Kombilöhne in vielfältigen Varianten
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- Hede Krause
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1 Kombilöhne in vielfältigen Varianten Arbeitsmarktpolitik im Argen? Optionen der Steuerung von Hartz IV Loccum, 25. Oktober 2005 Dr. Werner Eichhorst, IZA Bonn 1/14
2 Überblick 1. Wozu Kombilöhne? 2. Wichtige Gestaltungsparameter 3. Erfahrungen mit Kombilöhnen in Deutschland und im Ausland 4. Handlungsoptionen 5. Fazit 2/14
3 Wozu Kombilöhne? 1. Hohe (Langzeit-)Arbeitslosigkeit und Nichterwerbstätigkeit (Inaktivität) unter gering qualifizierten und wettbewerbsschwächeren Arbeitskräften 2. Gering qualifizierte und wettbewerbsschwächere Arbeitskräfte können nur geringe Entlohnung erwarten bzw. erzielen 3. Niveau der Sozialleistungen (Arbeitslosengeld I und II) gibt faktisch Mindestlohn vor 4. Anreize zur Arbeitsaufnahme können bei gegebenem Sicherungsniveau für Personen mit geringer potenzieller Entlohnung sehr schwach ausfallen oder negativ sein dies gilt insbesondere in größeren Bedarfsgemeinschaften 5. Vorbereitende Qualifikation außerhalb der Arbeitsmarktes wird als weniger Erfolg versprechend als training on the job mit konkreter Arbeitserfahrung angesehen Deshalb: Kombination von Transfer- und Erwerbseinkommen soll Arbeitsanreize stärken und gleichzeitig existenzsicherndes Einkommen gewährleisten 3/14
4 Wichtige Gestaltungsparameter 1. Niveau und Dauer der gewährten Sozialleistungen 2. Ausmaß der Anrechnung von Erwerbseinkommen auf Sozialtransfers (marginale Belastung, Transferentzugsrate) 3. Befristete/unbefristete individuelle Förderung (nur Neueinstellungen oder Bestand?) 4. Regional/zeitlich beschränkte Modellversuche oder dauerhafte, flächendeckende Einrichtung 5. Förderung des Arbeitgebers und/oder des Arbeitnehmers 6. Breite oder enge Eingrenzung der Zielgruppe (z.b. nur Transferbezieher) 7. Verbindung mit Interventionen der aktiven und aktivierenden Arbeitsmarktpolitik 4/14
5 Erfahrungen mit Kombilöhnen in Deutschland Ausgewählte Beispiele Mainzer Modell: degressiver und befristeter Zuschuss zu Sozialbeiträgen und Kindergeldzuschlag für Geringverdiener (überwiegend aus Transferbezug) -> vernachlässigbar Einstiegsgeld Baden-Württemberg: zeitlich befristeter erhöhter Freibetrag bei Erwerbstätigkeit aus Sozialhilfe heraus -> geringe Effekte Mini- und Midijobs: potenzielle Einstiegsmodelle -> Minijobs für Transferbezieher jedoch nur als Teilerwerbstätigkeit attraktiv, ansonsten Hinzuverdienst für Verheiratete, Rentner etc. Magdeburger Alternative: Befreiung der Arbeitgeber von Sozialabgaben bei Einstellung in niedrigster Lohnstufe (Stundenlohn) + Entlastung für einen bereits Beschäftigten + strikte Zumutbarkeit -> biete Anreize zum Missbrauch durch fiktive Arbeitszeitverlängerung, zementiert Tariflohnstruktur, sorgt für massive Aufstiegsbarrieren, Ungleichbehandlung von bestehenden und neu gegründeten Betrieben 5/14
6 Erfahrungen mit Kombilöhnen in Deutschland Ausgewählte Beispiele Hinzuverdienst im ALG II: nach Neuregelung 100 von Bruttoentgelt anrechnungsfrei, bis %, dann 10% bis 1.200/ > Anreiz zur Ausübung einer Teilzeittätigkeit unter Fortsetzung des Transferbezugs Einstiegsgeld im SGB II: auf max. 24 Mo. befristete Ergänzungsleistung bei Arbeitsaufnahme aus ALG II; Gewährung, Höhe (max. ALG II) und Dauer nach Ermessen; in der Praxis oft degressiv ausgestaltet, aber bis dato selten eingesetzt; dauerhafte Aufwärtsmobilität fraglich -> Rückfall in Transferbezug Ein-Euro-Jobs: häufig Hinzuverdienst für Langzeitarbeitslose in Teilzeit; kein effektives Instrument des worktest -> Gefahr von lock in -Effekten mit geringer Arbeitssuchintensität; keine Anreize zum Wechsel in reguläre Beschäftigung mit niedriger Entlohnung; Eigeninteresse der Träger an Ein-Euro-Jobs statt an Abgang in reguläre Beschäftigung De facto bereits flächendeckende Kombilöhne in Deutschland! 6/14
7 2. Ausländische Erfahrungen In work benefits : Steuergutschriften in Staaten mit geringen Sicherungsleistungen, hoher Lohnspreizung und strikter Aktivierung (USA, GB) -> starke Effekte auf Arbeitsaufnahme einer (der ersten) Person in erwerbslosen Haushalten Verminderte Sozialbeiträge der Arbeitgeber und (begrenzte) Steuergutschriften in kontinentaleuropäischen Staaten (NL, F) -> begrenzte, eher schwache Effekte auf Arbeitsnachfrage und Arbeitsangebot im Niedriglohnsegment 7/14
8 Handlungsoptionen Kombilöhne bei gegebenem Sicherungsniveau Entweder sehr teuer, wenn flächendeckend und dauerhaft angelegt (+ Anreiz zur Kombination von Transferbezug mit Teilzeitarbeit) Oder eng auf Zielgruppen begrenzt und deshalb nur von begrenzter Bedeutung Zusätzliche Drehtüreffekte bei befristeten Kombilohnmodelle Spricht eher für Verzicht auf weitere Kombilohnexperimente und eher für Rückbau vorhandener Kombilohnregelungen in diesem Rahmen 8/14
9 Stärkere und nachhaltige Erwerbsintegration von wettbewerbsschwächeren Personen nur durch: 1. Erhöhung der Lohnspreizung über Senkung der Sozialleistungen + Aufstockung des Arbeitsentgelte über generellen Kombilohn, ggf. in öffentlichen Arbeitsgelegenheiten (ifo-modell) 2. Oder generelle Durchsetzung von Workfare bei konstantem Sicherungsniveau Gewährung von Transferleistungen nur gegen Arbeitsleistung in Vollzeit -> Wegfall von Zeit für schattenwirtschaftliche Aktivitäten erhöhte Konzessionsbereitschaft der Transferbezieher -> häufigere Übergänge in gering entlohnte reguläre Beschäftigung ohne Kombilohn und Transferentzugsproblematik, aber mit Aufstiegsmöglichkeiten nur für Personen, die nicht auf gering entlohnte Arbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt übergehen können, bleiben dauerhafte Arbeitsgelegenheiten erforderlich 9/14
10 Ergebnisse eines Laborexperiments zu Workfare (IZA) Experimentelle Untersuchung zu Workfare (Transferbezug mit Arbeitsverpflichtung) im Vergleich zu Welfare (ohne Arbeitsverpflichtung) Experiment mit Studierenden, teilweise als Erwerbstätige, teilweise als Transferbezieher bezeichnet; einfache Tätigkeit (Zählen von 0 auf Blatt mit 0 und 1) als Gegenstand der Erwerbstätigkeit und der Arbeitsverpflichtung: Wahl zwischen Erwerbstätigkeit und Welfare/Workfare: Erwerbstätigkeit: 1 bis 9 Euro für 5 Seiten Welfare: 4 Euro für 0 Seiten Workfare: 4 Euro für 9 Seiten Ergebnis: Reservationslohn sinkt von 6 auf 3 Euro, wenn Transferbezug mit Arbeitsverpflichtung verbunden wird Armin Falk, David Huffman, Konrad Mierendorff: Incentive Effects and Political Aceptability of Workfare, mimeo, Bonn /14
11 Effekte von Workfare auf Reservationslohn number of sheets Incentive effects are significant. 5 sheets (p<.0001) 10 sheets (p<.0051) Wilcoxon Rank test. welfare workfare 11/14
12 12/14
13 Unterstützung von Workfare in experimenteller Situation Voting decision (N=73) Welfare, 16% Workfare, 84% 13/14
14 Fazit Es gibt keine sanfte Therapie mit konstantem Sicherungsniveau und lediglich positiven Anreizen für alle Transferbezieher! Akzeptanz von höherer Lohnspreizung und Arbeitsverpflichtung (Leistung und Gegenleistung) notwendig Die vorhandenen Aktivierungsinstrumente sind konsequent zu implementieren Andernfalls: 1. Persistenz geringer Erwerbstätigkeit von gering qualifizierten oder wettbewerbsschwächeren Arbeitskräften 2. Dauerhafte Exklusion vom Arbeitsmarkt mit entsprechenden Armutsrisiken 3. Verharren in aufstockenden Teilzeittätigkeiten 4. Weiterhin hohe Belastungen mit Steuern und Beiträgen mit ihrerseits negativen Effekten auf den Arbeitsmarkt Wäre das gerecht und akzeptabel? 14/14
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