Außergewöhnliche biologische Gefahrenlagen: Erkennen Bewerten Handeln Dr. Christian Herzog, Dr. Julia Sasse



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Transkript:

Außergewöhnliche biologische Gefahrenlagen: Erkennen Bewerten Handeln Dr. Christian Herzog, Dr. Julia Sasse Informationsstelle des Bundes für Biologische Gefahren und Spezielle Pathogene () 13. NRW-Dialog zum Infektionsschutz Dortmund, 02.04.2014

Bioterroristische Bedrohungslage Ereignis Ort 1 Verlauf Ausbruch Panik?? (un-)absichtliche Freisetzung Ort 2 Ungewöhnliche Erreger / Krankheitsbilder / Krankheitsverläufe Teilweise nur eingeschränkte Prophylaxe-/Therapiemöglichkeiten Außergewöhnliche Belastung Gesundheits- und Sicherheitsbehörden Besonders herausfordernde Krisenkommunikation ZBS

(Beispiele) Erkennen Seltene Krankheitsfälle gemeldet bekommen Zeitnahe Identifizierung des biologischen Agens Bewerten Feststellen der Ernsthaftigkeit von Bedrohungslagen Bewerten des Gesundheitsrisikos für die Bevölkerung Handeln Veranlassen von seuchenhygienischer Maßnahmen Feststellen des kontaminierten Gebietes

Erkennen Seltene Krankheitsfälle gemeldet bekommen Bacillus anthracis: Anthrax Yersinia pestis: Pest Variola-major-Virus: Pocken CDC PHIL ID 2047 CDC PHIL ID 2033 CDC PHIL ID 4068 CDC PHIL ID 3265 CDC PHIL ID 5146 CDC PHIL ID 12165 Ebola-Virus: Virales hämorrhagisches Fieber Botulinum-Neurotoxin- Vergiftung Rizin-Vergiftungen CDC PHIL ID 4068 CDC PHIL ID 6136 CDC PHIL ID 14896 RKI -

Erkennen Seltene Krankheitsfälle gemeldet bekommen Internet: www.abig.rki.de Bereitstellen von Fachinformationen zu hochpathogenen und bioterroristisch relevanten Agenzien für Ärzte und ÖGD RKI -

Erkennen Zeitnahe Identifizierung des biologischen Agens (klinische Proben und Umweltproben) Verdacht Probengewinnung Probentransport Weiterführende Analytik Aufbereitung der Proben Primäre Labordiagnostik (Kommune, Land) Rücksprache Transport Speziallabor (z.b. RKI)

Erkennen Zeitnahe Identifizierung des biologischen Agens (klinische Proben und Umweltproben) Hochpathogene und bioterroristisch relevante Agenzien Viren: humanpathogene Pockenviren, VHF-Viren (z.b. Lassa- Viren, CCHFV, Gelbfieber-Viren), neu auftretende Krankheitserreger (z.b. Coronaviren) Bakterien: Bacillus anthracis, Francisella tularensis, Yersinia pestis, Coxiella burnetti, Toxine: Rizin, Clostridium boltulinum-toxine, Staphylolokokken Enterotoxin B aus S. aureus

Erkennen Zeitnahe Identifizierung des biologischen Agens Internet: www.rki.de

Bewerten Feststellen der Ernsthaftigkeit von Bedrohungslagen X Wikipedia US-FBI public domain Verdächtige Briefsendungen Vermeintliche Terrorlabore Bundesregierung / Foto: Bergmann, Guido Besondere Staatsbesuche RKI Holland, Laue Ungewöhnliche Krankheitsausbrüche

Bewerten Feststellen der Ernsthaftigkeit von Bedrohungslagen (Beispiele) Verdachtsmomente Sicherheitsbehörden - Liegt erhöhte Gefährdungslage für bioterroristische Anschläge vor? - Konkreter Hinweis auf mögl. Anschlag (Täterspuren, erfasste Kommunikation, Bekennerschreiben)? - Bezug zu sicherheitsgefährdeten Personen / Veranstaltungen / kritischen Infrastrukturen? - Hinweise auf absichtliche Ausbringung von Agenzien (Geräte, Beobachtungen)? Verdachtsmomente ÖGD - Vielzahl unerklärlicher Erkrankungsfälle? - Vielzahl von Patienten mit ähnlichen Symptomen? - Abweichungen vom typischen Krankheitsverlauf? - Ungewöhnlicher geographischer oder saisonaler Auftritt? - Ungewöhnlicher Verlauf des Ausbruchs?

Bewerten Bewerten Gesundheitsrisiko Bevölkerung Auswahl Faktoren zur Lagebewertung durch den ÖGD Kenntnis der Quelle, des Erregers, Übertragungsweges, betroffenen Areals Anzahl Erkrankter, Krankheitsverdächtiger, Ansteckungsverdächtiger Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden Weitere Risikofaktoren? Wirksamkeit div. Schutz- und Gegenmaßnahmen? Stimmung & Reaktion der Bevölkerung Regelmäßige Evaluation und Neubewertung der Lage unter hohem Zeitdruck!

Handeln Veranlassen seuchenhygienischer Maßnahmen gemeinsame Einsatzleitung Vmtl. Freisetzung biolog. Agenzien Polizei hanzl Fotolia.com Feuerwehr RKI Fotolabor GA Spezialeinheit Unbeteiligte Kontaminierte Täter? RKI

Handeln Veranlassen seuchenhygienischer Maßnahmen Ständiger Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren (STAKOB) Beratung zum klinischen und seuchenhygienischen Management hochkontagiöser lebenbedrohlicher Erkrankungen

Fallbeispiele Ebola-Ausbruch in Guinea

Fallbeispiele Ebola-Ausbruch in Guinea (Auszug RKI-Information) Umgang mit Krankheitsverdächtigen/Erkrankten Krankheitsverdächtige werden hinsichtlich des seuchenhygienischen Managements wie Erkrankte behandelt. Strikte Isolierung in einer Sonderisolierstation in Behandlungszentren für hochkontagiöse, lebenbedrohliche Erkrankungen. Wenn das Krankheitsbild eine sofortige Behandlung erfordert, darf die Einweisung des Patienten in ein Krankenhaus der Regelversorgung unter den Bedingungen eines "barrier nursings" (provisorischer Isolierbereich) im Einzelzimmer nicht verzögert werden. Eine schnellstmögliche Verlegung in ein Behandlungszentrum bei Transportfähigkeit ist anzustreben. Isolation und Beobachtung müssen bis zur Bestätigung/Ausschluss der Diagnose durchgeführt werden. Maßnahmen können aufgehoben werden, sobald der Patient fieberfrei und eine Virenausscheidung nicht feststellbar ist.

Herzlichen Dank.