Einsatzhärten, Nitrieren oder Randschichthärten?



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Transkript:

Oberflächenhärtung: Einsatzhärten, Nitrieren oder Randschichthärten? Eine Auswahlhilfe für den praktischen Anwender HÄRTEREI REESE BOCHUM GmbH Oberscheidstraße 25 44807 Bochum Tel.: +49 (0) 23 4 90 36-0 Fax: +49 (0) 23 4 90 36-96 E-Mail: bochum@haerterei.com Dipl-.Ing. Gerhard Reese Einleitung Das Gebrauchsverhalten von Bauteilen wird maßgeblich durch das Verhalten der Bauteiloberfläche bestimmt. Oberflächenbeanspruchungen können mechanischer, thermischer, chemischer und tribologischer Natur sein. Der erhöhten Oberflächenbeanspruchung kann durch eine geeignete Oberflächenhärtung Rechnung getragen werden. Die wichtigsten Oberflächenhärtungsverfahren sind das Einsatzhärten, das Nitrieren und das Randschichthärten. Das Randschichthärten ist ein rein thermisches Härteverfahren; dabei wird nicht das gesamte Volumen zum Härten auf Temperaturen von 800-1000 C erwärmt, sondern nur derjenige Teil, der hart werden soll. Das Einsatzhärten und das Nitrieren gehören zu den thermischchemischen Verfahren. Kohlenstoff bzw. Stickstoff wird per Diffusion in die Metalloberfläche eingelagert. Beim Einsatzhärten führt der eingelagerte Kohlenstoff in der Oberfläche zu einer höheren Härteannahme bei der späteren Härtung. Beim Nitrieren bilden sich harte Metallnitride in der Oberfläche. Diese bewirken die Nitrierhärtung. Der Vorteil des Nitrierverfahrens liegt in den relativ geringen Anwendungstemperaturen von in der Regel 450-580 C; dies gewährleistet äußerst geringen Verzug und damit wenig Nacharbeit. Der Vorteil des Einsatzhärtens liegt in den höheren wirtschaftlich erreichbaren Härtetiefen. Nachteilig sind die höheren Behandlungstemperaturen von ca. 930 C. Der folgende Beitrag beschreibt die Verfahren und gibt jeweils geeignete Einsatzbereiche an. Vorüberlegungen Wegen der großen Anzahl der zur Verfügung stehenden Wärmebehandlungsverfahren, die alle ihre bestimmten Vor- und Nachteile haben, ist es wichtig, schon in der Konstruktionsphase Vorentscheidungen zu treffen: Wie soll die Fertigung ablaufen? Wo ist welcher Verzug (Maßänderung) zu berücksichtigen? Welche Belastungen treten auf (z.b. Schläge, Korrosion, Temperaturen, Abrasion)? Welcher Kostenrahmen ist für die Wärmebehandlung veranschlagt? Hier ist die Zusammenarbeit mit erfahrenen Werkstoff- und Härtefachleuten unbedingt erforderlich - in theoretischer und in praktischer Hinsicht. Der Konstrukteur kennt die Belastungen und der Werkstoff- und Härtefachmann die Verfahren und deren Anwendungen. Gemeinsam können beide die jeweils entscheidenden Parameter festlegen - unter anderem: Welches Material soll verwendet werden? Wo sollen die Härteausläufe liegen (Stichwort Kerbwirkung)? Wie tief soll gehärtet werden und welches Verfahren ist dafür am günstigsten? Wie kann man durch Kombination von Wärmebehandlungen zusätzliche Vorteile erreichen (z.b. Nitrieren und anschließend Randschichthärten)? Welche Vorbehandlungen sind in welchem Bearbeitungsstand erforderlich? 1

Die Verfahren - Erwägungen zur Auswahl Werkstücke vor dem Gasnitrieren, grüne und graue Bereiche mit Nitrierschutz Das Nitrieren ist aufgrund der niedrigen Prozeßtemperaturen von 450-580 C das geeignete Diffusionsverfahren, wenn es um geringen Verzug geht. Die durch die Einlagerung von Stickstoff veränderte Gitterstruktur des Stahles vermindert zusätzlich noch die Gefahr der Adhäsion, die zum Fressen von Gleit- und Wälzpaarungen führt. Das Nitrieren bietet somit gewisse Notlaufeigenschaften. Größter Nachteil ist aber die geringe erreichbare Härtetiefe: Die üblichen Nitriertiefen liegen zwischen 0,1 bis 0,9 mm. Außerdem lassen sich Härte und Zähigkeit nicht durch Anlassen steuern. Neben dem Stickstoff können beim Nitrierprozeß noch weitere Elemente in die Stahloberfläche eindiffundiert werden. Bei Kohlenstoff wird das dann Nitrocarburieren genannt. Ein anschließendes Oxidieren steigert den Verschleiß- und Korrosionswiederstand. Das klassische Gasnitrieren ist am weitesten verbreitet, weil es am preisgünstigsten ist. Hier werden in wirtschaftlich vertretbaren Behandlungszeiten von bis zu 160 h Nitriertiefen von 0,5 bis etwas über 1 mm erreicht. Nachteilig ist die weniger gute Steuerbarkeit des Schichtaufbaus und daß mit diesem Nitrierverfahren keine hochlegierten Materialien nitriert werden können. Beim technisch aufwendigeren Plasmanitrieren lassen sich an einem großen Spektrum von Werkstoffen genau definierte Schichten erzeugen, so daß dieses Verfahren besonders im Getriebebau Vorteile bringt und wo hochlegierte Stähle mit speziellen Nitrierschichten versehen werden sollen. Ein weiteres Verfahren ist das Gas-Nitrocarburieren. Bei diesem Verfahren werden sehr dünne, jedoch gut gleitende sowie relativ rost- und säurebeständige Schichten erzeugt. Vorteilhaft ist außerdem, daß man fast beliebig Bereiche vor dem Nitrieren isolieren kann, so daß sie nachher mechanisch weiterbearbeitet werden können. Als Werkstoffe kommen für das Nitrieren vorzugsweise legierte Vergütungsstähle sowie Nitrier- und Einsatzstähle zum Einsatz. Das Randschichthärten bietet sich immer dort an, wo nur bestimmte Stellen - oft an großen Bauteilen - hart werden müssen und das Werkstück im Übrigen nicht verändert werden soll, z.b. Zahnräder, Walzenmäntel, Kurvenscheiben, Ziehkurven und sonstige Bauteile. Die Erwärmung zur martensitischen Umwandlung findet nur an den Stellen des Werkstückes statt, die gehärtet werden sollen. Die partielle Erwärmung kann induktiv (Mittel- oder Hochfrequenz9 oder mit der Flamme erfolgen. Nieschenverfahren sind das partielle Oberflächenhärten mit der Elektronenstrah- oder Lasertechnologie. Bei der Erwärmung mit der Flamme sind selbst ausgefallene Anwendungen realisierbar. Zu relativ geringen Kosten lassen sich oft erhebliche Vorteile erzielen. Für das Induktionshärtung eines Zahnrads aus 42CrMo4 Randschichthärten sind grundsätzlich alle Stähle mit ausreichendem Kohlenstoffgehalt (ab 0,3% C) geeignet. Die Tragfähigkeit von induktionsgehärteten Zahnrädern wird zwar 20-30 % unter derjenigen einsatzgehärteter Zahnräder angenommen. Die Versuche zur Ermittlung 2

der Faktoren wurden jedoch seinerzeit unter Laborbedingungen an kleineren Zahnrädern mit kleineren Modulen durchgeführt. Dabei wurde nicht berücksichtigt, daß beim Einsatzhärten, je größer die Getriebebauteile werden, in der Praxis ein Härte- und Härtetiefenabfall zum Zahngrund hin eintritt. Dieser Härteabfall führt unserer Erkenntnis nach dazu, daß bei einsatzgehärteten Zahnrädern die Zahnfußtragfähigkeit unter das Niveau der Zahnfußtragfähigkeit bei induktionsgehärteten Rädern sinken kann. Ganz besonders ausgeprägt ist dieser Härteabfall bei niedrig legierten Einsatzstählen, wie z.b. 16MnCr5. Ziel eines aktuellen Forschungsprojektes bei der Härterei Reese ist es, durch Anwendung eines weiterentwickelten Induktionshärtever-fahrens und neu entwickelter Stähle wie des Ovatec 677, Werkstücke Induktionshärteanlage neuster Technologie durch Randschichthärtung zu schaffen, die einsatzgehärteten Werkstücken gleichwertig sind. Vergleich der Biegewechslfestig-keit (Einzelzahnprüfung) und der Lebensdauer an Zahnrädern eines herkömmlichen Einsatzstahls und des Ovatec 677 (aus Ovako Tecnical Report 3/2002) Durch die Kombination des Gasnitrierens mit dem Randschichthärten lassen sich die Vorteile beider Verfahren teilweise kombinieren. Wenn man z.b. eine nitrierte Kolbenstange aus 42CrMo4 anschließend noch induktiv randschichthärtet, erhält man eine Außenhärte von 56-60 HRC und eine Härtetiefe von ca. 3-5 mm, welche die Nitrierschicht am Einbrechen hindert. Gleichzeitig erzielt man hervorragende Notlauf- und Gleiteigenschaften. Dabei muß a- 3

ber sichergestellt sein, daß die Nacharbeit nicht zu groß ist, sonst wird der härteste Teil der Nitrierschicht wieder weggenommen. Deshalb muß die Kolbenstange nach der Behandlung noch genau gerichtet werden. Oder aber man konstruiert bereits unter Berücksichtigung von Verzug. Das Einsatzhärten ist das in der Technik am meisten angewendete Verfahren zur Steigerung des Verschleißwiderstandes einer Stahloberfläche. Es ist heute im Getriebebau dasjenige Härteverfahren, das zum sicheren Steigern der Tragfähigkeit von Zahnrädern führt und die höchste Belastbarkeit ergibt, vor allem bezüglich der Wälzfestigkeit. Die Druckeigenspannungen, die in der Oberfläche einsatzgehärteter Bauteile entstehen, bewirken darüber Geschweißtes Zahnrad vor der Einsatzhärtung, rote Bereiche vor dem Aufkohlen geschützt hinaus eine wesentliche Steigerung der Biegewechselfestigkeit und der Dauerfestigkeit. Auch beim Einsatzhärten lassen sich fast beliebig Stellen vor der Aufkohlung und damit vor späterer Härtung schützen, so daß eine mechanische Bearbeitung zwischen Aufkohlung und Härtung in der Regel nicht erforderlich ist. Beim Einsatzhärten läßt sich die Härtetiefe, der Kohlenstoffgehalt und die Oberflächenhärte in einem weiten Bereich genau steuern. Die gesamte Technik erfordert einen hohen Erfahrungsschatz, so daß dieses Härteverfahren nur in entsprechend hoch qualifizierten Härtereie durchgeführt werden sollte. Für die Einsatzhärtung werden in der Regel ausschließlich Einsatzstähle verwendet. Die legierten Einsatzstähle weisen beim Einsatzhärten die stärksten Maßänderungen auf. Andererseits müssen große Getriebeteile aus hochlegierten Einsatzstählen gefertigt werden, um eine genügende Einhärtung zu erreichen. Für eine kostengünstige Fertigung wird gefordert, diese großen Getriebeteile mit möglichst geringer Schleifzugabe zum Einsatzhärten zu fertigen. Als Lösung bieten sich Stähle an mit niedrigen C-Gehalten, aber im übrigen der Werkstückgröße entsprechenden hohen Legierungsgehalten. Bei Großgetriebeteilen muß speziell das querschnittsbedingte Umwandlungsverhalten in der Randschicht beachtet werden. Die Zähne kühlen beim Abschrecken im Zahngrundbereich wesentlich langsamer ab als am Zahnkopf und auf den Zahnflanken, so daß dort in der Regel ein Randhärte- und damit einhergehend ein Einsatzhärtetiefenabfall auftritt. Der Härteabfall unterhalb des Teilkreises ist am gehärteten Werkstück nur ungenau zerstörungsfrei nachzuprüfen. Einsatzhärtecharge 820 C unmittelbar vor dem Eintauchen in ein Ölbad Hier bewegt man sich außerhalb der Norm und ohne eine exakte Abstimmung aller an der Lösung Beteiligten sollte die Herstellung kritischer Teile nicht in Angriff genommen werden. Die Vergleichbarkeit der Verfahren hinsichtlich der Austauschbarkeit untereinander ist nicht ganz unproblematisch, da die Härtetiefen für die Verfahren in der DIN 50190 unterschiedlich definiert sind und daher nicht vergleichbar. Die Grenzhärte für die Nitrierhärtetiefe Nht wird gemäß DIN 50190 Teil 3 definiert mit 50 HV über der Kernhärte. Die Grenzhärte für die Einsatzhärtungstiefe Eht wird gemäß Teil l dieser Norm in der Regel mit 550 HV definiert und die Grenzhärte für das Randschichthärten wird 4

gemäß Teil 2 der Norm wiederum anders definiert; nämlich mit 80% der Mindestoberflächenhärte. Wenn man also z.b. das Einsatzhärten aus Verzugsgründen durch das Nitrieren ersetzen will, dann darf man nicht einfach die gleiche Nht wie die bisherige Eht wählen. Die Härtetiefe wäre dann viel zu gering und bei Zahnrädern, insbesondere bei Hochbelasteten, würde dies mit großer Wahrscheinlichkeit zu Ausfällen führen. Beim Randschichthärten muß der starke Härteabfall und die weiche Anlasszone unterhalb der Härteschicht berücksichtigt werden. Eine vergleichbarere Definition der Härtetiefen ist hier gefordert. In Zweifelsfallen sollte der Konstrukteur unbedingt Rücksprache mit der Härterei nehmen, um eventuelle Ausfälle oder Funktionsbeeinträchtigungen auszuschließen. Auch die Kernfestigkeit muß bei der Anwendung des jeweiligen Verfahrens berücksichtigt werden. Um diese sicher unter Kontrolle zu haben, ist eine ordnungsgemäße Vergütung des zu nitrierenden Materials unerläßlich. Sehr bedenklich ist z.b. ein Vergüten aus der Schmiedehitze oder ein Festigkeitsglühen, auch wenn die Festigkeitswerte stimmen. Nach dem Nitrierprozeß sind die werte dann oft nicht mehr korrekt. Beim Randschichthärten ist ebenfalls auf eine ordnungsgemäße Vorbehandlung des Materials zu achten, denn wenn der Kern keine ausreichende Zähigkeit und Festigkeit hat, ist nach dem Randschichthärten nichts mehr zu ändern. Beim Einsatzhärten wird die Kernfestigkeit erst bei der Härtung des fertig aufgekohlten Teils erreicht. Die Kernfestigkeit richtet sich nach dem gewählten Werkstoff und der Werkstückgeometrie. Bei Großteilen muß darüber hinaus auch noch das querschnittsbedingte Umwandlungsverhalten mit Härteabfällen im Rand- und Kernbereich beachtet werden. Obwohl der endgültige Gefügezustand erst bei der Einsatzhärtung erreicht wird ist aber gerade hier eine ordnungsgemäße Vorbehandlung erforderlich; und zwar hauptsächlich aus Gründen des Härteverzugs, womit wir bei einem Dauerthema angelangt sind: Jede Wärmebehandlung führt zu Maßänderungen - was ist zu tun? Dem Praktiker ist bekannt, daß jede Wärmebehandlung zum Verzug, also zu unerwünschten Maßänderungen, führt. Die Aufgabe der Härtereifachleute ist es, diesen so gering wie möglich zu halten. Aufgabe der Fertigungsplanung und der Konstruktion ist es hingegen, den Verzug immer in Betracht zu ziehen und sich darauf einzustellen. Hier haben sich für sämtliche Wärmebehandlungen grundsätzliche Vorgehensweisen bewährt. Es beginnt bei der Stahlauswahl. Wenn der Stahl ungleichmäßig verschmiedet wurde, wenn er mit Seigerungen gegossen wurde, ungleichmäßig abgekühlt oder erwärmt oder unsymmetrisch abgearbeitet wurde, dann führt dies zu unberechenbaren Folgeproblemen. Bei der Stahlauswahl sollten also vom Anfang an klare Vorgaben an den Lieferanten gemacht werden bezüglich Vorbehandlung, Erschmelzung, Korngrößenverteilung und Seigerungen. Wenn z.b. "Korngröße ASTM 5-7" verlangt wird, dann ist es nicht zulässig, daß das einzelne Werkstück das gesamte zulässige Korngrößenspektrum aufweist. Das einzelne Werkstück darf entweder nur Korngröße 5 oder nur Korngröße 7 über den gesamten Querschnitt aufweisen. Hat aber z.b. ein Zahnrad auf der einen Seite Korngröße 6 und auf der anderen Korngröße 7, dann wird es später unrund oder konisch oder beides, ohne daß dieser latente Mangel im nachhinein unter Kontrolle zu bringen wäre. Das Material sollte bis auf wenig Aufmaß zur jeweiligen Wärmebehandlung (Nitrieren, Randschichthärten, Einsatzhärten oder was auch immer) fertigbearbeitet werden und dann, je nach den Anforderungen an die spätere Genauigkeit, vorbehandelt werden. Beim Nitrieren und beim Randschichthärten sollte hier das Vergüten stehen. Wenn das Material aber schon vorher einwandfrei vergütet von einem erstklassigen Lieferanten gekauft wurde, reicht u.u. 5

ein Spannungsarmglühen aus, um Restspannungen zu beseitigen und so die Verzugs- und Rißgefahr zu verringern. Das Spannungsarmglühen kann der Hersteller in der Regel selbst durchführen, wenn er einen einfachen Glühofen mit einer Temperatur von 550-600 C in die Fertigung integriert. Die Vergütung des vorbearbeiteten Werkstückes sollte jedoch besser in der Härterei erfolgen, die auch die weitere Wärmebehandlung durchführt. Denn hier ist nicht nur besonderes Know-how erforderlich, hier beginnt auch die Anlagentechnik aufwendig zu werden und es sind zunehmende Umweltauflagen zu beachten. Beim Einsatzhärten sollte die eigentliche Vorbehandlung stets erst nach der Vorbearbeitung durchgeführt werden und zwar ausschließlich mit dem Ziel, das Werkstück für die spätere Einsatzhärtung zu optimieren. Bei hohen Anforderungen an das Verzugsverhalten hat die Härterei Reese eine spezielle Sonderbehandlung zur Neuorientierung des Gefüges für die spätere Einsatzhärtung entwickelt. Durch diese Behandlung werden nicht nur die möglichen Maßänderungen beim späteren Einsatzhärten reduziert; durch das Vermessen der Werkstücke vor und nach der Sonderbehandlung und Auswertung der Ergebnisse läßt sich das Maßänderungsverhalten nach dem späteren Einsatzhärten bereits mit hoher Genauigkeit voraussagen. Zeiligkeit im Gefüge verursacht nach dem Einsatzhärten Ovalität, Planschlag und Konizität Eine gleichmäßige Korngröße ist Voraussetzung für geringen Verzug Beim Nitrieren ist aufgrund des geringen Verzuges die Nacharbeit die Ausnahme. Das Flächenwachstum beträgt je nach Nitriertiefe 10-25 µm. Dünnwandige Körper oder poröse Materialien wachsen jedoch insgesamt mehr, aber auch reproduzierbar (z.b. wenige mm dünne Leisten oder GGL- oder GGG- Guß oder Sintermaterial). Beim Randschichthärten muß, mit der letzten Wärmebehandlung vor der Fertigbearbeitung, das Material auf die endgültigen mechanischen Werte gebracht werden. Durch die Randschichthärtung werden nur die Partien besonders hart gemacht, bei denen das gewünscht wird. Die Kernfestigkeit muß aber zu diesem Zeitpunkt schon vorhanden sein. Beim Randschichthärten treten immer hohe Spannungen auf, die zu Verzug führen können. Das Material wird erhitzt und dehnt sich dort um ca. 10 % aus. Gleichzeitig wird es plastisch verformbar. Bei der Abkühlung zieht es sich jedoch wieder zusammen, so daß in den erwärmten Zonen jetzt Zugspannungen herrschen. Während der Abkühlung erfolgt aber auch die martenaitische Umwandlung, die wieder zu einer Volumenzunahme um 4 % führt. Alle diese Vorgänge führen zum Verzug -insbesondere wenn unsymmetrisch gehärtet werden soll. Einseitiges Härten von Leisten führt z.b. zum Flitzebogen-Effekt. Je massiver die Werkstücke, desto geringer fällt der Verzug beim Randschichthärten aus. In vielen Fällen kann der wärmebehandlungsbedingte Verzug durch Richten beseitigt werden. In anderen Fällen wird gezielt symmetrisch gehärtet, um so den Verzug in Grenzen zu halten. 6