Neues Rechnungslegungsrecht für Nonprofit-Organisationen
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- Lars Krüger
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1 Neues Rechnungslegungsrecht für Nonprofit-Organisationen Roman Baumann Lorant Dr. iur., Rechtsanwalt DUFOUR Advokatur Notariat, Basel Inhaltsübersicht Besonderheiten der Nonprofit-Organisationen (NPO) Grosse Stiftungen und Vereine Eingeschränkte Buchführung Bilanz und Erfolgsrechnung Offenlegung im Anhang Berichterstattung (Lage-, Leistungs- und Tätigkeitsbericht) Anerkannter Standard (Swiss GAAP FER 21) Konzernrechnung Geschäftsbericht (Form, Genehmigung, Offenlegung) Minderheitenschutz im Vereinsrecht 2
2 Ziele Sie kennen die Besonderheiten im neuen Rechnungslegungs-recht für NPO; können eine NPO-spezifische Bilanz und Erfolgsrechnung sowie einen Anhang erstellen; können einen (kombinierten) Lage-, Leistungsund Tätigkeitsbericht erstellen; kombinieren einen OR-Abschluss mit einem Swiss GAAP FER 21-Abschluss (Dual Standard- Abschluss); sind sich der Minderheitenrechte im Vereinsrecht bewusst. 3 Nonprofit-Organisationen (NPO) Im Vordergrund Stiftung und Verein Nicht gewinnorientiert und Verbot der Gewinnausschüttung Besonderheiten bei der Mittelbeschaffung Stiftung ist ein personifiziertes Zweckvermögen (ohne Eigentümer, Gesellschafter, Mitglieder etc.) Häufig Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit Tätigkeitsformen: operative NPO und Förderorganisationen Finanzierungsformen: selbstfinanzierte und drittfinanzierte NPO (Spenden, Subventionen und dergl.); Mischformen Staatliche Aufsicht bei Stiftungen Ehrenamtlichkeit weit verbreitet Verein: eigenes Regime für die Revision (Art. 69b ZGB) Ca gemeinnützige Stiftungen; ca Vereine (davon rund 10% im Handelsregister eingetragen) 4
3 Grössenkriterien Grosse Stiftungen Grössenkriterien 20 / 40 / 250; in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren zwei der drei Kriterien überschritten Statuten schreiben eine ordentliche Revision vor Grosse Vereine Grössenkriterien 10 / 20 / 50; in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren zwei der drei Kriterien überschritten Statuten oder Generalversammlung schreiben eine ordentliche Revision vor 20% der Vereinsmitglieder können zusätzlich Rechnungslegung für grosse Vereine verlangen 5 Grosse NPO Zusätzliche Angaben im Anhang Angaben zu langfristigen verzinslichen Verbindlichkeiten Honorar der Revisionsstelle Geldflussrechnung Lagebericht (siehe hinten Folie 12) Darstellung des Geschäftsverlaufs, der aktuellen Lage sowie der Zukunftsaussichten im Gesamtzusammenhang (im alten Recht Jahresbericht ) Durchführung einer Risikobeurteilung Kein Bestandteil der Jahresrechnung; unterliegt daher nicht der Revision 6
4 Eingeschränkte Buchführung Nicht im Handelsregister eintragungspflichtige Vereine und Stiftungen (rund 90% aller Vereine) Von der Revisionspflicht befreite Stiftungen (Bilanzsumme weniger als CHF in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren und kein öffentlicher Spendenaufruf) Freiwilligkeit, d.h. ordentliche Buchführung und Rechnungslegung möglich Aufbewahrung der Geschäftsbücher während 10 Jahren Geltung der ordnungsgemässen Buchführungsgrundsätze Reine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung mit Nachweis der Vermögenslage (Erstellung einer Jahresrechnung?) 7 Bilanz - Aktiven Mindestgliederung gemäss Art. 959a OR (d.h. zusätzliche Positionen möglich) Unveräusserbare Vermögensgegenstände im Anlagevermögen separat ausweisen, falls damit ein wirtschaftlicher Nutzen verbunden ist (z. B. vom Stifter gewidmete Betriebsliegenschaft) Nicht einbezahltes Stiftungskapital im Anlagevermögen (in der Praxis äusserst selten) Bewertung von Schenkungen und Legaten zu vorsichtig ermittelten Verkehrswerten (vgl. HWP 2014, S. 59) Nicht bilanzierungsfähige Aktiven, da nicht verlässlich schätzbar (Vermerk im Anhang) seltene Sammlungen, Einzelstücke etc. 8
5 Bilanz - Passiven Betreffend kurz- und langfristiges Fremdkapital kaum NPOspezifische Eigenheiten Fondskapital mit Zweckbindung vom Schenker/Spender oder aufgrund einer Sammelaktion? im Fremdkapital (Kompatibilität mit Swiss GAAP FER 21) im EK oder als eigene Position zwischen FK und EK (?) Das Eigenkapital (Organisationskapital) ist der Rechtsform entsprechend auszuweisen und zu gliedern Vereins- oder Stiftungskapital Freies Fondskapital oder Fondskapital mit änderbarer Zweckbindung Gebundenes Kapital (Zweckbindung durch Organisation selbst) Jahresergebnis 9 Erfolgsrechnung Zahlreiche NPO-spezifische Eigenheiten; gesetzliche Gliederungsvorschriften unpassend Begrifflichkeiten können angepasst werden Umsatz- als auch Gesamtkostenverfahren möglich Beispiel: Erhaltene Zuwendungen (Spenden, Legate etc.) Projektaufwand (operative NPO) oder Vergabungen (Förderstiftung) Personalaufwand Übriger betrieblicher Aufwand Fundraisingaufwand Abschreibungen Finanzaufwand und ertrag Betriebsfremder Aufwand und Ertrag Ausserordentlicher Aufwand und Ertrag Jahresergebnis 10
6 Anhang (Art. 959c OR) Viele Positionen des gesetzlichen Katalogs sind nicht von Bedeutung; daher weglassen (keine Negativaussagen) Angaben über Positionen in der Bilanz und ER (Fonds) Zusätzliche (freiwillige) Angaben möglich Angaben zur Organisation (Stiftungsrat, Vorstand, Geschäftsstelle, Beistände, Amtszeiten etc.) Vergabungen / Förderleistungen Vermögensanlagen / Anlagenspiegel Entschädigung Stiftungsrats-/Vorstandsmitglieder Stiftungsaufsicht Hinweis auf Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Beteiligten und Organen (z.b. Darlehen an das Stifterunternehmen) 11 Lagebericht (Art. 961c OR) Nur grosse Stiftungen und Vereine Nicht Zahlen sondern beschreibend Inhalt (nicht abschliessend): Stellenzahl (+) Durchführung einer Risikobeurteilung (+) Bestellungs- und Auftragslage (-) Forschung und Entwicklung (-) Aussergewöhnliche Ereignisse (+) Zukunftsaussichten (Zukunftsbezug) (+) Aussergewöhnliche Ereignisse? Unerwartete Wechsel im Stiftungsrat/Vorstand oder Geschäftsleitung Tiefgreifende Strukturwandel Signifikante Einbrüche im Spendenaufkommen Abrupte Beendigung eines wichtigen Projekts 12
7 Leistungsbericht (FER 21) Nur grosse Stiftungen und sonstige FER-Anwender Auskunft über Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit Inhalt: Zweck Leitende Organe und Amtszeit Geschäftsführung Verbindungen zu nahestehenden Personen Ziele und Leistungen in Bezug auf die Ziele sowie Verwendung der zur Verfügung stehenden Mittel (Vergangenheitsbezug) Kombination Lage- und Leistungsbericht möglich, sofern alle Vorgaben enthalten! 13 Rechenschaftsbericht für Stiftungsaufsicht Inhalt (vgl. Merkblatt der BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons Zürich): Allgemeine Angaben und Erläuterungen zur Stiftung (Zweck und Organisation) Tätigkeiten der Stiftung im Geschäftsjahr Vermögensanlage (Bestand und Bewertung) Erläuterungen zu einzelnen Aktiven und Passiven Erläuterungen zur Betriebsrechnung Ereignisse nach Bilanzstichtag Übrige Angaben Kombinierter Lage- und Leistungsbericht sollten Stiftungsaufsichten als Rechenschaftsablage akzeptieren 14
8 Anerkannter Standard 1 3 Swiss GAAP FER 21 für gemeinnützige, soziale NPO Grosse Stiftungen (Art. 962 Abs. 1 Ziff. 3 OR) Grosse Vereine nur, wenn 20% der Vereinsmitglieder dies verlangen (Art. 962 Abs. 2 Ziff. 2 OR) Swiss GAAP FER 21 findet häufig aus anderen Gründen, d. h. nicht von Gesetzes wegen Anwendung (ZEWO, Subventionsgeber etc.) Zur Zeit in Revision (vgl. ST 8/2014 S. 630 ff.); Vernehmlassung bis 30. September 2014; Inkrafttreten voraussichtlich am 1. Januar Anerkannter Standard 2 3 Müssen NPO sowohl einen Abschluss nach Handelsrecht als auch nach Swiss GAAP FER 21 machen? Wortlaut von Art. 962 OR verlangt FER-Abschluss zusätzlich zum handelsrechtlichen Abschluss Unnötige Bürokratie und Administrativbelastung Steuerliches Argument entfällt wegen Steuerbefreiung HWP-Band Buchführung und Rechnungslegung: Ein dualer Abschluss ist nicht vorgesehen, in Einzelfällen aber denkbar (HWP 2014, S. 81 f.) Bei NPO wohl nicht so streng: Dualer Abschluss in der Regel möglich, ausser im Falle eines Restatements (vgl. ST 4/2014, S.309) 16
9 Anerkannter Standard 3 3 Bewertung von Renditeliegenschaften: FER ermöglicht Wahlrecht (FER 2, Ziff. 11) und damit Kompatibilität mit OR-Abschluss Grösste Differenz betreffend die Einordnung zweckgebundener Fonds: Fremd- oder Eigenkapital? Eigene Position zwischen Fremd- und Eigenkapital? Revision FER 21 ermöglicht Kompatibilität: Ziff. 34: Besteht die Passivseite einer Bilanz beispielsweise aufgrund von gesetzlichen Vorschriften nur aus Fremdkapital und Eigenkapital (Organisationskapital), sind zweckgebundene Fonds als Fremdkapital auszuweisen (vgl. ST 8/2014, S.633) Fazit: Dualer Abschluss in den allermeisten Fällen möglich. 17 Konzernrechnung 1 2 Erstellung einer Konzernrechnung, falls ein Verein oder eine Stiftung ein oder mehrere rechnungslegungspflichtige Unternehmen kontrolliert (vgl. Art. 963 Abs. 1 OR) Kontrolle durch Stimmenmehrheit im obersten Organ, durch Bestellungsrechte von Organmitgliedern oder durch Möglichkeit, aufgrund der Statuten oder eines Vertrags einen beherrschenden Einfluss auszuüben (vgl. Art. 963 Abs. 2 OR); blosse Möglichkeit der Kontrollausübung genügt (sog. Kontrollprinzip) Beispiel: Spitalstiftung und Förderverein (falls Stiftung Vorstandsmitglieder ernennen kann) Befreiung von der Konsolidierungspflicht, wenn Stiftung oder Verein zusammen mit dem kontrollierten Unternehmen die erwähnten Schwellenwerte nicht überschreitet (vgl. Art. 963 Abs. 1 OR) 18
10 Konzernrechnung 2 2 Aber keine Befreiung, wenn 10% (!) der Vereinsmitglieder, ein nachschusspflichtiges Vereinsmitglied oder die Stiftungsaufsicht eine Konzernrechnung verlangen (vgl. Art. 963a Abs. 2 OR). Bei grossen Stiftungen muss Konzernrechnung anhand eines anerkannten Standards zur Rechnungslegung erstellt werden (vgl. Art. 963b Abs. 1 OR; z. B. Swiss GAAP FER 30) Möglichkeit, Konsolidierungspflicht an Tochtergesellschaft zu delegieren, welche die übrigen Konzerngesellschaften unter einheitlicher Leitung zusammenfasst oder nachweist, dass sie die Beherrschung tatsächlich ausübt (vgl. Art. 963 Abs. 4 OR) Beispiel: Holdingstiftungen 19 Geschäftsbericht 1 2 Erstellung innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahrs und Vorlage bei zuständigem Organ zur Genehmigung (vgl. Art. 958 Abs. 3 OR) Bei Stiftungen gibt es ebenfalls sechsmonatige Frist für Einreichung der Rechenschaftsablage bei der Stiftungsaufsicht (diese Frist ist erstreckbar) Art. 958 Abs. 3 OR ist eine Ordnungsvorschrift (d. h. eine verspätete Genehmigung ist nicht ungültig) 20
11 Geschäftsbericht 2 2 Zuständig für die Genehmigung ist der Stiftungsrat und beim Verein in der Regel die Vereinsversammlung (entscheidend sind die Vorschriften in den Statuten) Unterzeichnung durch Vorsitzenden des obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans und durch zuständige Person für die Rechnungslegung in der Stiftung bzw. im Verein Bei Stiftungen: Stiftungsratspräsident und zuständige Person der Geschäftsstelle (z. B. Leiter Finanzen) Bei Vereinen: Präsident und zuständige Person des Vorstands bzw. der Geschäftsstelle Die Stiftungsaufsicht wird falsch unterzeichnete Jahresrechnungen zur Verbesserung zurückweisen 21 Minderheitenrechte im Vereinsrecht 1. 20% der Vereinsmitglieder können zusätzliche Rechnungslegung für grosse Unternehmen verlangen % der Vereinsmitglieder können einen Abschluss nach anerkanntem Standard verlangen % der Vereinsmitglieder können eine Konzernrechnung verlangen, selbst wenn der betreffenden Verein von Gesetzes wegen von der Konzernpflicht befreit ist. 22
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