Bedarfe und Ressourcen in der Gerontopsychiatrie

Ähnliche Dokumente
Psychotherapie-im-Alter- Zwischen-Versorgungsbedarf-und- Versorgungsrealität- Dr.$Dietrich$Munz 4.-Saarländischer-Psychotherapeutentag

Demografische Entwicklung, Pflege und gerontopsychiatrischer Bedarf

Überlegungen zu einer am Versorgungsbedarf orientierten Psychotherapeutenausbildung

Psychiatrie PP.rt Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Reutlingen Psychiatrische Tagesklinik Gerontopsychiatrie, Station 21

Patientenstatistiken Psychiatrische Klinik PK Patienten im Jahr 2008

R. Holzbach I LWL - Kliniken Lippstadt und Warstein

LWL-Klinik Lengerich. Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Steinfurt TAGESKLINIK FÜR PSYCHIATRIE UND PSYCHOTHERAPIE STEINFURT

Erkennen und Behandeln psychischer Störungen in der Hausarztpraxis - Probleme im Alltag -

Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen: Erkennen Vorbeugen (Be-)Handeln

Übergang von der stationären in die ambulante Versorgung psychisch kranker Menschen in Baden-Württemberg

Asklepios ambulante fachpsychiatrische Pflege (AAFP)

WORKSHOP: Psychiatrie meets Jugendhilfe Offene Sprechstunde für Eltern in der Psychiatrie durch Sozialpädagogen

Krankenhauseinweisung

LWL-KLINIK MÜNSTER. Abteilung für Innere Medizin. Psychiatrie - Psychotherapie - Psychosomatik - Innere Medizin.

Gesundheit in NRW, kurz und informativ

Welchen Erkenntnisgewinn für die Bedarfsplanung bringen geostatistische Analysen chronischer Erkrankungen?

UPK. Behandlungsfälle UPK Basel* nach Kliniken. Jahr Behandlungsfälle UPK Basel* nach Behandlungsart. Jahr 2010 (IN FÄLLEN) 1.1 (IN FÄLLEN) 1.

Stellung der Psychotherapie im Krankenhaus

Evaluation der Kontrollliste zur Risikobewertung in der ambulanten forensischen Nachsorge gem. 63 und 64 StGB

Relevanz und Berücksichtigung von angebotsseitigen Merkmalen in der morbiditätsorientierten Mittelzuweisung

LWL-Klinikum Gütersloh Eine Einrichtung im LWL-PsychiatrieVerbund Westfalen. Leben im Quartier statt im Heim am Beispiel des Kreises Gütersloh

ANHANG 1 (2008) PATIENTENSTATISTIKEN PSYCHIATRISCHE KLINIK (PK)

Regionale Cluster auf der Basis von Sozialstrukturdaten für die Kreise und kreisfreien Städte in NRW

JAHRESBERICHT 2011 Statistiken

BFLK Pflegefachtag Psychiatrie des Landesverbandes Berlin Brandenburg Berlin, den 10. Mai 2012

Psychiatrische Institutsambulanz

LWL-KLINIK MÜNSTER. Abteilung für Innere Medizin. Psychiatrie - Psychotherapie - Psychosomatik - Innere Medizin.

Krankenhäuser in Sachsen vor den Herausforderungen des demografischen Wandels. Krankenhausforum Sachsen am in Leipzig

LDS-Bevölkerungsvorausberechnung. Dr. Kerstin Ströker Bochum, 29. Mai 2008

Das Alter hat nichts Schönes oder doch. Depressionen im Alter Ende oder Anfang?

BEVÖLKERUNGSPROGNOSE In den kommenden 15 Jahren schrumpft Ostwestfalen-Lippe

Fachtag zum LVR-Förderprogramm Gerontopsychiatrische Beratung an Gerontopsychiatrischen Zentren am

KV Nordrhein: Symposium Innovative Versorgungssteuerung Präsentation Versorgungsreport Nordrhein am 30. September 2013 Versorgung 2030

ANHANG 1 (2007) PATIENTENSTATISTIKEN PSYCHIATRISCHE KLINIK (PK)

Die gesundheitliche Versorgung aus unterschiedlichen Perspektiven

Gesundheitsversorgung in einer Gesellschaft des längeren Lebens 05. September 2012

Vorstellung des Projektes zur Versorgung von Menschen mit psychischer Erkrankung im Rahmen des. NetzWerkes psychische Gesundheit

Schloß Holte-Stukenbrock

Erwachsenenpsychiatrie

Bezirkskliniken Mittelfranken. Ein starkes Netz in Lebenskrisen

Psychische Krankheiten und Verhaltensstörungen Aktuelle Trends in Nordrhein-Westfalen

Förderung der Umsetzung demenzsensibler Versorgungskonzepte

Vorwort (Paulitsch, Karwautz) Geleitwort (Lenz) I Einführung (Paulitsch) Begriffsbestimmung Historische Aspekte...

Psychische Erkrankungen älterer Menschen - Worauf können wir uns einstellen? Wetzlar, den Dr. med. Nicole Cabanel Stellv.

WENIGER BUNTER ÄLTER

PSYCHISCHE GESUNDHEIT IN ZAHLEN

Allgemeine Angaben der Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie

Geschlossene Unterbringung bei Demenz - muss das sein?

LWL-Klinik Lengerich. Das Leben im Gleichgewicht. Abteilung für Allgemeinpsychiatrie Station 16.1

Inhaltsverzeichnis. Bibliografische Informationen digitalisiert durch

LWL-KLINIK MÜNSTER. Abteilung für Gerontopsychiatrie. Fachkrankenhaus im LWL-PsychiatrieVerbund Münster.

Wie s weitergeht. Psychische Gesundheit und Arbeitsmarkt

Was Man(n) und Frau braucht

Gerontopsychiatrie mit offenen Türen?

Regionalplanungskonferenz

Suchtprobleme. stationären Altenpflege

Die räumliche Dimension der Versorgungsforschung - Ein Kompass für die Gestaltung der Versorgung?

Halle (Westfalen) (GT)

Medikamentenabhängigkeit im Allgemeinkrankenhaus

Dr. Petra Dlugosch Chefärztin Gerontopsychiatrie LWL-Klinik Dortmund

Psychiatrische Versorgung was hat der ÖGD damit zu tun?

Integrierte Versorgung Depression DAK-HMK Modell. Ingeborg Behling-Hass, Nervenärztin Harburg Hans-Peter Unger, Ltd.Arzt, Asklepios Klinik Harburg

Remscheid, 26. September 2014

Forderungen der DGPPN zur Bundestagswahl 2017

Integrierte, sektorenübergreifende Psychoonkologie (ispo) Stationäre Psychoonkologie: Zugang zur psychoonkologischen Versorgung

Ambulanter Psychiatrischer Pflegedienst München gemeinnützige GmbH

Determinanten einer erhöhten Inanspruchnahme ambulanter Hausund Facharztleistungen von Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2

Unterversorgung psychisch kranker Kinder und Jugendlicher. Bestandsaufnahme/Handlungsbedarf

Trialogische Arbeit in einer ländlichen Region Entwicklung der Psychiatrischen Vernetzungsarbeit in Eichstätt

Indikatoren zur ambulanten, operativen, neurochirurgischen Versorgungsqualität

Vernetzte Versorgung geriatrischer Patienten aus Sicht der AOK NORDWEST

Informationsblatt Nr. 27 Beratung und Hilfe bei Gedächtnisstörungen im Alter

Anlage zur Vereinbarung gemäß 118 Abs. 28GB V vom

AMBULANT VOR STATIONÄR

Gesundheitsleitbild. Gesundheitsamt. Gesundheitsförderung Prävention Versorgung vernetzen koordinieren initiieren Gesundheitsdialog Kommunikation

Ennepe-Ruhr-Kreis, LK

Tabelle P1.1. Übersicht Psychiatriekliniken 2015

Demografische Entwicklung und ärztliche Versorgung

ackpa Jahrestagung 2018

Die aktuelle Versorgungssituation der Contergangeschädigten in NRW Präsentation Köln 09-April-2016

Sektorenübergreifende Qualitätssicherung zur Versorgung bei psychischen Erkrankungen: Auftrag und aktueller Stand

Überlegungen zu normativen versus empirischen Steuerungs- und Anreizsystemen in der stationären psychiatrischen Versorgung

Konzepte patientenorientierter

Qualitätsindikatoren in der Psychiatrie VKD-Jahrestagung der Fachgruppe Psychiatrie, , Göttingen

Informationsblatt Nr. 27 Beratung und Hilfe bei Gedächtnisstörungen im Alter

Beratung und Hilfe bei Gedächtnisstörungen im Alter

Die Notwendigkeit der Verzahnung - Perspektive Stationär -

Thesenpapier. Zur Zukunft tagesklinischer Behandlung bei psychischen Erkrankungen

Alter/Armut/Gesundheit

Die stationäre Versorgung von Menschen mit Depressionen im Alter

Behandlung psychischer Krankheiten in deutschen Krankenhäusern

Themenblock 2: Prävalenz und administrative Prävalenz von ADHS

26. Jahrestagung Wissenschaftliche Fachtagung des Fachverbandes Glücksspielsucht e.v.

Interkantonale Zusammenarbeit in der Psychiatrie

Praxisleitfaden Psychiatrie. Der psychogeriatrisch Kranke in der ärztlichen Sprechstunde. Mit freundlicher Empfehlung.

Rehabilitation depressiver Störungen aus der Sicht der Versorgungsforschung

Transkript:

Bedarfe und Ressourcen in der Gerontopsychiatrie Stationäre Versorgung gerontopsychiatrischer Patienten in Westfalen-Lippe F. Tornau, Dr. G. Bruchmann, Dr. K. Janhsen, Dr. R. Wolf, Prof. Dr. G. Juckel 4. Fortbildungstag des LWL-Forschungsinstituts für seelische Gesundheit LWL-Universitätsklinik Hamm LWL-Universitätsklinik Bochum der Ruhr-Universität Bochum Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik & Präventivmedizin

1. Wie entwickelt sich der gerontopsychiatrische Bedarf in demografisch und soziostrukturell unterschiedlichen Regionen in WL? 2. Welche Maßnahmen können/sollen/müssen getroffen werden, um dem künftigen Versorgungsbedarf in WL gerecht zu werden? IST-Analyse (2005 2009) status quo + Bedingungsfaktoren Voraussage (2020) basierend auf amtlicher Bevölkerungsvorausberechnung und unter Zuhilfenahme der Quantifizierung bedingender Faktoren Abgleich mit den zu erwartenden Ressourcen Gestaltungsempfehlungen für die untersuchten Regionen

Stadt Bochum Kreis Gütersloh Einwohner 381.543 354.239 Fläche 145 km² 968 km² Soziostrukturelles Cluster Heterogene Städte Durchschnittliches Einkommensniveau Überdurchschnittliche Niveau an Älteren Armen Arbeitslosen Ausländern Prosperierende Regionen & suburbane Kreise Höheres Einkommensniveaus Unterdurchschnittliches Niveau an Armen Arbeitslosen LIGA.NRW (2002)

120 Relative Altersgruppenentwicklung 2009 bis 2030 (%) in Bochum und Gütersloh 100 80 60 40 20 0-20 % -40 Bochum Gütersloh Gütersloh, Landkreis Schloß Holte- Stukenbrock Langenberg 25-44-Jährige -18,1-10,2-13,5-14,5-23,8 45-64-Jährige -16,2-0,8 0,1-6,6-3 65-79-Jährige 16,5 29,3 33 41,8 39,6 ab 80-Jährige 29,1 48,9 63,6 103,2 45,1 Bertelsmann Stiftung (2012)

Multifaktorielle Modelle der Inanspruchnahme Anderson & Newman Bedarfsdefinierenden Variablen subjektive & objektive Gesundheitseinschränkungen Inanspruchnahme Prädisponierenden Variablen demografische Faktoren sozialstrukturelle Faktoren Wertevorstellungen & Wissen über Gesundheit & Krankheit Rahmenbedingungen personenbezogenen Variablen angebotsbezogene Variablen Anderson & Newman (1973) Linden, Gilberg, Horgas & Steinhagen-Thiessen (1999)

Aufgenommene Variablen für alle Patienten - Geburtsdatum - Geschlecht - Wohnort - Diagnosen Ambulante Daten Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe - Arztkontakte - Facharzt Stationäre Daten LWL-Universitätsklinikum Bochum und LWL-Klinik Gütersloh - Krankenhauskontakte - Aufenthaltsdauer - Überweisung

Stationäre Daten - LWL-Kliniken LWL-Universitätsklinikum Bochum Ruhr-Universität Bochum Betten: 165 N = 4041 LWL-Klinik Gütersloh Zentrum für Altersmedizin Betten: 318 N = 8507

Zwischenergebnisse

Prozentueller Anteil an aufgenommenen psychiatrischen Patienten relativiert an der Anzahl der Patienten der jeweiligen Klinik 25% 20% 15% 10% 5% 25-44-Jährige 45-64-Jährige 65-79-Jährige ab 80-Jährige 0% Bochum Gütersloh Bochum Gütersloh Männer Frauen

Verteilung der Patienten mit Alzheimer-Diagnose 25-44-Jährige 45-64-Jährige 65-79-Jährige ab 80-Jährige BO GT BO GT Männer Frauen

25% Verteilung der Patienten mit Diagnose einer depressiven Episode 20% 15% 10% 5% 25-44-Jährige 45-64-Jährige 65-79-Jährige ab 80-Jährige 0% BO GT BO GT Männer Frauen

Relative Häufigkeiten der stationär vergebenen Diagnosen 2009 und deren Differenz zu 2005 31% + 8% Bochum 14% + 4% 1% 1% 7% 28% - 7% 18% - 5% 26% + 3% 6% Gütersloh 11% +3% 4% 3% 2% 48% - 3% F00 - Alzheimer F01 - Vaskuläre Demenz F10 - Alkoholabhängigkeit F20 - Schizophrenie F31 - Bipolare Störung F32 - Depressive Episode F33 - Rezidivierende depressive Störung

Zwischenfazit Diagnoseaufkommen zeigt starke Abhängigkeit von der demografischen Struktur der Regionen Inanspruchnahmeverhalten unterscheidet sich sowohl regional- als auch personengruppenspezifisch

Ausblick Weitere Analyseschritte: - Somatische Komorbiditäten - Regionale & personengruppenspezifische Einflüsse auf die Inanspruchnahme - Ressourcenseite der Versorgung - Vorausberechnung der erwarteten Inanspruchnahme in 2020/30 - Szenario-Analyse

Andersen, R. & Newman, J. F. (1973). Societal and individual health determinants of medical care utilization in the United States. Milbank Quarterly, 51, 92-124. Bertelsmann Stiftung (2012) Wegweiser-Kommune. Relative Altersstrukturentwicklung 2009-2030 (%). Verfügbar unter: http://wegweiserkommune.de/datenprognosen/prognose/prognose.action;jsessionid=dd6d6dde4d51cc808ae85d0941297b72 [12.02.2012]. Borchelt, M., Gilberg, R., Horgas, A. L. & Geiselmann, B. (1999). Zur Bedeutung von Krankheit und Behinderung im Alter. In K. U. Mayer & P. B. Baltes (Hrsg.), Die Berliner Altersstudie. (S. 449-474) Berlin: Akademie Verlag. Helmchen, H., Baltes, M. M., Geiselmann, B., Kanowski, S., Linden, M, Reischies, F. M., Wagner, M. & Wilms, H.-U. (1999). Psychische Erkrankungen im Alter. In K. U. Mayer & P. B. Baltes (Hrsg.), Die Berliner Altersstudie. (S. 185-220) Berlin: Akademie Verlag. LIGA.NRW (2002). Regionale Cluster auf der Basis soziostruktureller Indikatoren für NRW. In LIGA.NRW. Gesundheit in NRW, kurz und informativ. Verfügbar unter: http://www.eva-phr.nrw.de/_media/pdf/gesundheitberichtedaten/nrw-kurz-undinformativ/clusteranalyse_0508.pdf [31.12.2011]. Linden, M., Gilberg, R., Horgas, A. L. & Steinhagen-Thiessen, E. (1999). Die Inanspruchnahme medizinischer und pflegerischer Hilfe im hohen Alter. In K. U. Mayer & P. B. Baltes (Hrsg.), Die Berliner Altersstudie. (S. 475-496) Berlin: Akademie Verlag. Mayer, K. U. & Baltes P.B. (Hrsg.). (1999). Die Berliner Altersstudie. Berlin: Akademie Verlag. Naegele, G. & Schmidt, W. (2008). Alternde Gesellschaft Kommunen im demografischen Wandel. Verfügbar unter: http://www.ffg.uni-dortmund.de/medien/aktuelles/kommunenimdemografischenwandel.pdf [25.11.2011]. Wüstenbecker, M., Bruchmann, G. & Juckel, G. (2010). Gerontopsychiatrische Versorgung: Entwicklung von Bedarfen und Ressourcen. In G. Stoppe (Hrsg.), Die Versorgung psychisch kranker alter Menschen. Köln: Deutscher Ärzte-Verlag.