2.2 Qualifikation. Definition: Qualifikation = Subsumtion des Rechtsverhältnisses unter den Anknüpfungsgegenstand. Statut.
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1 2.2 Qualifikation Definition: Qualifikation = Subsumtion des Rechtsverhältnisses unter den Anknüpfungsgegenstand Qualifikation = konkrete Rechtsfrage = Systembegriff des Rechts, zb Rechts- bzw. Geschäftfähigkeit Vertrags-SV außervertragl SV allg Ehewirkung Erbfolge Rechtsverhältnis Anknüpfungsgegenstand Anknüpfungskriterium, zb Staatsangehörigkeit g. Aufenthalt Rechtswahl Belegenheitsort etc. Statut = in- oder ausländische Rechtsordnung PD Dr. Oliver Mörsdorf 1
2 Probleme unklare Zuordnung im Sachrecht des Gerichtsstaates (lex fori); zb 1371 BGB dem Sachrecht des Gerichtsstaats (lex fori) unbekanntes Rechtsinstitut, zb Handschuhehe, Morgengabe abweichende Zuordnung in (potentiell) zur Anwendung kommendem ausländischem Recht (lex causae), zb Verjährung (vgl. RGZ 7, 21) Erbrecht des Staates an herrenlosem Nachlass (vgl. Re Maldonado [deceased], State of Spain v. Treasury Solicitor [1954] 2 W.L.R. 64) PD Dr. Oliver Mörsdorf 2
3 Methode der Qualifikation Alternativen Lex fori Sachnormen der lex causae rechtsvergleichende Qualifikation funktional-teleologische Qualifikation PD Dr. Oliver Mörsdorf 3
4 Unterscheidung nach Rechtsquellen autonom-deutsches IPR (EGBGB) Qualifikation nach der lex fori Ausgangspunkt: Sachrecht, aber funktional-teleologische Korrektur möglich ggf lex causae als Folge einer Gesamtverweisung (Qualifikation 2. Grades) renvoi kraft abweichender Qualifikation völkerrechtliche Verträge/Unionsrecht Beachte: Qualifikationsnormen (zb Art. 12 Rom I-VO) iü vertrags-/unionsautonome Qualifikation auf funktionalrechtsvergleichender Grundlage PD Dr. Oliver Mörsdorf 4
5 Qualifikation Fälle Fall 3: der deutsche Staatsbürger Dieter (D) und die französische Staatsbürgerin Francine (F) lebten die ersten Jahre nach ihrer Eheschließung zunächst in Frankreich und zogen später gemeinsam nach Deutschland um. Nach dem Tod des D fragt F ihren Anwalt, ob ihr gemäß 1371 I BGB ein Erbanteil von 1/2 neben den beiden Kindern des D aus erster Ehe zusteht. Fall 4: Der deutsche Staatsbürger Dieter (D) und die ägyptische Staatsbürgerin Aischa (A) beschließen zu heiraten. Auf Wunsch der Familie der A soll die Eheschließung in Ägypten stattfinden. Da D am Tag der geplanten Eheschließung verhindert ist, lässt er sich hierbei durch den Bruder der A (B) vertreten. Diese Vorgehensweise entspricht den Voraussetzungen des ägyptischen Rechts. Nach der Eheschließung lebt das kinderlose Paar in Deutschland, wo D nach einigen Jahren verstirbt. A fragt, ob sie den D zu ½ beerbt. PD Dr. Oliver Mörsdorf 5
6 Fälle (Fortsetzung) Fall 5: Der französische Student Francois (F) hält sich für ein Auslandssemester im US-Bundesstaat New York auf. Beim American Football wird er von dem deutschen Austauschstudenten Dieter (D) so schwer gefoult, dass er sich das Nasenbein bricht. Nach einem längeren, von Komplikationen begleiteten Krankenhausaufenthalt, dessen Kosten die Krankenversicherung des K übernommen hat, lässt F die Sache zunächst auf sich beruhen. Erst 3 Jahre nach dem Unfall beschließt F aus Geldnot, D vor dem sachlich und örtlich zuständigen deutschen Gericht auf Schmerzensgeld zu verklagen. D stellt sich auf den Standpunkt, die Sache sei verjährt. Zu Recht? Hinweis: Gehen Sie davon aus, dass Forderungen wegen Körperverletzung nach dem Recht von New York verjährt ist PD Dr. Oliver Mörsdorf 6
7 2.3 Anknüpfungskriterien objektive Anknüpfungskriterien Staatsangehörigkeit (zb Art. 7, 10 I, 13 I, 14 I 1 EGBGB) gewöhnlicher Aufenthalt (zb Art. 14 I 2 EGBGB, Art. 21 I EuErbVO, Art. 4 I, II Rom I-VO) Ort Vornahme eines Rechtsgeschäfts (Art. 11 I Alt. 2 EGBGB/Rom I-VO) Schadenseintritt (Art. 4 I Rom II-VO) Belegenheitsort (lex rei sitae), zb Art. 43 I EGBGB) Rechtswahl (Parteiautonomie) Privatautonomie Parteiautonomie im Vordringen, aber Beschränkungen (international zwingende Sachvorschriften) zb Art. 10 II, III EGBGB; Art. 3 I Rom I-VO Engste Verbindung Auffangklausel, zb Art. 14 I Nr. 3 EGBGB Ausweichklausel, zb Art. 4 III Rom I-VO PD Dr. Oliver Mörsdorf 7
8 2. 4 Teil- und Vorfragen Terminologie Teilfrage = tatbestandliche Voraussetzung eines komplexen Rechtsverhältnisses, für die das IPR der lex fori eine eigene Kollisionsnorm bereithält; kann nicht Gegenstand einer Hauptfrage sein! Vorfrage iws = präjudizielles Rechtsverhältnis, das Gegenstand einer Hauptfrage sein kann; Es ist zu unterscheiden Erstfrage = Rechtsverhältnis ist Voraussetzung einer Kollisionsnorm Vorfrage ies = Rechtsverhältnis ist Voraussetzung einer Sachnorm der lex causae PD Dr. Oliver Mörsdorf 8
9 Anknüpfung - Alternativen Alternativen selbständige Anknüpfung = IPR der lex fori unselbständige Anknüpfung = IPR der lex causae Unterscheidung nach der Art der Fragestellung Teilfragen: selbständig Vorfragen iws Deutsches IPR: hm idr selbständig (für Vorfragen ies str); Ausnahmen: Vorfragen der Staatsangehörigkeit und des Namensrechts Staatsverträge/Unions-IPR: Keine Regelung (vgl. aber Erwägungsgrund 10 3 Rom III-VO); keine Rspr.; Literatur (str.) PD Dr. Oliver Mörsdorf 9
10 Fälle Fall 6: Der französische Staatsbürger Francois (F) verspricht seinem Schweizer Freund Severin (S) in einer Zürcher Beize (Kneipe) vor Zeugen eine Kiste französischen Weins aus seinem heimischen Keller. Zur Bekräftigung schreibt F dieses Versprechen auf die Rückseite einer Speisekarte, unterzeichnet diese und händigt sie S aus. Als sich F in der Folgezeit nicht rührt, fragt S seinen Anwalt, ob er den F,,der mittlerweile in Deutschland wohnt, vor einem deutschen Gericht auf Einlösung seines Versprechens verklagen könne. Nach französischem Recht (Art. 931 CC) bedarf eine Schenkung der notariellen Beurkundung. Nach schweizerischem Recht (Art. 243 I, 13 I, II OR) kann ein Schenkungsversprechen privatschriftlich abgegeben werden. Fall 7: Der griechische Staatsbürger Georgios (G) und die deutsche Staatsbürgerin Dörte (D) heiraten in Bonn vor einem nicht autorisierten griechischen Geistlichen (Popen) und ziehen sodann nach Griechenland, wo sie mehrere Jahre leben. Als es zwischen den beiden zu Unstimmigkeiten kommt, zieht D nach Deutschland und beantragt nach drei Monaten dort die Scheidung. Wie wird das Gericht entscheiden? PD Dr. Oliver Mörsdorf 10
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