US-Importzölle auf Stahl und Aluminium Was bedeutet das für Deutschland?
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- Kirsten Voss
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1 US-Importzölle auf Stahl und Aluminium Was bedeutet das für Deutschland? Anke Mönnig
2 Impressum AUTOREN Anke Mönnig, Tel: +49 (541) , TITEL US-Importzölle auf Stahl und Aluminium was bedeutet das für Deutschland? VERÖFFENTLICHUNGSDATUM GWS mbh Osnabrück, März 2018 HAFTUNGSAUSSCHLUSS Die in diesem Papier vertretenen Auffassungen liegen ausschließlich in der Verantwortung des Verfassers / der Verfasser und spiegeln nicht notwendigerweise die Meinung der GWS mbh wieder. HERAUSGEBER DER GWS DISCUSSION PAPER SERIES Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung mbh Heinrichstr Osnabrück ISSN II
3 1 EINLEITUNG Die Entscheidung der USA im März dieses Jahres, der amerikanischen Stahlindustrie umfassenden Schutz zu gewähren, hat zu einer tief gehenden Verstimmung in den transatlantischen Handelsbeziehungen geführt. Die EU reagierte mit der Ankündigung eines WTO-Überprüfungsverfahren und mit unmittelbaren Vergeltungsmaßnahmen. Droht ein Handelskrieg zwischen den beiden Blökken? Dieses Zitat könnte in dieser Woche geschrieben worden sein, tatsächlich findet sich der Text auf Seite 3 des ifo Schnelldienst Nr. 10 aus dem Jahr Ziemlich genau vor 16 Jahren versuchte sich der damalige US-Präsident George W. Bush ebenfalls daran, die marode heimische Stahlindustrie vor ausländischer Konkurrenz mittels Importzölle in Höhe von 8 % bis 30 % zu schützen. Das für drei Jahre geplante Projekt musste nach einer Entscheidung der WTO nach 20 Monaten gestoppt werden. Die Folge dieser Schutzmaßnahmen waren steigende Stahlpreise in den USA mit Jobverlusten in Netto-Höhe von rund Arbeitsplätzen. 1 Gleichwohl die heimische Stahlindustrie durchaus Neueinstellungen vornehmen konnten, wurde in nachgelagerten Industriezweigen, die nun erhöhte Stahlpreise zahlen mussten, vermehrt Arbeiter freigesetzt. Achtzehn Jahre später erfolgt nun ein weiterer Versuch diesmal aus Gründen der nationalen Sicherheit, den Import von Stahl und Aluminium durch Importzölle in Höhe von 25 % respektive 14 % zu reduzieren. In zwei Wochen am 22. März 2018 treten sie in Kraft. Nach heutigem Stand wird der Zollsatz für alle importierenden Länder gelten mit vorübergehender Ausnahme von Kanada und Mexiko. Die Europäische Union hatte sich vorbereitet und etwaige Gegenmaßnahmen bereits am 7. März 2018 definiert. Auch weitere Länder wie China, Korea oder Brasilien behalten sich Reaktionen vor. Die Spirale der Gegenreaktionen lief weiter, nachdem Trump Importzölle auf Autos als Gegenreaktion zu den europäischen Gegenreaktionen ins Spiel brachte. Wie nun werden sich die beschlossenen und bald in Kraft tretenden Importzölle für Stahl und Aluminium auf die deutsche Wirtschaft auswirken? Diese Frage steht im Mittelpunkt dieser Kurzmitteilung. Sie soll dazu dienen, die Dramatik der Zölle zu reduzieren und für umsichtige Reaktionen plädieren, um mögliche weitere und für die deutsche Wirtschaft weitaus gravierendere Handelseinschränkungen zu vermeiden. 1 Abruf:
4 2 DIE HANDELSBEZIEHUNGEN ZWISCHEN DEN USA UND DEUTSCHLAND 2.1 DER HANDELSSALDO Eine der Gründe für die Neuauflage der Importzölle auf Stahl und Aluminium ist der unfaire Handel und die schlechte Politik anderer Staaten zu Lasten der USA. Damit ist das hohe Handelsdefizit der USA gegenüber vielen Ländern gemeint beträgt das amerikanische Handelsbilanzdefizit rund 600 Mrd. USD. Das höchste Handelsdefizit weist die USA gegenüber China aus (-300 Mrd. USD). Mit einigem Abstand, aber bereits an zweiter Stelle, folgt Deutschland, mit dem die USA ein Handelsbilanzdefizit in Höhe von gut 77 Mrd. USD hält. Nur gegenüber wenigen Länder weisen die USA einen positiven Handelssaldo aus: Die Vereinigten Arabischen Emirate, die Niederlande und Australien sind als die größten Nettoschuldner zu erwähnen. Für Deutschland wiederum ergibt sich das gegensätzliche Bild: Der Nettoüberschuss von fast 340 Mrd. USD rührt primär aus einem deutlichen Handelsüberschuss mit den USA in Höhe von rund 77 Mrd. USD her (Abbildung 1). Andere europäische Länder wie Großbritannien, Frankeich und Österreich folgen. Ein Handelsdefizit wird v. a. mit den Niederlanden registriert, was primär durch den Erdgasimport über die Häfen der Niederlande zu begründen ist. Abbildung 1: Handelsbilanzsalden Deutschlands mit ausgewählten Ländern, 2015 Quelle: OECD-STAN-Datenbank 2.2 DIE IMPORTSTRUKTUR AMERIKAS Die gesamten Importe von Amerika werden zu 50 % aus China (20 %), Kanada (15 %) und Mexiko (15 %) bezogen. Den Platz des viertgrößten Importeurs teilt sich Deutschland mit 2
5 Japan mit jeweils 6 % Anteil an den amerikanischen Gesamtimporten. 2 Aufgeteilt nach Importgütern beziehen die USA mit deutlichem Abstand Datenverarbeitungsgeräte, elektronische und optische Geräte (Wirtschaftszweig(WZ)-26) sowie Kraftwagen und Kraftwagenteile (WZ-29) mit jeweils 16 % respektive 15 % Importanteil im Jahr 2015 (vgl. Abbildung 2). Maschinen und Anlagen (WZ-28), elektrische Ausrüstungen (WZ- 26) sowie Chemikalien (WZ-20) folgen mit 8, 6 und 6 %. Stahl und Aluminium die dem Wirtschaftszweig WZ-24 Metallerzeugung und -bearbeitung angehören nehmen einen Importanteil von 4 % ein und liegen damit gleichauf mit Bekleidungsimporten (4 %), aber noch hinter dem Importbedarf von Erdöl (5 %). Damit ist der Importwert von Basismetallen für Amerika zwar nicht unerheblich, gemessen in ihrer Importbedeutung allerdings doch vergleichsweise niedrig. Abbildung 2: Importländer USA, 2015 Quelle: OECD-STAN-Datenbank, Stand: 2015 Der Großteil der amerikanischen Stahl- und Aluminiumimporte kommt aus Kanada, Mexiko und China (vgl. Abbildung 3). Diese drei Länder stehen für 41 % aller importierten Basismetalle, wobei Kanada mit 25 % den Großteil bestimmt. Aus Deutschland werden Basismetalle im Wert von 3,6 Mrd. USD importiert. Im Länderranking liegt Deutschland an 7. Stelle hinter Korea, Saudi Arabien und Brasilien. Allerdings befindet sich kein anderes europäisches Land unter den TOP-12 der größten Basismetallimporteure Amerikas. Erst auf Platz 13 und 14 folgen mit Großbritannien und Italien zwei weitere EU-Länder. 2 OECD-STAN-Datenbank, Stand:
6 Abbildung 3: US-Stahl- und Aluminiumimporte im Länderranking Quelle: OECD-STAN-Datenbank, Stand: 2015 Wird der Import von Basismetallen der Länder ins Verhältnis der Importe aus den Ländern insgesamt gesetzt, wird die Relevanz der Importzölle deutlich: Mit 44 % Anteil der Stahlimporte an den Importen insgesamt ist Südafrika unter den TOP-12-Ländern am stärksten von den Einfuhrzöllen betroffen. Auch Russland, Peru und Chile sowie Saudi-Arabien und Brasilien weisen mit zweistelligen Stahlimportanteilen an den Gesamtimporten eine hohe Abhängigkeit von Stahlausfuhren auf. Dem gegenüber ist Deutschland mit einem Importanteil von Basismetallen von 3 % an den gesamten Importen aus Deutschland relativ wenig betroffen. Auch die größten Basismetallimporteure weisen einen deutlich geringeren Betroffenheitsgrad auf. 2.3 DIE EXPORTSTRUKTUR DEUTSCHLANDS Dass Deutschlands Wachstum stark von seiner Exportwirtschaft abhängt ist, ist eindeutig. Seit mehreren Jahren erhält Deutschland regelmäßig den Titel des Exportweltmeisters. Mit einem positiven Außenbeitrag von 248 Mrd. Euro, einem Anteil des Außenbeitrages von 7,6 % am nominalen Bruttoinlandsprodukt, einem Offenheitsgrad von 87 % und einem positiven Wachstumsbeitrag des Außenbeitrages zum realen Bruttoinlandsprodukt von 0,2 % hat Deutschland auch 2017 gezeigt, dass der Außenhandel von besonderer ökonomischer Relevanz ist. 3 3 Fachserie 18 Reihe 1.4, Stand: Januar
7 Für Deutschland ist Amerika das wichtigste Exportland. 10 % aller deutschen Exporte verlassen das Land mit dem Ziel USA. Zusammen mit dem deutlichen Handelsbilanzüberschuss (vgl. Abbildung 1) ist somit die deutsche Exportwirtschaft überaus stark von dem amerikanischen Markt abhängig. Frankreich (9 %), Großbritannien (8 %), die Niederlande (6 %) und China (6 %) folgen als weitere wichtige Empfängerländer deutscher Exportwaren. 4 Deutschlands wichtigste Exportbranchen sind Kraftwagen und Kraftwagenteile (WZ-29), Maschinen (WZ-28) und chemisch-pharmazeutische Erzeugnisse (WZ-20, -21). Diese drei Gütergruppen erreichen 2015 zusammen fast 50 % der Gesamtexporte (vgl. Abbildung 4. 5 Wird die Exportstruktur in die USA davon separiert, ergibt sich ein ähnliches Bild: Auch in die USA wird der Exportstrom von diesen drei Gütergruppen dominiert allerdings weitaus konzentrierter werden 63,5 % der Exporte in die USA von Kraftwagen, Maschinen und chemisch-pharmazeutischen Erzeugnisse dominiert (vgl. Abbildung 4). Dabei liegt der Schwerpunkt mit 31 % eindeutig bei den Kraftwagen und Kraftwagenteilen. Mit Blick auf die Chemie- und Pharmabranche sind auch vielmehr die pharmazeutischen als die chemischen Produkte relevant (vgl. Abbildung 4). Abbildung 4: Exportstruktur Deutschland, insgesamt und in die USA Quelle: OECD-STAN-Datenbank, Stand: 2015 Stahl- und Aluminiumexporte nehmen in der Exportstruktur insgesamt und in die USA eine untergeordnete Rolle ein. Der Exportanteil von knapp 5 % an den Gesamtexporten reduziert sich in der US-Exportstruktur auf knapp 3 %. Der Großteil der Stahl- und Aluminiumexporte Deutschlands fließt in das europäische Ausland vorwiegend nach Frankreich, in die 4 OECD-STAN-Datenbank, Stand: OECD-STAN-Datenbank, Stand:
8 Schweiz, nach Großbritannien und Italien (vgl. Abbildung 5). Abbildung 5: Abnehmerländer deutscher Stahl- und Aluminiumexporte Quelle: OECD-STAN-Datenbank, Stand DIE MÖGLICHEN FOLGEN DER IMPORTZÖLLE Die Wirkung von Zöllen ist mehrdimensional, da viele unterschiedliche, zum Teil gegenläufige, sich verstärkende und abschwächende Transmissionskanäle wirken. Eine Abschätzung der Folgen von Importzöllen ist daher nur eingeschränkt möglich. Dennoch kann für Deutschland mit Blick auf die obige Analyse festgestellt werden, dass angesichts der relativ geringen Bedeutung von Stahl und Aluminium in der Exportstruktur Deutschlands nach Amerika (3 % an den Gesamtexporten) ein größeres Beben ausbleiben dürfte. Hinzu kommt, dass Strafzölle in Höhe von 22,5 % bereits für bestimmte Stahlunternehmen wie Salzgitter seit einem Jahr bestehen. Angesichts der weltweit hohen Überkapazitäten v. a. bei Stahl könnte die weitaus größere Gefahr der Abschottung Amerikas vom Stahlweltmarkt die Umleitung der Stahlhandelsströme nach bspw. Europa sein. Zwar hat auch Europa Importzölle auf Billigstahl aus China verhängt, dennoch dürfte sich aufgrund der dann steigenden Überkapazitäten auch die Lage der europäischen respektiven deutschen Stahlhütten nicht verbessern. Der Strukturwandel in der Branche dürfte dadurch forciert sein und an Dynamik gewinnen. Der Zusammenschluss der Stahlsparte von Thyssen- Krupp mit Tata Steel stellt sich vor diesem Hintergrund als ein strategisch richtiger Schritt dar. Die Folgen für Amerika dürften weitaus schwieriger abzuschätzen sein. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass kein nachhaltiger Schutz der Stahlbranche erreicht wurde. Auch heute wird bezweifelt, ob der Schutz einer einzelnen Branche nicht zulasten anderer Branchen gehen dürfe. Stahl und Aluminium sind klassische Vorleistungsprodukte, die durch Weiterverarbeitung in andere Güter einfließen vornehmlich im Automobilsektor, aber auch beim 6
9 Flugzeugbau, bei der Bauindustrie oder auch bei der Öl- und Lebensmittelbranche. Käme es zu Preiserhöhungen für Stahl und Aluminium, dürften sich die Kosten und Aufwendungen dieser nachgeordneten Branchen erhöhen insbesondere wenn es die heimische metallverarbeitende Industrie nicht schaffen sollte, die zollbehaftete Importmenge aus heimischer Produktion zu kompensieren. Angesichts des gegenwärtig sehr niedrigen Auslastungsgrades bei Stahl- und Aluminiumhütten von 73 % respektive 48 % könnte die Produktion allerdings womöglich schnell hochgefahren werden. Letztendlich ist die Frage, ob sich angesichts der zwar bestehenden, aber vergleichsweise niedrigen Relevanz der Stahl- und Aluminiumexporte Deutschlands ein Handelskrieg mit den USA lohnt. Denn ein Importzoll auf Automobile würde Deutschland deutlich heftiger treffen als es die deutsche metallverarbeitende Industrie tut. Dies gilt sowohl für den direkten Effekt auf die Branche selbst wie auch auf die Verbreitungswirkung auf andere Branchen. Beide Effekte die direkten und indirekten sind bei der Automobilindustrie bedeutend höher zu beziffern als bei der metallverarbeitenden Industrie. Aus deutscher Sicht ist daher dafür zur plädieren, dass die Europäische Kommission, welche das Zepter in der Handelspolitik in den Händen hält, maßvoll auf die Importzölle reagiert. Eine Klage von der WTO ist dabei sicherlich ein unstrittiger Weg. 7
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