Internationalisierung der Lehrerbildung zwischen Antriebs- und Bremsfaktoren DAAD, Berlin, 08.11.2013 Prof. Dr. Anne Sliwka, Uni Heidelberg & Henrike Schön, PH Heidelberg Kontakt: sliwka@ibw.uni-heidelberg.de 1
Internationalisierung der Lehrerbildung: Stand der Entwicklung Ausgangsbasis: komplexes Feld aus Mentalitäten, Strukturen und Traditionen noch kein Konsens über die Notwendigkeit eines strategischen Vorgehens bei zentralen Akteuren Gesetzgeber/mittlere Verwaltungsebene Hochschulleitungen / Dekane Lehrende Studierende Verwaltung in den Hochschulen
Internationalisierung der Lehrerbildung: Paradigmenwechsel? Status Quo: Internationalisierung der Lehrerbildung Aktionsfeld der Auslandsämter, einzelner aktiver Hochschulleitungen, einzelner international ausgerichteter Professuren und mobiler und international interessierter Studierender Zeichnet sich jetzt ein Paradigmenwechsel ab? neue Aufmerksamkeit für Qualität im Lehramtsstudium Push in der Globalisierung der Bildungsforschung seit 1998 kulturelle Diversität als Realität aller Schulen Berichterstattung über geringe Mobilität von Lehramtsstudierenden in den Medien (FAZ, Süddeutsche)
Brems-Faktor: staatliche Strukturen und Prüfungen Abhängigkeit der Lehrerbildung von landespolitischen Entscheidungen häufige, extern gesteuerte Reformen komplexe Strukturen als Nachwirkung des Bologna-Prozesses ( Anerkennungspraxis ) staatliche Prüfungsordnungen und Prüfungsämter Studien- und Prüfungsinhalte zentral über Landesprüfungsordnungen enge Vorgaben für Zulassung zum Studium und zu Prüfungen hohe Erwartungen an sprachliche Kompetenz (externe Prüfer!)
Brems-Faktor: Mobilitätsbereitschaft stärker regionales Einzugsgebiet der Studierenden Lehrerberuf wird teilweise von risiko-aversen Personen gewählt staatliche Mobilitätsbarrieren auch schon innerhalb Deutschlands Studienorganisation des Lehramtsstudiums erschwert Organisation eines anerkannten Auslandsaufenthalts (Stichworte: Mittelpunktlosigkeit und Verantwortungsdiffusion)
Brems-Faktor: Lehrerarbeitsmarkt starre Einstellungspraxis des staatlichen Schulsystems bietet keinen Anreiz für internationale Mobilität insgesamt wenig Mobilitätsanreize im Beamtentum wenige schulscharfe Stellenausschreibungen Bei knapper werdenden Lehrerstellen: Rennen, um schnellstmöglich die unbefristete Verbeamtung zu sichern
Bremsfaktor: Berufungspolitik Traditionelle Praxis: Professuren müssen bei Berufung drei Jahre Schulpraxis (nach dem Referendariat!) vorweisen Doppelqualifikation Lehramt (mit Praxis) und Habilitation lässt wenig zeitlichen Spielraum für Auslandsaufenthalte Teilweises Mitwirken der Landesbehörden in Berufungsgremien verstärkt traditionelles Bild von Professuren Ziehsohn-Effekt verstärkt eine Rekrutierung von Personen mit Profilen, die der Vorgängergeneration ähnlich sind
Bremsfaktor: Struktur von Mobilitätsprogrammen Mobilitätsprogramme sind zu wenig auf die Herausforderungen des Lehramts ausgerichtet: Verantwortungsdiffusion in den Universitäten: Wer ist überhaupt für die Lehrämtler zuständig? schulpraktische Praxisphasen im Studium: Fehlen von passgenauen Programmen zur Absolvierung anerkannter Schulpraktika im Ausland von kürzerer Dauer Zu geringe Integration von Auslandsstudium und -praktika in die Curricula
Antriebs-Faktoren: Globalisierung at home zunehmende Diversität der Gesellschaft ( globalisation at home ) demographischer Wandel und Diversität der Gesellschaft kommt massiv in den Schulen an problematische Diskrepanz zwischen Schule als Abbild einer von Diversität geprägten Gesellschaft und relativ homogener Lehrerpopulation Aspekte der Migration als Herausforderung für die Lehrerbildung (z.b. Thema Mehrsprachigkeit )
Antriebsfaktor: verändertes Professionsverständnis Lehrkräfte als Learning Professionals, also Professionelle wie Ärzte, Anwälte, Ingenieure Wandel des Wissenbegriffs in der Lehrerbildung vom kulturgebundenen Wissen zum empirisch geprüften, global gültigen Wissen
Antriebs-Faktor: Internationalisierung der Bildungsforschung globalisierte Bildungsforschung durch die internationalen Schulstudien (TIMSS, PISA, IGLU) Lehrerbildung wird mittlerweile Bedeutung für Innovationsfähigkeit und wirtschaftliche Leistung von Staaten zuerkannt große internationale Lehrerbildungsstudien (z.b. OECD 2005 Teachers Matter: Attracting, Developing and Retaining Effective Teachers; Top-Thema auf der NAFSA seit 2010: Internationalization Teacher Training Curricula ) Internationalisierungsprozess in der Forschung kommt jetzt zeitverzögert
Antriebs-Faktor: Internationalisierung als Mainstream-Thema Internationalisierungsstrategie wird zum must have für alle Hochschulen Drittmittelgeber verlangen international eingebettete Forschung Benchmarking von Mobilitätsdaten zeigt geringe Mobilität von Lehramtsstudierenden und erhöht den Problemdruck Unterstützungsmaßnahmen von HRK: Audit Internationalisierung der Hochschulen und DAAD: IDA und Leitertagungen
Handlungskonsequenzen für Struktur-, Programm- und Curricularentwicklung Schaffung von Mobilitätsfenstern (auch in den schulpraktischen Studien und in den Nicht-FS-Fächern) verbindliche Anerkennungspraxis interkulturelle Kompetenz einschließlich FS-Kenntnisse als Outcome-Standard der Lehrerbildung verändertes Anreizsystem im Beruf: Karrierevorteile durch Internationalisierung Internationale Neuausrichtung curricularer Inhalte der Lehrerbildung
Was heißt Internationalisierung der Lehrerbildung? Ausbildung von Lehrkräften, die den Aufgaben des 21. Jahrhunderts gewachsen sind Bildungsforschung, die sich selbstverständlich international vernetzt und ausrichtet Bildungsbegriff, der der Anerkennung von und dem Interesse für Diversität in der Weltgesellschaft, eine grundlegende Bedeutung beimisst Personalpolitik, die Leadership auf allen Ebenen der Hochschulen betreibt HERZLICHEN DANK!