Toxoplasmose in Namibia Studie über die Prävalenz von Antikörpern bei zwei Frauenkollektiven aus Windhoek und Rundu/Kavango
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- Brigitte Meyer
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1 Mill. Öslerr. Ges. Tropenmcd. Parasilol. 17 (1995) Institut für Allgemeine Hygiene und Tropenhygiene der Universität Göttingen Toxoplasmose in Namibia Studie über die Prävalenz von Antikörpern bei zwei Frauenkollektiven aus Windhoek und Rundu/Kavango Alexa Huhle-Schmidbauer, W. Bommer Einleitung Toxoplasma gondii ist ein obligat intrazellulärer Parasit, der weltweit vorkommt und zu unterschiedlichen Krankheitsmanifestationen des Menschen führen kann. Seit Anfang der achtziger Jahre erlebte die Toxoplasmose in Zusammenhang mit der infektiösen Immun schwäche (AIDS), als eine der häufigsten und gefährlichsten opportunistischen Infektionen dieser Patienten, eine traurige Renaissance. Bekanntlich hat die Toxoplasmose bei Erstinfek tionen Schwangerer eine besondere Bedeutung. Abhängig von dem Stadium der Schwanger schaft können schwerwiegende kongenitale Schäden auftreten. Ziel muß sein, durch welt weite Präventivmaßnahmen die Infektion schwangerer Frauen zu reduzieren. Da die Antikör perprävalenz gebärfähiger Frauen erhebliche regionale Unterschiede aufweist, müssen dafür verantwortliche Faktoren genauer untersucht werden. Der Mensch kann sich über zwei Hauptübertragungswege mit dem Protozoon, dessen Hauptwirt die Katze ist, infizieren. Die Lebensweise der Bevölkerung und das vorherrschende Klima beeinflussen maßgeblich den Übertragungsmodus: die orale Aufnahme von Gewebszysten aus infiziertem Fleisch oder von Oozysten in Katzenfaeces. Ziel der vorliegenden Studie war es, die Durchseuchung der weiblichen Bevölkerung in zwei verschiedenen Regionen Namibias zu ermitteln und Unterschiede in der Seroprävalenz auf die oben genannten Einflüsse zurückzuführen. Material und Methoden Von 350 Frauen aus Windhoek, der Hauptstadt Namibias, und von 328 Frauen aus dem Norden des Landes (Rundu/Kavango) wurden Serumproben gewonnen. Die Auswahl der schwarzafrikanischen Frauen im Alter zwischen 14 und 47 Jahren erfolgte zufällig. Die Probandinnen befanden sich entweder in stationärer Behandlung auf internistischen und gynäko logischen Stationen oder stellten sich in der öffentlichen Schwangerschaftssprechstunde vor. Die gewonnenen Blutproben wurden vor Ort zentrifugiert und bei -20 C tiefgefroren. Anschließend wurden die Seren in Göttingen mit dem Indirekten Immunfluoreszenztest (IFT) der Firma bio Merieux (Grenztiter: 1:16) und dem Toxonostika IgG-Microelisa System der Firma Organon Teknika (Grenztiter 1 : 100) auf Toxoplasma spezifische IgG-Antikörper unter sucht. IgM-Antikörper wurden mit dem Toxonostika IgM-Microelisa System der Firma Orga non Teknika (Grenztiter 1 : 100) nachgewiesen. Epidemiologische Daten zur Fragestellung dieser Studie wurden mittels Fragebogen er hoben. 23
2 50% 40% 30% 10% 0% Diagramm 35% 30% 25% 15% - 10% - 5% ; 0% 4 Diagramm 2 47% 37% 38% 32% Verteilung der Titerhöhen 17% BRundu n=87 DWindhoek n=76 2% 3% l o / o 3% 01:16 1:64 1:256 1:1000 1:4000 Titerbereiche Verteilung der positiven Proben in den Altersgruppen»15%-- 34% 32% Altersgruppen ALTERSVERTEILUNG DER BEIDEN KOLLEKTIVE Rundu Windhoek Rundu DWindhoek Ergebnisse Das Ergebnis der Toxoplasmose-Serologie zeigt einen Unterschied in der IgG- Antikörperprävalenz der beiden Kollek tive. Im IFT hatten 27% der Frauen aus den nördlichen Regionen Namibias po sitive Antikörper gegenüber 2296 aus dem Kollektiv Windhoek. Der IgG-ELISA zeigte eine prozentual etwas niedrigere Durchseuchung mit 2696 im Norden ge genüber 2096 in Windhoek. Bei fünf IFT positiven Seren im Grenzbereich konn ten im ELISA keine Anitkörper nachge wiesen werden. Im ebenfalls durchge führten IgM-ELISA konnte bei keiner der Patientinnen aus dem Norden eine positive Serologie gefunden werden. In Windhoek war lediglich eine Probe IgM- Antikörper positiv. Bei Vergleich der prozentualen Verteilung der Titerhöhen fällt auf, daß in Windhoek der Anteil der Titer 1 : 16 und 1 : 64 nahezu gleich ist (3796 bzw. 3896). Annähernd die Hälfte des Kollektivs aus dem Norden hat ei nen Titer von 1:16 (4796), und nur 3296 der Frauen haben einen Titer von 1 : 64. Auf eine akute Infektion lassen IFT-Titer der Bereiche 1:1.000 und 1:4.000 schließen. Im Kollektiv aus dem Norden hatten 396 der Patientinnen Antikörper in dieser Titerhöhe, in Windhoek 696 (siehe Diagramm 1). Der prozentuale Anteil seropositiver Proben innerhalb der jeweiligen Alters gruppe ergab keinen signifikanten Un terschied zwischen den beiden Kollekti ven. Es fällt jedoch auf, daß die Durch seuchung mit Zunahme des Alters an steigt (siehe Diagramm 2). Setzt man die Verteilung der unter schiedlichen Titer in Beziehung zu den Altersgruppen, so weisen die Frauen des Kollektivs aus Rundu und Umge bung in den jungen Altersgruppen eine höhere Antikörperprävalenz des nied rigsten Titerbereiches auf, was auf eine länger zurückliegende Infektion schlie ßen läßt. So haben im Norden 4096 der 14-20jährigen, 4496 der 21-25jährigen und 3796 der 26-30jährigen Antikörper des Titerbereichs 1:16. In Windhoek 24
3 Österr. Ges. f. Tropenmedizin u. Parasitologie, download unter Vergleich der beiden Kollektive : Titerhöhe 1:16 in Abhängigkeit der Altersgruppe 75% 80% 70% 60% 50% 40% wurden bei 2096 der jüngsten Alters gruppe, bei 3196 der 21-25jährigen und bei 3296 der 26-30jährigen IgG-Antikörper der niedrigsten Titerstufe gefun den (siehe Diagramm 3). --44%4U% 30% 37% 32% 31% "32% 33%" 10% 0% Altersgruppen Die Auswertung der Patientendaten hinsichtlich eventueller Einflußfaktoren auf die Infektionswahrscheinlichkeit (Katzenkontakt, Berufsexposition, Er nährung, bodennahe Lebensweise, hygienische Verhältnisse) ergab keine Unterschiede zwischen den beiden Kol lektiven. So konnte keine erhöhte Prä valenz von Antikörpern bei Frauen mit Rohfleischverzehr festgestellt werden und die Durchseuchung der Patientin nen mit Katzenkontakt lag in beiden Kollektiven nur 296 über der Gesamt durchseuchung. Ebenso gab es keinen nennenswerten Unterschied der Antikörperprävalenz zwischen den ethnischen Gruppen innerhalb der Kollektive. Diagramm 3 Diskussion Die Studie ergab, daß 2796 (n = 87) der weiblichen Bevölkerung aus dem Norden des Landes im IFT seropositiv waren im Gegensatz zu 2296 (n = 71) in Windhoek. Die Werte sind mehr als doppelt so hoch wie in einer 1978 (1) veröffentlichten Untersu chung über die Gesamtdurchseuchung des Landes (1 196). Diese Differenz kann durch die bei den regional, geschlechtlich und dem Alter nach vorselektionierten Gruppen meiner Untersu chung bedingt sein. J A C O B S und MASON (1) untersuchten in ihrer Studie unter anderem Seren von drei verschiedenen ethnischen Gruppen in Namibia (Dama, San [Buschmänner] und Wei ße). Es wurde ein signifikanter Unterschied der Antikörperprävalenz zwischen den Dama (2796) und den verschiedenen Buschmann-Stämmen (996) beobachtet. In der weißen Bevölkerung hatten 12% Antikörper. Trotz der von mir bzw. von J A C O B S und MASON (1) untersuchten unterschiedlichen Kollektive läßt sich nicht ausschließen, daß die Durchseuchung der Bevöl kerung Namibias in den letzten 16 Jahren zugenommen hat. Eine aktuelle Untersuchung der Gesamtdurchseuchung wäre zur Klärung notwendig und ließe einen Vergleich der Toxoplasmoseprävalenz in Namibia mit anderen afrikanischen Ländern zu. Bei beiden Kollektiven steigt die durchschnittliche Durchseuchungsrate mit dem Alter an. Mit dieser Zunahme der Antikörperprävalenz in den höheren Altersklassen ist ein Abfall der entsprechenden Titerhöhen vergesellschaftet. Vergleichbare Verläufe sind in der Literatur häufig beschrieben und werden als zunehmende Wahrscheinlichkeit einer durchgemachten Infektion mit steigendem Alter interpretiert (2). Dafür spricht auch die in beiden Kollektiven gefundene niedrige Prävalenz von Serumantikörpern in den Titerbereichen 1 : und 1 : Zusammen mit dem Nachweis von IgM-Antikörpern, der bis auf eine Probe bei allen Patientinnen negativ war, lassen Serumantikörper dieser beiden hohen Titerbereiche auf eine akute Infektion schließen. Aufgrund der gewonnenen Patientendaten kann in beiden Kollektiven die Übertragung des Erregers durch zystenhaltiges Fleisch als Hauptinfektionsart ausgeschlossen werden, da keine unterschiedliche Durchseuchung der Frauen mit und ohne Rohfleischverzehr festgestellt werden konnte. Daraus läßt sich folgern, daß ein Großteil der Infektionen über Oozysten erfolgt, 25
4 deren optimale Lebensbedingungen vom Klima abhängen. Keinen Einfluß auf die unterschied liche Antikörperprävalenz scheinen die Lebensbedingungen der beiden Kollektive zu haben, da nach Auswertung des Fragebogens die für die orale Infektion mit Oozysten wichtigen Ein flußfaktoren sich nicht unterscheiden. So sind die Bewohner der nördlichen Landesteile Akkerbauern und Hirten, die in einfachen Hütten leben, die Patientinnen aus Windhoek kommen zum Großteil aus dem an das Krankenhaus angrenzenden Stadtteil Katatura und leben dort sehr primitiv in selbstgebauten Blechhütten. Das alltägliche Leben spielt sich in beiden Kol lektiven erdnah im Freien ab und läßt auf eine gleiche Wahrscheinlichkeit der Oozystenaufnahme aus kontaminierter Erde schließen. Vergleicht man das Klima der beiden Kollektive, so findet man im Norden des Landes ein niederschlagsreicheres und zugleich heißeres Klima als in Windhoek Oahresmittelniederschlag in Rundu: 609,4 mm, in Windhoek: 342 mm; Jahresmitteltemperatur in Rundu: 22,4 C, in Windhoek: 18,8 C) (3). Da die Überlebensfähigkeit der Oozysten mit der Höhe der Temperatur und der Menge des Niederschlags zu- und die Sporulationsdauer abnimmt, kann die festge stellte höhere Antikörperprävalenz der Frauen aus dem Norden Namibias als Folge dieser klimatischen Faktoren interpretiert werden, da die Infektionswahrscheinlichkeit mit der Oozystendurchseuchung des Bodens ansteigt. Der hohe Nachweis von Antikörpern des niedrigsten Titerbereichs bei den 14-20jährigen Frauen aus dem Norden des Landes läßt auf eine Infek tion in der frühen Kindheit schließen und unterstützt die Vermutung, daß dort die Oozystenprävalenz höher ist als in der Hauptstadt. Zusammenfassung Schlüsselwörter Von 328 Frauen aus dem Norden Namibias und von 350 Frauen aus Windhoek, der Haupt stadt des Landes, wurde die Antikörperprävalenz gegen Toxoplasma gondii mit Hilfe der ELISA unddes IFT ermittelt. Als Hauptinfektionsweg muß in beiden Kollektiven die orale Auf nahme von Oozysten gelten. Die höhere Seroprävalenz der nördlichen Bevölkerung wurde auf das die Lebensdauer und Sporulationsfähigkeit der Oozysten beeinflussende Klima dieser Re gion zurückgeführt. Es konnte keine unterschiedliche Antikörperprävalenz innerhalb der ver schiedenen ethnischen Gruppen beobachtet werden. Toxoplasmose, Namibia, Epidemiologie, Klima. summary Toxoplasmosis in Namibia A survey of the antibody prevalence in two different groups of black woman from Windhoek and Rundu/Kavango The prevalence of antibodies against Toxoplasma in 328 women from the north of Namibia and in 350 women from Windhoek were studied using the ELISA and the IFT technique. Both groups comprising black women were aged between 14 to 48 years. The seropositivity rate was 2796 in the group from the north and 2296 in the women from Windhoek. In both groups oral infection by oocysts seems to be the main way of transmission. There was no difference in the prevalence between different ethnic groups. It is supposed that the marked differences in prevalence between the two groups is caused by climatic conditions which may influence the survival and sporulation of oocysts. Key words Toxoplasmosis, Namibia, Epidemiology, Climate. 26
5 Literatur JACOBS, M. R., MASON, M. (1978): Prevalence of Toxoplasma antibodies in Southern Africa. South African Medical Journal 53, PIEKARSKI, G. (1977): Die Toxoplasmose. Medizinische Welt 28, Wissenschaft und Forschung in Südwest (1976): Verlag der südwestafrikanisch wissenschaftlichen Gesellschaft Windhoek 14, Korrespondenzadresse: Alexa Huhle-Schmidbauer Institut für Allgemeine Hygiene und Tropenhygiene der Universität Göttingen Windausweg 2 D Göttingen Bundesrepublik Deutschland 27
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