Bundesinventar der Amphibienlaichgebiete von nationaler Bedeutung



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Transkript:

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK Bundesamt für Umwelt BAFU Abteilung Arten, Ökosysteme, Landschaften Bundesinventar der Amphibienlaichgebiete von nationaler Bedeutung Bewertung der Laichgebiete und Definition der Schwellenwerte Juni 2012

In Zusammenarbeit mit der Beratungsstelle Nationales Amphibieninventar der karch Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz Analyse, Text und Redaktion Jérôme Pellet Adrian Borgula Jan Ryser Silvia Zumbach Begleitung BAFU Sarah Pearson, Benoît Stadelmann, Béatrice Werffeli und Francis Cordillot BAFU, Abteilung Arten, Ökosysteme, Landschaften, 3003 Bern www.bafu.admin.ch/amphibienlaichgebiete 2/12

Inhalt KAPITEL KAPITEL 1 Ausgangslage und Ziele... 5 1.1 Geschichte... 5 1.2 Aktuelle Situation... 5 1.3 Ziele... 5 Kapitel 2 Berechnung des Wertes eines Objektes... 7 2.1 Grundlagen... 7 2.2 Berechnungsmethode... 7 Kapitel 3 Definition der nationalen Bedeutung... 9 3.1 Definition der Schwellenwerte... 9 3.2 Zusatzkriterien... 10 Kapitel 4 Bemerkungen und Schlussfolgerungen... 11 Literatur... 12 3/12

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KAPITEL 1 Ausgangslage und Ziele 1.1 Geschichte Im Jahr 1994 erschien der Schlussbericht zum Inventar der Amphibienlaichgebiete von nationaler Bedeutung (BORGULA et al. 1994). Darin wurde unter anderem die Methode zur Berechnung der nationalen Bedeutung eines Laichgebiets beschrieben. Die Berechnungsformel stützte sich auf die Daten zum Vorkommen der Amphibien in den zu jener Zeit bekannten rund 8000 Objekten. Die Formel berücksichtigte die Seltenheit der einzelnen Arten auf regionaler und nationaler Ebene sowie die Populationsgrössen der verschiedenen Arten in den Objekten (BORGULA et al. 1994, S. 16). Der erzielte numerische Wert eines Objekts wurde schliesslich mit dem festgelegten Schwellenwert der entsprechenden biogeografischen Region verglichen. Ziel war es, den Schutz der rund 10% besten Amphibienlaichgebiete zu sichern. Seit 1994 hat sich die Datengrundlage über die Amphibien verbessert und die Zahl der Objekte hat um fast 50% auf aktuell 13'296 zugenommen (Stand Ende 2010). Der Anteil der Objekte, welche im Bundesinventar vertreten sind (897 Objekte Ende 2010) hat in der Folge von 11% im Jahr 2001 (1. Serie) über 8% im Jahr 2007 (3. Serie) auf 6,7% abgenommen. Gemessen an der ursprünglichen Zielsetzung, einen bestimmten Anteil der Laichgebiete zu erfassen, "fehlen" dem Bundesinventar somit rund 430 Objekte. 1.2 Aktuelle Situation Die vorhanden Daten der karch zeigen, dass die meisten bekannten Amphibienlaichgebiete (70%) weniger als vier Arten beherbergen. Vier und mehr Arten finden sich nur in 30% der Objekte und fünf oder mehr Arten in weniger als 10% (Abb. 1). Arten mit dem Rote Liste-Status EN (SCHMIDT & ZUMBACH 2005) sind nur in 42% der Objekte präsent, und zwei oder mehr Arten mit Status EN gar nur in knapp 5% der Objekte. Abb. 1: Verteilung der Anzahl Amphibienarten (Beobachtungen seit 2000) in den Laichgebieten mit mindestens einer vorkommenden Art. 1.3 Ziele Angesichts einer geplanten Totalrevision des Bundesinventars erschien es sinnvoll, die Bewertungsmethode zu überprüfen, stärker auf die Gefährdungslage der Amphibien auszurichten und 5/12

unter Berücksichtigung der aktuellen Daten zu den Amphibienvorkommen anzupassen. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, das Bewertungssystem der Amphibienlaichgebiete in der Schweiz neu zu definieren, unter Beachtung der geltenden rechtlichen Situation (Inkraftsetzung der AlgV im Jahr 2001) und gestützt auf die aktuellen Daten zu den Vorkommen der Amphibien in der Schweiz. Die vorliegende Publikation beinhaltet: eine neue Berechnungsmethode für den Wert eines Objekts (Kapitel 2) die Methode zur Berechnung der Schwellenwerte (Kapitel 3) Ausführungen zu den Resultaten der Anwendung der Methode auf nationaler Ebene (Kapitel 4). 6/12

Kapitel 2 Berechnung des Wertes eines Objektes 2.1 Grundlagen Die Berechnung des Wertes eines Objekts basiert auf der Artengemeinschaft der sich fortpflanzenden Amphibien. Berücksichtigt werden nur Arten, die sich in den vergangenen 10 Jahren mindestens einmal fortgepflanzt haben. Nicht heimische Arten werden für die Berechnung nicht berücksichtigt. Ausgeschlossen werden somit: der Seefrosch (Pelophylax ridibundus) in der ganzen Schweiz der Italienische Kammmolch (Triturus carnifex) nördlich der Alpen der Südliche Teichmolch (Lissotriton vulgaris meridionalis) nördlich der Alpen. 2.2 Berechnungsmethode Jede Art erhält in Abhängigkeit ihres Rote-Liste-Status auf nationaler Ebene (SCHMIDT & ZUMBACH 2005) eine Anzahl Punkte (vgl. Tab. 1). Je höher der Gefährdungsgrad, desto höher die Punktezahl. Tab. 1: Punktezahl der Arten in Abhängigkeit ihres Rote-Liste-Status. Art RL Punkte Alytes obstetricans EN 8 Bombina variegata EN 8 Bufo calamita EN 8 Hyla arborea EN 8 Hyla intermedia EN 8 Rana dalmatina EN 8 Triturus carnifex EN 8 Triturus cristatus EN 8 Lissotriton vulgaris EN 8 Bufo bufo VU 4 Rana latastei VU 4 Salamandra salamandra VU 4 Lissotriton helveticus VU 4 Pelophylax esculentus/lessonae NT 2 Rana temporaria LC 1 Salamandra atra LC 1 Mesotriton alpestris LC 1 Einen Bonus von vier Punkten erhalten Objekte für jede Art, welche seit 2000 mindestens einmal eine sehr grosse Population gemäss Definition in GROSSENBACHER (1988) aufwies (Tab. 2). 7/12

Tab. 2: Bestimmung der Populationsgrössen. Angepasst nach GROSSENBACHER (1988). Art Stadium Kategorie der Populationsgrösse Klein Mittel Gross Sehr gross (4 Punkte) R. temporaria Laich 1-40 41-100 101-400 >400 R. temporaria B. bufo B. variegata B. calamita Pelophylax spp. H. arborea A. obstetricans Triturus spp. Mesotriton spp. Lissotriton spp. R. dalmatina R. latastei Adulte 1-5 6-50 51-200 >200 Adulte 1-5 6-30 31-100 >100 Adulte 1-5 6-20 21-60 >60 Adulte 1-3 4-10 11-40 >40 Adulte 1-9 10-50 51-200 >200 S. salamandra Adulte 1-3 4-10 11-20 >20 S. salamandra Larven 1-20 21-50 51-100 >100 Der Wert eines Objekts entspricht der Summe der Punkte der vorkommenden Arten sowie der Punkte aufgrund von sehr grossen Populationen. Beispiel: Eine Kiesgrube beherbergt 8 Gelbbauchunken, mehr als 100 adulte Kreuzkröten (Rufer und Nicht-Rufer) und etwa 20 Laubfrösche. Rund 10 Laichballen des Grasfrosches und einige Bergmolche wurden ebenfalls beobachtet, neben mehr als 40 Fadenmolchen. Die Berechnung des Objektwerts ergibt sich wie folgt: 8 Punkte (Unke) + 8+4 (sehr grosse Kreuzkrötenpopulation) + 8 (Laubfrosch) + 1 (Grasfrosch) + 1 (Bergmolch) + 4+4 (sehr grosse Fadenmolchpopulation). Ergibt total 38 Punkte. 8/12

Kapitel 3 Definition der nationalen Bedeutung 3.1 Definition der Schwellenwerte Angewendet auf die 13'296 bekannten Objekte in der Schweiz, erlaubt die Methode die Klassierung der Laichgebiete nach ihrem Amphibien-Wert. Der Mittelwert aller Objekte beträgt 4,1 Punkte (Standardabweichung 8), das Maximum liegt bei 68 Punkten. Die Bewertung erlaubt es, den 90-Perzentilwert (die besten 10% der Objekte) zu berechnen. Dieser liegt bei 14 Punkten. Würde dieser Schwellenwert aber auf alle Regionen der Schweiz angewendet, würden sich die Objekte von nationaler Bedeutung zu stark in den tiefer gelegenen, amphibienreicheren Landesteilen konzentrieren. Angesichts der grossen regionalen Unterschiede im Vorkommen der Amphibien müssen die Schwellenwerte daher regionsspezifisch differenziert werden. Die Aufteilung in 10 biogeografische Regionen stützt sich auf GONSETH et al. (2001). Tabelle 3 und Abbildung 2 zeigen die Schwellenwerte für die 10 Regionen. Tab. 3, Abb. 2: Schwellenwert für jede biogeografische Region. Objekte von nationaler Bedeutung müssen ausserdem Zusatzkriterien erfüllen (Kap. 3.2). Code Biogeografische Region Schwellenwert für nationale Bedeutung JU1 Jura und Randen 18 MP1 Hochrhein und Genferseegebiet 24 MP2 Mittelland West 23 MP3 Mittelland Ost 18 NA1 Voralpen 14 NA2 Nordalpen 11 WA1 Zentrale Westalpen 8 EA1 Zentrale Ostalpen 8 SA1 Südalpen 8 SA2 Südliches Tessin 24 24 18 18 23 14 11 8 24 8 8 24 9/12

3.2 Zusatzkriterien Um sich als Objekt von nationaler Bedeutung gemäss der vorliegenden Definition zu qualifizieren, muss ein Laichgebiet ausserdem alle folgenden Zusatzkriterien erfüllen: Der Nachweis der Arten und die Schätzung der Populationsgrössen erfolgen gemäss den Empfehlungen der karch (vier Besuche zwischen März und Juni, darunter drei nächtliche). Die vorhandenen Arten pflanzen sich regelmässig fort. Die vorhandenen Arten wurden nicht illegal ausgesetzt. Das Objekt weist mindestens eine Art mit dem Rote-Liste-Status EN auf (vgl. Tab. 1) oder mindestens zwei Arten mit sehr grossen Populationen (vgl. Tab. 2). Das Laichgebiet und/oder die angrenzenden Landlebensräume sind ausreichend gross. Das Objekt ist natürlich oder naturnah gestaltet. Das Objekt ist vernetzt mit anderen Amphibienlaichgebieten in der Region. Es ist weniger als zwei Kilometer entfernt von den nächstgelegenen Laichgebieten und die Durchlässigkeit der Landschaft ist für die Amphibien sichergestellt. Beispiel: Ein seriöses Amphibieninventar (Bedingung a.) in einem Altarm eines Auengebiets im östlichen Mittelland hat den Nachweis erbracht von mehr als 200 Erdkröten (4+4 Punke), 50 Grasfröschen (1 Punkt) und einigen Fadenmolchen (4 Punkte) sowie Bergmolchen (1 Punkt). Der Feuersalamander pflanzt sich ebenfalls fort (4 Punkte). Das Laichgebiet erreicht damit den Schwellenwert der entsprechenden Region von 18 Punkten. Das Objekt befindet sich in einer dynamischen Umgebung in naturnahem Zustand (Bedingung e.) und in einem Gebiet mit zahlreichen nahegelegenen Gewässern (Bedingung f.). Das Objekt beherbergt allerdings keine EN-Arten und nur eine sehr grosse Population. Es erfüllt damit nicht alle Kriterien und qualifiziert nicht als Objekt von nationaler Bedeutung. 10/12

Kapitel 4 Bemerkungen und Schlussfolgerungen Die hier präsentierte Methode kombiniert einen quantitativen Ansatz (Identifikation der bedeutendsten Amphibiengemeinschaften des Landes) und einen qualitativen Ansatz, der sich auf strategische Amphibienschutzüberlegungen stützt, namentlich den Gefährdungsgrad der Arten gemäss Roter Liste und die Schaffung von geeigneten Bestandesstützpunkten, die eine Ausbreitung gefährdeter Arten ermöglichen sollen. Die regionale Differenzierung erlaubt es zudem, die unterschiedlichen Potenziale der Amphibienvorkommen zu berücksichtigen (MEYER et al. 2009). Angewandt auf nationaler Ebene ergibt die Methode rund 400 neue potenzielle Objekte. Die vorhandenen Daten erlaubten jedoch nur eine Ausscheidung gestützt auf den numerischen Wert und die Bedingung d (EN-Art oder zwei sehr grosse Populationen). Es bleibt somit sicherzustellen, dass die potenziellen Inventarobjekte auch die anderen Zusatzkriterien (Kap. 3.2) erfüllen. Die Zahl der möglichen Objekte wird sich daher im Verlauf der Prüfungen reduzieren. Für die meisten der erfassten Amphibienlaichgebiete existieren keine systematischen Aufnahmen der Populationsgrössen (gemäss GROSSENBACHER 1988), sondern in erster Linie Angaben über Präsenz/Absenz der Arten. Die quantitativen Daten, welche bei der karch zu diversen Objekten eingehen, lassen aber in vielen Fällen Rückschlüsse auf die Populationsgrössen zu. Bei Feldaufnahmen zur Beurteilung einer eventuellen Aufnahme eines Objekts ins Bundesinventar sind neben den Artnachweisen aber dennoch möglichst auch die Populationsgrössen zu erheben (Tab. 2). Viele der 897 Objekte der ersten drei Serien des Bundesinventars erreichen heute nicht mehr den Wert, der seinerzeit gemäss altem Bewertungsschlüssel zur Aufnahme ins IANB geführt hat. Die negative Entwicklung ist besonders ausgeprägt bei den Pionierarten (BORGULA et al. 2010). Die Sukzession, das Fehlen einer Landschaftsdynamik, die Lebensraumfragmentierung, künstlicher Fischbesatz und die intensive Nutzung von Abbaustellen haben zu dieser Entwicklung beigetragen. Die rechtskräftigen bisherigen Objekte werden aber nicht nach dem neuen, veränderten Schlüssel beurteilt. Die bisherigen Schutzziele gemäss AlgV bleiben massgebend. In Objekten mit Defiziten sind Aufwertungsmassnahmen vorzusehen, damit die ursprünglichen Amphibiengemeinschaften möglichst wieder hergestellt werden können. Parallel dazu ist eine Aktualisierung der Bestandesdaten hilfreich. Das Schaffen eines Schutzgebietsnetzes ("systematic conservation planning") stützt sich grundsätzlich auf Untersuchungen über das räumliche Verhalten der Populationen (PRESSEY & COWLING, 2001; MARGULES & SARKAR, 2007), um eine Minimierung der "Streuverluste" der Objekte zu ermöglichen. Im vorliegenden Fall führen die Metapopulationsstruktur und die reliktische Verbreitung der stark gefährdeten Arten zu einer gewissen Häufung der wertvollsten Objekte in "Hotspot"- Regionen. Diese Konzentration ist durchaus positiv, da zahlreiche Beispiele belegen, dass langfristig nur ein Populationsverbund überlebensfähig ist (MARSH & TRENHAM 2001). Die vorliegende Methode erlaubt es, Objekte zu identifizieren, welche die Voraussetzungen für die Aufnahme ins Bundesinventar der Amphibienlaichgebiete von nationaler Bedeutung erfüllen. Innerhalb eines Kantons können die Objekte, welche den Schwellenwert überschreiten, stark divergierende Werte aufweisen. Falls bei der Umsetzung Prioritäten gesetzt werden müssen, sollen die wertvollsten Objekte bevorzugt und in den Prozess der laufenden Revision integriert werden. Die karch und die Vertreter der Beratungsstelle stehen den Kantonen bei der Bewertung der Objekte und beim Planungsprozess gerne zur Verfügung. 11/12

Literatur BORGULA A., FALLOT PH. & RYSER J. (1994): Inventar der Amphibienlaichgebiete von nationaler Bedeutung. Schlussbericht. BUWAL, Schriftenreihe Umwelt Nr. 233. 75 S. BORGULA A., RYSER J. & FALLOT PH. (2010): Zustand und Entwicklung der Amphibienlaichgebiete von nationaler Bedeutung in der Schweiz. Ergebnisse der Erfolgskontrolle zum Schutz der Amphibienlaichgebiete. BAFU. 44 S. GONSETH Y., WOHLGEMUTH T., SANSONNENS B., BUTTLER A. (2001): Die biogeographischen Regionen der Schweiz Erläuterungen und Einteilungsstandard. BUWAL. Umwelt-Materialien Nr. 137. 48 S. GROSSENBACHER K. (1988): Verbreitungsatlas der Amphibien der Schweiz. Documenta faunistica Helvetiae 7. 207 S. MARGULES, C. R. & SARKAR, S. (2007): Systematic Conservation Planning. Cambridge, UK: Cambridge University Press. MARSH, D.M., TRENHAM, P.C. (2001): Metapopulation dynamics and amphibian conservation. Conservation Biology 15: 40-49. MEYER, A., ZUMBACH, S., SCHMIDT, B. R., MONNEY, J.-C. (2009): Auf Schlangenspuren und Krötenpfaden. Amphibien und Reptilien der Schweiz. Haupt Verlag. PRESSEY, R.L. & COWLING, R.M. (2001): Reserve selection algorithms and the real world. Conservation Biology 15: 275-277. RYSER J. (2002): Bundesinventar der Amphibienlaichgebiete von nationaler Bedeutung. Vollzugshilfe. BAFU, Schriftenreihe Vollzug Umwelt. 75 S. SCHMIDT, B. R. & S. ZUMBACH (2005): Rote Liste der gefährdeten Amphibien der Schweiz. BUWAL und Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch). BUWAL- Schriftenreihe Vollzug Umwelt, 46 S. 12/12