Wissensbasierte Systeme/ Expertensysteme. Teil 2
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- Monica Neumann
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1 Wissensbasierte Systeme/ Expertensysteme Teil 2 BiTS, Sommersemester 2004 Dr. Stefan Kooths KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 1
2 Gliederung 1. Einführung und Einordnung 2. Entscheidungsunterstützung(ssysteme) 3. Künstliche Intelligenz und Expertensysteme im Überblick 4. Wissensrepräsentation und Inferenz 5. Entwicklung von Expertensystemen 6. Wissensmanagement 7. Zusammenfassung und Ausblick KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 2
3 4. Wissensrepräsentation und Inferenz Formale Logik (Aussagen-/Prädikatenlogik) und logisches Schließen Produktionssysteme und regelbasierte Inferenz Strukturen und Strategien der Zustandsraumsuche Simulation und modellbasiertes Schließen Frames und Skripte Fallbasiertes Schließen Umgang mit Unsicherheit Erklärungen und Metawissen KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 3
4 Formale Logik Aussagenlogik Sprache für Aussagen über die Welt Schlussfolgern durch rein formale Rechenoperationen über 2000 Jahre alt Aussagen kleinstes Element der Sprache (Atome) Symbole: Großbuchstaben aus dem hinteren Teil des Alphabets (P,Q,R,...) zweiwertig: wahr oder falsch (Grundsatz vom ausgeschlossenen Dritten) Sätze (auch: Formeln) Atome oder Verknüpfung von Atomen Verknüpfung durch Junktoren (,,,, =) Gruppierung zur Auswertungssteuerung: () und [] Interpretation: Auswertung über Wahrheitstafeln KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 4
5 Definition: Sätze der Aussagenlogik KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 5
6 Semantik der Aussagenlogik rein logisch-formal Zuweisung von Wahrheitswerten für Atome Anwendung logischer Regeln und Gesetze Auswertung über Wahrheitstafeln Übung: Elementare Wahrheitstafeln Negation Konjunktion Disjunktion Implikation Äquivalenz KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 6
7 Gesetze der Aussagenlogik KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 7
8 Schlussregeln: Modus ponens und Modus tollens Modus ponens Es gelte: P Q Wenn es regnet, wird die Straße nass. P Es regnet. Dann lässt sich schließen: Q Die Straße ist nass. Modus tollens Es gelte P Q Wenn es regnet, wird die Straße nass. Q Die Straße ist nicht nass. Dann lässt sich schließen: P Es regnet nicht. KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 8
9 Extensionalität Wahrheitswerte sind nicht zwingend sinnvoll Beispiel 1 (Kommutativität) P: Das Unternehmen wurde zahlungsunfähig. Q: Alle Mitarbeiter wurden entlassen. P Q = Q P? Beispiel 2 (logische Implikation) P: Eine Bilanz enthält Stromgrößen. Q: Die Eigenkapitalrendite ist unabhängig vom Gewinn. P Q? KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 9
10 Prädikatenlogik Aufspalten der atomaren Sätze der Aussagenlogik Prädikate bezeichnen Beziehungen/Eigenschaften Schlussregeln zur Bearbeitung prädikatenlogischer Ausdrücke Variablen für allgemeine Aussagen über Klassen von Elementen Beispiele Die Rendite der BMW-Aktie ist hoch wird repräsentiert als rendite(bmw_aktie,hoch) Verwendung von Variablen Menge aller Wertpapiere X mit hoher Rendite rendite(x,hoch) KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 10
11 Prädikatenlogische Symbole 1 Alphabet Groß- und Kleinbuchstaben Ziffern 0,1,...,9 Unterstrich Konstante konkrete Objekte der realen Welt beginnen mit Kleinbuchstaben (bmw3er) true/false als Wahrheitssymbole Variable allgemeine Klassen von Objekten oder Eigenschaften beginnen mit Großbuchstaben (Auto) gelten nur lokal KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 11
12 Prädikatenlogische Symbole 2 Funktionen Abbildung von einem oder mehreren Elementen einer Menge (Domäne der Funktion) auf eindeutiges Element einer anderen Menge (Bereich der Funktion) beginnen mit Kleinbuchstaben Stelligkeit = Anzahl der Domänenelemente Auswertung: Ersetzung einer Funktion durch deren Wert Beispiele Terme preis(bmw3er) summe(x,y) Konstantenausdrücke Variable Funktionsausdrücke Funktionsausdruck Funktionssymbol der Stelligkeit n, der n Terme folgen, die in runden Klammern eingeschlossen sind und durch Kommas getrennt werden. KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 12
13 Prädikatenlogische Symbole 3 Prädikate Beziehung zwischen null oder mehreren Objekten der realen Welt beginnen mit Kleinbuchstaben Stelligkeit (identifiziert Prädikat!) Beispiele schneller(porsche,golf) gewinnabfuehrung(bmwkonzern,mini) atomarer Satz (Atome) Prädikat der Stelligkeit n, dem n in Klammern eingeschlossene und durch Kommas getrennte Terme folgen endet mit einem Punkt Wahrheitswerte true/false sind auch atomare Sätze KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 13
14 Prädikatenlogische Sätze bestehen aus Atomen Verknüfpung durch Junktoren (,,,, =) Variablenquantoren Existenzquantor ( es gibt mind. ein/eine ) Beispiel: Y schneller(y,bmw3er). Allquantor ( für alle gilt, dass ) Beispiel: X (hinterradantrieb(x) bmw(x)). wohlgeformte Ausdrücke kann rekursiv getestet werden (vgl. Luger, S. 80/81) KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 14
15 Beispiele (Verwandtschaftsbeziehungen) mutter(eva,abel). mutter(eva,kain). vater(adam,abel). vater(adam,kain). X Y vater(x,y) mutter(x,y) elternteil(x,y). X Y Z elternteil(x,y) elternteil(x,z) geschwister(y,z). mutter(daimlerchrysler,mercedes). mutter (daimlerchrysler,chrysler). X Y Z mutter(x,y) mutter(x,z) schwestern(y,z). KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 15
16 Semantik der Prädikatenlogik Bedeutung wohlgeformter Ausdrücke im Hinblick auf Objekte, Eigenschaften und Beziehungen der realen Welt (= Diskursdomäne) formale Grundlage für die Wahrheitswertbestimmung abhängig von der Abbildung von Termen und Prädikaten auf Objekte/Relationen der realen Welt Variablen als Dummies CWA = Closed World Assumption unendlich große Domäne: Quantifizierung (, ) führt zu Unentscheidbarkeit der Prädikatenlogik Mielke: Aber ich mag doch alle Menschen. X (mensch(x) mag(mielke,x)). KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 16
17 Interpretation in Bezug auf eine Domaine D Variablen sind reine Platzhalter und können beliebig ersetzt werden, ohne dass sich die Bedeutung eines Ausdrucks ändern würde X (mensch(x) mag(mielke,x)). Lebewesen (mensch(lebewesen) mag(mielke,lebewesen)). KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 17
18 Prädikatenlogik erster und höherer Stufe Prädikatenlogik erster Stufe: Quantifizierung nur für Objekte, nicht für Prädikate oder Funktionen implementiert in (deklarativer) Programmiersprache PROLOG Prädikatenlogik höherer Stufe Quantifizierung auch für Prädikate/Funktionen Bsp.: (Mag) Mag(dieter,herthabsc). KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 18
19 Duden Informatik: Prolog 1 KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 19
20 Duden Informatik: Prolog 2 KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 20
21 Beispiel (Bausteinwelt) beachte: Reihenfolge der Aktionen wird implizit kodiert, da Regeln von links nach rechts abgearbeitet werden KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 21
22 Prädikatenlogisches Schlussfolgern Ziel: ausgehend von einer Menge wahrer Aussagen auf neue korrekte Ausdrücke schließen korrekt = konsistent mit allen vorherigen Interpretationen der ursprünglichen Menge von Aussagen Eine Interpretation, die einen Satz wahr macht, heißt Interpretation, die den Satz erfüllt. Eine Interpretation, die jedes Element einer Menge von Ausdrücken S erfüllt, heißt Interpretation, die die Menge S erfüllt. Ein Ausdruck P folgt logisch aus einer Menge prädikatenlogischer Ausdrücke S, wenn jede Interpretation, die S erfüllt, auch P erfüllt. KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 22
23 Klassisches Beispiel/Abgrenzung Menge S X mensch(x) sterblich(x). mensch(sokrates). Ausdruck P sterblich(sokrates). logisch folgern heißt nicht, dass P aus S abgeleitet wird oder dass P aus S ableitbar wäre sondern, dass P für jede Interpretation wahr ist, die S erfüllt. KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 23
24 Schlussregeln Mittel, um mechanisch aus bestehenden Sätzen neue prädikatenlogische Sätze zu erzeugen (um nicht alle Interpretationen ausprobieren zu müssen) Modus ponens (Modus der Behauptung, s.o.) Modus tollens (Modus der Widerlegung, s.o.) Und-Eliminierung: aus (P Q) wahr folgt, dass P wahr und Q wahr ist Universelle Instantiierung Ersetzen einer Allvariablen durch Term aus der Domäne ergibt einen wahren Satz wenn a aus Domäne von X, dann kann man aus dem wahren Satz X p(x) schließen, dass p(a) wahr ist KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 24
25 Unifikation Einsatz von Schlussregeln Wann sind zwei Ausdrücke gleich? Wie lassen sich zwei Ausdrücke gleich machen? Aussagenlogik trivial (syntaktische Identität) Prädikatenlogik nicht trivial, wegen Variablen bzw. Quantoren Unifikation: Substitutionsalgorithmus, um zwei quantifizierte Ausdrücke zur Übereinstimmung zu bringen Zwischenziel: Quantifizierung nur über Allquantor Existenzquantor: Skolemisierung vgl. Sokrates- Beispiel Konstanten: aus Y mutter(y,mini) wird mutter(bmw,mini) Funktionen: aus X Y mutter(x,y) wird X mutter(x,f(x)) KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 25
26 Substitutionsinstanzen/Unifikationen Variable kann durch beliebigen Term ersetzt werden (auch durch andere Variablen oder Funktionsausdrücke) Notation für Ersetzungen (Bindungen) mutter(daimlerchrysler,x) X wird ersetzt/gebunden durch mercedes: {mercedes/x} mercedes ist Substitutionsinstanz für X weitere Beispiele: Unifikation des Ausdrucks foo(x,a,goo(y)). foo(fred,a,goo(z)) foo(w,a,goo(hans)) foo(z,a,goo(moo(z)) {fred/x, Z/Y} {W/X,hans/Y} {Z/X,moo(Z)/Y} KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 26
27 Substitutionsalgorithmus Konstanten sind Grundinstanzen (dürfen nicht ersetzt werden) eine Variable darf nicht gleichzeitig durch zwei verschiedene Konstanten ersetzt werden eine Variable X darf nicht durch Term ersetzt werden, der wiederum X enthält (sonst unendlicher Regress) Occur- Check Konsistenz: einheitliche Bindung in allen Ausdrücken, in denen Variable vorkommt (Bsp.: Sokrates) Konzept der Verknüpfung X/Y, V/X, a/v ist äquivalent mit a/y möglichst allegemeine Vereinheitlichung (mgu) statt: peter/x und peter/y in p(x) und p(y) lieber: Z/X, Z/Y KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 27
28 Unifikation durch syntaktischen Mustervergleich effektive Vernachlässigung (!) der prädikatenlogischen Unterscheidung zwischen Prädikatssymbolen, Funktionssymbolen und Argumenten Satz als Liste mit Prädikats-/Funktionssymbol als erstem Element KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 28
29 Pseudocode für rekursive Funktion unify KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 29
30 Beispiel Frage: Wann sind die folgenden Ausdrücke gleich? eltern(x,vater(x),mutter(bill) eltern(bill,vater(bill),y) in Listenschreibweise (eltern X (vater X) (mutter bill)) (eltern bill (vater bill) Y) Funktionsaufruf: unify((eltern X (vater X) (mutter bill)), (eltern bill (vater bill) Y)) KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 30
31 Anwendung: Finanzberater Entscheidungsalternativen (Anlageform) Sparguthaben Aktien Kombination aus beiden Kriterien bei inadäquatem Sparguthaben zunächst Sparguthaben erhöhen (unabhängig vom Einkommen) bei adäquatem Sparguthaben und adäquatem Einkommen Aktienanlage in Betracht ziehen bei geringem Einkommen und adäquatem Sparguthaben Aufteilung auf beide Anlageformen Berechnung adäquater Größen (abh. Familienmitglieder) Sparguthaben: mind pro AFM Jahreseinkommen: regelmäßig und mind pro AFM KOOTHS BiTS: Wissensbasierte Systeme/Expertensysteme Teil 2 31
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