20 Jahre NEAT-Baustelle in Sedrun: Was war, was bleibt? SVWG Forum, Simone Strauf
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1 20 Jahre NEAT-Baustelle in Sedrun: Was war, was bleibt? SVWG Forum, Simone Strauf
2 Sedrun 1996 Steigende Preise? Touristische Attraktivität? Belästigungen? Umweltzerstörung? Infrastruktur nachher nutzbar? Mehr Verkehr? Landschaftsbild? Überfremdung? Hohe Kosten für die Gemeinde? Konkurrenz auf dem Wohnungsmarkt?
3 Fragestellung Wie kann im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung die Baumassnahme möglichst sozial- und umweltverträglich durchgeführt werden und einen dauerhaften wirtschaftlichen Nutzen für die Gemeinde erbringen? Auftraggeber: Amt für Wirtschaft und Tourismus des Kantons Graubünden Bundesamt für Verkehr Gemeinde Tujetsch
4 Auftrag 1. Wissenschaftliche Begleitung der Baumassnahme über die gesamte Bauzeit ( ) durch das IMP-HSG Dokumentation Frühwarnsystem, das es möglich macht, einschneidende Veränderungsprozesse frühzeitig zu erkennen, um darauf reagieren zu können 2. Filmische Dokumentation durch die prisma AG, Chur Das Bauprojekt war nicht Gegenstand der Untersuchung, sondern die Auswirkungen des Bauprozesses auf die Gemeinde. 4
5 Anforderungen an die Nachhaltigkeit des Bauprozesses Die Baumassnahme ist nachhaltig, wenn sie die natürlichen Ressourcen schont und intakt hält, den gesellschaftlichen und sozialen Zusammenhalt in der Gemeinde und der Region stärkt und das materielle Wohlergehen aller Beteiligten fördert und auftretende Probleme nicht zu Lasten anderer Regionen oder gesellschaftlicher Gruppen gelöst werden.
6 Erwartete Auswirkungen auf die Dimensionen der Nachhaltigkeit 6
7 Methodisches Vorgehen Langfristige Betrachtungsweise Vergleich von tatsächlicher Entwicklung mit den definierten Zielen Orientierung an den Bedürfnissen vor Ort Zielgruppen der Begleitforschung: Bevölkerung, Baustellenbeschäftigte, Unternehmen, Entscheidungsträger Hohe Anforderungen an den Bewertungsmassstab Konzentration auf die Wirkungen auf die Gemeinde überschaubare Anzahl von Kriterien, anhand derer Veränderungen über die Zeit beobachtet werden können Kriterien und Indikatoren müssen ausreichend flexibel sein, um auch bei einer langen Bauzeit ihre Gültigkeit zu behalten 7
8 Methodisches Vorgehen Definition von Zielen, Kriterien und Indikatoren gemeinsam mit Begleitgruppe (2000) Umfangreiches Indikatorenset für die Bereiche Ökologie, Wirtschaft und Soziale Erhebung der Ausgangslage im Jahr 2000, regelmässige Aktualisierungen (2001, 2003, 2006, 2010 und 2016) Parallel: Filmische Begleitung Regelmässige Treffen der begleitenden Arbeitsgruppe Präsentationen der Zwischenergebnisse und Befragungen in Gemeindeversammlungen 8
9 Ökologische Ziele Landschaft, Siedlung, Ressourcen Ziel Kriterium Abschliessende Bewertung Dauerhaft umweltverträgliche Landschafts- und Siedlungsentwicklung anstreben Erhaltung oder Verbesserung der Landschaftsqualität Keine zusätzliche Flächenversiegelung. Das Siedlungsbild behält seinen geschlossenen Charakter. Mehr naturnahe Flächen mit hohem Biotop-Potential als davor Ressourcen können in der Region und für die Region genutzt werden. Dauerhafte Veränderungen des Landschaftsbilds (Auffüllungen des Val Bugnei). Deponie Claus Surrein Lag Claus Surrein Drun da Bugnei wurde verlegt Die landwirtschaftlichen Flächen wurden wieder in die Landwirtschaft zurückgeführt Das Siedlungsbild wurde beibehalten. Verwendung des Ausbruchmaterials durch die Gemeinde 10
10 Ökologische Ziele - Energie Ziel Kriterium Abschliessende Bewertung Energieeinsatz minimieren Möglichst geringer baustellen- und verkehrsbedingter Energieverbrauch Durchdachtes Energiesparkonzept Die Zahl der Baustellen-bedingten LKW-Fahrten ist zu vernachlässigen Der Energieverbrauch der Baustelle stieg mit max. 48 MW auf fast das Doppelte der prognostizierten Leistung. Auch wenn der Anteil der Strassentransporte phasenweise auf bis zu 40% stieg, entsprach er mit einem Durchschnitt von 4% exakt den Planungen. 11
11 Ökologie aus Sicht der Gemeinde Auswirkungen auf die Natur Ökologische Ausgleichsmassnahmen in Prozent in Prozent sehr negativ eher negativ neutral eher positiv sehr positiv 0 sehr negativ eher negativ neutral eher positiv sehr positiv 12
12 Wirtschaftliche Ziele - Tourismus Ziel Kriterium Abschliessende Bewertung Baustelle als Tourismusfaktor nutzen Hohe Nachfrage im Tourismusbereich als wichtigster Wirtschaftsfaktor für Region und Gemeinde Die Baustelle stört die Gäste nicht und bringt vor allem in den Randzeiten zusätzliche Gäste. Das Angebot wächst in einem gesunden Mass. Keine Konflikte zwischen verschiedenen Formen des Tourismus. Keine zusätzlichen Übernachtungskapazitäten Zusätzliche Gäste aufgrund der Medienpräsenz und des gestiegenen Bekanntheitsgrads Auch das Informationszentrum zog zahlreiche Besucher an. Hotellerie und Gastronomie konnten profitieren, auch aufgrund von Umsätzen durch die Beschäftigten der Baustelle. Trend sinkender Übernachtungszahlen konnte nicht gestoppt werden, auch wenn sie sich auf niedrigerem Niveau eingependelt haben. 13
13 Tourismus aus Sicht der Gemeinde Auswirkungen auf den Tourismus Konkurrenz um Ferienwohnungen in Prozent in Prozent sehr eher negative negative keine eher positive sehr positive 0 gar nicht eher wenig weiss nicht eher stark sehr stark 14
14 Wirtschaftliche Ziele - Gemeindefinanzen Ziel Kriterium Abschliessende Bewertung Wirtschaftliche Handlungsfähigkeit der Gemeinde erhöhen und sichern Konsolidierung und Verbesserung des öffentlichen Haushalts auf verschiedenen politischen Ebenen Investitionen in eine dauerhafte und umweltverträgliche Infrastruktur, die auch nach dem Ende der Baustelle genutzt werden kann. Gemeinde hat von deutlichen Mehreinnahmen profitiert, die investiert oder für Reserven verwendet wurden. Strassen und Bahnanlagen wurden ausgebaut Darüber hinaus stehen der Gemeinde nach Bauende keine neuen Infrastrukturen zur Verfügung. 15
15 Soziale Ziele - Stimmung in der Bevölkerung Ziel Kriterium Abschliessende Bewertung Positive Stimmung in der Orts- und Talbevölkerung erzeugen Gründe für Beschwerden auf ein Minimum senken So wenig wie möglich zusätzliche Belästigungen Bevölkerung ist informiert, identifiziert sich mit 'ihrer' Baustelle und den Arbeitern und ist stolz auf sie. Bevölkerungszahl bleibt stabil, die jungen Menschen haben langfristige Perspektiven Baustelle wurde als Bereicherung, nicht als Belästigung wahrgenommen. Die Stimmung gegenüber der Baustelle war gut. Die Baustelle bildete einen Identifikationspunkt und stärkte das Selbstbewusstsein der Bevölkerung. Parallel zur Zahl der Beschäftigten auf der Baustelle stieg die Bevölkerungszahl. Nach Wegzug der Baustellenbeschäftigten sank sie unter das Niveau vor Baustellenbeginn. Der Abwanderungstrend konnte nur aufgehalten, aber nicht gestoppt werden. 16
16 Soziales aus Sicht der Gemeinde Belästigungen Information über die Baustelle in Prozent in Prozent gar nicht eher wenig weiss nicht eher stark sehr stark 0 gar nicht eher wenig weiss nicht eher gut sehr gut 17
17 Soziale Ziele Integration der Bauarbeiter Ziel Kriterium Abschliessende Bewertung Bauarbeiter integrieren Bauarbeiter sind in das Alltagsleben in der Gemeinde bestmöglich zu integrieren. Sie finden Anschluss an das kulturelle Leben im Dorf. Sie fühlen sich aufgrund ihrer sozialen und gesellschaftlichen Lage und den Arbeitsbedingungen wohl. Durch das Schichtmodell blieb den Arbeitern der Baustelle wenig freie Zeit, diese nutzten sie meist für Heimfahrten. Der Bedarf an Freizeitaktivitäten war gering. Kader waren meist deutschsprachig und wohnten als Wochenaufenthalter in der Gemeinde. Sie waren gut integriert und nahmen aktiv am Dorfleben teil. Das Verhältnis zwischen Bevölkerung und Beschäftigten der Baustelle wird positiv bewertet.
18 Welche Erfahrungen haben Sie persönlich mit den Bauarbeitern gemacht? in Prozent sehr negative eher negative neutrale eher positive sehr positive 19
19 Wer profitiert in Sedrun von der Baustelle? in Prozent niemand wenige weiss nicht die meisten alle 20
20 Wer profitiert am meisten? Gastronomie / Hotellerie (17) Gastronomie / Hotellerie (29) Gemeinde (16) Gastronomie / Hotellerie (22) 2 Gemeinde (8) Gemeinde (19) Bauwirtschaft / Baufirmen (8) Gemeinde (18) 3 Bauwirtschaft / Baufirmen (7) Bauwirtschaft / Baufirmen (12) Gastronomie / Hotellerie (7) Gewerbe (13) 4 Aufträge / Umsatz, Firmen (2) Läden, Lebensmittelgeschäfte (3) Region allgemein (5) Detailhandel (12) 5 Läden, Lebensmittelgeschäfte (2) Gewerbe (3) Läden, Lebensmittelgeschäfte (3) Wohnungsvermieter (12) 6 Wohnungsvermieter (1) Gesamtwirtschaft (3) Wohnungsvermieter (2) Bauwirtschaft / Baufirmen (10) 7 Gesamtwirtschaft (1) Detailhandel (3) Auswärtige (2) Läden, Lebensmittelgeschäfte (6) 21
21 Was hat sich in Sedrun durch die Baustelle verändert? Bekanntheit (11) Landschaft / Ortsbild (9) Landschaft / Ortsbild (22) 2 Landschaft / Ortsbild (9) wenig / nichts (5) wenig / nichts (17) 3 Selbstbewusstsein, pos. Entwicklung, Offenheit, Attraktivität (8) 4 mehr Leben (5) Bekanntheit (4) Bekanntheit (13) Bevölkerung, andere Menschen (3) Selbstbewusstsein, pos. Entwicklung, Offenheit, Attraktivität (3) 5 wenig / nichts (2) Scheidungsrate (2) Verbesserte Infrastruktur (3) 22
22 Was kommt Ihnen spontan in den Sinn, wenn Sie an die Zeit während der NEAT-Baustelle denken? 1 Verkehr / Staub / Lärm (15) 2 mehr Leben / Bekanntschaften (13) 3 Arbeiter (13) Baustellenbesucher / - besichtung und Besucherinformation (13) 5 Porta Alpina (12) 6 Bauprojekt (Grösse / Dauer / imposant / interessant) (9) 7 Wirtschaft / Arbeitsplätze (7) 8 Einnahmen (Steuern) / Umsatz / Gewinn (6) 9 Positive Erfahrung (5) 10 neg. Erwartungen nicht bewahrheitet (5) 23
23 Zusammenfassung Es ist gelungen, die Natur zu schonen und ökologische Ausgleichsflächen zu schaffen. Die Baustelle und ihre Auswirkungen auf die Gemeinde wurden positiv wahrgenommen, sie wurde zum Identifikationspunkt. Die meisten haben profitiert, insbesondere Hotellerie / Gastronomie, aber auch Handwerk und Gewerbe und die Gemeinde. Allerdings: Die Bevölkerungszahl konnte nicht gehalten werden, der sekundäre Sektor entwickelte sich unterdurchschnittlich und die Zahl der Übernachtungen ist tendenziell rückläufig. 24
24 Sedrun 2016 Es war mehr los! Danke Sedrun! Gemeindefinanzen! Danke ATG! Lag Claus Surrein! Bessere Infrastruktur Gestiegener Bekanntheitsgrad! War eine tolle Zeit! Was bringt die Zukunft?
25 Welche Herausforderung sehen Sie künftig für Sedrun? Was sind die wichtigsten Themen für die kommenden Jahre? 1 Tourismus (36) 2 Porta Alpina (12) 3 Arbeitsstellen (12) 4 Abwanderung (10) Zusammenarbeit mit Nachbargemeinden (hauptsächlich Disentis & Andermatt) (9) 6 Infrastruktur (Seilbahnen, Wanderwege) (6) 7 Gewerbe (Umstellungen & Investitionen) (4) 8 «Loch», das die NEAT hinterlässt (weniger Umsatz / Leute, etc.) (3) 9 Wärmeenergie nutzen (2) 10 Landschaft / Ortsbild (2) 26
26 Zukünftige Herausforderungen Die touristische Entwicklung, der Bevölkerungsrückgang und der Wegfall von Arbeitsstellen werden als die grössten Herausforderung angesehen. Die Gemeinde setzt auf touristische Projekte, z.b. SkiArena Andermatt Sedrun und Resort Dieni (Leitbild Tujetsch 2025). Hierdurch sollen Arbeitsplätze geschaffen und Umsätze generiert werden. Bewältigung des Wirtschafts- und Strukturwandels trifft fast alle Bergregionen. Dank der Baustelle fand die Entwicklung in Sedrun verzögert statt, konnte aber nicht aufgehalten werden. 27
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