www.bagejsa.de Anschluss verpasst oder abgehängt!? Der demografische Wandel Chance für benachteiligte Jugendliche? Herausforderung für die Jugendsozialarbeit!
Herausgeberin: Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit (BAG EJSA) Wagenburgstraße 26 28 70184 Stuttgart November 2012 Gefördert durch 2
Der demografische Wandel stellt Gesetzgeber, Kommunen, Wohlfahrtseinrichtungen und Wirtschaft vor neue Aufgaben. Auch die Jugendsozialarbeit ist davon betroffen. Aber wie? Bietet der demografische Wandel Chancen für junge Menschen? Was muss getan werden, damit benachteiligte junge Menschen bessere Zukunftschancen erhalten? 1.300.000 1.100.000 900.000 64-Jährige Welche Herausforderungen stellen sich für die Fachkräfte in der Jugendsozialarbeit? 700.000 Und was kann die Politik tun, um hilfreiche Impulse zu geben und die notwendigen Rahmenbedingungen für ein gelingendes Aufwachsen und die soziale und berufliche Integration von jungen Menschen zu schaffen? 500.000 16-Jährige 1991 1996 2001 2006 2011 2016 2021 2026 2031 2036 2041 2046 2051 2056 Quelle: Statistisches Bundesamt 3
Die BAG EJSA als Fachverband will sich dafür einsetzen, dass für diese jungen Menschen wirkliche Chancen entstehen können. Sie will die verantwortlichen EntscheidungsträgerInnen in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft für die Auswirkungen des demografischen Wandels auf benachteiligte junge Menschen sensibilisieren. Dazu sucht sie den Dialog. die Jugendsozialarbeit konzeptionell weiterentwickeln. Dazu berät und unterstützt sie die Einrichtungen der Jugendsozialarbeit, damit sie notwendige Maßnahmen in Angriff nehmen können, um die Anforderungen, die sich aus dem demografischen Wandel ergeben, erfolgreich zu bewältigen. Die BAG EJSA ist der bundesweite Zusammenschluss Evangelischer Jugendsozialarbeit in Diakonie und Evangelischer Jugendarbeit. Sie fördert junge Menschen im Alter von 12 bis 27 Jahren insbesondere beim Übergang Schule Beruf. Ziel ist, junge Menschen, die eine besondere Unterstützung und Begleitung benötigen, an ein selbstbestimmtes und selbstständiges Leben heranzuführen. 4
Der demografische Wandel kann benachteiligten jungen Menschen nur echte Zukunftschancen eröffnen, wenn sie adäquat gefördert werden. Konzepte und Ressourcen für eine ganzheitliche und an dem jeweiligen Bedarf der jungen Menschen anknüpfende Förderung sind gefragt, denn die Aufgabe der beruflichen Integration von jungen benachteiligten Menschen erledigt sich nicht allein durch die aktuelle demografische Entwicklung. bringt für benachteiligte junge Menschen auch Risiken mit sich. Durch den Fachkräftemangel auf dem Arbeitsmarkt kann der demografische Wandel die Chancen für eine berufliche Integration für benachteiligte Jugendliche erhöhen. Es besteht jedoch auch das Risiko, dass sie abgehängt werden, wenn bisher bestehende Förderangebote wegfallen. birgt die Gefahr, dass durch wegbrechende Jugendhilfe-Angebote benachteiligte junge Menschen anfällig werden für Angebote mit rassistischem oder ideologisch fragwürdigem Hintergrund. Um dieser Gefahr zu begegnen, setzen wir uns für Offenheit und gegenseitige Akzeptanz gegenüber Menschen, die aus anderen Kulturkreisen nach Deutschland einwandern, ein. 5
Von wem sprechen wir? Uns geht es besonders um junge Menschen, die eine besondere Unterstützung benötigen. Das sind z. B. SchulabbrecherInnen, junge Menschen mit psychischen Erkrankungen, mit Schulden, in schwieriger familiärer Situation, mit Konflikten im sozialen Umfeld und in prekären bzw. ungesicherten Wohnverhältnissen. Es sind junge Menschen, die umfassende Hilfen benötigen, um eine selbstständige Lebensführung zu erreichen und sich gesellschaftlich zu integrieren. Oft sind es auch junge Menschen mit Migrationshintergrund und solche, die professionelle Unterstützung beim Übergang von der Schule in die Arbeitswelt brauchen. Um wie viele junge Menschen geht es? Der Personenkreis mit dem größten Förderbedarf umfasste im Jahr 2010 laut einer Studie des Paritätischen Gesamtverbandes* insgesamt 537.000 Jugendliche und junge Erwachsene davon rund 156.000 mit Leistungsansprüchen aus der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) und 147.000 mit Leistungsansprüchen aus dem Gesetz zur Arbeitsförderung (SGB III). Berechnungen ergaben, dass sich die Gesamtzahl bis zum Jahr 2013 noch um mehr als 110.000 junge Menschen erhöht und dann voraussichtlich bis zum Jahr 2020 auf insgesamt rund 430.000 zurückgehen wird. * ism, 2010: Ökonomische Analyse zum Positionspapier Ausgrenzungsprozessen entgegentreten Neujustierung von Hilfen für Jugendliche und junge Erwachsene 6
Zu viele junge Menschen ohne Ausbildung und Berufsabschluss! Die durch den demografischen Wandel gesunkene Zahl der BewerberInnen für Ausbildungsplätze hat nicht dazu geführt, dass junge Menschen mit niedrigem Bildungsabschluss leichter den Weg auf den Ausbildungsmarkt finden. Das stellt der Deutsche Gewerkschaftsbund in seiner zum Ausbildungsjahresbeginn 2012 veröffentlichten Expertise Generation abgehängt Was verbirgt sich hinter den mehr als 2,2 Millionen jungen Menschen ohne Berufsabschluss? fest. Eine Generation abgehängt kann sich unsere Gesellschaft nicht leisten. FürsprecherInnen für junge Menschen! Nicht allein die quantitative Bevölkerungsentwicklung und die Situation auf dem Ausbildungsstellen- und Arbeitsmarkt gibt Aufschluss darüber, was für die soziale und berufliche Integration von jungen Menschen getan werden muss. Auch soziale Zusammenhänge und die Verteilung von Armut und Reichtum sind von großer Bedeutung. Daher brauchen junge Menschen gerade im demografischen Wandel FürsprecherInnen, die ihre Situation kennen und sich für ihre Belange einsetzen. 7
Herausforderung für die Jugendsozialarbeit! Im demografischen Wandel sieht die BAG EJSA Herausforderungen für die Jugendsozialarbeit hauptsächlich in vier Bereichen: Öffentlichkeit schaffen AkteurInnen in der Jugendsozialarbeit müssen auf allen Ebenen stärker Profil zeigen, sich in den sozialpolitischen Diskurs einbringen und auf die Situation und die Belange der jungen Menschen aufmerksam machen. Ein besonderer Handlungsbedarf besteht hier bei jungen Menschen, die bisher von keiner Förderung erreicht werden konnten und bei jungen MigrantInnen mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus. Junge Menschen zum Einmischen und Mitwirken ermutigen Verstärkt müssen Möglichkeiten geschaffen werden, benachteiligten Jugendlichen direkte Teilhabe zu ermöglichen, indem sie zum Beispiel gegenüber politischen Entscheidungsträgern unmittelbar selbst zu Wort kommen können. Grundlagen dafür sind Selbstvertrauen und Eigeninitiative. Beides kann in den Förderangeboten der Jugendsozialarbeit gestärkt werden. Dabei liegt die Verantwortung für die Partizipation von Jugendlichen nicht in der Verantwortung einzelner Personen, sondern ist Teil der Corporate Identity der Organisation. 8
Pädagogische Konzepte weiterentwickeln Zu jungen Menschen, die bisher nicht erreicht wurden, müssen andere Zugänge gefunden werden. Bisher bestehende pädagogische Konzepte müssen insbesondere in Bezug auf ihre Zielsetzung überdacht und weiterentwickelt werden. Diese Aufgabe bekommt vor dem Hintergrund des demografischen Wandels eine besondere Dringlichkeit. Qualifizierte Fachkräfte gewinnen und halten Durch die demografische Entwicklung und die aktuellen Rahmenbedingungen bei der Durchführung der Förderangebote wird es zunehmend schwerer, geeignete Fachkräfte zu finden. Von zentraler Bedeutung ist jedoch ein fachlich hoch qualifiziertes Personal. Einrichtungen können einiges dafür tun, um als attraktive Arbeitgeber neues Personal zu gewinnen und erfahrene Fachkräfte langfristig zu halten. Statt kurzfristigen Finanzierungen von Projekten ist aber eine kontinuierliche und verlässliche Absicherung von Regelangeboten in der Jugendsozialarbeit mit angemessenen Rahmenbedingungen notwendig. Nur so entsteht Qualität und Nachhaltigkeit. Und dazu ist die Politik gefragt. 9
Wir unterstützen den Aufbau einer eigenständigen Jugendpolitik und die weitere Entwicklung der umfassenden Allianz für die Jugend. Lebenslagen, Interessen und Bedürfnisse von benachteiligten jungen Menschen müssen darin berücksichtigt und strukturell verankert werden. Wir suchen das Gespräch mit Ihnen zum fachlichen Austausch, zur gemeinsamen Beratung, für die Entwicklung nachhaltiger Strategien, für Kooperationen und gemeinsame Aktionen. Es geht uns dabei darum, dass die Jugendarbeitslosigkeit nicht aus dem Blick gerät, dass die Förderung junger Menschen nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Verwertbarkeit auf dem Arbeitsmarkt gesehen wird und es geht uns um die Solidarität zwischen den Generationen. Das ausführliche Impulspapier der BAG EJSA zu diesem Thema finden Sie unter www.bagejsa.de/publikationen-und-down loads/ downloads/positionierung Zukunftschancen für benachteiligte Jugendliche? Sie können nur entstehen, wenn die Basis stimmt. Hierzu gehören grundlegende Voraussetzungen wie förderliche familiäre Beziehungen, eine umfassende Grundbildung, materielle Absicherung, ein förderliches und förderndes soziales Umfeld, Gesundheit und die Aussicht auf positive Entwicklungen und Perspektiven. Für diese Basis sind wir alle verantwortlich Politik, Wirtschaft, alle gesellschaftlichen AkteurInnen und die Jugendsozialarbeit! 10
Den Zug nicht verpassen und die Türen öffnen! er Entstehung von unversorgten Räumen vorbeugen: ein ineinandergreifendes und mehrdimensionales Fördersystem mit Angeboten der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit in einer Region fördern ntwicklung von flexiblen Ausbildungskonzepten für Jugendliche in Zusammenarbeit von Wirtschaftsverbänden, Kammern, Betrieben und Expertinnen und Experten der Jugendsozialarbeit itarbeiterinnen und Mitarbeiter in Betrieben für veränderte Aufgaben qualifizieren rganisationen und Unternehmen zum Abbau diskriminierender Strukturen im Bereich beruflicher Ausbildung, Erwerbsarbeit und Karriereförderung ermutigen rößerer Einsatz von passiven Leistungen der Grundsicherung in aktiven Maßnahmen (Passiv-Aktiv-Transfer) egionale Beratungsstrukturen für junge Menschen ausbauen usbau von Sprachförderung für junge Menschen mit mangelnden Deutschkenntnissen örderung von partizipativen Handlungsansätzen, die es jungen Menschen ermöglichen, selbst ihre Belange zu äußern und sich in politische Entscheidungsprozesse einzubringen nterkulturelle Öffnung der Schulen und Bildungseinrichtungen ntwicklung von Strukturen, die demokratische Handlungskompetenzen fördern, damit Lücken durch wegfallende Angebote nicht von Initiativen mit ideologisch fragwürdigem Hintergrund geschlossen werden Zentrale Anforderungen an Politik und Wirtschaft aus Sicht der BAG EJSA 11
Bild S. 8: istockphoto/claude Dagenais Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit (BAG EJSA) Büro Stuttgart Wagenburgstraße 26 28 70184 Stuttgart Tel: 07 11 / 1 64 89-0 Fax: 07 11 / 1 64 89-21 E-Mail: mail@bagejsa.de Büro Berlin Auguststraße 80 10117 Berlin Tel: 0 30 / 2 83 95-4 14 Fax: 0 30 / 2 83 95-4 18 E-Mail: mail@bagejsa.de Büro Bonn Kennedyallee 105 107 5 31 75 Bonn Tel: 02 28 / 9 59 68-0 Fax: 02 28 / 9 59 68-30 E-Mail: mail@bagejsa.de