Was ist ppp? Statement anlässlich der Tagung PPP-Verfahren Die Rolle des Architekten am 05.07.2005 in Gelsenkirchen 1
1. Privatisierung des öffentlichen Bauens? Mehr als 80 % der Bauausgaben der öffentlichen Auftraggeber gehen schon immer an private Partner. Das gilt für Neubau und etwas abgeschwächt auch für die Bewirtschaftung von Gebäuden (öffentliche Hausmeister!). Traditionell werden auch Planungsleistungen für öffentliche Bauvorhaben mehrheitlich von freiberuflichen Architekten und Ingenieuren erbracht (im Neubau mehr als ¾!) und nicht von der öffentlichen Bauverwaltung. Die Quote der Vergaben an Freiberufler nimmt sogar kräftig zu, weil die Stellen für Architekten und Ingenieure in den öffentlichen Verwaltungen laufend abgebaut werden.
Privatisierung des öffentlichen Bauens? konventionelle Beschaffung Investitionssumme 10.000.000 ¼ ppp Eigenleistung der Verwaltung 1.000.000 ¼ 10 Mio ¼,QYHVWLWLRQssumme Architekten und Ingenieure lokales und regionales Bauhandwerk / Bauwirtschaft 1.000.000 ¼ 8.000.000 ¼ ppp Partner / ggf. Weitergabe von Aufträgen an Dritte 10 Mio ¼,QYHVWLWLRQVVXPPH + 500.000 ¼ Transaktionskosten
PPP bedeutet aber einen Partnerwechsel: Die traditionellen Beziehungen zwischen Bauverwaltungen, freiberuflichen Architekten und Ingenieuren und der lokalen/regionalen mittelständischen Bauwirtschaft werden durch neue Beziehungen ersetzt: Dreiecksbeziehungen örtliche / regionale Bauwirtschaft Architekt überregionaler Baukonzern ppp Beratungskanzlei öffentliche Bauverwaltung öffentliche Finanzverwaltung
2. Kostensenkung durch PPP? Ja, denn die PPP-Partner können freihändig vergeben und Preise verhandeln, während der öffentliche Auftraggeber immer an Regeln der VOB/VOL/VOF gebunden ist, en bloc-vergaben statt Ausschreibung einzelner Gewerke. Aber: PPP entlastet nicht von den Risikokosten. Die bleiben immer beim Auftraggeber und PPP kostet auch zusätzliches Geld, z.b. durch die erheblichen Transaktionskosten des PPP-Verhandlungsverfahrens.
3. Bauboom durch PPP? Nein, denn PPP belastet öffentliche Haushalte genauso wie die konventionelle Beschaffung, keine projektbedingten (zusätzlichen) Schulden machen zu müssen, hilft zwar politisch und haushaltsrechtlich (Haushaltssicherung) über die Klippe, die Kapitalkosten fallen aber dennoch an (Annuität), Die private Finanzierung kann erfahrungsgemäß die Konditionen des öffentlichen Kredits nicht toppen. Auch Fortfaitierung u.ä. ermöglichen bestenfalls einen Gleichstand und PPP schafft kein neues Geld. Die Versprechungen, mit Hilfe PPP könne die Investitionskraft der öffentlichen Hand gesteigert und der Sanierungsstau abgebaut werden, sind nicht seriös. Der Sanierungsstau ist keine Folge des falschen Beschaffungsverfahrens, sondern der falschen Bewirtschaftung des öffentlichen Vermögens durch politische Vorgaben. Zurzeit umfasst der PPP-Sektor bundesweit ca. 30 Projekte mit einem Investitionsvolumen von ca. 2 Mrd. ¼'DVVLQGZHQLJHUDOVGHVMlKUOLFKHQ Investitionsvolumens der öffentlichen Haushalte in der BRD.
4. Verbesserung der Bauqualität durch PPP? Öffentliche Bauherren haben die Verpflichtung qualitätvoll zu bauen. Architekten und Ingenieure sind Hüter dieser Qualität. Architektonische und gestalterische Gesichtspunkte sind ein öffentlicher Belang, dem die Art und Weise der Beschaffung Rechnung tragen muss. Verbessert PPP diese Qualität des öffentlichen Bauens? Ja, denn, Lifecycle-Betrachtung des Projektes sorgt für vollständige Kostenerfasung und größtmögliche Kostentransparenz, Output-Orientierung der Ausschreibung schöpft technische und wirtschaftliche Potentiale bestmöglich aus, PSC zwingt zur Wirtschaftlichkeit der Beschaffung, Risikoanalyse schafft Kostensicherheit (aber keine Kostenentlastung!) und PPP-Verfahren sind keine architektenfreie Zone
Aber: Kostenoptimierung allein reicht nicht aus, um Bauqualität zu erreichen, PPP-Verfahren sind keine Wettbewerbe, finanzielle (Kosten), funktionelle (Raumprogramm) und juristische (Verträge) dominieren ästhetische Gesichtspunkte und Dienstleistung statt Werkleistung: Freiberufliche Architekten/Ingenieure kommen nur noch als Sub des PPP-Anbieters in das Verfahren. Lösbar ist dieser Konflikt z.b. dann, wenn man die aussichtsreichen PPP-Bieter ab einer bestimmten Konkretisierungsstufe ( indikative Angebote ) zu einem regelrechten Wettbewerb antreten lässt. Die Ergebnisse dieses Wettbewerbs (Juryentscheidung) wären dann maßgeblich für die Endauswahl des Partners.