die Landesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg

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Transkript:

Fraktionen des Deutschen Bundestages Bundesministerium für Gesundheit Bundesministerium für Arbeit und Soziales Geschäftsstelle der Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) Mitglieder des Bundestages aus Baden-Württemberg Fraktionen des Landtages von Baden-Württemberg Landesregierung von Baden-Württemberg Ministerium für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg Beauftragter der Landesregierung für Belange behinderter Menschen Geschäftsstelle Stauffenbergstr. 3 70173 Stuttgart Stuttgart, 26.06.2009 Forderungen der Landesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg zur Weiterentwicklung der stationären Hilfen für alt gewordene Menschen mit Behinderung und zunehmendem Pflegebedarf Sehr geehrte Damen und Herren, die Landesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg (LAG ÖFW) ist ein Zusammenschluss der Kommunalen Träger der Sozialhilfe und Jugendhilfe sowie der. Zu ihren Aufgaben gehört vor allem die Abstimmung zu sozial- und jugendpolitischen Themen auf Landesebene. Ausgehend von der demographischen Entwicklung und der Diskussion zum neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff hat sich die LAG ÖFW mit der leistungsrechtlichen Ausgestaltung und Abgrenzung von Pflegebedürftigkeit und Behinderung auseinander- Mitglieder: Kommunale Träger der Sozialhilfe und Jugendhilfe Seite 1 von 5

gesetzt. Dabei stellt insbesondere die Versorgung von älter werdenden und pflegebedürftigen Menschen mit Behinderung sowohl die Leistungsträger als auch die Leistungserbringer vor neue Herausforderungen. Der Altersaufbau und die Lebense r- wartung von Menschen mit Behinderung sind zwar noch nicht identisch mit der G e- samtbevölkerung, eine Angleichung findet jedoch konstant statt. Deshalb ist es e r- forderlich, rechtzeitig Weichen zu stellen, damit eine adäquate Versorgung auch in Zukunft sichergestellt werden kann. Neben gemeinsamen Anstrengungen von Leistungserbringern und Leistungsträgern, müssen auch die Rahmenbedingungen diesen Herausforderungen gerecht werden. Die LAG ÖFW hat deshalb Vorschläge zur Anpassung der Rahmenbedingungen b e- schlossen und als Forderungen an den Bundes- und Landesgesetzgeber formuliert (s. Anlage). Im Wesentlichen geht es dabei um die Aufhebung der bestehenden gesetzlichen Ungleichbehandlung im SGB XI bzw. im Rahmen der Pflegeversicherung, wonach Menschen in einer stationären Einrichtung der Eingliederungshilfe nicht die vollen Pflegeleistungen erhalten, was aber bei ambulant erbrachten Leistungen im häuslichen Bereich selbstverständlich ist. Bei der Anerkennung des Wohnorts des Menschen mit Behinderung als Häuslichkeit wird entgegen allen Entwicklungen immer noch zwischen ambulant und stationär differenziert. Außerdem müssten für die Betreuung von Menschen mit Behinderung und zunehmenden Pflegebedarf die Wohnformen entsprechend angepasst bzw. weiter entwickelt sowie das Fachpersonal entsprechend qualifiziert bzw. das spezialisierte Personal als Fachpersonal ane r- kannt werden. Die Forderungen gelten in ihren Grundaussagen ohne Weiteres für alle Menschen mit Behinderung und pflegerischem Bedarf. Wir bitten Sie, diese Vorschläge bei den notwendigen gesetzlichen Anpassungen in der nächsten Legislaturperiode zu berücksichtigen und entsprechende Initiativen zu ergreifen. Die Mitglieder der Landesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg stehen als Ansprechpartner für Fragen zur Versorgung von älter werdenden und pflegebedürftigen Menschen mit Behinderung sowohl dem Bundes- als auch dem Landesgesetzgeber gerne zur Verfügung. Gez. Hansjörg Böhringer Vorsitzender Anlage Mitglieder: Kommunale Träger der Sozialhilfe und Jugendhilfe Seite 2 von 5

Forderungen der Landesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg zur Weiterentwicklung der stationären Hilfen für alt gewordene Menschen mit Behinderung und zunehmendem Pflegebedarf Stuttgart, im April 2009 Mitglieder: Kommunale Träger der Sozialhilfe und Jugendhilfe Seite 3 von 5

Ausgangssituation Bei ambulant zu erbringenden Leistungen sind für Menschen mit Behinderung im häuslichen Bereich parallel erbrachte Eingliederungs- sowie Pflegeleistungen nach dem SGB XII bzw. XI seit Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1995 selbstverständlich. Diese Handhabung der Leistungen zueinander ist auch für stationär zu erbringende Leistungen anzustreben. Dies würde dem Gebot der Gleichbehandlung (Grundgesetz Art. 3) gerecht. Die Leistungen nach dem SGB XII richten sich am Bedarfsdeckungsgrundsatz aus. Dies gilt sowohl für Leistungen der Eingliederungshilfe ( 53 ff. SGB XII) als auch für die Hilfe zur Pflege ( 61 ff. SGB XII). Werden Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in einer vollstationären Einrichtung der Hilfen für behinderte Menschen im Sinne des 43 a SGB XI erbracht, umfasst die Leistung auch die Pflegeleistungen in der Einrichtung. Stellt der Träger der Einrichtung fest, dass der behinderte Mensch so pflegebedürftig ist, dass die Pflege in der Einrichtung nicht sichergestellt werden kann, vereinbaren der Träger der Sozialhilfe und die zuständige Pflegekasse mit dem Einrichtungsträger, dass die Leistung in einer anderen Einrichtung erbracht wird; dabei ist angemessenen Wünschen des behinderten Menschen Rechnung zu tragen ( 55 SGB XII). Für pflegebedürftige Menschen in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für b e- hinderte Menschen übernimmt die Pflegekasse zur Abgeltung des pflegebedingten Aufwands 10 % des nach 75 Abs. 3 SGB XII vereinbarten Heimentgelts, maximal jedoch 256 ( 43 a SGB XI), also ca. 20 % der vollen Versicherungsleistung beim stationären Pflegebedarf. Die Landesarbeitsgemeinschaft der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg hat diese gesetzliche Ungleichbehandlung zum Anlass genommen, um sich mit der Versorgung von älter werdenden und pflegebedürftigen Menschen mit Behinderung auseinanderzusetzen und folgende Forderungen an den Bundes- und Landesgesetzgeber zu richten. Mitglieder: Kommunale Träger der Sozialhilfe und Jugendhilfe Seite 4 von 5

I. Forderungen an die Bundesregierung und den Bundesgesetzgeber 1. Die gesetzliche Ungleichbehandlung von Menschen mit und ohne Behinderung ist aufzuheben. 2. 43 a SGB XI ist dahingehend zu ändern, dass Menschen mit Behinderungen, die in Einrichtungen der Eingliederungshilfe leben, einen Rechtsanspruch auf die vollen Leistungen der Pflegeversicherung erhalten. 3. Eine Gleichbehandlung könnte aber auch herbeigeführt werden, indem unabhängig davon, ob die Leistungen ambulant oder stationär erbracht werden, der Wohnort des Menschen mit Behinderung als Häuslichkeit i. S. d. SGB XI anerkannt wird, ähnlich wie es jetzt schon im 37 SGB V ausgeführt ist. II. Forderungen an die Landesregierung und den Landesgesetzgeber von Baden-Württemberg 1. Die Landesregierung von Baden-Württemberg wird gebeten, eine Gesetzesinitiative zur gesetzlichen Klarstellung im Bundesrat zu starten. 2. Die konzeptionelle Anpassung bestehender und Entwicklung neuer Wohnformen für die Betreuung von Menschen mit Behinderung und zunehmenden Pflegebedarf, insbesondere im Alter könnte durch die Bereitstellung von Investitionsmittel befördert und beschleunigt werden. 3. Das speziell für das beschriebene Klientel spezialisierte Fachpersonal, z.b. Heilerziehungspfleger, soll im Rahmen der Leistungserbringung nach dem SGB XI ebenfalls zugelassen werden, ggf. unter Anpassung der der Ausbildungsverordnung. 4. Der hier vorgeschlagenen Differenzierung bezüglich der Versorgung von alt gewordenen Menschen mit Behinderungen und zunehmendem Pflegebedarf ist im Rahmen der Ausgestaltung und Umsetzung des Heimgesetzes Rechnung zu tragen. Mitglieder: Kommunale Träger der Sozialhilfe und Jugendhilfe Seite 5 von 5