Allenfalls ausreichende Leistung
25 Zeugnis Klauseln eines wohlwollenden qualifizierten Zeugnisses er/sie verfügt über Fachwissen und hat ein gesundes Selbstvertrauen & deren Bedeutung Er/Sie klopft große Sprüche, um mangelndes Fachwissen zu überspielen wir lernten sie/ihn als umgänglichen Kollegen/Kollegin kennen Viele Mitarbeiter sahen ihn/sie lieber von hinten als von vorn er/sie ist ein/e anspruchsvolle und kritische Mitarbeiter/in Er/Sie war eigensüchtig, pocht anderen gegenüber auf seine/ ihre Rechte und nörgelt gerne LAG Hamm, Urteil vom Sa 630/98
26 Zeugnis Klauseln eines wohlwollenden qualifizierten Zeugnisses & deren Bedeutung er/sie war sehr tüchtig und in der Lage seine/ihre Meinung zu vertreten Er/Sie hat eine hohe Meinung von sich und vermag hiervon ausgehend sachliche Kritik nicht zu akzeptieren Im Kollegenkreis galt er/sie als toleranter Mitarbeiter. Für Vorgesetzte war er/sie ein schwerer Brocken LAG Hamm, Urteil vom Sa 630/98
27 Vollstreckung eines wohlwollenden Zeugnisses Auch bei Prozessvergleich über Erteilung eines "wohlwollenden Zeugnisses" keine über das Gesetz hinaus gehende Pflicht des Arbeitgebers Arbeitgeber genügt Zeugniserteilungspflicht, wenn er die 4 Punkte beachtet Arbeitgeber ist nicht verpflichtet einen bestimmten -vom Arbeitnehmer vorformulierten- Wortlaut zu verwenden. Ausnahme: Vereinbarung konkreter Wortlaut per Vergleich Landesarbeitsgericht Sachsen, Beschluss vom 6. August Ta 170/12
28 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Bis gleich
29 Kontakt PASCHEN Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft Salierring Köln Ihr Ansprechpartner: Jürgen Baumeister Fachanwalt für Arbeitsrecht Partner Telefon: 0221 / Telefax: 0221 / j.baumeister@paschen.cc Berlin Frankfurt Köln Leipzig München
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