Ergebnisse der Hybridverfahren als Therapie von Aortenbogenpathologien



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Transkript:

Zentralklinikum Augsburg Klinik für Gefäßchirurgie Leitung: Prof. Dr. med. K. Wölfle Ergebnisse der Hybridverfahren als Therapie von Aortenbogenpathologien Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm Yvonne Nicole Goßlau Augsburg 2012

Amtierender Dekan: Prof. Dr. Thomas Wirth 1. Berichterstatter: Prof. Dr. Klaus Wölfle 2. Berichterstatter: PD Dr. Markus Juchems Tag der Promotion: 16.11.2012

INHALTSVERZEICHNIS Abkürzungsverzeichnis 1. Einleitung... 1 1.1 Erkrankungen des Aortenbogens und der thorakalen Aorta... 1 1.2 Symptome... 5 1.3 Präoperative Diagnostik... 5 1.4 Therapie... 6 1.5 Komplikationen... 10 1.6 Ziel der Arbeit... 12 2. Patienten und Methoden... 14 2.1 Studiendesign... 14 2.2 Datenverarbeitung... 15 2.3 Patienten... 16 2.4 Präoperative Diagnostik... 20 2.5 Operationsablauf... 21 2.6 Kontrolluntersuchungen... 25 3. Ergebnisse... 26 3.1 Überleben... 26 3.2 Technischer Erfolg... 29 3.3 Komplikationen... 30 3.4 Verlaufsdaten... 35 4. Diskussion... 37 4.1 Patientenselektion und -charakteristika... 37 4.2 Stents... 38 4.3 Komplikationen... 39

4.4 Schaffung einer adäquaten PLZ: Überstentung der A. subclavia sinistra (LSA)... 44 4.5 Zugangswege zur endovaskulären Aortenchirurgie... 47 4.6 Vergleich der Ergebnisse mit anderen Arbeitsgruppen... 49 4.7 Vergleich TEVAR und offene OP... 50 4.8 Ursachen für technischen Misserfolg... 52 4.9 Methodenfehler... 53 4.10 Zukunftsperspektiven... 54 4.11 Schlussfolgerung... 56 5. Zusammenfassung... 57 6. Literaturverzeichnis... 59 Anhang Lebenslauf

Abkürzungsverzeichnis C Grad Celsius A. Arteria Aa. Arteriae Abb. Abbildung ACC A. carotis communis ACVB Aorto-Coronarer-Venen-Bypass AHT Arterieller Hypertonus AICA adenosin induced cardiac arrest ant. anterior ASA American Society of Anesthesiologists asc. Ascendens AVK arterielle Verschlusskrankheit BAA Bauchaortenaneurysma ca. circa CCT Zerebrale Computertomographie CI Konfidenzintervall cm Centimeter COPD Chronic Obstructive Pulmonary Disease CPR Cardiopulmonale Reanimation CT Computertomographie CVRF Cardiovascular risk factors DM Diabetes mellitus DLZ Distale Landezone EKG Elektrokardiogramm et al. et alia EVAR Endovascular aortic repair evtl. eventuell ggf. gegebenenfalls HLM Herz-Lungen-Maschine HLP Hyperlipoproteinämie IMH Intramurales Hämatom int. Interna

KHK Koronare Herzkrankheit LSA Left subclavian artery (A. subclavia sinistra) LIMA Left internal mammary artery (A. mammaria interna) logeuroscore logistic EuroScore mm Millimeter MRT Magnetresonanztomographie n Anzahl N. Nervus OP Operation PAU Penetrierendes Aortenulcus pavk Periphere arterielle Verschlusskrankheit PLZ Proximale Landezone post. Posterior PRIND Prolongiertes reversibles ischämisches neurologisches Defizit sup. Superior TEE transesophageal echocardiography TEVAR Thoracic endovascular aortic repair TIA Transitorische ischämische Attacke TRBC Truncus brachiocephalicus v.a. vor allem V.a. Verdacht auf vs. versus z.b. Zum Beispiel

1 Einleitung 1 1. EINLEITUNG 1.1 ERKRANKUNGEN DES AORTENBOGENS UND DER THORAKALEN AORTA Pathologische Veränderungen im Aortenbogen sind meist schwerwiegende Krankheiten, die verschiedene ätiologische Ursachen haben können. Oft finden sich fließende Übergänge zwischen den unterschiedlichen Pathologien. Auch die Ausdehnung ist oft übergreifend: so reichen Veränderungen am Aortenbogen häufig in die benachbarten Aortenabschnitte, teils sogar bis in die Extremitätenarterien. Insgesamt stellen die Aortenbogenpathologien ein seltenes Krankheitsbild dar [17, 20, 24, 28]. 1.1.1 Aneurysma Ein Aneurysma ist zumeist definiert als die Erweiterung des Gefäßdurchmessers um das Doppelte des normalen Lumens. Es kann in allen Bereichen der Aorta vorkommen, oft sind mehrere Abschnitte gleichzeitig betroffen [18, 52]. Ursächlich ist in den meisten Fällen die Arteriosklerose mit ihren klassischen Risikofaktoren, die in diesem Fall die Media und Adventitia der Gefäßwand betrifft. Zu den selteneren Ursachen für die Aneurysmaentstehung zählen beispielsweise mesoektodermale Dysplasien, wie z.b. das Marfan-Syndrom oder die zystische Medianekrose Erdheim/Gsell, sowie infektiöse und nicht-infektiöse Entzündungen der Gefäßwand. Des Weiteren können aneurysmatische Veränderungen posttraumatisch entstehen [55]. Durch die strukturelle Veränderung der Gefäßwand kommt es durch die tangentiale Wandspannung zur Ausbuchtung des Gefäßes. Mit zunehmendem Gefäßdurchmesser steigt auch das Risiko der Ruptur, was die folgenschwerste der Komplikationen dieser Erkrankung mit nicht selten letalem Ausgang darstellt. Die abdominelle Aorta ist das häufigsten betroffene Arteriensegment. Die Inzidenz des thorakalen Aortenaneurysmas wird auf ca. 5,9 Fälle pro 100.000 Menschen pro Jahr geschätzt. Von den thorakalen Aneurysmen sind 11% im Aortenbogen lokalisiert. Männer sind mit einem Verhältnis von 5:1 bevorzugt von dieser Erkrankung betroffen [6, 60].

1 Einleitung 2 1.1.2 Akutes Aortensyndrom Das akute Aortensyndrom umfasst Krankheitsbilder, die sich durch Schmerzen im Brust- oder Rückenbereich äußern, deren Ursache verschiedene Aortenerkrankungen sind. Der Begriff wird erst seit einigen Jahren verwendet und wurde wegen der teils schwerwiegenden Erkrankungen analog zum akuten Koronarsyndrom gewählt. Zum akuten Aortensyndrom zählen Dissektion, intramurales Hämatom und penetrierendes Aortenulcus [17, 18]. Dissektion Eine Dissektion entsteht durch einen plötzlichen Einriss in der Intima der Arterienwand ( Entry ). Durch den eintretenden Blutstrom wird die Wand aufgespleißt, die Media dabei teils zerstört und Intima und Adventitia auseinandergedrängt. Die so entstehende Dissektionsmembran trennt das wahre vom falschen Lumen. Möglich ist ein Re-Entry in das wahre Lumen oder das falsche Lumen endet in einem Blindsack. Die aortalen Gefäßabgänge, z.b. Viszeralarterien oder supraaortale Äste, können aus beiden Lumina erfolgen, was durch statische und dynamische Kompression auch zu Minderperfusion der Erfolgsorgane führen kann. Das falsche Lumen weist häufig einen etwas höheren Druck auf, weshalb es zur Erweiterung und somit zur Aneurysmabildung kommen kann. Nach der Lokalisation des Entry unterscheidet man in Typ A und Typ B Dissektionen nach Stanford (Abb.1) [18]. I A II A III B Abbildung. 1: Klassifikation der Aortendissektion nach DeBakey (I-III) und Stanford (A-B) [nach 18]

1 Einleitung 3 Zu den Ursachen für die Entstehung einer Dissektion zählen vor allem der arterielle Hypertonus und in 10-15% der Fälle Bindegewebserkrankungen, wie beispielsweise die zystische Medianekrose oder das Marfan-Syndrom. Letzteres betrifft ein jüngeres Patientengut. Auch in der Schwangerschaft, vor allem bei Eklampsie, besteht ein höheres Dissektionsrisiko. Die Inzidenz der akuten Dissektion beträgt 2,9-3,5/100.000 Personenjahre. 65% der Dissektionen entsprechen dem Typ A, dabei ist der Aortenbogen in 5-10% mit betroffen [18]. Bei der Typ A Dissektion ist die Mortalitätsrate mit 1-2% pro Stunde in den ersten 24 Stunden sehr hoch [1]. Die konservativ therapierte Typ B Dissektion weist eine initiale 30-Tage-Mortalität von 10% auf [24]. Penetrierendes Aortenulcus (PAU) und intramurales Hämatom (IMH) PAU und IMH zählen zu den degenerativen Aortenpathologien und treten hauptsächlich bei älteren Patienten auf. 2,3 7,6% der akuten Aortensyndrome haben ein PAU als Ursache, dabei werden die inneren Aortenwandschichten arrodiert, durch den Druck wird das Gefäßlumen erweitert. Verursacht werden kann dies beispielsweise durch Plaqueruptur bei vorbestehender Arteriosklerose. Die häufigste Lokalisation ist die mittlere bis distale thorakale Aorta. PAUs weisen mit 40% eine höhere Rupturwahrscheinlichkeit als Dissektionen auf, sind aber insgesamt deutlich seltener. Das IMH ist ein Hämatom im Bereich der Aortenwand zu dem sich kein Entry findet, der Übergang in eine Dissektion ist möglich. Der Anteil am akuten Aortensyndrom beträgt 6-10%. Verursachend wird eine Ruptur der Vasa vasorum angesehen, auch diskutiert wird die Einblutung durch Intimaeinrisse bei PAU. Somit sind PAU und IMH klinisch oft nicht voneinander trennbar und können ineinander übergehen. Als Folgen können die Bildung eines Aneruysma spuriums, die spontane Regression, sowie eine Ruptur auftreten. OP-Indikationen bei IMH sind therapieresistente Schmerzen oder Hypertonus, Zunahme von Durchmesser oder Länge im Verlauf, Übergang in eine Dissektion und (gedeckte) Ruptur. Ist das IMH im Aortenabschnitt A lokalisiert, ist wie bei der Dissektion die dringende Versorgung empfohlen [17, 18].

1 Einleitung 4 1.1.3 Anatomische Variation: A. lusoria Eine A. lusoria ist eine anatomische Variante (Abb.2). Dabei entspringt die rechte A. subclavia nicht aus dem Truncus brachiocephalicus, sondern nach der linken A. subclavia aus dem Aortenbogen (Abb. 2). Dies kann asymptomatisch bleiben oder aber eine Dysphagie durch den abnormen anatomischen Verlauf verursachen. Weiterhin kann eine aneurysmatische Veränderung der Arterie auftreten, was mit hohem Rupturrisiko verbunden ist [4, 41, 52]. Abbildung 2: Dreidimensionale Rekonstruktion eines Computertomographie-Angiogramms bei atypischem Abgang der rechten Arteria subclavia (Arteria lusoria) 1.1.4 Sonstige Sehr seltene Ursachen von Aortenbogenpathologien sind traumatische oder iatrogen verursachte Läsionen. Die traumatische Transsektion der Aorta ist meist stumpf und tritt z.b. nach einem Verkehrsunfall auf (Hochrasanztrauma). Typischerweise liegt die Läsion knapp distal des Abgangs der A. subclavia sinistra. Die Verletzung verläuft häufig primär letal [18, 24]. Iatrogene Verletzungen können z.b. nach Herzkatheteruntersuchungen, Stentimplantationen oder herz- und gefäßchirurgischen Voroperationen entstehen.

1 Einleitung 5 1.2 SYMPTOME Aneurysmen sind oft asymptomatisch und somit häufig eine Zufallsdiagnose. Bei 10-20% der Patienten ist die Ruptur gar die erste Manifestation der Krankheit. Symptome sind meist unspezifisch, so können Bauch-, Thorax - oder Rückenschmerzen auftreten. Weiterhin kann ein Aneurysma auch durch die Kompression von Nachbarstrukturen auffallen, beispielsweise Dyspnoe durch Druck auf das Tracheobronchialsystem oder Heiserkeit durch Kompression des N. recurrens [24, 55]. Eine akute Dissektion zeichnet sich durch ein plötzliches starkes Schmerzereignis aus. Bei A-Dissektionen berichten die Patienten häufig über ventral-thorakalen Schmerz, bei B-Dissektionen ist er eher dorsal lokalisiert [18]. 1.3 PRÄOPERATIVE DIAGNOSTIK Bei der Diagnostik der Aortenbogenpathologien hat die Computertomographie einen hohen Stellenwert. Bei symptomatischen Patienten ist sie meist schnell verfügbar und weit verbreitet. Zur OP-Planung ist eine genaue Bildgebung unabdingbar. Dazu wird im Allgemeinen eine kontrastmittelverstärkte CT-Angiographie durchgeführt, oft sind die Aufnahmen zur Artefaktminimierung EKG-getriggert. Bei den Hybridverfahren werden die Abmessungen für den Stent aus den rekonstruierten CT-Bildern bestimmt ( image postprocessing ). Weiterhin müssen die supraaortalen Äste dargestellt werden, hier kann die CT falls nötig durch eine konventionelle Angiographie und/oder Duplexsonographie ergänzt werden. Auch die Zugangsgefäße, also Femoral- und Iliakalarterien, müssen auf Grund des hohen Schleusendurchmessers mitbeurteilt werden. In der Diagnostik wird auch die MRT mit hoher Sensitivität und Spezifität angewendet. Sonographische Verfahren wie TEE und intravaskulärer Ultraschall können zum Einsatz kommen. Die allgemeine präoperative Diagnostik richtet sich individuell nach dem Risikoprofil und den Vorerkrankungen des elektiven Patienten. Zur präoperativen Risikostratifizierung dient der ASA-Score oder der logistic EuroScore, der vor

1 Einleitung 6 allem bei der Kardiochirurgie und der offenen Aortenchirurgie zum Einsatz kommt und der Risikoabschätzung dient [18, 37, 42]. 1.4 THERAPIE Zur Verfügung stehen das offen chirurgische Verfahren, das bisher die Standardtherapie darstellt, Implantation eines thorakalen Aortenstents als Hybridoperation oder die konservative Therapie. Für Aneurysmen besteht eine OP-Indikation bei Ruptur, symptomatischer Pathologie, Durchmesser von mehr als 6 cm und Größenzunahme von mehr als 3 mm pro Jahr [24]. Die Aortendissektion sollte bei kompliziertem Verlauf, also Auftreten von Organischämie, Kompressionssymptomen, nicht einstellbarem Hypertonus oder Schmerz, sowie Größenprogredienz versorgt werden [24, 25, 43]. 1.4.1 Offen chirurgisches Verfahren Die klassische offen chirurgische Versorgung der Bogenpathologien erfordert den Einsatz der Herz-Lungen-Maschine in tiefer Hypothermie (18-20 C) und einen Kreislaufstillstand. Über die mediane Sternotomie wird das erkrankte Aortensegment durch eine Dacron-Prothese ersetzt. Die supraaortalen Äste werden in die Prothese reinseriert (Abb.3). Bei zusätzlichen Pathologien der Aortenklappe kann die Versorgung mittels eines Composite-Graft erfolgen, der eine künstliche Klappe beinhaltet. Weiterführende Dissektionsmembranen können evtl. durch Gewebekleber adaptiert werden [39, 52]. Eingriffe dieser Art sind insbesondere beim Hochrisikopatienten mit hoher Morbidität und Mortalität assoziiert. Die Mortalität liegt für Elektiveingriffe bei 8,5 25,2% und für Notfalloperationen sogar bei bis zu 53,3%, das Auftreten eines permanenten neurologischen Defizits respektive bei 12,8% bzw. 46,7%. Das individuelle Risiko des Patienten ist häufig durch Begleiterkrankungen erhöht, so dass besonders ältere Risikopatienten häufig von einer operativen Versorgung ausgeschlossen werden [3, 19, 20].

1 Einleitung 7 Abbildung 3: Konventioneller Bogenersatz mit Dacronprothese und Reinsertion der supraaortalen Äste als Inselpatch. [52] 1.4.2 Stentgestützte Ausschaltung (Hybridverfahren) Bei der Kombination aus offener OP und endovaskulärer Versorgung spricht man von Hybridverfahren. Durch die Weiterentwicklung der Stenttechnologie kann ein weniger invasives Verfahren mit geringerem OP-Trauma angeboten werden. Bogenhybride Bei diesem Verfahren erfolgt die Ausschaltung der eigentlichen Aortenbogenpatholgie durch einen Stent, der retrograd über die Iliakalgefäße oder antegrad durch das Aortenlumen platziert werden kann. Die Abgänge der supraaortalen Äste werden operativ mit Hilfe von Gefäßprothesen proximalisiert, um eine sichere proximale Landezone für den Stentgraft zu erreichen. Die PLZ sollte mindestens 15 mm, besser 20 mm lang sein und in einem gesunden Aortensegment liegen. Dieses Verfahren nennt man Debranching. Dabei kann meistens auf eine Sternotomie und den Einsatz der HLM verzichtet werden. Das Ausmaß der Debranching-OP hängt von der Ausdehnung der Aortenbogenpathologien ab. Man unterscheidet zwischen komplettem und inkomplettem Debranching. Beim erstgenannten werden alle supraaortalen Äste verlagert, inklusive des ersten Abgangs, des Truncus brachiocephalicus. Das

1 Einleitung 8 inkomplette Debranching schließt alle Äste nach dem TRBC ein (Abb. 4, Tab. 1) [3, 16, 20, 21, 28]. A B C Abbildung 4: Verschiedene Formen des Debranching, A = Arteria [nach 20]: A: A. carotis comunis linksè A. subclavia links B: A. carotis comunis rechts è A. carotis comunis links und A. subclavia links C: Komplettes Debranching Tabelle 1: Möglichkeiten des Debranching TRBC: Truncus brachiocephalicus ACC: Arteria carotis communis Komplettes Debranching Aorta asc. è TRBC / ACC links Inkomplettes Debranching ACC rechts è ACC links ACC rechts è ACC links und A. subclavia links ACC links è A. subclavia links Die Eingriffe sind prinzipiell einzeitig oder zweizeitig durchführbar. Beim zweizeitigen Vorgehen wird zunächst das supraaortale Debranching durchgeführt, bei guter Bypassfunktion wird in zweiter Sitzung der Stent appliziert [3]. Zur Einteilung der Aortensegmente liegen die Klassifikationen von Ishimaru und Schuhmacher vor. In der vorliegenden Arbeit wird die international gebräuchliche Ishimaru-Einteilung verwendet (Abb. 5) [20, 28].

1 Einleitung 9 Abbildung 5: Einteilung des Aortenbogens nach Ishimaru [20] Frozen Elephant Trunk Ebenfalls zu den Hybridverfahren zählt die Frozen-elephant-trunk-Technik. Dabei wird unter Einsatz der HLM über eine Sternotomie ein einzeitiger Aszendens- und Bogenersatz durchgeführt. Die Aortenbogenpathologie wird ausgeschaltet, distal des Bogens wird eine Prothese eingenäht, an deren Ende ein Stent befestigt ist, der in die Aorta descendes ragt. Ein eingestülpter Prothesenanteil wird dann geborgen und proximal als Bogenersatz eingenäht. Die supraaortalen Äste werden reinseriert (Abb.6). Die Mortalität des Verfahrens wird mit 7-12% angegeben [20, 26, 46, 56].

1 Einleitung 10 Abbildung 6: Schematische Darstellung zur Implantation eines Frozen Elephant Trunk [20] 1.5 KOMPLIKATIONEN Neben den allgemeinen postoperativen Komplikationen gibt es bei den Bogenersatzverfahren natürlich auch spezielle Probleme, die durch das Verfahren bedingt sind. Im Folgenden erfolgt eine Darstellung der speziellen Komplikationen. Neurologische Komplikationen Neurologische Komplikationen sind für den Patienten häufig mit einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität verbunden. Der peri- oder postoperative Schlaganfall ist häufig emboligen verursacht, kann jedoch auch Ausdruck einer zerebralen Minderperfusion sein, z.b. beim Ausklemmen der Carotiden beim Debranching oder einem postoperativen Bypassverschluss. Durch Überstenten der A. subclavia kann zum einem ein Steal-Syndrom oder eine Minderperfusion der Extremität bis hin zur Armischämie verursacht werden, zum anderen können Kleinhirninfarkte durch die konsekutive Minderperfusion der aus der A. subclavia

1 Einleitung 11 abgehenden A. vertebralis induziert werden. Paraplegien treten auf Grund einer spinalen Minderperfusion auf und kommen hauptsächlich bei Beteiligung der Aorta descendens vor, wenn die Abgänge der Spinalarterien durch den Stent verschlossen werden. Das Risiko erhöht sich mit der Länge der überstenteten Strecke. Aber auch die Überstentung der A. subclavia kann über die Aa. spinales aus der A. vertebralis eine Paraplegie induzieren [20, 25, 34, 44, 51]. Komplikationen durch Stents Stentverursachte Komplikationen umfassen Stentdislokationen, Stentbrüche sowie Endoleaks oder Endotension. Bei diesen Komplikationen kann es zum einem zur Progredienz der initial versorgten Pathologie kommen, oder auch zum Verschluss arterieller Abgänge v.a. durch die Dislokation. Embolisationen können neben dem Gehirn selbstverständlich auch in alle anderen Erfolgsorgane erfolgen. So treten beispielsweise Extremitätenischämien oder Organinfarkte auf. Ein Endoleak ist definiert als ein persistierender Blutfluss im Aneurysmasack außerhalb des Stentlumens. Bei den Endoleaks werden folgende Typen unterschieden: Das Endoleak Typ I entsteht durch Undichtigkeiten am proximalen (Typ 1a) oder distalen Prothesenende (Typ 1b). Da so ein hoher Druck auf die Gefäßwand entstehen kann, besteht weiterhin ein Rupturrisiko für das Aneurysma. Daher sind Typ-I-Endoleaks in allen Fällen versorgungspflichtig. Ein Typ-II-Endoleak entsteht durch Rückblutungen aus den arteriellen Abgängen, z.b. aus den Spinalgefäßen. Eine primäre Versorgung ist meist nicht notwendig, jedoch eine engmaschige klinische Kontrolle. Das Typ III Endoleak entsteht an Verbindungszonen zwischen Stents oder durch die Stentmembran und sollte ebenfalls wegen hoher Rupturgefahr versorgt werden. Von einem Endoleak Typ IV spricht man bei porösem Stentmaterial. Endoleaks können primär auftreten, z.b. intraoperativ oder innerhalb der ersten 30 postoperativen Tage. Aber auch ein späteres Auftreten, im Sinne eines sekundären Endoleaks, kann beobachtet werden [11, 64]. Als Endotension, oder auch Typ V Endoleak, bezeichnet man ein Phänomen, wobei es nach technisch erfolgreicher Stentimplantation ohne erkennbares

1 Einleitung 12 Endoleak zu einer Progredienz des Aneurysmadurchmessers kommt. Ursächlich hierfür werden kleine nicht sichtbare Endoleaks diskutiert, aber auch Druck durch den Thrombus im Aneurysmasack oder den Stent selbst. Durch die Größenzunahme des Aneurysmas besteht auch hier eine erhöhte Rupturgefahr. Aus den teilweise schwerwiegenden Komplikationen ergibt sich die Indikation zur regelmäßigen Nachkontrolle mittels CT oder Kontrastmittel-Sonographie nach Stentimplantation. Die ersten Kontrollen sollten postoperativ, nach 3, 6 und 12 Monaten erfolgen [11, 22, 24, 47]. 1.6 ZIEL DER ARBEIT Die endovaskuläre Versorgung von thorakalen Aortenpathologien wurde in den letzten Jahren immer mehr zur Therapie der Wahl, da gegenüber der offenen OP eine geringere Mortalität und Morbidität erreichbar scheint und so auch Patienten einer Therapie zugeführt wurden, die für das konventionell chirurgische Verfahren nicht geeignet sind. Der Aortenbogen stellt hierbei eine besondere Lokalisation mit weiteren therapeutischen Herausforderungen dar. Obwohl sich die chirurgischen Techniken und zerebralen Protektionsmöglichkeiten in den letzten Jahren verbessert haben, besteht trotzdem ein hohes perioperatives Risiko bei der offen chirurgischen Versorgung der Aortenbogenpathologien, die in Hypothermie und bei Herzstillstand durchgeführt werden müssen. Bei den guten Erfolgen von TEVAR an der Aorta descendens, liegt die Entwicklung von Verfahren zur stentgestützten Ausschaltung von Erkrankungen des Aortenbogens nahe. Der Einsatz der HLM kann so weitgehend vermieden werden [16, 44, 45, 50, 57, 66]. Da die Aortenbogenpathologien selten sind, gibt es bisher nur wenige Daten zu deren stentgestützter Versorgung. Es liegen keine randomisierten Studienergebnisse vor. Stattdessen gibt es mehrere Single-center-Studien, die häufig von einzelnen Zentren publiziert werden. Die Fallzahlen liegen trotzdem selten über 30. Leitlinien oder Empfehlungen der Fachgesellschaften zur Versorgung der Erkrankungen des Aortenbogens fehlen ebenfalls. In dieser Arbeit werden die Daten von 35 Patienten ausgewertet, die im Zentralklinikum Augsburg mittels Hybridverfahren behandelt wurden. Dabei wurden Diagnosen, der präoperative Status, das operative Verfahren und das

1 Einleitung 13 postoperative Ergebnis erfasst und anhand von Mortalität, Morbidität und technischem Erfolg bewertet. Ziel dieser Arbeit ist die Darstellung der Hybridverfahren, die verglichen mit der offenen Versorgung möglicherweise eine weniger invasive Technik darstellen, sowie das Aufzeigen der eigenen Ergebnisse nach sechs Jahren Hybrideingriffen. Des Weiteren werden diese Ergebnisse der aktuellen Literatur gegenübergestellt und diskutiert.

2 Patienten und Methoden 14 2. PATIENTEN UND METHODEN 2.1 STUDIENDESIGN 2.1.1 Studienprotokoll Die vorliegenden Daten wurden retrospektiv durch Akteneinsicht erhoben. Dabei erfolgte die Auswertung der Daten aller Patienten, die von Dezember 2004 bis zum Dezember 2010 im Zentralklinikum Augsburg eine Hybrid-Operation bei einer Aortenbogenpathologie erhielten (Einschlusskriterium), anhand einer selbst erstellten Erfassungsdatei. Es gab keine Ausschlusskriterien. Bei der Datenerhebung wurden verschiedene Zeitpunkte der Behandlung erfasst, somit handelt es sich um eine Längsschnittstudie. Zielgröße war der Therapieerfolg, Kriterien hierfür waren technischer Erfolg, Tod und Überleben, korrekte Stentlage und Komplikationen. Bei der Auswahl der relevanten Parameter erfolgte die Orientierung an den internationalen Standards des Ad Hoc Committees [11]. 2.1.2 Patientendaten Als Quellen zur Datenerhebung dienten die Entlass- und ggf. Verlegungsbriefe, Operationsberichte, sowie die im hauseigenen Patientenverwaltungsprogramm Orbis erfassten Befunde und Aufenthaltsdaten. Es wurden Daten zur Anamnese, dem operativen und postoperativen Verlauf, sowie falls möglich Langzeitergebnisse erfasst. Anamnese - allgemeine Daten: Alter, Geschlecht, OP-Datum - Risikoprofil: Nebenerkrankungen, Voroperationen (v.a. herz- oder gefäßchirurgische Eingriffe) - Diagnose, Lokalisation der Pathologie - Operationsindikation und Dringlichkeit

2 Patienten und Methoden 15 Operationsablauf - Durchgeführter Eingriff (Art der Operation, ein- oder zweizeitiger Eingriff, Debranching, Management der A. subclavia) - Stentdaten (Hersteller, Anzahl, Zugangsweg, Landezonen) - Operationsdauer - Konversion zu offenem Eingriff - Herzchirurgische Beteiligung, ggf. Kanülierung, Zeiten an der Herz-Lungen- Maschine - Intraoperativer Tod Postoperativer Verlauf - Überleben (30-Tage-Überleben, procedure-related death) - Zerebrale und spinale Komplikationen (Stroke, TIA, Blutung, Paraplegie, Paraparese) - Periphere Embolisationen - Stentkontrolle (Lage, Endoleak, Stentbruch) - Sekundäre Prozeduren (Revisionen, Ausschaltung von Endoleaks) - Andere Komplikationen (z.b. Reanimation, Myokardinfarkt, Infektionen, Organkomplikationen, Wundheilungsstörungen, Extremitätenischämie) - Aufenthalt auf der Intensivstation - Kontrolluntersuchungen 2.2 DATENVERARBEITUNG 2.2.1 Datenerfassung Zur Datenerfassung diente eine Datenbank in Microsoft Excel 2007. Hier wurden die erhobenen Daten gespeichert und kontrolliert. Durch gewonnene Erfahrungen bei der Datensammlung und auswertung wurde die Tabelle mehrfach angepasst und weiterentwickelt. Sie kann auch weiterhin zur Datenerfassung bei der Behandlung der komplexen Aortenpathologien verwendet werden.

2 Patienten und Methoden 16 Die weitere statistische Auswertung erfolgte mit dem Programm Statsdirect Version 2.7.8 (von StatsDirect Ltd, 9 Bonville Chase, Altrincham, CHESHIRE WA14 4QA, UK). 2.2.2 Datenauswertung Ausgewertet wurden Häufigkeiten, Mittelwerte und Mediane durch Zählungen. Die Überlebenszeitanalyse erfolgte nach der Kaplan-Meier-Methode. 2.3 PATIENTEN In der vorliegenden Studie wurden die Daten von insgesamt 35 Patienten erfasst, deren anamnestische Daten im vorliegenden Kapitel dargestellt sind. 2.3.1 Alter und Geschlecht Das Durchschnittsalter betrug 68,9 Jahre (Maximum 84,3 und Minimum 35,1 Jahre, Standardabweichung 10,4). Das Verhältnis männlich zu weiblich war 24 zu 11. Dies entspricht 68,6% männlichen und 31,4% weiblichen Patienten. 2.3.2 Pathologien und Dringlichkeit Zu den verschiedenen behandelten Pathologien zählen Aneurysmen, Dissektionen und PAU, die Häufigkeiten waren wie folgt verteilt (Tab.2): Tabelle 2: Verteilung der Hauptdiagnosen bei den insgesamt 35 Hybridpatienten im Zentralklinikum Augsburg, absolut und in Prozent PAU: penetrierendes Aortenulcus Diagnose Absolute Häufigkeit Relative Häufigkeit Aneurysma 14 40% Dissektion 17 48,6% PAU 4 11,4% Es wurden drei verschiedene Dringlichkeiten unterschieden (Tab.3). Zum einen elektive Eingriffe, zum anderen Notfalleingriffe, die nochmals in urgent und emergent unterteilt wurden. Emergent bedeutet, dass eine sofortige Operationsindikation besteht, ggf. befindet sich der Patient ansonsten in Lebensgefahr. Urgent hingegen beschreibt eine dringende Indikation, der Eingriff

2 Patienten und Methoden 17 sollte zeitnah durchgeführt werden. Oft besteht hier jedoch noch die Möglichkeit zur kurzfristigen Planung des Eingriffs und ggf. Komplettierung der notwendigen Diagnostik. Tabelle 3: Häufigkeit der Dringlichkeit (Elektiv oder Notfall) für den Hybrideingriff bei den 35 Patienten mit Aortenbogenpathologie Dringlichkeit Absolute Häufigkeit Relative Häufigkeit Elektiv 21 60% Notfall (urgent) 11 31,4% Notfall (emergent) 3 8,6% Aufgeteilt auf die Diagnosen ergeben sich folgende Dringlichkeiten (Abb.7): 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Aneurysma Dissektion PAU emergent urgent elektiv Abbildung 7: Dringlichkeit des Hybrideingriffes bezogen auf die Hauptdiagnosen bei den 35 Hybridpatienten, die im Zentralklinikum Augsburg von 2004 bis 2010 versorgt wurden. PAU: penetrierendes Aortenulcus 2.3.3 Nebendiagnosen Die Aortenbogenpathologien kommen hauptsächlich bei älteren, multimorbiden Patienten vor, was die Behandlung erschweren kann. Auch die Patienten der Studienpopulation wiesen viele Nebendiagnosen auf, die Einflüsse auf die Therapiestrategie und das Outcome haben können. Zur Einschätzung des Patientenrisikos wurden die Vorerkrankungen und operationen erfasst.

2 Patienten und Methoden 18 Kardiovaskuläre Risikofaktoren Ein Großteil der Aortenbogenpathologien ist eine Ausprägungsform der Arteriosklerose, somit liegen bei den Patienten häufig kardiovaskuläre Risikofaktoren vor. Der arterielle Hypertonus ist häufig die Grundlage zur Entstehung von Dissektionen. Die Verteilung der CVRF in unserem Patientengut ist in Tabelle 4 und Abbildung 8 dargestellt. Tabelle 4: Häufigkeit der kardiovaskulären Risikofaktoren bei den Patienten, die im Zentralklinikum Augsburg mit einem Hybrideingriff behandelt wurden Häufigkeit Relativ % Arterieller Hypertonus 23 65,7 Diabetes mellitus 4 11,4 Hyperlipoproteinämie 12 34,3 Nikotin 3 8,6 70 60 50 40 30 20 PAU Aneurysma Dissektion 10 0 AHT DM HLP Nikotin CVRF Abbildung 8: Verteilung der kardiovaskulären Risikofaktoren der 35 Hybridpatienten auf die Hauptdiagnosen CVRF: cardiovaskuläre Risikofaktoren, AHT: arterieller Hypertonus, DM: Diabetes mellitus, HLP: Hyperlipoproteinämie, PAU: penetrierendes Aortenulcus A. lusoria Drei Patienten wiesen die anatomische Variante einer A. lusoria auf, dies entspricht 8,6% der Stichprobe. Bei einem war die aneurysmatische Erweiterung der A. lusoria die einzige zu versorgende Pathologie, bei zwei Patienten trat das Lusoriaaneurysma mit behandlungsbedürftigen aneurysmatischen Erweiterungen

2 Patienten und Methoden 19 im Bogen- und/oder Aszendensbereich auf. Das Lusoriaaneurysma war nie mit einer Dissektion oder einem PAU koinzident. Alle Patienten waren männlich. Herz- und gefäßchirurgische Voroperationen Zwei Patienten (5,7%) waren gefäßchirurgisch voroperiert. Beide hatten eine Rohrprothese zur Ausschaltung eines Bauchaortenaneurysmas erhalten. Neun Patienten (25,7%) hatten herzchirurgische Eingriffe in der Anamnese. Einige Patienten erhielten mehrere Prozeduren, so dass insgesamt zwölf Eingriffe stattfanden, diese sind in Tabelle 5 dargestellt. Tabelle 5: Darstellung der herzchirurgischen Voroperationen der 35 Hybridpatienten Aortenersatz (Aszendes oder Descendens) 7 Klappenersatz 2 Aortenisthmus-Operation 1 Kardiale Bypass-Operation 2 Zerebrale Vorerkrankungen Insgesamt konnte bei sechs Patienten eine zerebrale Vorerkrankung eruiert werden. Davon hatten drei einen Apoplex erlitten, zwei eine TIA. Ein weiterer Patient hatte eine intrazerebrale Blutung in der Anamnese. Andere Nebendiagnosen Die weiteren Nebendiagnosen sind in Tabelle 6 aufgelistet. Eine Patientin hatte ein gesichertes Turner-Syndrom als Nebendiagnose. Bei ihr lag eine Typ-B-Dissektion vor. Bei zehn Patienten lag eine chronische Niereninsuffizienz vor, dialysepflichtig war jedoch keiner der Studienteilnehmer.

2 Patienten und Methoden 20 Tabelle 6: Andere Nebendiagnosen, die bei den Patienten auftraten, die einen Hybrideingriff am Zentralklinikum Augsburg erhielten Nebendiagnose Häufigkeit Koronare Herzkrankheit 6 Myokardinfarkt 2 Chronisch obstruktive Lungenerkrankung 3 Tumor in der Anamnese 4 Chronische Niereninsuffizienz 10 Bauchaortenaneurysma, keine Therapie 2 Turner-Syndrom 1 Herzinsuffizienz 5 Vorhofflimmern 6 Kardiomyopathie 2 Alkoholabusus 2 2.4 PRÄOPERATIVE DIAGNOSTIK Bei allen Patienten wurde vor dem Eingriff eine Computertomographie der Aorta mit 1 mm Schichtdicke durchgeführt und die Bilder digital rekonstruiert ( image postprocessing ), die supraaortalen Äste wurden miterfasst. Vor der Behandlung einer komplexen Aortenpathologie mittels Stentgraft ist dieser Schritt unerlässlich, da eine genaue Ausmessung des Gefäßes und der Veränderung erfolgen muss, um einen passenden Stent auszuwählen und die Strategie für das operative Vorgehen festzulegen. Gemessen wurde mit dem Programm 3mensio Medical Imaging (von 3mensio Medical Imaging B.V., Jan Steenlaan 3, 3723 BS Bilthofen, Niederlande), wenn möglich gemeinsam mit den Radiologen. Die CT wurde, je nach Befund, noch durch eine Duplexsonographie der Carotiden und Vertebralarterien ergänzt. Zur Einschätzung der Narkosefähigkeit erhielten die Patienten neben EKG und Röntgen-Thorax in der Regel Untersuchungen zur Lungenfunktion (Spirometrie) und zur Einschätzung der kardialen Auswurffraktion (Radionuklidventrikulographie oder Echo-Kardiographie). Laborchemisch wurden Standardparameter erfasst, weiterhin erfolgte eine Blutgruppenbestimmung. Das Ausmaß der präoperativ durchgeführten Diagnostik ergab sich hauptsächlich aus der Dringlichkeit. So konnte bei den Notfallpatienten häufig nur die initiale CT durchgeführt werden, die elektiven Patienten erhielten die weiteren Untersuchungen je nach Risikoprofil.

2 Patienten und Methoden 21 2.5 OPERATIONSABLAUF Alle Eingriffe wurden in Allgemeinanästhesie durchgeführt. Zunächst erfolgte immer das supraaortale Debranching als Vorbereitung zur Stentimplantation. Das Stenting der Aorta erfolgte stets im Operationssaal unter Röntgenkontrolle mit jodhaltigem Kontrastmittel durch einen digitalen C-Bogen (Philips Pulsera, Bildschirmdiagonale 31 cm). Beim Freisetzen des Stents wurde durch die Anästhesie ein kurzfristiger Atemstillstand induziert, um die korrekte Stentplatzierung mit möglichst wenigen Bewegungsartefakten zu ermöglichen. Vor allem bei den PLZ 0 und 1 wurde hierzu zusätzlich auch ein adenosin-induzierter Herzstillstand (AICA) durchgeführt, der zusätzlich auch ein ungestörtes Freisetzen der Stentprothese ohne den Druck des antegraden Blutflusses ermöglicht. Ziel hierbei ist die Vermeidung einer Fehlplatzierung oder Stentmigration durch den pulsatilen Blutfluss des kardialen Auswurfs. Die Stentplatzierung erfolgte immer bei kontrollierter Hypotension zur besseren aortalen Compliance [19, 20, 28]. 2.5.1 Debranching Bei 14 Patienten musste zur Schaffung einer adäquaten Landezone ein komplettes Debranching erfolgen. Bei weiteren 14 Patienten war ein Debranching ab der linken A. carotis communis notwendig, bei acht Patienten in dieser Gruppe wurde auch die LSA reinseriert. Eine alleinige Revaskularisation der LSA erfolgte bei sieben Patienten (Tab.7, Abb.9). Tabelle 7: Formen des Debranching Debranching Komplettes Debranching 14 Revaskularisation A. carotis comunis und A. subclavia links 8 Revaskularisation A. carotis comunis links 6 Revaskularisation A. subclavia links 7

2 Patienten und Methoden 22 ç ç Abbildung 9: Komplettes Debranching. Links: intraoperatives Bild. Der Pfeil zeigt auf die Rekonstruktion des Truncus brachicephalicus. Nach proximal die drei rekonstruierten Abgänge von Arteria carotis communis links und rechts, sowie Arteria subclavia links. Rechts: Sagittaler Schnitt im postoperativen Computertomogramm. Der Pfeil zeigt auf den rekonstruierten Truncus brachiocephalicus. 2.5.2 Stents Zugangsweg Bei 30 Patienten wurde der Stent transfemoral eingebracht, in einem dieser Fälle wurde bei vorbestehender AVK vom Beckentyp ein Dacron-Conduit verwendet. Bei fünf Patienten erfolgte die Stentimplantation antegrad, also über die eröffnete Aorta ascendens nach distal. Anzahl verwendeter Stents Bei einem Großteil der Patienten (65,7%) konnte die Pathologie mit einem einzigen Stent ausgeschaltet werden. Maximal wurden insgesamt vier Stents verwendet (range 1-4 Stents). Durchschnittlich wurden 1,5 Stents implantiert (Abb.8). Tabelle 8: Anzahl verwendeter Stents, die im Rahmen des Hybrideingriffs zur Ausschaltung der Aortenbogenpathologie benötigt wurden (insgesamt 35 Eingriffe am Zentralklinikum Augsburg von 2004 bis 2010) Anzahl Stent Häufigkeit 1 23 2 8 3 3 4 1

2 Patienten und Methoden 23 Proximale Landezone Die Landezonen wurden nach der Ishimaru-Klassifikation eingeteilt. Die proximalen Landezonen waren in den Bereichen null bis drei. Die Verteilung war wie folgt (Tab.9): Tabelle 9: Proximale Landezone (PLZ) nach der Ishimaru-Klassifikation (insgesamt 35 Hybrideingriffe am Zentralklinikum Augsburg von 2004 bis 2010) PLZ Häufigkeit Relativ % 0 9 25,7 1 14 40 2 8 22,9 3 4 11,4 Bei den Stentimplantationen mit proximaler Landezone im Segment drei handelt es sich in allen Fällen (n=4) um einen Frozen Elephant Trunk. Distale Landezone Die distale Landezone war immer in den Bereichen drei oder vier (Tab.10). In einem Fall war zur Aneurysmaausschaltung eine abdominelle Debranching-OP notwendig, um eine sichere distale Landezone zu erreichen. Dabei wurden Truncus coeliacus, A. mesenterica sup. und beide Nierenarterien über Dacron- Prothesen reinseriert. Tabelle 10: Distale Landezone (DLZ) nach der Ishimaru-Klassifikation Klassifikation (insgesamt 35 Hybrideingriffe am Zentralklinikum Augsburg von 2004 bis 2010) DLZ Häufigkeit Relativ % 3 9 25,7 4 26 74,3 Länge der überstenteten Strecke Die Länge, der durch die Stents bedeckten Strecke wird übertragen auf die Ishimaru-Zonen im Folgenden dargestellt (Tab.11).

2 Patienten und Methoden 24 Tabelle 11: Überstentete Strecke in Ishimaru-Zonen (insgesamt 35 Hybrideingriffe am Zentralklinikum Augsburg von 2004 bis 2010) Strecke Häufigkeit Relativ % 0-3 3 8,6 0-4 6 17,1 1-3 4 11,4 1-4 10 28,6 2-3 2 5,7 2-4 6 17,1 3-4 4 11,4 Hersteller Insgesamt wurden in unserem Hause Stents fünf verschiedener Hersteller verwendet, wie in Tabelle 12 dargestellt. Tabelle 12: Verwendung von verschiedenen Stents von unterschiedlichen Herstellern (insgesamt 35 Hybrideingriffe am Zentralklinikum Augsburg von 2004 bis 2010) Anzahl Relativ % Cook 3 8,6 Gore 4 11,4 Jotec 5 14,3 Le Maitre 21 60 Medtronic 4 11,4 Oversizing Bei der Wahl des Stents verwenden wir verglichen mit dem Aortendurchmesser im Bereich der Landezonen für aneurysmatische Erkrankungen ein Oversizing von 15-20%, für Dissektionen von bis zu 10%. 2.5.3 Ein- oder zweizeitige Operation In unserem Zentrum wird die Hybrid-Operation entweder ein- oder zweizeitig durchgeführt. Bei der einzeitigen OP erfolgen Debranching und Stentimplantation in einer Sitzung. Bei der zweizeitigen Versorgung wird zunächst das Debranching durchgeführt, in einer zweiten Operation erfolgt dann die Stentimplantation. Beim vorliegenden Patientengut erfolgten 19 Operationen einzeitig (54,3%) und 16 zweizeitig (45,7%).

2 Patienten und Methoden 25 2.5.4 Beteiligung der Herzchirurgie und Einsatz der Herz-Lungen-Maschine 14 Operationen fanden in Kooperation mit der Herzchirurgie statt (40%), insgesamt wurden 16 herzchirurgische Eingriffe durchgeführt. Neun Patienten erhielten einen Aszendens- und/oder Bogenersatz, bei drei Patienten wurde die Aortenklappe ersetzt. Die Implantation eines Frozen Elephant Trunks (4 Fälle) erfolgte immer gemeinsam mit den Herzchirurgen. Die Herz-Lungen-Maschine musste in acht Fällen zum Einsatz kommen. Die Indikation hierfür war immer der herzchirurgische Eingriff oder die Implantation eines Frozen Elephant Trunks. Bei fünf Patienten wurde ein hypothermer Kreislaufstillstand induziert. 2.6 KONTROLLUNTERSUCHUNGEN Die Nachsorge wurde mittels CT durchgeführt. Die erste Kontrolle fand nach einer Woche statt, dann nach 3, 6 und 12 Monaten. Im Anschluss werden jährliche Kontrollen durchgeführt. Bei niereninsuffizienten Patienten kann bei unauffälligem Befund nach der ersten Kontrolle die weitere Nachsorge auch mittels Kontrastmittel-Sonographie durchgeführt werden. Eine CT ist dann nur bei detektiertem Endoleak oder fraglichen Befund indiziert.

3 Ergebnisse 26 3. ERGEBNISSE 3.1 ÜBERLEBEN 3.1.1 Intraoperativer Tod Ein 57jähriger Patient (2,9%) verstarb intraoperativ. Dabei handelte sich um einen voroperierten Patienten, der zwei Jahre zuvor bei einer akuten Typ-A-Dissektion einen Aszendensersatz erhalten hatte. Bei persistierender Dissektion des Aortenbogens wurde in einem auswärtigen Haus sieben Monate zuvor noch ein Ersatz des restlichen Aortenbogens mit Stentimplantation in die Aorta descendens, im Sinne eines Frozen Elephant Trunk, durchgeführt. Die erneute Vorstellung bei uns erfolgte bei einem klinisch hochfieberhaften Infekt und V.a. Infektion der Bogenprothese. Der Protheseninfekt konnte mikrobiologisch nachgewiesen werden und wurde zunächst konservativ behandelt. Bei neu aufgetretener Hämatemesis im Verlauf konnte in der Diagnostik eine Arrosionsblutung der Anastomose zur Aorta descendens mit Bildung eines Aneurysma spurium von der Aorta bis zum Ösophagus gesehen werden. Bei der sofort durchgeführten Notfalloperation konnte die Blutung auf Grund der anatomischen Lage dorsal und im infizierten Gebiet nicht direkt versorgt werden. Somit erhielt der Patient ein weiteres Debranching (komplett) und zwei Stents implantiert. Trotz dieser Maßnahmen konnte die Blutung nicht zum Stillstand gebracht werden und der Patient verstarb auf dem OP-Tisch. 3.1.2 30-Tage-Überleben Innerhalb der ersten 30 Tage verstarben insgesamt fünf Patienten, somit haben 85,7% (n=30) den ersten Monat postoperativ überlebt. Die 30-Tage-Mortalität beträgt demnach respektive 14,3%. Im Folgenden werden die Todesursachen vorgestellt. Unter den verstorbenen Patienten befindet sich der bereits beschriebene Patient, der intraoperativ verstarb. Ein Todesfall ereignete sich kurz nach Operationsende, als ein 77jähriger Patient an einer unstillbaren Blutung aus einer Aortenwandverletzung verstarb, deren Ursache eine Arrosion durch die Baresprings des Stents war (Abb.10). Ein Stent

3 Ergebnisse 27 mit entsprechendem Durchmesser ohne Baresprings war derzeit noch nicht verfügbar. Abbildung 10: Arrosion der Aortenwand durch die Baresprings des Aortenstents im Bereich der Anastomose mit dem Debranching-Bypass (Pfeil) Eine weitere Patientin (67 Jahre alt) verstarb an multiplen embolischen Ereignissen am vierten postoperativen Tag. Nach ausgeprägten Infarzierungen im Hirnstamm und Kleinhirn verstarb ein 75jähriger Patient am fünften postoperativen Tag an einer infratentoriellen Einklemmung. Am elften postoperativen Tag verstarb ein Patient (75 Jahre alt) im Multiorganversagen nach komplikationsreichem Verlauf. Zunächst hatte der Patient postoperativ einen Myokardinfarkt und Rhythmusstörungen entwickelt, begleitet von respiratorischer Insuffizienz. Zu einem akuten Nierenversagen und der ausgeprägten Herzinsuffizienz kam noch ein Leberversagen, der Patient war ohne Korrelat im CCT durchgehend komatös, weshalb die Therapie nach Rücksprache mit den Angehörigen beendet wurde.

3 Ergebnisse 28 3.1.3 Mediane Überlebenszeit Das mediane Überleben wurde nach der Kaplan-Meier-Methode geschätzt, es liegt bei 23,1 Monaten (Tab.13, Abb.11). Tabelle 13: Schätzung des medianen Überlebens nach der Methode von Kaplan Meier. Die Zielgröße war das Überleben in Monaten. Time= Monate, At risk= Alle Patienten, bei denen noch kein Ereignis eingetreten ist, Dead= Tod (Zielgröße, 1= Ja, 0= Nein), Censored= Patienten, die das Intervall nicht durchlaufen haben, S= Survival (kumulatives Überleben), SE= Standardfehler Time At risk Dead Censored S SE(S) 0 35 1 0 0,971429 0,02816 0,131417 34 1 0 0,942857 0,039235 0,164271 33 1 0 0,914286 0,047319 0,295688 32 0 2 0,914286 0,047319 0,328542 30 0 1 0,914286 0,047319 0,361396 29 1 1 0,882759 0,0552 0,459959 27 0 1 0,882759 0,0552 0,525667 26 1 0 0,848806 0,062654 0,591376 25 0 2 0,848806 0,062654 0,755647 23 0 1 0,848806 0,062654 1,412731 22 0 1 0,848806 0,062654 2,299795 21 0 1 0,848806 0,062654 2,628337 20 0 1 0,848806 0,062654 2,825462 19 1 0 0,804132 0,073579 3,055441 18 0 1 0,804132 0,073579 3,482546 17 0 1 0,804132 0,073579 3,712526 16 0 1 0,804132 0,073579 4,599589 15 0 2 0,804132 0,073579 5,289528 13 0 1 0,804132 0,073579 5,61807 12 0 1 0,804132 0,073579 6,833676 11 0 1 0,804132 0,073579 7,523614 10 0 1 0,804132 0,073579 9,691992 9 0 1 0,804132 0,073579 9,954825 8 0 1 0,804132 0,073579 12,123203 7 0 1 0,804132 0,073579 12,353183 6 0 1 0,804132 0,073579 12,517454 5 0 1 0,804132 0,073579 16 4 1 0 0,603099 0,182636 17,281314 3 0 1 0,603099 0,182636 23,129363 2 1 0 0,30155 0,231959 37,749487 1 0 1 0,30155 0,231959 Median survival time = 23,129363 Andersen 95% CI for median survival time = 14,312542 to 31,946185 Brookmeyer-Crowley 95% CI for median survival time = 16 to 37,749487 Mean survival time (95% CI) [limit: 37,749487 on 23,129363] = 21,738438 (12,452561 to 31,024316)

3 Ergebnisse 29 Survivor 1,00 Survival Plot (PL estimates) 0,75 0,50 0,25 0,00 0 10 20 30 40 Abbildung 11: Kaplan-Meier Kurve zur Darstellung der Überlebenszeit der 35 Times Patienten, die einen Hybrideingriff erhalten hatten (Operiert im Zentralklinikum Augsburg von 2004 bis 2010) X-Achse: Zeitverlauf (Times = Monate), Y-Achse: Überlebende (Survivor) 3.2 TECHNISCHER ERFOLG Entsprechend den Kriterien des AdHoc Committes war technischer Erfolg gegeben, wenn die Debranching-OP und die Stentimplantation erfolgreich verlaufen waren. Das Auftreten von Endoleaks Typ 1 oder 3 wurde als technischer Misserfolg gewertet, ebenso wie Tod intraoperativ oder innerhalb der ersten 24 Stunden postoperativ, sowie Konversion zum offenen Verfahren [11]. Insgesamt traten vier Endoleaks Typ 1 auf und ein Patient verstarb intraoperativ. Ein weiterer Patient verstarb einige Stunden postoperativ an einer Blutung, die durch eine Arrosion der Baresprings verursacht war. Konversion zum offenen Verfahren oder andere Stentkomplikationen wie Migration oder Bruch traten nicht auf. Somit ergibt sich eine primäre technische Erfolgsrate von 82,9%. Nach der erfolgreichen Therapie von drei der Typ 1 Endoleaks liegt der sekundäre technische Erfolg bei 91,4%

3 Ergebnisse 30 3.3 KOMPLIKATIONEN 3.3.1 Endoleaks Insgesamt traten bei sechs Patienten Endoleaks (14%) auf. Davon entsprachen vier einem Endoleak Typ 1, zwei einem Endoleak Typ 2 (Tab.14, Abb.12). Bei den Endoleaks Typ 1 wurden insgesamt drei therapiert. Davon entsprachen zwei einem Typ 1a, beide konnten durch ein interventionelles Coiling ausgeschaltet werden (Abb.13). Ein Endoleak Typ 1b wurde durch eine Stentverlängerung therapiert. Ein Endoleak wurde bei technisch schwieriger Versorgungsmöglichkeit beobachtet. Von den beiden Typ 2 Endoleaks wurde eins durch Coiling behandelt (A. lusoria), das andere wurde beobachtet, es sistierte im Verlauf spontan. Tabelle 14: Aufgetretene Endoleaks bei den Hybridpatienten, operiert im Zentralklinikum Augsburg von Dezember 2004 bis zum Dezember 2010, dargestellt nach Typ (Gesamtzahl) und den Anteil der therapierten Endoleaks. Endoleak Anzahl (%) Therapiert (%) Typ 1 4 (11, 4%) 3 (8,6%) Typ 2 2 (5,7%) 1(2,8%) Typ 3 0 0 Abbildung 12: Links: Endoleak Typ 2, ventral des Stents zeigt sich ein Kontrastmittel-Austritt Rechts: Endoleak Typ 2 mit Fluss in der Arteria lusoria Jeweils durch Pfeil markiert

3 Ergebnisse 31 Abbildung 13: Therapie der Endoleaks. Links: distale Stentverlängerung zur Abdichtung eines Typ 1b Endoleaks (Pfeil). Rechts: Coiling eines Endoleaks Typ 2, das durch Rückfluss aus einer Arteria subclavia verursacht war (Pfeil) 3.3.2 Verschluss des Debranching-Bypasses Bei drei Patienten (8,6%) trat ein Verschluss des Bypasses auf, der zur Revaskularisation der supraaortalen Äste implantiert worden war. Hiervon erhielten zwei Patienten eine Bypassrevision (2,8%). Bei einem Patient wurde im Rahmen eines postoperativen Delirs ein CCT angefertigt, in dem sich ein Mediateilinfarkt links demarkierte. Als Ursache zeigte sich ein Verschluss des Debranching. Der Patient entwickelte keine neurologischen Ausfälle oder Progredienz des Infarktareals. Bei stabiler Neurologie war eine Bypassrevision nicht mehr indiziert. Bei einem weiteren Patienten wurde ein asymptomatischer Verschluss des Bypasses bei der elektiven Stentimplantation bemerkt (zweizeitiges Vorgehen). Der Patient erhielt eine Bypassrevision und dann die Stentimplantation. Er entwickelte danach bei offenem Bypass eine Mediaischämie. Bei dem dritten Patient trat zwei Monate postoperativ ein Mediateilinfarkt links auf, der sich klinisch mit einer brachiofazialen Hemiparese rechts präsentierte. Als

3 Ergebnisse 32 Ursache konnte ein Verschluss des Bypasses eruiert werden. Der Patient erhielt eine Bypassrevision, woraufhin die neurologische Symptomatik regredient war. 3.3.3 Zerebrale und spinale Komplikationen Bei acht Patienten (22,9%) traten Hirninfarkte auf (Abb.14). Bei sechs Patienten war die Ursache ischämisch bedingt. Alle drei Patienten, bei denen ein Verschluss des Debranching-Bypasses aufgetreten war, finden sich in dieser Gruppe. Bei zwei Patienten konnten als Ursache des Schlaganfalles zerebrale Embolien computertomographisch diagnostiziert werden (Tab.15). In unserem Patientengut trat postoperativ keine spinale Ischämie oder intrazerebrale Blutung auf. Abbildung 14: Kernspin bei beidseitigen Infarkten im Posteriorstromgebiet, die postoperativ nach einem Hybrideingriff aufgetreten waren

3 Ergebnisse 33 Tab. 15: Zusammenfassung der Schlaganfallpatienten. Darstellung von neurologischer Anamnese, Genese des Schlaganfalls und therapeutischen Daten. LSA =Linke Arteria subclavia, O= Nein, 1=Ja Diagnose Dringlichkeit Stroke in Anamnese LSA überstentet LSA revaskularisiert Verschluss Debranching-Bypass Herz-Lungen- Maschine Simultane Herz-OP 1 Aneurysma Elektiv 0 1 0 0 1 1 2 Aneurysma Elektiv 0 1 0 1 0 0 3 Dissektion Elektiv 0 1 0 1 0 0 4 Dissektion Urgent 0 1 0 0 1 1 5 Dissektion Urgent 0 1 1 0 0 0 6 Dissektion Urgent 0 1 0 1 0 0 7 Aneurysma Elektiv 0 1 0 0 1 1 8 Dissektion Urgent 0 1 1 0 0 0 3.3.4 Periphere Embolisationen Bei einer Patientin traten multiple periphere Embolisationen auf. Die Operationsindikation zum kompletten Debranching mit Stentimplantation bestand in einer Stentdislokation eines thorakalen Stents, der zwei Jahre zuvor bei PAU implantiert worden war. Postoperativ entwickelte die Patientin zweimalig Ischämien des rechten Beines, die in allen Fällen durch eine Embolektomie therapiert wurden. Im Verlauf entwickelte sich auch eine embolische Dünndarmischämie, die durch operative Dünndarmsegmentresektion und Anlage eines Ileostomas behandelt wurde. Des Weiteren kam es zu multiplen Organinfarkten (Leber, Niere und Milz) an denen die Patientin schließlich am vierten postoperativen Tag verstarb (Abb.15).

3 Ergebnisse 34 Abbildung 15: Niereninfarkte beidseits bei multipler Embolisierung in mehrere Organe, die postoperativ nach einem Hybrideingriff aufgetreten waren 3.3.5 Organkomplikationen Zwei Patienten (5,7%) erlitten einen postoperativen Myokardinfarkt. Bei einem war in der Folge eine operative Revaskularisation notwendig, bei dem anderen Patienten entwickelte sich ein Perikarderguss, der operativ drainiert wurde. Bei einem Patient (2,9%) entwickelte sich im Rahmen eines Multiorganversagens auch eine akute respiratorische Insuffizienz, der Patient verstarb. Ein akutes Nierenversagen trat in vier Fällen (11,4%) auf. Davon erholte sich die Nierenfunktion bei zwei Patienten, so dass die Dialyse beendet werden konnte. Die beiden anderen Patienten verstarben an zerebralen Komplikationen. 3.3.6 Minderperfusion des linken Armes Bei allen Patienten musste, um eine Ausschaltung der Aortenpathologie zu erreichen, die linke A. subclavia vom Stent überdeckt werden. Die Revaskularisierung der LSA erfolgte bei 15 Patienten (42,9%). In der Gruppe, die keine Revaskularisation erhielt, entwickelte sich bei zwei Patienten (5,7% vom Gesamtkollektiv) eine symptomatische Minderperfusion des linken Armes, bei einem weiteren Patienten (2,9%) konnte ein Subclavian Steal Syndrom diagnostiziert werden (Abb.16). Bei den Patienten, bei denen eine Reinsertion der LSA durchgeführt worden war, trat keine Minderperfusion des linken Armes auf.