Die schulische Integration der Migrantenkinder in Europa



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EURYDICE Die schulische Integration der Migrantenkinder in Europa Maßnahmen zur Förderung: der Kommunikation mit Migrantenfamilien des muttersprachlichen unterrichts für Migrantenkinder April 2009 Europaïsche Kommission

Die schulische Integration der Migrantenkinder in Europa Maßnahmen zur Förderung: - der Kommunikation mit Migrantenfamilien - des muttersprachlichen Unterrichts für Migrantenkinder April 2009 Eurydice

Dieses Dokument wurde von der Exekutivagentur Bildung, Audiovisuelles und Kultur (EACEA P9 Eurydice) veröffentlicht. Erhältlich in Deutsch (Die schulische Integration von Migrantenkindern in Europa. Maßnahmen zur Förderung der Kommunikation mit Migrantenfamilien und des muttersprachlichen Unterrichts für Migrantenkinder), Englisch (Integrating immigrant children into schools in Europe: Measures to foster communication with immigrant families and heritage language teaching for immigrant children) und Französisch (L'intégration scolaire des enfants immigrants en Europe: dispositifs en faveur de la communication avec les familles immigrantes et l'enseignement de la langue d'origine des enfants immigrants). Redaktionsschluss: April 2009 Exekutivagentur für Bildung, Audiovisuelles und Kultur, 2009. Der Nachdruck ist ausgenommen zu kommerziellen Zwecken in Auszügen gestattet, muss aber mit dem ungekürzten Vermerk Eurydice-Netz, gefolgt von dem Erscheinungsjahr der Veröffentlichung eingeleitet werden. Anfragen um Genehmigung des vollständigen Nachdrucks des Dokuments sind an die EACEA P9 Eurydice zu richten. Exekutivagentur für Bildung, Audiovisuelles und Kultur P9 Eurydice Avenue du Bourget 1 (BOU2) B-1140 Brüssel Tel. +32 2 299 50 58 Fax +32 2 292 19 71 E-Mail: eacea-eurydice@ec.europa.eu Website: http://www.eurydice.org

VORWORT Im Rahmen des Jahres 2008 des interkulturellen Dialogs und in Verbindung mit der Ausarbeitung eines Grünbuchs über die Verbindungen zwischen Bildung und Migration ( 1 ) wurde das Netzwerk Eurydice von der Europäischen Kommission aufgefordert, eine teilweise Aktualisierung der im Jahr 2004 durchgeführten Erhebung zur schulischen Integration von Migrantenkindern in Europa vorzunehmen ( 2 ). Die Wahl fiel auf zwei Dimensionen, die in diesem Kontext von besonderer Relevanz sind. Es handelt sich einerseits um die Stärkung der Kommunikation zwischen den Schulen und den Familien von Migrantenschülern und andererseits um den Unterricht in der Herkunftssprache der Migrantenschüler. Die Beschreibung der heute in den europäischen Schulsystemen hinsichtlich dieser beiden Dimensionen angewandten Politiken und Maßnahmen sollte es ermöglichen, die im Zusammenhang mit dem Grünbuch angestellten Überlegungen, insbesondere in Bezug auf die Schlüsselfragen nämlich die Berücksichtigung der zunehmenden Vielfalt der an der Schule vertretenen Herkunftssprachen und der Aufbau von Beziehungen zu den Familien von Migrantenschülern in einen Zusammenhang zu stellen. Die analysierten Maßnahmen werden im Rahmen des Schulsystems durchgeführt, auch dann, wenn möglicherweise private Akteure oder Akteure von Nichtregierungsorganisationen bei ihrer Umsetzung mitwirken. Rein private Initiativen (von Botschaften, diplomatischen Vertretungen und anderen Akteuren) werden nicht berücksichtigt, auch wenn diese in manchen Ländern eine wichtige Ergänzung zu den Bemühungen an den Schulen darstellen können. Ein Migrantenkind wird in diesem Dokument als ein in einem anderen Land (europäisch oder außereuropäisch) geborenes Kind oder als Kind, dessen Eltern oder Großeltern in einem anderen Land geboren sind, definiert. Der Begriff Migrantenkind" deckt daher verschiedene Situationen ab, die in anderen Kontexten mit Zuwandererkinder", Immigrantenkinder" oder Kinder mit Migrationshinterground" beschrieben werden können. Es kann sich um legal ansässige Kinder und Familien, Asylsuchende oder Flüchtlinge, aber auch um illegale Einwanderung handeln. Kinder aus seit mehr als zwei Generationen legal im Aufnahmestaat ansässigen Familien fallen nicht unter diese Definition. Maßnahmen, die insbesondere auf Migranten innerhalb eines Staates, beispielsweise Roma und Traveller, ausgerichtet sind, sowie Maßnahmen, die sich auf Gruppen ethnischer oder nationaler Minderheiten beziehen, sind nicht Gegenstand einer vergleichenden Analyse im Rahmen dieses Dokuments. Solche Maßnahmen werden jedoch berücksichtigt, soweit sie Migrantenkindern zugutekommen und falls für diese keine weiteren spezifischen Maßnahmen existieren. Die bereitgestellten Informationen betreffen das Bezugsjahr 2007/08. Sie entstammen den von den nationalen Abteilungen des Eurydice-Netzwerks (mit Ausnahme der Türkei) ausgefüllten Fragebögen. Sie decken die Vorschul-, Primar- und Sekundarstufe des allgemeinbildenden Unterrichts des öffentlichen Sektors bzw. des staatlich subventionierten privaten Sektors (Belgien, Irland und Niederlande) ab. Die statistischen Angaben stammen von Eurostat sowie aus den Studien PISA und IGLU 2006; ferner wurden auch bestimmte nationale Quellen verwendet. ( 1 ) Migration und Mobilität: Chancen und Herausforderungen für die EU-Bildungssysteme. Brüssel, 3.7.2008. KOM (2008) 423 endgültig. ( 2 ) Eurydice 2004, Die schulische Integration der Migrantenkinder in Europa. 3

INHALTSVERZEICHNIS Vorwort 3 Inhaltsverzeichnis 5 Kapitel 1. Kommunikation zwischen den Schulen und den Migrantenfamilien 7 1.1. Die Mehrzahl der Staaten veröffentlicht Informationen über das Schulsystem in der Muttersprache der Migrantenfamilien 8 1.2 Die Inanspruchnahme von Dolmetschern: befürwortet und gefördert, aber selten ein Rechtsanspruch 11 1.3. Ansprechpartner für die Aufnahme und Beratung von Migrantenschülern: oftmals Lehrkräfte, selten etablierte Strukturen 14 Kapitel 2. Unterricht in der Herkunftssprache der Migrantenkinder 19 2.1. Zwei wesentliche Formen der Organisation von Muttersprachenkursen für Migrantenschüler: bilaterale Abkommen und Übernahme durch das nationale Schulsystem 21 2.2. Bessere Entsprechung zwischen den Fremdsprachenkursen und den Herkunftssprachen der Migrantenschüler 26 2.3. Diverse nationale politische Strategien im Bildungsbereich basieren auf der sprachlichen und kulturellen Vielfalt an den Schulen 27 Schlussfolgerungen 29 Codes und Abkürzungen 31 Verzeichnis der Abbildungen 33 Impressum 35 5

KAPITEL 1. KOMMUNIKATION ZWISCHEN DEN SCHULEN UND DEN MIGRANTENFAMILIEN Die Einbindung der Eltern in die schulische Betreuung ihrer Kinder ist wichtig für den schulischen Erfolg der Kinder ( 3 ). Dabei werden zahlreiche Migranteneltern jedoch möglicherweise mit sprachlichen oder kulturellen Schwierigkeiten konfrontiert. Maßnahmen, mit denen ein guter Informationsfluss zwischen der Schule und den Migrantenfamilien sichergestellt werden soll, insbesondere durch die Verwendung anderer als der an der Schule verwendeten Sprachen, sind in dieser Hinsicht von ausschlaggebender Bedeutung. Hier werden drei Mechanismen für die Kommunikation zwischen der Schule und den Migrantenfamilien betrachtet: Die Veröffentlichung von schriftlichen Informationen über das Schulsystem in der Herkunftssprache der Migrantenfamilien, die Inanspruchnahme von Dolmetschern in vielfältigen Situationen des schulischen Lebens und die Benennung von Ansprechpartnern (sogenannten Ressourcenpersonen ), beispielsweise Mediatoren, die speziell für die Aufrechterhaltung einer Beziehung zwischen den Migrantenschülern sowie deren Familien und der Schule zuständig sind. Abbildung 1 ordnet die Länder danach, ob sie einen oder mehrere dieser drei Mechanismen bieten, ohne allerdings zu präzisieren, ob diese insbesondere auf bestimmte Kategorien von Migrantenfamilien ausgerichtet sind (Asylsuchende, Flüchtlinge, Migranten aus einem anderen Mitgliedstaat, Migranten mit Genehmigung zur Niederlassung im Aufnahmestaat usw.). Sie enthält keine Informationen dazu, ob die Mechanismen obligatorisch, empfohlen oder allgemein üblich sind. Präzisiert wird ebenfalls nicht, innerhalb welcher bzw. welchen der vier erfassten Bildungsstufen es die Mechanismen gibt. Weitere detaillierte Informationen zu den beiden letztgenannten Punkten sind im weiteren Verlauf des Textes zu finden. Abbildung 1.1: Mechanismen für die Kommunikation zwischen Schule und Migrantenfamilien ISCED-Bereiche 0-3 des allgemeinbildenden Unterrichts, 2007/08 Keine der drei Maßnahmen Schriftliche Informationen über das Schulsystem in der Herkunftssprache Inanspruchnahme von Dolmetschern Ansprechpartner für Migrantenschüler und ihre Familien Keine Angaben verfügbar: RO Quelle: Eurydice ( 3 ) Siehe Education and Migration, strategies for integrating migrant children in European schools and societies. A synthesis of research findings for policy-makers. Report submitted to the European Commission by Prof. Dr. Friedrich Heckmann, on behalf of the Nesse network of experts. April 2008. S. 48-49. 7

Die schulische Integration der Migrantenkinder in Europa Ergänzende Anmerkungen Spanien: Die Maßnahmen werden durch die Autonomen Gemeinschaften durchgeführt und sind daher für jede der Gemeinschaften spezifisch. Zypern: Das Bildungsministerium plant ab 2009/10 die Veröffentlichung von Informationen über das Bildungssystem in acht verschiedenen Sprachen. Polen: Seit 2008/09 sehen die entsprechenden Regelungen vor, dass Schulen, die von Migrantenkindern besucht werden, Unterrichtsassistenten beschäftigen können, die die Muttersprachen dieser Schüler beherrschen und die Rolle von Dolmetschern übernehmen können. Aus Abbildung 1.1 wird ersichtlich, dass in der Hälfte der europäischen Staaten die drei im vorliegenden Dokument analysierten Mechanismen für die Kommunikation zwischen der Schule und den Migrantenfamilien parallel vorhanden sind. Die anderen Staaten bieten mehrheitlich zwei der drei Mechanismen. In Belgien (Französisch- und Deutschsprachige Gemeinschaft), in Griechenland und in Zypern liegt ausschließlich die Inanspruchnahme von Dolmetschern vor, während es in Bulgarien, Polen und der Slowakei nur die Benennung von Ansprechpartnern für die Migrantenschüler und ihre Familien gibt. Malta wendet keinen der drei Mechanismen an, aber in Anbetracht der steigenden Zahl von Migrantenschülern werden möglicherweise in naher Zukunft diesbezügliche Politiken formuliert werden. In den Staaten, in denen die Veröffentlichung von schriftlichen Informationen über das Schulsystem in der Herkunftssprache der Migrantenfamilien zur Anwendung kommt, werden generell auch Dolmetscher in Anspruch genommen und/oder Ansprechpartner benannt. 1.1. Die Mehrzahl der Staaten veröffentlicht Informationen über das Schulsystem in der Muttersprache der Migrantenfamilien In etwa zwei Drittel der Staaten werden schriftliche Informationen über das Schulsystem in diversen, im jeweiligen Hoheitsgebiet vorkommenden Herkunftssprachen von Migrantenfamilien veröffentlicht. Sie decken üblicherweise alle Bildungsstufen ab, von der Vorschulstufe bis zur Sekundarstufe II. Diese Art von Maßnahmen gibt es im Allgemeinen erst seit jüngster Zeit. Sie datieren aus dem Jahr 2007 bzw. bei manchen Ländern aus dem Jahr 2008 (Finnland und Island). In beinahe der Hälfte aller Länder sorgt die für den Bildungsbereich zuständige nationale oder oberste Behörde für diese Art von Veröffentlichung. In Luxemburg werden neben der Veröffentlichung von Dokumenten in Französisch und Deutsch (Amtssprachen) sowie in Portugiesisch (Muttersprache von 20 % der Schüler) durch das Bildungsministerium Einladungs- oder Informationsschreiben an die Eltern auf Antrag durch interkulturelle Mediatoren und Übersetzer, die mit dem Service de la scolarisation des enfants étrangers (Dienststelle für die Beschulung von ausländischen Kindern) des Bildungsministeriums zusammenarbeiten, in andere Sprachen übersetzt. In der Tschechischen Republik und in Liechtenstein sind es die für soziale Angelegenheiten zuständigen nationalen Stellen, die Informationen über das Bildungssystem in verschiedenen Sprachen veröffentlichen. Im Vereinigten Königreich (Nordirland) haben die fünf Education and Library Boards gemeinschaftlich eine mehrsprachige Website für neu zugezogene Schüler und deren Eltern aufgebaut. In manchen Ländern wird, zusätzlich zu den Initiativen des Bildungsministeriums, diese Art von Veröffentlichung auch von anderen zentralisierten Stellen herausgebracht. In Irland sind dies beispielsweise der National Council for Curriculum and Assessment, die National Qualifications Authority of Ireland, die Reception and Integration Agency, der National Educational Welfare Board, das All Ireland programme for immigrant parents und der Jesuit Refugee Service. In Portugal veröffentlicht das Büro des Hochkommissars für Migration und ethnische Minderheiten regelmäßig auf den aktuellen Stand gebrachte Broschüren von allgemeinem Interesse, die in Englisch und Russisch auf seiner Website abgerufen werden können. In Finnland und Norwegen erstellen nationale Eltern- oder Familienverbände fremdsprachige Informationen über das Bildungssystem, die für Migrantenfamilien bestimmt sind. In Island hat das Sozialministerium in mehreren Sprachen eine Broschüre mit vielfältigen Informationen insbesondere über das Bildungssystem veröffentlicht. 8

Kapitel 1. Kommunikation zwischen den Schulen und den Migrantenfamilien Abbildung 1.2: Organe, die schriftliche Informationen über das Schulsystem in den Herkunftssprachen von Migrantenfamilien veröffentlichen. ISCED-Bereiche 0-3 des allgemeinbildenden Unterrichts, 2007/08 Nationale oder oberste Behörden im Bildungsbereich Andere Stellen oder Vereinigungen auf zentraler Ebene Kommunalbehörden oder Schulen Keine Veröffentlichung in der Herkunftssprache Keine Informationen verfügbar Quelle: Eurydice Ergänzende Anmerkungen Dänemark: Schriftliche Informationen über das System beziehen sich auf die ISCED-Bereiche 1 und 2. Dänischkenntnisse sind eine Voraussetzung für die Zulassung zum ISCED-Bereich 3. Deutschland: Schriftliche Informationen über das Schulsystem fallen in den Zuständigkeitsbereich der Bildungsministerien auf Länderebene. Spanien: Die Maßnahmen werden durch die Autonomen Gemeinschaften durchgeführt und sind daher für jede der Gemeinschaften spezifisch. Die Mehrzahl von ihnen hat Informationsbroschüren in diversen Sprachen für Migrantenfamilien erarbeitet, die den nationalen Empfehlungen zu diesem Thema entsprechen. Griechenland, Polen: Schriftliche Informationen über das Schulsystem werden auf zentraler Ebene in Englisch veröffentlicht. Zypern: Das Bildungsministerium plant ab 2009/10 die Veröffentlichung von Informationen über das Bildungssystem in acht verschiedenen Sprachen. Slowenien: Manche NRO erstellen fremdsprachige, schriftliche Informationen über das Bildungssystem für Asylsuchende. Schriftliche Informationen über das Schulsystem in diversen Fremdsprachen, die durch die zentrale Ebene veröffentlicht werden, behandeln zumeist allgemeine Aspekte, nämlich die Strukturen des Bildungssystems über die verschiedenen Bildungsstufen, die Anmelde-, Beurteilungs- und Beratungsverfahren, die Modalitäten für die Mitwirkung der Eltern sowie deren Rechte und Pflichten. In manchen Ländern können auch spezifischere Themen behandelt werden. Beispielsweise erläutert in der Flämischen Gemeinschaft in Belgien eine Broschüre die Politik der Chancengleichheit. In Irland und Norwegen (Primar- und Sekundarstufe) haben nationale Elternvertreterorganisationen Informationsbroschüren veröffentlicht, die sich vorrangig mit der Beziehung zwischen den Eltern und der Schule befassen. In Irland gibt es des Weiteren ein Programm für Migranteneltern, welches Informationen zur Primar- und Post-Primarbildung, sowie über weitere Dienstleistungen für Eltern, im Süden und im Norden des Landes darbietet. In Österreich wendet sich eine Veröffentlichung in Serbokroatisch-Bosnisch 9

Die schulische Integration der Migrantenkinder in Europa und Türkisch an Eltern von Migrantenschülern mit geringen Schreib- und Lesekenntnissen und erläutert, wie die Kinder vor dem schulpflichtigen Alter auf die Schule vorbereitet werden können. Diese Veröffentlichung legt den Schwerpunkt auf die Bedeutung der Muttersprache für einen erfolgreichen Schulbesuch sowie auf die unterstützende Rolle der Eltern. Eine weitere Broschüre, erhältlich in Deutsch sowie in fünf anderen Sprachen, ist für Eltern von Schulanfängern bestimmt. Sie bietet Informationen zur Elternbeteiligung und den Rechten und Pflichten von Eltern. Eine Website bietet auf Serbokroatisch- Bosnisch und Türkisch Informationen über die Möglichkeiten einer Sprachförderung im Vorschulunterricht. In Island hat das Bildungsministerium im Jahr 2008 ein Dokument veröffentlicht, welches in acht Fremdsprachen alle Schulen der höheren Sekundarstufe beschreibt. Die Sprachen, die durch diese Veröffentlichungen abgedeckt werden, sind im Allgemeinen begrenzt und entsprechen den am stärksten vertretenen Migrantengruppen. In Spanien, in Irland (NEWB), im Vereinigten Königreich (Nordirland) und in Norwegen gibt es schriftliche Informationen über das Bildungssystem in mehr als zehn Sprachen. In elf Ländern (siehe Abbildung 1.2) stellen die Kommunalbehörden, die Regionalbehörden oder die Schulen den Eltern in mehreren Sprachen schriftliche Informationen über das Bildungssystem sowie über ihre Dienste zur Verfügung, wodurch zuweilen in sprachlicher Hinsicht besser auf die Erfordernisse vor Ort reagiert werden kann. Dies ist in Frankreich in der Mehrzahl der Regionen der Fall, und zwar auf der Ebene der akademischen Zentren für die Beschulung von Migranten- und Traveller- Kindern (Centres académiques pour la scolarisation des nouveaux arrivants et des enfants du voyage). In Dänemark stellen manche Gemeinden den Eltern in mehreren Migrantensprachen Informationen über die Schulen und die außerschulischen Aktivitäten zur Verfügung. In Lettland stellen diejenigen Schulen, die eine der acht ethnischen Minderheitensprachen als Unterrichtssprache verwenden, den Eltern in diesen Sprachen Informationen über das Bildungssystem zur Verfügung. In den Niederlanden übersetzen Schulen, die Kinder von Asylsuchenden oder kürzlich in die Niederlanden zugewanderte Schüler aufnehmen, die vom Bildungsministerium veröffentlichte allgemeine Informationsbroschüre über das Schulsystem in die wichtigsten Verkehrssprachen oder die Muttersprachen der zahlenmäßig besonders stark vertretenen Gruppen von Migrantenschülern. Im Verlauf des Jahres können auch gezieltere Informationen übersetzt werden. Die nationalen Debatten über die Stellung der Muttersprache von Migrantenschülern in der Bildung führen jedoch zuweilen zur Einstellung dieser Praktiken. In Finnland haben die zentralen Bildungsbehörden ein Projekt zur Unterstützung der Entwicklung multikultureller Kompetenzen auf lokaler Ebene lanciert. Die Leitlinien des Projekts enthalten Angaben zu den Informationen, die für die Eltern von Migrantenschülern bereitzustellen sind. Zahlreiche Gemeinden haben in diesem Rahmen in den von den auf lokaler Ebene vertretenen Migrantengemeinschaften gesprochenen Sprachen Informationsmaterial über die Praktiken und Aktivitäten in den Schulen erarbeitet. In Norwegen hat die Gemeinde Trondheim in etwa zwanzig Sprachen Standardschreiben zu verschiedenen Aspekten des schulischen Lebens (Einladungen zu Sitzungen, Schreiben über die Bedeutung, die es hat, sein Kind zur Schule zu schicken, Schreiben über die außerschulischen Aktivitäten usw.) herausgegeben, die von den Eltern und den Schulen im Internet heruntergeladen werden können. Manche Kommunalbehörden der Region Oslo, in der es die stärkste Konzentration von Migrantenschülern gibt, übersenden üblicherweise Informationen zur Vorschulerziehung in der Muttersprache der Migrantenfamilien. 10

Kapitel 1. Kommunikation zwischen den Schulen und den Migrantenfamilien 1.2 Die Inanspruchnahme von Dolmetschern: befürwortet und gefördert, aber selten ein Rechtsanspruch In zahlreichen Ländern werden Dolmetscher in der Primar- und Sekundarstufe in diversen Kommunikationssituationen zwischen der Schule und den Migrantenfamilien in Anspruch genommen. Je nach Fall kann diese Inanspruchnahme für die Familien als Rechtsanspruch verbrieft sein, kann Gegenstand einer zentralen Empfehlung sein, die die Schulen umzusetzen haben, wofür sie zuweilen von der zentralen Ebene spezifische Ressourcen erhalten, oder aber sie wird auf der Ebene der Schulen initiiert (siehe Abbildung 1.3). Abbildung 1.3: Inanspruchnahme eines Dolmetscherdiensts für die Familien von Migrantenschülern. ISCED-Bereiche 1-3 des allgemeinbildenden Unterrichts, 2007/08 Zentrale Empfehlung und/oder Bereitstellung von Ressourcen durch die zentrale Ebene Keine zentrale Empfehlung, jedoch lokale Initiativen Verbriefter Rechtsanspruch in bestimmten Einzelfällen Keine Inanspruchnahme von Dolmetschdiensten Keine Informationen verfügbar Quelle: Eurydice Ergänzende Anmerkungen Dänemark: Die Empfehlungen bezüglich der Inanspruchnahme eines Dolmetschers betreffen die ISCED-Bereiche 0, 1 und 2. Zypern: Im Jahr 2007/08 bezogen sich die Dolmetschdienste ausschließlich auf den ISCED-Bereich 1. Im Folgejahr profitierten davon auch bestimmte Schulen des ISCED-Bereichs 2. Außerdem plant das Bildungsministerium, Schulen in den bildungspolitischen Schwerpunktgebieten zur Erleichterung der Kommunikation mit den Familien und den Schülern ab dem Jahr 2009/10 Dolmetscher zur Verfügung zu stellen. Lettland: An den zweisprachigen Schulen können die Lehrkräfte in der Kommunikation mit den Eltern die Rolle von Dolmetschern übernehmen. Luxemburg: Im Jahr 2007/08 gab es einen Rechtsanspruch auf Inanspruchnahme eines Dolmetschdienstes zur Unterstützung der Anpassung an das kulturelle und spezifische Umfeld des Aufnahmestaates nur für junge Migranten in der Ausbildung. Seit Januar 2009 gibt es einen solchen Rechtsanspruch auch für ausländische Kinder in der Primarstufe. Österreich: Das Bildungsministerium empfiehlt die Einbindung von zweisprachigen Lehrkräften in die Verfahren zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderungsbedarfs, weil Kinder mit schlechten deutschen Sprachkenntnissen oftmals für Kinder mit sonderpädagogischem Förderungsbedarf gehalten werden. Polen: Seit 2008/09 sehen die entsprechenden Regelungen vor, dass Schulen, die von Migrantenschülern besucht werden, Unterrichtsassistenten beschäftigen können, die die Muttersprachen dieser Schüler beherrschen und die Rolle von Dolmetschern übernehmen können. Norwegen: Der Rechtsanspruch auf Dolmetschdienste bezieht sich auf den ISCED-Bereich 0. 11

Die schulische Integration der Migrantenkinder in Europa Den Rechtsanspruch auf Dolmetschdienste gibt es in sechs Ländern; er gilt für eine spezifische Kategorie von Migrantenfamilien die Flüchtlinge oder für genau definierte Kontaktsituationen zwischen der Schule und den Migrantenfamilien. In diesen Ländern gibt es für Fälle, in denen der Rechtsanspruch nicht gilt, nationale Empfehlungen, nationale Ressourcen oder lokale Initiativen (ausgenommen Ungarn). In Estland ist die Organisation von Dolmetschdiensten für Flüchtlinge bei allen ihren Behördengängen, wozu auch ihre Kontakte mit den Schulen gehören, seit 2005 Aufgabe der Asylbewerberheime. Da es jedoch nur wenige Schüler aus Asylbewerberfamilien gibt, wurde dieses Recht bisher noch nicht ausgeübt. In Litauen haben Asylbewerber während des Zeitraums der Prüfung ihres Asylantrags Anspruch auf einen Dolmetschdienst für den Verlauf des Anmeldeverfahrens an der Schule sowie für Zusammenkünfte zwischen den Eltern und den Lehrkräften. In Ungarn gehen die Kosten von in Anspruch genommenen Dolmetschdiensten während der mit einem Asylantrag verbundenen Behördengänge, wozu auch die Kontakte mit den Schulen gehören können, zulasten der Behörden, die die Asylbewerber aufnehmen. In Finnland sind die Kommunalbehörden verpflichtet, Flüchtlingen in allen Situationen, in denen sie eine Betreuung benötigen könnten (auch in der Schule), Dolmetschdienste anzubieten. In Schweden muss der Dolmetschdienst, falls erforderlich, für neu zugezogene Familien während der speziellen Informationsveranstaltungen bereitgestellt werden. Diese Familien haben auch Anspruch auf einen Dolmetscher, um dem Gespräch über die persönliche Entwicklung, das halbjährlich mit allen Eltern geführt wird, folgen zu können. In Norwegen gewähren die nationalen Rechtsvorschriften Migrantenschülern und ihren Familien Anspruch auf einen Dolmetschdienst, wenn sie in Kontakt mit bestimmten öffentlichen Stellen, beispielsweise Vorschulen, treten. In den anderen Fällen sowie in der Mehrzahl der anderen Staaten ist die Inanspruchnahme von Dolmetschdiensten nicht obligatorisch, auch wenn sie oftmals von den Zentralbehörden stark gefördert wird. In der Tschechischen Republik gelten diese Empfehlungen nur für Personen, die um internationalen Schutz nachgesucht haben und sich in den Flüchtlingszentren befinden. In Deutschland sind es die Kommunalbehörden, die den Schulen empfehlen, zu Konsultationen/Diskussionen mit den Eltern Personen mit guten Deutschkenntnissen und guten Kenntnissen der Herkunftssprache von Migrantenfamilien hinzuzuziehen. In Frankreich werden die Empfehlungen bezüglich der Inanspruchnahme eines Dolmetschers wann immer dies nötig ist lokal umgesetzt, um auf spezifische Erfordernisse reagieren zu können: Insbesondere bei der Anmeldung, wenn es darum geht, den Familien wichtige Informationen zu vermitteln, aber auch wenn es um eine Beratung des Schülers geht. Die Dolmetscher können ehrenamtliche Helfer sein, oder aber der eigenen Familie des Migrantenschülers angehören. In Slowenien können ausländische Personen, die in Kontakt mit öffentlichen Stellen treten, einen Dolmetscher in Anspruch nehmen, müssen die damit verbundenen Kosten jedoch selber tragen. In der Praxis bitten daher die Schulen die Familie der Migranteneltern, die einen Dolmetschdienst benötigen, oder zweisprachige Schüler der Schule, diese Aufgabe zu übernehmen. Diese Methoden werden im Übrigen in der slowenischen Strategie 2007 für die Integration von Migrantenschülern in das Bildungssystem empfohlen. In Finnland werden die staatlichen Stellen darin bestärkt, bei von ihnen organisierten Zusammentreffen mit Migrantenfamilien Dolmetschdienste bereitzustellen. In Schweden wird den Schulen nicht ausdrücklich die Inanspruchnahme eines Dolmetschers empfohlen, die Schulen sind jedoch zu einer guten Kommunikation mit allen Eltern verpflichtet und haben die dazu notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Im Vereinigten Königreich (England) rät das Ministerium für Kinder, Schulen und Familien den Schulen, zu Gesprächen im Zusammenhang mit Anmeldungen, bei der Bewertung früherer Leistungen der Schüler, bei Zusammenkünften im Zusammenhang mit der Ermittlung eines sonderpädagogischen Förderungsbedarfs, bei Konsultationen mit den Eltern sowie bei Sitzungen zu heiklen Themen gegebenenfalls einen Dolmetscher hinzuzuziehen. In Wales gibt es keine zentralen Empfehlungen, aber manche Kommunalbehörden sprechen Empfehlungen für die Schulen aus. Die Kommunalbehörde Cardiff erlässt beispielsweise Empfehlungen für die Schulen hinsichtlich des Einsatzes von Dolmetschern und stellt den Schulen eine Liste qualifizierter und beeidigter Übersetzer zur Verfügung. 12

Kapitel 1. Kommunikation zwischen den Schulen und den Migrantenfamilien In Island erfolgt die Inanspruchnahme eines Dolmetschers bei Informationsveranstaltungen zu den Rechten und Pflichten derjenigen Eltern, deren Kinder sich für Aufnahmeklassen anmelden, sowie bei Zusammenkünften zwischen den Eltern und den Lehrkräften, wenn ein entsprechender Bedarf erkennbar wird. In manchen Staaten, die die Inanspruchnahme eines Dolmetschers für die Kommunikation mit Migrantenfamilien empfehlen, stellen die nationalen oder regionalen Behörden für die Schulen zu diesem Zweck spezifische Dienstleistungen oder Ressourcen bereit. In der Französischen Gemeinschaft Belgiens ist dies der Fall, wenn für Gewaltprobleme an Schulen und für Schulversagen zuständige Mediatoren mit Migrantenfamilien zusammenkommen. Ferner hatte ein zwischen September 2007 und Dezember 2008 durchgeführtes Pilotprojekt, das durch die Regierung der Französischen Gemeinschaft und den Europäischen Flüchtlingsfonds kofinanziert wurde, zum Ziel, den Einsatz von Dolmetschern im schulischen Rahmen zu fördern, um die Kommunikation zwischen Eltern mit Migrationshintergrund und der Schule ihres Kindes zu erleichtern. Diese Erfahrung konzentriert sich auf Zuwanderer der ersten Generation, Flüchtlinge und Asylbewerber. In Griechenland hat das Bildungsministerium 26 transkulturelle Schulen in Gebieten mit hoher Migrantendichte geschaffen und der Einstellung von Lehrkräften, die die Muttersprache der Schüler sprechen, Priorität eingeräumt. An diesen Schulen stehen die Lehrkräfte zudem für Dolmetschdienste sowie für die Beratung von Migrantenschülern zur Verfügung. In Spanien stellt die Mehrzahl der autonomen Gemeinschaften Schulen mit besonders vielen Migrantenschülern Mediatoren zur Verfügung, die auch die Rolle von Dolmetschern übernehmen. In der Praxis ersuchen die Schulen auch die seit einer bestimmten Zeit am Ort ansässigen Migrantenschüler und deren Familien, als Dolmetscher für neu zugewanderte Schüler und deren Familien zu fungieren. In Luxemburg übernehmen interkulturelle Mediatoren Dolmetschdienste bei Informationsveranstaltungen zum Schulsystem, bei Zusammenkünften zwischen Lehrkräften und Eltern oder auch bei Besuchen beim Schulpsychologen oder Schularzt. Diese Hilfe steht gegenwärtig auf Albanisch, Arabisch, Kapverdisch- Kreolisch, Chinesisch, Spanisch, Italienisch, Japanisch, Persisch, Portugiesisch, Russisch, Serbokroatisch und Türkisch zur Verfügung. Die Mediatoren werden den Schulen vom Service de scolarisation des enfants étrangers (Dienststelle für die Beschulung von ausländischen Kindern) des nationalen Bildungsministeriums zur Verfügung gestellt, um die Integration von Migrantenkindern in das Schulsystem zu erleichtern. Auch in Portugal können die Schulen vom Staat oder von den Kommunalbehörden finanzierte soziokulturelle Mediatoren für Dolmetschdienste in Anspruch nehmen, die sie bei Familien benötigen, die die Unterrichtssprache nicht beherrschen. In Zypern werden Primarschulen derzeit Dolmetscher für türkisch-zypriotische Schüler sowie für Schüler aus bestimmten Gebieten der ehemaligen Sowjetunion zur Verfügung gestellt. In verschiedenen Fällen insbesondere dann, wenn es keine zentrale oder lokale Empfehlung zur Inanspruchnahme eines Dolmetschers gibt können allerdings die Kosten dieser Dienste zulasten der Schulen gehen. Daher ist es möglich, dass ehrenamtliche Dolmetscher mobilisiert werden: von einer karitativen Organisation abgestellte Personen (Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens), NRO (Irland), Lehrkräfte der Schule, die die benötigten Sprachen sprechen (Österreich), andere Migranteneltern (Irland), zweisprachige Mitarbeiter für Ausbildungsassistenz (Vereinigtes Königreich England). In Irland nehmen die Schulen bei Sitzungen zu heiklen Themen Dolmetschdienste in Anspruch und tragen die damit verbundenen Kosten. Manche Schulen haben sich vernetzt, um Projekte für kulturelle Mediation nutzen und so Übersetzungs- und Dolmetschdienste anbieten zu können. Dolmetscher werden allerdings zur Verfügung gestellt, wenn der nationale schulpsychologische Dienst an Sitzungen teilnimmt, sowie in Situationen, die der Aufsicht des Flüchtlingsprogramms unterstehen, und wenn Eltern vor der Anmeldung ihres Kindes eine Schule besuchen. In Österreich schließlich haben manche der regionalen Schulzentren für die Beratung von Migrantenfamilien einen Pool von Dolmetschern mehrerer Sprachen (im Allgemeinen Serbokroatisch-Bosnisch und Türkisch), die auf Anforderung der Schulen zur Verfügung stehen. In Norwegen übernehmen die Gemeinden die Kosten von Dolmetschdiensten während der Anmeldeverfahren. 13

Die schulische Integration der Migrantenkinder in Europa 1.3. Ansprechpartner für die Aufnahme und Beratung von Migrantenschülern: oftmals Lehrkräfte, selten etablierte Strukturen Unter den Mechanismen, die eine Stärkung der Kommunikation zwischen der Schule und den Migrantenfamilien ermöglichen, ist die Benennung von Ansprechpartnern, die speziell für die Aufnahme und Beratung der Migrantenschüler sowie für die Sicherstellung der Verbindung zu deren Familien zuständig sind, ein in Europa weit verbreitetes Phänomen (siehe Abbildung 1.4). Diese Personen können zur Belegschaft der Einrichtung gehören, von den zentralen oder lokalen Bildungsbehörden zur Verfügung gestellt werden, oder aber einer speziell für Migrantenfamilien zuständigen lokalen Struktur angehören. Der Einsatz von Ansprechpartnern kann auf Grundlage der Regelung für oder Empfehlungen an die Schulen oder die Gemeinden erfolgen, oder aber durch andere Akteure als die zentralen Bildungsbehörden nämlich im Wesentlichen die Schulen initiiert werden. Regelungen und Empfehlungen in Bezug auf die Ansprechpartner sind oftmals erst kürzlich erlassen worden. Was die Bildungsstufen anbelangt, betreffen sie mehrheitlich die Primar- und die Sekundarstufe, jedoch gelten sie in der Tschechischen Republik, in Luxemburg, in Slowenien und in Norwegen auch für die Vorschulstufe. Die nachstehenden Informationen beziehen sich auf die ISCED-Bereiche 1-3. Abbildung 1.4: Für die Aufnahme und Beratung von Migrantenschülern zuständige Ansprechpartner oder lokale Strukturen. ISCED-Bereiche 1-3 des allgemeinbildenden Unterrichts, 2007/08 Regelung oder Empfehlung auf Einsatz von Ansprechpartnern durch die zentrale Ebene Entscheidung über Einsatz von Ansprechpartnern auf lokaler Ebene Regelung oder Empfehlung auf lokale Integrationsstrukturen Weder Ansprechpartner noch lokale Strukturen Keine Informationen verfügbar Quelle: Eurydice 14

Kapitel 1. Kommunikation zwischen den Schulen und den Migrantenfamilien Ergänzende Anmerkungen Belgien (BE fr): Das Bildungsministerium stellt den Schulen Mediatoren zur Vermittlung zwischen der Schule und den Familien zur Verfügung, um Problematiken wie beispielsweise Gewalt zu behandeln. Belgien (BE nl): Schulen, die einen beträchtlichen Anteil von Schülern betreuen, die Zuhause nicht Flämisch sprechen, können in Unterrichtsstunden zusätzliche Ressourcen erhalten und sich dafür entscheiden, diese zur Entwicklung von Maßnahmen oder Projekten zur Förderung der Teilhabe der Eltern und Schüler zu nutzen. Bulgarien: Die Informationen betreffen ausschließlich Schüler mit Flüchtlingsstatus. Tschechische Republik: Ansprechpartner stehen in den ISCED-Bereichen 0, 1 und 2 für zusätzlichen Schutz genießende Kinder, für Personen, die um internationalen Schutz nachgesucht haben, sowie für Asylberechtigte zur Verfügung, und in den ISCED-Bereichen 1 und 2 für Migrantenkinder aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Dänemark: Für den Zeitraum 2008-2011 wurden Haushaltsmittel in Höhe von 14 Mio. DKK für Aktivitäten zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Migrantenfamilien und der Schule bereitgestellt. Diese Haushaltsmittel werden unter anderem für Berater zur Herstellung von Kontakten zwischen der Schule und den Familien eingesetzt. Griechenland: Für die Kommunikation mit den Familien wird ein holistischeres Konzept angestrebt. Priorität erhält die Benennung von Lehrkräften, die die Muttersprache der Mehrzahl der Migrantenschüler sprechen. Lettland: An den für ethnische Minderheiten vorgesehenen Schulen (an denen sich Migrantenschüler anmelden können) tätige Lehrkräfte sollen die Funktion von Ansprechpartnern für diese Schüler übernehmen. Polen: Seit 2008/09 sehen die entsprechenden Regelungen vor, dass Migrantenkinder betreuende Schulen Unterrichtsassistenten beschäftigen können, die die Muttersprachen dieser Schüler beherrschen und diesen Schülern bei der Integration in das Bildungssystem helfen sowie die Kommunikation mit ihren Familien erleichtern können. Island: Eine Resolution des Parlaments von Juni 2007 über einen Vier-Jahres-Aktionsplan sieht vor, dass die Schulen aller Bildungsstufen die Zusammenarbeit mit den Familien von Migrantenschülern intensivieren und dass Verfahrensvorschriften für die Aufnahme von Migrantenkindern durch die Schulen formuliert werden. Liechtenstein: Bei den kommunalen sowie bei bestimmten nationalen Ämtern (Office pour les affaires scolaires, Office pour l'égalité des chances usw.) werden Personen für die Betreuung von Migrantenfamilien benannt. In zehn Staaten haben die Bildungsbehörden Regelungen oder Empfehlungen in Bezug auf Ansprechpartner erlassen, die auf der Ebene der Schulen oder der Kommunalbehörden zu benennen sind, um die Aufnahme und die Integration von Migrantenschülern in der Schule zu fördern. In der Tschechischen Republik fallen Personen mit Flüchtlingsstatus sowie Personen, die zusätzlichen Schutz genießen oder internationalen Schutz beantragen, in die Gruppe der Schüler mit besonderen bildungserzieherischen Bedürfnissen. Für Schulen, die solche Schüler betreuen, können vom Schulträger Unterrichtsassistenten bereitgestellt werden, die diesen Schülern bei der Anpassung an das schulische Umfeld helfen und die Lehrkräfte bei ihren Unterrichtsaktivitäten sowie in der Kommunikation mit diesen Schülern und deren Familien unterstützen. Überdies können Lehrkräfte benannt werden, die die Funktion von Ansprechpartnern für Migrantenkinder aus anderen Mitgliedstaaten übernehmen sollen. In Spanien hat die Mehrzahl der autonomen Gemeinschaften Sozialarbeiter in die Beratungsstrukturen integriert, die einer oder mehreren Schulen angegliedert sein können. In den Zuständigkeitsbereich dieser Sozialarbeiter fällt die Aufnahme und Betreuung aller neuen Schüler, insbesondere der Migrantenschüler und der Schüler aus benachteiligten Milieus. In Irland werden Lehrkräfte benannt, die Schülern helfen sollen, deren Primärsprache nicht Englisch ist. Diese sind für die Englischerfordernisse dieser Schüler zuständig und helfen ihnen bei der sozialen Integration an der Schule. Überdies gibt es Personen, die die Partnerschaft zwischen den Familien und der Schule koordinieren, generell mit Familien aus Randgruppen (wozu auch Migrantenfamilien gehören) an Schulen in pädagogisch und sozial benachteiligten Gebieten arbeiten und eine wichtige Rolle für die Förderung der Kommunikation zwischen der Schule und den Familien sowie für die Teilhabe dieser Familien am schulischen Leben spielen. In Italien gibt der Ministerialerlass von März 2006, der Leitlinien für die Aufnahme und Integration ausländischer Kinder enthält, Hinweise zur Beschäftigung von Sprach- und Kulturmediatoren im schulischen Umfeld mit ausländischen Schülern. In der Praxis beschäftigen sich diese Mediatoren mit der Aufnahme und der Betreuung neu zugewanderter Schüler und erleichtern diesen die Integration an der Schule. Sie übernehmen auch Dolmetsch- und Übersetzerdienste sowie Mittlerdienste bei Zusammenkünften zwischen Lehrkräften und Eltern, vor allem in Fällen besonderer Problematiken. In Litauen müssen im Rahmen der im Jahr 2003 eingeführten schulischen Maßnahmen für Migrantenkinder, die sich im Hoheitsgebiet Litauens niedergelassen haben die Gemeinden eine Person einstellen, die die Bildung dieser Kinder auf dem Gebiet der Gemeinde koordiniert, und die Schulleiter 15

Die schulische Integration der Migrantenkinder in Europa müssen einen ihrer Stellvertreter benennen, der für die Organisation der Beschulung der Migrantenkinder zuständig ist. In Luxemburg hilft die Cellule d'accueil scolaire pour élèves nouveaux arrivants (Zentrale Empfangs- und Orientierungsstelle für neu zugezogene Schüler) des Bildungsministeriums allen neu zugezogenen Schülern zwischen 12 und 18 Jahren bei der Zuweisung zu einer geeigneten Sekundarschule und informiert die Familien über das Schulsystem. In Ungarn empfehlen die Leitlinien zum interkulturellen pädagogischen Programm den Schulen die Einstellung einer Fachlehrkraft für Ungarisch als Fremdsprache, eines Assistenten für die Lehrkräfte und eines Psychologen, um die Integration von Migrantenschülern zu erleichtern, aber in der Praxis gestattet es die geringe Zahl von Migrantenschülern den Schulen nicht, Personen mit dieser Art von Profil einzustellen. In Portugal sind gemäß einem Gesetz aus dem Jahr 2001 soziokulturelle Mediatoren für die Weiterentwicklung der Verbindungen zwischen dem Zuhause, der Schule und der Gemeinschaft zuständig. In Slowenien sind seit 1999 Beratungsdienste, die Psychologen, Erzieher und Sozialarbeiter beschäftigen, für die Organisation von Zusammenkünften mit den Migrantenschülern und deren Familien, für die Einführung dieser Schüler in die sozialen Netze der Schule sowie für die Beratung dieser Schüler, ihrer Familien und der Schulen zuständig. Im Vereinigten Königreich (England) empfiehlt die Regierung den Schulen die Organisation einer Politik für die Aufnahme und Betreuung neu zugezogener Schüler, deren Muttersprache nicht Englisch ist, und die Benennung eines Mentors für die Einzelbetreuung jedes neuen Schülers. Bei diesen Mentoren handelt es sich oftmals um Mitarbeiter für Ausbildungsassistenz. In Nordirland bietet der Inclusion and Diversity Service Schulungsmaßnahmen und Unterstützung für die Schulen an, indem er Verfahren für die Einführung neu zugezogener Schüler (einschließlich der Schüler, deren Primärsprache nicht Englisch ist) entwickelt. In fünf Staaten gibt es lokale Strukturen, die eine Informations- und Beratungsfunktion für Migrantenfamilien in Bezug auf die Beschulung ihrer Kinder übernehmen. In Belgien (Flämische Gemeinschaft) können sich Eltern fremder Herkunft bei allen Fragen oder Problemen im Bildungsbereich (auch im Falle von Konflikten mit der Schule) an von der Regierung finanzierte lokale Strukturen für Integration wenden. In Bulgarien haben innerhalb der einzelnen regionalen Bildungsbehörden geschaffene Sonderkommissionen die Aufgabe, Flüchtlingskindern und deren Eltern eine geeignete Betreuung zu bieten, indem diese über die ihren Bedürfnissen entsprechenden Schulen informiert werden und indem Kontakt zu diesen Schulen hergestellt wird. In Frankreich haben die akademischen Regionalzentren für die Beschulung von neu zugezogenen Kindern und Traveller-Kindern die Funktion einer Verbindungsstelle zwischen der Familie und der Schule. In Österreich hat jede Region ein schulisches Beratungszentrum für Migrantenfamilien. Die Mitarbeiter beraten die Eltern in Bezug auf diverse Aspekte der Beschulung ihrer Kinder; sie beraten aber auch die Schulleiter und die Lehrkräfte, falls es zu Problemen kommt. In zehn Ländern oder Regionen wird die Heranziehung von Ansprechpartnern nicht durch entsprechende Regelungen oder Empfehlungen für die Schulen initiiert, ist aber gängige Praxis. Diese Praktiken können durch die Schulen oder die Kommunalbehörden umgesetzt werden. So können in der Tschechischen Republik die Schulleiter Fachlehrkräfte mit der engmaschigen Betreuung und Überwachung des Schulbesuchs ausländischer Schüler beauftragen; dabei wird die Zahl ihrer Unterrichtsstunden verringert, um einen Ausgleich für ihre Beratungs- und Präventionsfunktion in Bezug auf Verhaltensauffälligkeiten zu schaffen. In Dänemark haben viele Schulen mit einer hohen Zahl zweisprachiger Schüler einen Ansprechpartner, der speziell im Bereich der Integration dieser Schüler arbeitet. Gemeinden mit einem hohen prozentualen Anteil von Migrantenschülern haben einen Berater, der für die Koordinierung der Bildung dieser Schüler sowie für die Gewährleistung eines qualitativ hochwertigen Bildungsangebots für diese Schüler zuständig ist. Beispielsweise hat die Gemeinde Kopenhagen, wo etwa 30 % der Schüler zweisprachig sind, an den Schulen mit der höchsten Zahl von Migrantenschülern Sprachförderzentren eingerichtet, in denen Ansprechpartner tätig sind, die an der Integration dieser Schüler arbeiten. In Estland wird an bestimmten Schulen eine Lehrkraft oder ein Schüler benannt, die/der Migrantenschülern während ihrer Eingewöhnungszeit helfen und die Kommunikation mit deren Familien erleichtern soll. In den Niederlanden bedienen sich bestimmte Schulen einer Kontaktperson, um einen Kontakt zwischen der Schule und den Migrantenfamilien herzustellen. In Finnland benennen Schulen, die Migrantenschüler betreuen, oftmals eine Lehrkraft, die die Funktion eines Koordinators oder Beraters in 16

Kapitel 1. Kommunikation zwischen den Schulen und den Migrantenfamilien Bezug auf diese Schüler übernehmen soll, oder setzen Schüler als Tutoren ein. Ferner benennen manche Gemeinden mit hoher Migrantendichte eine Person für die Koordinierung der Bildung dieser Kinder. In Schweden sind die Belegschaft und die Schule gemeinsam dafür zuständig, den eventuellen Bedürfnissen von Migrantenschülern und deren Familien in Bezug auf Beratung und Orientierung gerecht zu werden. Zudem sind die Gemeindebehörden für die Betreuung der Migranten zuständig und können beschließen, Ansprechpartner zu benennen oder eine lokale Struktur für die Integration zu schaffen. Das Vereinigte Königreich (Schottland) berichtet ebenfalls, dass die Einschaltung von Ansprechpartnern für Migrantenfamilien gängige Praxis ist. In Polen und in der Slowakei gibt es in den Asylbewerberzentren Ansprechpartner für die Pflege der Kontakte zwischen den Familien und der Schule. Sozialarbeiter und andere Mitarbeiter der Zentren arbeiten mit den Schulen des Sektors zusammen, um bei der Lösung von Problemen jeglicher Art im Bereich der Beziehung der Eltern zu den Schulen, der Information über die Fortschritte der Kinder sowie die künftigen Bildungsmöglichkeiten usw. zu helfen. In Norwegen schließlich hat die nationale Elternvereinigung für die Primarstufe und die Sekundarstufe I ein Netzwerk von Eltern verschiedenster sprachlicher Herkunft geschaffen, das die Eltern und die Schulen in Bezug auf die Bildung von Migrantenkindern berät und für die Eltern Informationen in ihrer Sprache bereitstellt. 17

KAPITEL 2. UNTERRICHT IN DER HERKUNFTSSPRACHE DER MIGRANTENKINDER Die Beherrschung der eigenen Herkunftssprache wird oftmals als sehr wichtig für die Migrantenschüler betrachtet ( 4 ). Sie kann das Erlernen der Unterrichtssprache für diese Schüler erleichtern und dadurch ihre Entwicklung in sämtlichen Aspekten fördern. Ferner spielt die Art und Weise, in der ihre Muttersprache in der Aufnahmegesellschaft betrachtet wird, eine Rolle für die Selbstachtung und die Identität der Migrantenschüler und ihrer Familien. In der Mehrzahl der europäischen Staaten gibt es schulische Regelungen, die Migrantenschülern das Erlernen ihrer Muttersprache ermöglichen. Manche dieser Angebote sind speziell Migrantenschülern vorbehalten, während sich andere an verschiedene Schülerkategorien (nationale ethnische Minderheiten) oder gar an alle Schüler (Fremdsprachenkurse oder zweisprachige Unterrichtsformen) richten. Migrantenschülern vorbehaltene Muttersprachenkurse bilden den Kern dieser Analyse. Untersucht werden ihre wichtigsten Merkmale in Bezug auf Zielgruppe und Organisation. Im Bereich der Organisation stellt der Grad der Integration der Muttersprachenkurse in den normalen Stundenplan einen der hier analysierten Schlüsselaspekte dar. Nach einem Bericht des Europäischen Parlaments über die Integration von Migrantenschülern ( 5 ) bedeuten außerhalb der normalen Schulstunden erteilte Kurse eine zusätzliche Belastung, die zu den normalen schulischen Anforderungen an die Schüler hinzukommt, was eine Ablehnung dieses Unterrichts insbesondere aufgrund der Stigmatisierung, die sein Besuch bewirken kann, nach sich ziehen kann. Die erhobenen Informationen betreffen vorwiegend die Primar- und die Sekundarstufe des allgemeinbildenden Unterrichts, weil bisher nur wenige Länder Maßnahmen in Bezug auf die Unterrichtung der Herkunftssprache in der Vorschulstufe ergriffen haben. Diese werden weiter unten im Text Erwähnung finden. In Bezug auf den Fremdsprachenunterricht und die Formen des zweisprachigen Unterrichts werden nur diejenigen Länder einbezogen, die Maßnahmen ergriffen haben, die auf eine bessere Entsprechung zwischen den Sprachen, die Gegenstand dieser Mechanismen sind, und den Sprachen, die von den in ihrem Hoheitsgebiet anzutreffenden Migrantenpopulationen gesprochen werden, abzielen ( 6 ). In mehreren Ländern bildet der für nationale ethnische Minderheiten bestimmte Unterricht für manche Migrantenschüler eine Möglichkeit, ihren Schulunterricht in ihrer Muttersprache zu absolvieren. Diese Situationen finden keine Berücksichtigung ( 7 ), ausgenommen in Fällen, in denen es keine spezifischen Regelungen zum Erlernen der Muttersprache durch die Migrantenschüler gibt, oder wenn diese die für die nationalen ethnischen Minderheiten eingeführten Minderheitensprachprogramme nutzen (Lettland). In Lettland können der nationalen estnischen, litauischen, polnischen, weißrussischen, hebräischen und russischen Minderheit sowie der Minderheit der Roma angehörende Schüler (die hier etwa ein Drittel der Schüler ausmachen) ihre Schulzeit an Schulen absolvieren, an denen ihre Muttersprache Unterrichtssprache ist. Die überwiegende Zahl dieser Schüler, von denen die Schüler russischer Herkunft bei Weitem den größten Anteil ausmachen, gehört Bevölkerungsgruppen an, die traditionell im lettischen Hoheitsgebiet niedergelassen sind; manche fallen jedoch auch unter die oben gegebene Begriffsbestimmung der Migranten, weil ihre Familie seit weniger als vier Generationen in Lettland ansässig ist. ( 4 ) Siehe Eurydice 2004, Integrating Immigrant Children into Schools in Europe, S. 51, sowie Migrants, minorities and education. Documenting discrimination and integration in 15 member states of the European Union, Equality and diversity for an inclusive Europe. Vergleichende Studie der EUMC. 2004. S. 78. ( 5 ) Bericht über die Integration von Einwanderern durch mehrsprachige Schulen und Unterricht in mehreren Sprachen (2004/2267 (INI)), Ausschuss für Kultur und Bildung, Berichterstatter: Miguel Portas. 2005. ( 6 ) Detailliertere Informationen zum Fremdsprachenunterricht, siehe Eurydice, Key Data on Teaching Languages at School in Europe 2008 (Schlüsselzahlen zum Sprachenlernen an den Schulen in Europa). ( 7 ) Migrationsbewegungen und die Entstehung nationaler Minderheiten stellen Phänomene dar, die in Europa zur Entstehung von Bildungsstrukturen unterschiedlicher Art und Ausrichtung geführt haben. Siehe Education and Migration, strategies for integrating migrant children in European schools and societies. A synthesis of research findings for policy-makers. Report submitted to the European Commission by Prof. Dr. Friedrich Heckmann, on behalf of the Nesse network of experts. April 2008. S. 68-69. 19