Die Heilmittelversorgung
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- Laura Hofmann
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1 Wissenschaftliches Institut der AOK AOK-Heilmittel- Informations-System Helmut Schröder Andrea Waltersbacher Die Heilmittelversorgung 2004 Wissenschaftliches Institut der AOK Wissenschaftliches Institut der AOK Kortrijker Str Bonn Tel.: heilmittel@wido.bv.aok.de
2 Wissenschaftliches Institut der AOK AOK-Heilmittel-Informations-System Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Bonn, den 19. Dezember 2005 Helmut Schröder Forschungsbereichsleiter Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Kortrijker Straße 1, D Bonn Telefon: Fax: Internet: Andrea Waltersbacher Projektleiterin Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO) Kortrijker Straße 1, D Bonn Telefon: Fax: Internet: 2
3 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Einführung Was sind Heilmittel? Welche Heilmittel werden zu welchen Kosten verordnet? Alters- und geschlechtsspezifische Therapieprofile Wem werden Heilmittel verordnet? Kinder in Heilmitteltherapie Zusammenfassung Fazit
4 Einführung 1 Einführung Die Ausgaben für Heilmittel wie Massagen oder Logopädie haben zwischen 2000 und 2003 kontinuierlich zugenommen und gehen 2004 leicht zurück. Heilmittel verursachten im Jahr 2004 weniger als 3 Prozent der rund 131 Mrd. Euro Gesamtausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung und sind damit im Gegensatz zum Arzneimitteloder Krankenhaussektor ein vergleichsweise kleiner Ausgabenbereich (siehe Abbildung 1). Abbildung 1 GKV-Leistungsausgaben 2004 mit 131 Mrd. Euro Rest 20,0 % Krankenhaus 34,0 % Zahnarzt und Zahnersatz 8,0 % Heilmittel 2,6 % Krankengeld 4,5 % Ärztliche Behandlung 15,3 % Arzneimittel 15,6 % WIdO 2005 Quelle: Bundesministerium für Gesundheit 4
5 Einführung Deutlich stärker als die gesamten Leistungsausgaben sind zwischen 1994 und 2003 die Ausgaben für Heilmittel gestiegen. Die zum eingeführten Änderungen der Zuzahlungsregelungen, die Praxisgebühr sowie die im Jahresverlauf in Kraft getretenen Änderungen der Verordnungsregelungen haben im Jahr 2004 dazu geführt, dass das Leistungsinanspruchnahmeverhalten zurückgegangen ist. Dies wird zunächst in einem Rückgang der Leistungsausgaben sichtbar (siehe Abbildung 2). Nach den bisher vorliegenden Ergebnissen der Heilmittelverordnungen für die ersten drei Quartale des Jahres 2005 ist von ähnlichen strukturellen Gegebenheiten auszugehen: Die hier vorliegenden Auswertungen des letzten Verordnungsjahres geben Hinweise über die Verordnungsstruktur des Jahres 2005, da die Verschiebungen im Verordnungsgeschehen bei gleichbleibenden gesetzlichen Rahmenbedingungen von Jahr zu Jahr vergleichsweise gering ausfallen. Abbildung 2 Leistungs- und Heilmittelausgaben der GKV von 1994 bis Leistungsausgaben der GKV in Mrd. Heilmittel in Mrd ,5 2,8 3,0 2,8 3,1 3,1 3,0 3,2 3,7 3,9 3, WIdO 2005 Quelle: Bundesministerium für Gesundheit 1.1 Was sind Heilmittel? Neben der Behandlung im Krankenhaus, in der ärztlichen Praxis und der Behandlung mit Arzneimitteln stehen den Patienten weitere Therapieformen in Form von Heilmitteln zur Verfügung. Als Heilmittel gelten die Anwendungen der Physiotherapie wie bei- 5
6 Einführung spielsweise Krankengymnastik, Massagen und Wärmebehandlungen sowie der Logopädie bei Stimm-, Sprech- und Sprachstörungen. Die Ergotherapie kommt bei Störungen im Bereich der Motorik, der Sinnesorgane sowie der geistigen und psychischen Fähigkeiten zum Einsatz und ist mit dem Trainieren von Aktivitäten verbunden.im August 2002 wurden auch podologische Maßnahmen (medizinische Fußpflege) für Diabetiker in den Heilmittelkatalog aufgenommen. Heilmittel werden nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen aus dem Jahr 2003 und 2004 eingesetzt, um Beeinträchtigungen durch eine Krankheit abzumildern, eine Krankheit ausheilen zu lassen oder ein Fortschreiten der Erkrankung aufzuhalten. Weiterhin werden diese angewendet, um der Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes frühzeitig entgegenzuwirken. Der Heilmittelkatalog wird durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GemBA) definiert und gilt somit bundesweit und für alle Krankenkassen einheitlich. Durch den Heilmittelkatalog wird festgelegt, welche Heilmittel in welchem Umfang und bei welcher Indikation von den an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten verordnet werden können und somit bei den Krankenkassen erstattungsfähig sind. Eine Heilmittelleistung darf nur von entsprechend ausgebildeten Personen wie Masseuren, Medizinischen Bademeistern, Physiotherapeuten, Logopäden, Ergotherapeuten und Medizinischen Fußpflegern erbracht werden. 1.2 Welche Heilmittel werden zu welchen Kosten verordnet? Im Jahr 2004 wurden insgesamt 26,6 Millionen Rezepte an gesetzlich Krankenversicherte abgegeben. Darunter nehmen die physiotherapeutischen Heilmittel auch im Jahr 2004 mit 25,1 Millionen Verordnungsblättern (90,6 Prozent) den größten Anteil an allen verordneten Leistungen ein, gefolgt von der Ergotherapie mit 1,5 Millionen Verordnungsblättern und der Logopädie mit 1 Million Verordnungsblättern. Auf einem Heilmittelrezept haben die Ärzte 2004 im Durchschnitt 7,5 einzelne Heilmittelbehandlung verschrieben, wie beispielsweise sechsmal eine einzelne Massage. Bezieht man diese Anzahl der einzelnen Heilmittelbehandlungen auf alle 70,3 Millionen GKV- Versicherte des Jahres 2004, zeigt sich: Jeder GKV-Versicherte hat im Durchschnitt 3,8 Heilmittelbehandlungen erhalten (siehe Abbildung 3). 6
7 Einführung Abbildung 3 3,8 Heilmittelbehandlungen je GKV-Versicherter 2004 Physiotherapie physikalische Therapie, mit beispielsweise Krankengymnastik oder Massage 3,4 0,2 0,1 Ergotherapie bei Störungen im Bereich der Motorik, der Sinnesorgane und der geistigen und psychischen Fähigkeiten Logopädie Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie Heilmittelbehandlungen je Versicherter WIdO 2005; Quelle: GKV-Heilmittel-Informations-System Ergotherapie und Logopädie bilden demnach jeweils nur ein kleines Segment des Verordnungsgeschehens (5,4 bzw. 3,6 Prozent), erreichen aber als preisträchtige therapeutische Mittel einen vergleichsweise höheren Umsatzanteil. Die durchschnittliche logopädische Therapie für gesetzlich Krankenversicherte ist mit 306 Euro die teuerste, gefolgt von der ergotherapeutischen Verordnung mit einem Durchschnittspreis von 296 Euro. In den Durchschnittspreis einer physiotherapeutischen Behandlung von rund 88 Euro fließen auch preiswerte Anwendungen wie Heißluft oder Fangopackung mit ein; somit ist der hohe Umsatzanteil der Physiotherapie dem starken Verordnungsvolumen geschuldet. Allerdings gibt es auch in diesem Bereich einzelne hochpreisige Heilmittel wie beispielsweise Verordnungen für Kinder: Diese sind eher auf personalintensive Mittel wie Krankengymnastik beschränkt, der Preis für die durchschnittliche Verordnung liegt deshalb höher. Bezieht man die Kosten der Heilmittelbehandlung auf einen GKV-Versicherten, dann zeigt sich: Im Durchschnitt hat jeder Versicherte für 45,30 Euro physiotherapeutische, für 7,00 Euro ergotherapeutische Leistungen und für 4,79 Euro eine logopädische Behandlung erhalten (siehe Abbildung 4). 7
8 Einführung Abbildung 4 Umsatz von 57,18 Euro je GKV-Versicherter für Heilmittel 2004 Physiotherapie physikalische Therapie, mit beispielsweise Krankengymnastik oder Massage Ergotherapie 45,30 7,00 bei Störungen im Bereich der Motorik, der Sinnesorgane und der geistigen und psychischen Fähigkeiten 4,79 Logopädie Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie Angaben in je Versicherter WIdO 2005 Quelle: GKV-Heilmittel-Informations-System 8
9 Alters- und geschlechtsspezifische Therapieprofile 2 Alters- und geschlechtsspezifische Therapieprofile Rund 36 Prozent aller gesetzlich Krankenversicherten waren im Jahr 2004 bei der AOK als größter Kassenart versichert. Für diesen Versichertenanteil wird im AOK-Heilmittel- Informations-System (AOK-HIS) das Heilmittelgeschehen analysiert: 4 Millionen AOK- Versicherten (dies entspricht einem Anteil von 16 Prozent an allen AOK-Versicherten) wurde von einem der ca. 130 Tsd. bundesdeutschen Ärzte, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, mindestens eine Heilmittelleistung verordnet (siehe Abbildung 5). Abbildung 5 4 Millionen Heilmittelpatienten der AOK im Jahr 2004 Anteil der Heilmittelpatienten an den AOK-Versicherten 62 % Frauen 38 % Männer 16 % Heilmittelpatienten ,5 % Kinder 84 % Versicherte ohne Heilmittelbehandlung 91,5 % Erwachsene WIdO 2005 Quelle: AOK-Heilmittel-Informations-System (AOK-HIS) im WIdO Die insgesamt 13,2 Millionen Leistungen mit einem Kostenvolumen von 1,4 Milliarden Euro wurden von ungefähr 40 Tsd. Heilmitteltherapeuten erbracht. Dabei entfielen 78,5 Prozent der Ausgaben auf Leistungen der Physiotherapie, 12,6 Prozent auf Maßnahmen der Ergotherapie und 8,7 Prozent auf logopädische Therapien. Im Vergleich zum Vorjahr wurden dabei 2004 fast 8 Prozent weniger Leistungen der Physiotherapie ver- 9
10 Alters- und geschlechtsspezifische Therapieprofile ordnet. Die Ergotherapie legte demgegenüber um knapp 8 Prozent, die Logopädie sogar um knapp 11 Prozent zu. Der Patientenanteil an den Versicherten ist insgesamt um knapp 5 Prozent gegenüber 2003 rückläufig (siehe Abbildung 6). Hierbei fällt die Altersgruppe der 20- bis 39- Jährigen durch einen besonders starken Rückgang von 9 Prozent auf. Kinder sind die einzige Altersgruppe, bei der der Patientenanteil wächst. Der Anteil der Patienten bis vier Jahre stieg um knapp 7 Prozent und der Anteil der 10- bis 14-jährigen Kinder stieg um 6 Prozent. Dieser Gruppe wurden die ergotherapeutischen und logopädischen Leistungen verordnet, die das Volumen dieser beiden therapeutischen Bereiche weiter vergrößerte. Hierbei gibt es im Vergleich zu den Vorjahren eine Ausweitung des Leistungsgeschehens in die Breite: Immer mehr Kinder befinden sich in ergo- oder auch logopädischer Behandlung. Abbildung 6 Patientenanteile im Jahresvergleich 2003/2004 Mehr Kinder mit Heilmitteltherapie in Jahr ,2 20,6 22,5 24,1 24,1 23,2 22,9 23, ,4 20,6 22,0 23,2 23,2 21,9 21,7 22,1 21,1 19,6 17,9 16,6 16,1 14,9 14,4 13,4 12,3 11,2 9,6 8,8 7,8 6,9 7,4 7,2 7,3 7,8 14,9 15,3 6,3 6, Anteil der Patienten an den Versicherten WIdO 2005 Quelle: AOK-Heilmittel-Informations-System (AOK-HIS) im WIdO 10
11 Alters- und geschlechtsspezifische Therapieprofile 2.1 Wem werden Heilmittel verordnet? Die 13,2 Millionen Heilmittelleistungen zeigen deutliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen. So werden erwachsenen Frauen in allen Altersgruppen deutlich mehr Heilmittel verordnet als Männern. Bei der Suche nach Gründen für dieses höhere Verordnungsvolumen bei Frauen muss berücksichtigt werden, dass diese deutlich häufiger einen Arzt aufsuchen sowie Vorsorgeuntersuchungen und präventive Angebote in Anspruch nehmen. Während die Heilmittelpatienten insgesamt zu fast zwei Dritteln weiblich sind, erhalten Jungen häufiger eine Heilmitteltherapie als Mädchen: Im Grundschulalter ist fast jeder fünfte Junge ein Heilmittelpatient, jedoch nur etwa jedes zehnte Mädchen. Das Lebensalter zwischen fünf und neun Jahren zeigt bei beiden Geschlechtern einen herausragenden Patientenanteil. In den folgenden Altersgruppen sinkt der Patientenanteil zunächst bei beiden Geschlechter ab. Ein Patientenanteil von mehr als 17 Prozent zeigt sich bei den Männern erst wieder mit Mitte 50, danach pendelt er sich bei diesem Wert vergleichsweise stabil ein. Der hohe Patientenanteil der frühen Lebensjahre wird bei den männlichen Versicherten in keinem Lebensalter mehr erreicht. Bei den Frauen wird der erste Anteilsgipfel im Grundschulalter von 11,2 Prozent mit 30 Jahren schon wieder überrundet und der Anteil der behandelten Frauen steigt bis Mitte Fünfzig kontinuierlich auf über 25 Prozent an (siehe Abbildung 7). Damit war im Durchschnitt jede vierte Frau, die 2004 älter als 50 Jahre alt war, in Heilmittelbehandlung. 11
12 Alters- und geschlechtsspezifische Therapieprofile Abbildung 7 Frauen sind im Durchschnitt häufiger Heilmittelpatienten als Männer Jungen häufiger als Mädchen Alter Männer 16,2 17,6 18,5 18,6 18,0 17,0 17,5 17,8 14,8 12,8 11,8 10,7 9,1 7,1 5,7 6,3 8,3 19,1 7,6 25,8 26,5 24,3 20,7 18,3 16,3 13,4 10,5 8,2 8,2 7,2 11,2 5,7 Frauen 18,8 21,4 23,2 25,7 26,9 26,1 WIdO 2005 Quelle: AOK-Heilmittel-Informations-System (AOK-HIS) im WIdO Neben diesem großen Unterschied im Anteil, den die Geschlechter und Altersgruppen am Therapiegeschehen haben, unterscheiden sich die Therapien auch jeweils inhaltlich: In der Physiotherapie wurden 2004 rund 471 Leistungen je Versicherte veranlasst. Frauen erhielten dabei 66 Prozent mehr Verordnungen als Männer (siehe Abbildung 8). Auf Frauen im Lebensalter zwischen 60 und 80 Jahren entfallen 28 Prozent aller physiotherapeutischen Leistungen. Dies entspricht einem Anteil am gesamten Leistungsgeschehen von einem Viertel. 12
13 Alters- und geschlechtsspezifische Therapieprofile Abbildung 8 Frauen erhalten im Durchschnitt 66 Prozent mehr physiotherapeutische Leistungen als Männer Alter Männer Frauen Physiotherapeutische Leistungen je Versicherte WIdO 2005 Quelle: AOK-Heilmittel-Informations-System (AOK-HIS) im WIdO Eine besondere Häufung von therapeutischen Maßnahmen zeigt sich ebenso in der Verteilung der ergotherapeutischen und logopädischen Leistungen auf die Lebensalter und auf Männer und Frauen (siehe Abbildung 9 und Abbildung 10): Auf männliche Versicherte entfallen im Durchschnitt 30 logopädische Leistungen, auf weibliche hingegen nur 18 Leistungen. In diesem Therapiebereich werden mit drei Vierteln aller Leistungen Kinder therapiert, wobei auf Jungen 46 Prozent aller logopädischen Leistungen entfallen. An den Behandlungen der Ergotherapie haben die höheren Lebensalter einen größeren Anteil als an der Logopädie. Hier könnte sich beispielsweise die Versorgung von 13
14 Alters- und geschlechtsspezifische Therapieprofile Schlaganfallpatienten mit dieser Therapieform zeigen. Aber auch bei diesen Behandlungen haben Männer einen deutlich größeren Anteil als Frauen, nämlich 34 Leistungen je Versicherte gegenüber 19 Leistungen bei den Frauen. Von den ergotherapeutischen Leistungen insgesamt entfallen 57,3 Prozent auf Kinderverordnungen. Abbildung 9 Männer erhalten mehr logopädische Leistungen als Frauen Jungen erhalten 46,5 Prozent aller logopädischen Leistungen Alter Männer Frauen Logopädische Leistungen je Versicherte WIdO 2005 Quelle: AOK-Heilmittel-Informations-System (AOK-HIS) im WIdO 14
15 Alters- und geschlechtsspezifische Therapieprofile Abbildung 10 Männliche Versicherte erhalten im Durchschnitt nahezu doppelt so viele ergotherapeutische Leistungen als weibliche 57,3 Prozent dieser Leistungen entfallen auf Kinder Alter Männer Frauen Ergotherapeutische Leistungen je Versicherte WIdO 2005 Quelle: AOK-Heilmittel-Informations-System (AOK-HIS) im WIdO 2.2 Kinder in Heilmitteltherapie Nahezu jedes zehnte AOK-versicherte Kind bis 14 Jahre hat im Jahr 2004 mindestens eine Heilmittelleistung erhalten (insgesamt: 1,2 Millionen Leistungen). Im Durchschnitt erhielten versicherte Jungen 417 Verordnungen und versicherte Mädchen mit 261 Verordnungen rund ein Drittel weniger. 15
16 Alters- und geschlechtsspezifische Therapieprofile Insgesamt betrachtet erhalten insbesondere die fünf- bis neunjährigen Kinder im Vorschul- und Grundschulalter zahlreiche Behandlungen. In diesem Lebensalter, das durch den Umbruch zwischen Kindergarten und Schule besonderen Anforderungen unterworfen ist, werden 15,3 Prozent der Kinder mit Heilmitteln therapiert. Entsprechend den Ergebnissen von Schuleingangsuntersuchungen zeigt sich, dass mehr als 8 Prozent in dieser Altersgruppe eine logopädische Behandlung in Form einer Stimm-, Sprech- oder Sprachtherapie erfährt, die helfen soll, die diagnostizierten Sprachentwicklungsstörungen zu beheben. Abbildung 11 Krankengymnastik ZNS für Kleinkinder, Ergotherapie und Logopädie im Grundschulalter, Krankengymnastik und Ergotherapie zwischen 10 und 15 Jahren Ergotherapie: Logopädie: Physiotherapie: Einzelbehandlung Erstuntersuchung Krankengymn. ZNS Alter: 10 bis unter 15 Ergotherapie: Befund 7,4 Einzelbehandlung 60,2 Krankengymn. normal Logopädie: 27,2 15,0 Physiotherapie: 16,3 76,8 5 bis unter 10 Ergotherapie: 32,9 188,5 Logopädie: 108,0 178,0 Physiotherapie: 29,0 40,9 0 bis unter 5 Ergotherapie: 6,2 19,5 Logopädie: 28,1 27,5 Physiotherapie: 24,9 71, Anzahl Leistungen je Versicherte WIdO 2005 Quelle: AOK-Heilmittel-Informations-System (AOK-HIS) im WIdO 16
17 Alters- und geschlechtsspezifische Therapieprofile Eine Ergotherapie erhalten fast 7 Prozent der Kinder der Altersgruppe fünf bis neun Jahre. Diese Therapien zielen auf Entwicklungsstörungen im Bereich der geistigen, psychischen, sensorischen oder motorischen Fähigkeiten. Die Physiotherapie spielt bei Kindern dagegen keine große Rolle: Nur 4,2 Prozent der Kinder bis 14 Jahre erhalten eine solche Therapie. Dabei werden unter der Heilmittelleistung Krankengymnastik, ZNS die Therapien zur Behandlung von zentralen Bewegungsstörungen nach Bobath oder Vojta verstanden, die vor Abschluss der Hirnreife eingesetzt werden. Diese werden in aller Regel eher an kleine Patienten verordnet, die unter angeborenen oder sehr früh erworbenen Krankheiten oder Entwicklungsstörungen wie infantiler Cerebralparese oder anatomischen Anomalien leiden (siehe Abbildung 11). Jungen bis 14 Jahre werden um knapp ein Drittel häufiger mit Heilmitteln behandelt als Mädchen. 11,8 Prozent der Jungen, aber nur knapp 8 Prozent der Mädchen erhielten im Jahr 2004 mindestens ein Heilmittel. Besonders deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern zeigen sich in der Vor- und Grundschulzeit: 19,1 Prozent der Jungen in der Altersgruppe zwischen fünf und neun Jahren waren Heilmittelpatienten, im Vergleich zu 11,2 Prozent bei den Mädchen. Damit wurden in diesem Lebensalter knapp 70 Prozent mehr Jungen therapiert als Mädchen. 17
18 Zusammenfassung 3 Zusammenfassung Die Kosten der Heilmittelversorgung der Versicherten bleiben auch 2004 deutlich hinter denen der anderen Leistungsbereiche der GKV wie Krankenhaus oder Arzneimittel zurück. Es zeigen sich bei der Analyse der Heilmittelverordnungsdaten der GKV- und AOK-Versicherten Ergebnisse, die aus der Versorgungsperspektive diskutiert werden müssen. Im Jahr 2004 wurden insgesamt 26,6 Millionen Rezepte an gesetzlich Krankenversicherte abgegeben. Jeder der 70,3 Millionen GKV-Versicherten hat 2004 im Durchschnitt 3,8 Heilmittelbehandlungen erhalten. Damit sind im Durchschnitt für jeden GKV- Versicherten im Durchschnitt Kosten in Höhe von 45,30 Euro für physiotherapeutische, 7,00 Euro für ergotherapeutische Leistungen und 4,79 Euro für eine logopädische Behandlung in 2004 angefallen. Analysiert man die Heilmittelverordnungen der AOK-Versicherten, so zeigt sich: 4 Millionen AOK-Versicherten (dies entspricht einem Anteil von 16 Prozent an allen AOK- Versicherten) wurde von einem der ca. 130 Tsd. Ärzte, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, mindestens eine Heilmittelleistung verordnet. Die Heilmittelversorgung im Jahr 2004 in Stichworten: Mehr als jeder sechste Versicherte war Heilmittelpatient: 16 Prozent der Versicherten waren im Jahr 2004 Heilmittelpatienten mit mindestens einer Verordnung. Dieser Patientenanteil ist insgesamt um 5 Prozent gegenüber 2003 rückläufig. Weniger erwachsene Heilmittelpatienten: Die Altersgruppe der 20- bis 39-Jährigen zeichnet sich durch einen besonders starken Rückgang von 9 Prozent im Vergleich zu 2003 aus. Mehr Kinder in der Heilmitteltherapie: Im Vergleich zu 2003 zeigt sich eine Ausweitung des Leistungsgeschehens in die Breite: Immer mehr Kinder befinden sich in ergo- oder auch logopädischer Behandlung. Der Patientenanteil bei Versicherten bis vier Jahre stieg um knapp 7 Prozent und der der 10- bis 14-jährigen Versicherten stieg um knapp 6 Prozent. Frauen erhalten mehr Heilmittel als Männer: Die Heilmittelpatienten sind zu fast zwei Dritteln weiblich, Jungen sind hingegen häufiger als Mädchen in Heilmitteltherapie. Physiotherapie für Patientinnen: Frauen erhalten im Durchschnitt 66 Prozent mehr physiotherapeutische Leistungen als Männer. Die physiotherapeutischen Verordnungen an Frauen zwischen 60 und 80 Jahren machen ein Viertel des gesamten Leistungsgeschehens aus. 18
19 Zusammenfassung Logopädie insbesondere für Jungen: Männliche Versicherte erhalten mehr logopädische Leistungen als weibliche. Hierbei sind insbesondere die Jungen hervorzuheben, die 46,5 Prozent aller logopädischen Leistungen erhalten. Ergotherapie insbesondere für Jungen: Männliche Versicherte erhalten im Durchschnitt nahezu doppelt so viele ergotherapeutische Leistungen wie weibliche; dabei entfallen 57,3 Prozent dieser Leistungen auf Kinder. 19
20 Fazit 4 Fazit Die bestehende Datentransparenz im Bereich der Heilmittelversorgung der GKV- Versicherten kann dazu genutzt werden, Versorgungsfragen zu beantworten: Welche Patientengruppen erhalten welche Heilmittel zu welchem therapeutischen Zweck im Laufe ihrer Therapie? Dabei müssen die deutlichen regionalen Unterschiede der Heilmittelversorgung, aber auch längere Zeiträume der individuellen Therapiekonzepte und deren Erfolge untersucht werden, damit evidenzbasierte Therapieleitlinien entwickelt werden können. Die Frage nach Über-, Unter- oder Fehlversorgung in einzelnen Regionen oder von einzelnen Patientengruppen sind damit dann zu beantworten. Dies würde Patienten, Ärzten, Therapeuten und Krankenkassen helfen, auch zukünftig eine qualitativ hochwertige Heilmittelversorgung zu ermöglichen. Hierzu bedarf es einer Nutzenbewertung insbesondere der logopädischen und ergotherapeutischen Heilmittel bei Kindern, aber auch der physiotherapeutischen Behandlungen bei der Patientengruppe der über Fünfzigjährigen. 20
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