Das neue Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
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- Anna Elvira Hase
- vor 8 Jahren
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1 Das neue Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Selten ist ein Gesetz derart politisch umstritten gewesen wie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Es ist am in Kraft getreten und bereits am erstmals in einigen Nebenpunkten geändert worden. Das AGG soll Benachteiligungen im Beruf vermeiden. Auf die Arbeitgeber kommen erhebliche Verpflichtungen zu. Sie müssen dafür sorgen, dass ihre betrieblichen Abläufe und Strukturen sowie alle arbeitsrechtlichen Verträge und Maßnahmen mit dem AGG vereinbar sind. Sonst kann der Betroffene Unterlassung, Schadensersatz und sogar Schmerzensgeld fordern. Ergreift der Arbeitgeber keine Gegenmaßnahmen, kann der Mitarbeiter sogar seine Arbeitsleistung verweigern. Jeder Arbeitgeber sollte sich daher möglichst schnell mit den Inhalten des Gesetzes vertraut machen, um die erforderlichen Maßnahmen im Betrieb einleiten zu können. Auf folgendes ist hierbei zu achten: 1. Benachteiligungsverbot Beschäftigte dürfen gemäß 7 AGG wegen des Geschlechts, der Rasse oder ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Alter, Behinderung und sexueller Identität nicht benachteiligt werden. Hierbei sind nicht nur die Arbeitnehmer und Bewerber geschützt, sondern auch Auszubildende, Leiharbeitnehmer, arbeitnehmerähnliche behinderte Menschen, Heimarbeiter, ehemalige Beschäftigte und in eingeschränktem Ausmaß auch Selbständige und Organmitglieder (Geschäftsführer und Vorstände). Die Regelungen des Gesetzes richten sich an den Arbeitgeber als natürliche und juristische Person sowie auch an rechtsfähige Personengesellschaften, Entleiher und Auftraggeber. Unzulässig sind unter anderem Benachteiligungen hinsichtlich Bedingungen für den Zugang zu unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit, Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen, individual- und kollektivrechtliche Vereinbarungen und Maßnahmen bei der Durchführung und Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses und auch beim beruflichen Aufstieg. Diskriminierungen im Zusammenhang mit Kündigungen sind allerdings vom Anwendungsbereich des AGG ausgeschlossen. Rechtsstreitigkeiten richten sich hier nur nach dem Kündigungsschutzgesetz. Nach dem AGG werden unmittelbare und mittelbare Benachteiligungen unterschieden. Eine unmittelbare Benachteiligung ist dann gegeben, wenn eine Person wegen der genannten Gründe eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Von einer mittelbaren Benachteiligung spricht man, wenn dem Anschein nach
2 neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen einer der genannten Diskriminierungsgründe gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können. Voraussetzung ist jedoch, dass die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren nicht durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt sind. Auch Belästigungen, sexuelle Belästigungen sowie Anweisungen hierzu sind Benachteiligungen im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Belästigungen sind Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen und Beleidigungen. Sexuelle Belästigungen sind unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, Bemerkungen sexuellen Inhaltes etc. Nach dem AGG ist jedoch nicht jede unterschiedliche Behandlung eine verbotene Benachteiligung. Das AGG sieht vielmehr in den 8 10 Erlaubnistatbestände vor, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. So ist beispielsweise eine unterschiedliche Behandlung wegen verschiedener beruflicher Anforderungen zulässig. Auch beim Alter sind Ausnahmen vorgesehen. Zulässig ist beispielsweise die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung aufgrund der spezifischen Ausbildungsanforderungen bei einem bestimmten Arbeitsplatz. Auch spezielle Fördermaßnahmen zum Ausgleich bestehender Nachteile sind nach wie vor zulässig (zum Beispiel Maßnahmen für Behinderte oder Frauenförderung). 2. Pflichten des Arbeitgebers Nach den 11 und 12 des AGG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen zu treffen. Dieser Schutz umfasst auch vorbeugende Maßnahmen. Was dabei erforderlich ist, richtet sich nach Art und nach Größe des Betriebes. Der Arbeitgeber hat zunächst seine Arbeitnehmer für dieses Thema sensibilisieren. Er muss vor allem deutlich machen, dass er keinerlei Benachteiligung duldet und jegliche Benachteiligung von Kollegen oder Dritten Konsequenzen und arbeitsrechtliche Sanktionen zur Folge hat. Sämtliche Mitarbeiter, vor allem der Betriebsrat und die Führungs- und Personalverantwortlichen sind zu informieren und mit Nachweis zu schulen. Die Art und der Umfang der Schulung hängt maßgeblich von der Größe des Betriebes ab. Bei kleineren Unternehmen kann sie im Rahmen der Betriebsversammlung durchgeführt werden, bei größeren Firmen sollten vor allem die Führungskräfte, Personalverantwortlichen und Betriebsräte halbtags, wenn nicht sogar ganztags geschult werden. Verstoßen nun Beschäftigte gegen das Benachteiligungsverbot, muss der Arbeitgeber die Benachteiligung unterbinden. Die Gegenmaßnahmen reichen von der Abmahnung über Umsetzung und die Versetzung bis hin sogar zur Kündigung. Der Arbeitgeber ist zudem verpflichtet, eine Beschwerdestelle zu benennen, an die sich die Arbeitnehmer wenden können, wenn sie sich diskriminiert fühlen. Diese Beschwerdestelle muss allerdings kein besonders Beauftragter sein. Vielmehr kann die Beschwerdestelle auch der Personalchef oder der Betriebsratsvorsitzende bilden. Zudem ist der Gesetzestext des AGG und 61 b des Arbeitsgerichtsgesetzes im Betrieb aus-
3 zuhängen. Diese Bekanntmachung kann beispielsweise am schwarzen Brett erfolgen oder auch im Intranet. Wichtig ist nur, dass diese Unterlagen für alle Mitarbeiter zugänglich sind. 3. Rechte der Mitarbeiter Jeder Mitarbeiter, der von einer Diskriminierung betroffen ist, hat zunächst ein Beschwerderecht beim Vorgesetzten oder bei der betrieblichen Beschwerdestelle. Die Beschwerde muss inhaltlich geprüft und das Ergebnis dem Beschwerdeführer mitgeteilt werden. Nach 14 AGG ist ein Leistungsverweigerungsrecht für den Beschäftigten vorgesehen. Es beschränkt sich jedoch auf Fälle von Belästigungen und sexueller Belästigung, wenn der Arbeitgeber keine oder keine geeigneten Gegenmaßnahmen ergreift. In 15 AGG ist eine zentrale Rechtsfolge für eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes vorgesehen. Danach besteht ein Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld für immaterielle Schäden (Schmerzensgeld) sowie Schadensersatz für materielle Schäden. Der materielle Schadensersatzanspruch ist verschuldensabhängig, der Schmerzensgeldanspruch nicht. Die Höhe der Entschädigung muss angemessen sein. Bei einer Nichteinstellung darf sie 3 Monatsgehälter nicht übersteigen. Entschädigung und Schadensersatz müssen nach 15 Abs. 4 AGG innerhalb von 2 Monaten ab Kenntniserlangung schriftlich geltend gemacht werden. Hält der Betroffene diese Frist nicht ein, so ist er mit seinen Ansprüchen ausgeschlossen. Einen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder auf einen beruflichen Aufstieg gewährt diese Vorschrift jedoch nicht. 4. Beweislast Betroffene, die sich auf eine Diskriminierung berufen, müssen zunächst den Beweis führen, dass sie gegenüber einer anderen Person ungünstiger behandelt worden sind. Zudem müssen Sie Indizien vortragen, aus denen sich schließen lässt, dass diese unterschiedliche Behandlung auf einem unzulässigen Grund nach AGG beruht. Ein solcher Anhaltspunkt kann sich zum Beispiel aus einer nicht geschlechtsneutralen Stellenausschreibung ergeben. Sind nun Indizien bewiesen, die eine Benachteiligung wegen eines im Gesetz genannten Merkmals vermuten lassen, kehrt sich die Beweislast um. Dies ist für den Arbeitgeber sehr nachteilig, denn er hat nun die volle Beweislast dafür zu tragen, dass doch kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorliegt. Dies betrifft vor allem das Vorliegen rechtfertigender Gründe. 5. Was müssen Arbeitgeber nun tun? Sie müssen als Arbeitgeber ab sofort für einen diskriminierungsfreien Betrieb sorgen. Jede Einstellung, jede Beförderung, jede Maßnahme, die einen Arbeitnehmer besser oder schlechter stellt, kann nun angegriffen werden. Durch entsprechende Vorkehrungen und Anpassungen kann man jedoch die Risiken für die Zukunft minimieren. Am besten machen Sie eine umfassende Bestandsaufnahme der betrieblichen Abläufe, insbesondere der gesamten
4 Personalarbeit. Unerlässlich für eine Risikovorsorge sind vor allem Dokumentationen sowie geeignete Schulungen für Führungskräfte und Mitarbeiter. Von unzulässigen Ungleichbehandlungen sind insbesondere folgende Bereiche bzw. Abläufe betroffen: - Stellenausschreibungen - Einstellungs- und Auswahlverfahren - Antwortschreiben - Beförderungen und Versetzungen - Leistungsbewertungen und Beurteilungen - Lohn und Gehalt - Bonuszahlungen - Aus- und Weiterbildung - Arbeitsverträge - Betriebsvereinbarungen Am besten machen Sie in Ihrem Betrieb eine umfassende Überprüfung und analysieren Sie die Personalmaßnahmen auf die Gesetzeskonformität. Hierzu gehört vor allem: - Geht es um eine Stellenausschreibung, sollte diese geschlechtsneutral formuliert sein. Sie sollte keine konkreten Altersangaben oder sonstige Formulierungen enthalten, die nach Rasse, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung oder sexueller Veranlagung ausgrenzen. - Das Gleiche gilt für Einstellungsgespräche. Am besten erarbeiten Sie einen diskriminierungsfreien Bewerberfragebogen. - Absageschreiben gegenüber Bewerbern sollten neutral und inhaltsleer abgefasst werden. Stützen sie auf subjektiven Gründen beruhende Einstellungsentscheidungen immer auch auf rein objektive Kriterien. Sollte ein Bewerber nach erfolgter Absage noch anrufen und sich nach den Gründen erkundigen, sollten Sie diese Gründe am besten nicht mitteilen. - Personalentscheidungen sollten durch Konzepte für Beurteilungssysteme, Bonuszahlungen Beförderungen, Gesprächsführung bei Einstellungen erleichtert werden. - Die einer Personalentscheidung zugrunde liegenden Fakten sollten zu Beweissicherungszwecken dokumentiert werden. Die relevanten Informationen sollten Sie wenigstens für 2 Monate aufbewahren. Hierzu zählen vor allem Stellenausschreibungen, Bewerberunterlagen, Einstellungsentscheidungen, Beförderungen, Prämien und Kündigungen, Telefonnotizen und Gesprächsprotokolle. - Prüfen Sie alle Abteilungen und Positionen in Ihrem Unternehmen, bei denen die beruflichen Anforderungen eine Ungleichbehandlung rechtfertigen.
5 - Sorgen Sie dafür, dass Ihren Mitarbeitern das neue AGG mit weiteren Informationen zur Beschwerdestelle bekannt gemacht werden. - Führen Sie Schulungen für Führungskräfte und Mitarbeiter durch. - Verpflichten Sie vor allem auch Ihre Lieferanten und Kunden zu einer diskriminierungsfreien Vertragsdurchführung und nehmen Sie entsprechende Regelungen in Ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf. - Unterbinden Sie Benachteiligungen durch konkrete personelle Maßnahmen, wie beispielsweise Abmahnung, Umsetzung oder Kündigung. - Schaffen Sie eine Anlaufstelle, bei der man sich beschweren kann. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz wird in Zukunft für die Betriebsparteien viel Arbeit nach sich ziehen. Es entsteht Mehrbelastung durch Dokumentationen und Fortbildungen. Doch lohnen diese sich allemal, will man zukünftig Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche vermeiden.
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