Strafrecht I Allgemeiner Teil 1. Tatbestandslehre Prof. Dr. D. Klesczewski

Ähnliche Dokumente
Strafrecht II Allgemeiner Teil 2. Einführung; Wiederholung Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht I Allgemeiner Teil 1. Einwilligung; mutmaßliche Einwilligung; Rechtswidrigkeit Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht I Allgemeiner Teil 1. Objektive Zurechnung Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht I Allgemeiner Teil 1. Bestimmtheitsgrundsatz Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht I Allgemeiner Teil 1. Schuld Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht II Allgemeiner Teil 2. Versuch und Rücktritt Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht V Besonderer Teil 3. Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte; Vollrausch Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht II Allgemeiner Teil 2. Fahrlässigkeit, Teil 1 Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht V Besonderer Teil 3. Straßenverkehrsdelikte, Teil 2 Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht V Besonderer Teil 3. Urkundsdelikte, Teil 3 Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht I Allgemeiner Teil 1. Vorsatz, Teil 2 Prof. Dr. D. Klesczewski

Ordnungswidrigkeiten Materielles Recht. Das Gesetzlichkeitsprinzip im OWiG Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht V. Straftaten gegen Kollektivrechtsgüter Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht IV: Vermögensdelikte. Diebstahl, Teil 3. Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht I Allgemeiner Teil 1. Unzumutbarkeit ( 33, 35 StGB) Prof. Dr. D. Klesczewski

Europäisches Strafrecht

2 - Kausalität und objektive Zurechnung

Strafrecht II Allgemeiner Teil 2. Fahrlässigkeit; Unterlassen Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht II Allgemeiner Teil 2. Konkurrenzen Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht II Allgemeiner Teil 2. Unterlassen, Teil 2 Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht V Besonderer Teil 3. Aussagedelikte, Teil 1 Prof. Dr. D. Klesczewski

Fall 4. Indem R dem J mit dem Baseballschläger hart auf den Kopf schlug, könnte sie sich wegen Totschlags gemäß 212 Abs.1 StGB strafbar gemacht haben.

Täter irrt über. Erlaubnistatbest.-irrtum Irrtum über tatsächliche Voraussetzungen eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes, str.

BGH, Beschluss vom 18. November 1969, BGHSt 23, 156 Schläfrigkeit

Einführung 1. Der dreistufige Deliktsaufbau 10. A. Einleitung und Grundlagen 10 B. Der T atbestand 10 C. Die Rechtswidrigkeit 11 D.

LEO- Probeexamen. Strafrechtsklausur. Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht II Allgemeiner Teil 2. Teilnahme Prof. Dr. D. Klesczewski

5 IX: Beteiligung an einer Schlägerei ( 231)

Deliktsaufbau 242 I StGB. 1. Tatbestand. TB obj: ! fremde, bewegliche Sache. ! Wegnahme. TB subj:

Juristisches Repetitorium hemmer

Examensklausurenkurs. Lösungshinweise Strafrecht, 9. Klausur vom

September Beteiligung. II. Subjektiver Tatbestand - Vorsatz, der sich nicht auf den Erfolg (2.) beziehen muss! III. Rechtswidrigkeit IV.

AG Strafrecht - Modul S II Sommersemester 2016

Examensrepetitorium Strafrecht AT. Der subjektive Tatbestand - Irrtümer

Lösungsskizze Fall 3

Einführung in das Strafrecht

Strafrecht V. Aussagedelikte, Strafvereitelung. Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht IV Vermögensdelikte. Hehlerei Teil 2 Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht II Allgemeiner Teil 2. Klausurvorbereitung Prof. Dr. D. Klesczewski

Erster Aufbau der mittelbaren Täterschaft nach 25 I 2.Var StGB

Examensrepetitorium Strafrecht AT Der subjektive Tatbestand - Irrtümer

Strafrecht IV Vermögensdelikte. Betrugs- und untreueähnliche Delikte Teil 2 Prof. Dr. D. Klesczewski

Einführung in das Strafrecht

Fälle zur Kausalität und objektiven Zurechnung inkl. Lösungen

AG im Strafrecht Modul S1 (2/8) - Michael Jahn - Wintersemester 2014/2015

Prof. Dr. Thomas Rüfner Materialien im Internet:

Strafrecht IV. Aussagedelikte. Prof. Dr. D. Klesczewski

Crashkurs Strafrecht Wintersemester 2018/19

Rechtsfolgen der Tat. Einführung Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht V. 145d, 113 StGB. Prof. Dr. D. Klesczewski

Strafrecht IV. Betrugs- u. untreueähnliche Delikte. Prof. Dr. D. Klesczewski

... jeder Fahrlässigkeitstat =

AG im Strafrecht II. Birte Brodkorb Johannes Koranyi Dr. Tobias Singelnstein. Holland. Lehrstuhl Prof. Dr. Hoffmann-Holland.

Begehungsdelikt Teil 1 (TB)

Konversatorium Strafrecht Allgemeiner Teil I

Lösungsskizze Fall 3

Strafrecht IV. Betrug, Teil 2. Prof. Dr. D. Klesczewski

Hauck - Strafrecht AT (Die Straftat) 12/1

Inhalt. Definitionen für die Strafrechtsklausur. 1. Lektion: Die Straftat, allgemeine Grundlagen Lektion: Einteilung der Delikte...

Strafrecht IV Vermögensdelikte. Straftaten gegen das Vermögen als Ganzes; Betrug Prof. Dr. D. Klesczewski

3. Teil Tatbestand. A. Überblick. Hinweis. Hinweis

Lösungsvorschlag zu Fall 3

jeder Fahrlässigkeitstat =

Teil I: Strafbarkeit von Boris, Marius und Charly nach dem StGB

Einführung in das Strafrecht

Basiswissen Strafrecht Allgemeiner Teil

Europäisches Strafrecht

225: Misshandlung von Schutzbefohlenen

Das vorsätzliche unechte Unterlassungs- und Erfolgsdelikt

Lösungsvorschläge und Materialien für die Fälle 1 und 2

I. Versuchter schwerer Raub, 249 I, 250 II Nr. 1, 22, 23 I StGB

Konversatorium Strafrecht III Nichtvermögensdelikte

Kausalitätsfrage Verbindung zwischen Handlung und Erfolg

Strafrecht Kausalität und objektive Zurechnung

Strafrecht IV Vermögensdelikte. Diebstahl, Teil 3 Prof. Dr. D. Klesczewski

Kausalitätsfrage Verbindung zwischen Handlung und Erfolg

Einführung in das Strafrecht (AT) 12/1

Voraussetzungen für einen Anspruch aus 823 I BGB 4. Rechtswidrigkeit

Konversatorium Strafrecht III Nichtvermögensdelikte

Strafrecht II Allgemeiner Teil 2. Vorbereitung auf die Wiederholungsklausur Prof. Dr. D. Klesczewski

Würzburger Woche an der April Dipl. Jur. Christopher Jones, Europajurist (Universität Würzburg)

1 Ebenso könnte an eine Strafbarkeit wegen Mordes gedacht werden. Im Rahmen der dann anzusprechenden

Das vorsätzliche unechte Unterlassungsdelikt

besteht aus. a) Vorsatz. und

Examensklausurenkurs Klausur v

2. Ergebnis A hat sich durch den Schuss auf X nicht wegen Totschlags nach 212 I StGB strafbar gemacht.

Die 34 wichtigsten Fälle zum Strafrecht AT

1.Teil Einführung 1 l. A. Überblick 6 2

Konversatorium zum Grundkurs Strafrecht I

Strafrecht V Besonderer Teil 3. Urkundsdelikte, Teil 2 Prof. Dr. D. Klesczewski

Der rechtlich relevante Kausalzusammenhang im Strafrecht im Vergleich mit dem Zivilrecht

Lösung. A. Strafbarkeit des B. I. 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB. 1. Objektiver Tatbestand. a) Unfall im Straßenverkehr (+)

Kapitel II: Tatbestand Fall 1: Der spätere Tod

A vergiftet B mit 1/2 Dosis Gift (Handlung 1). B stirbt am Gift (Erfolg).

Übung für Fortgeschrittene im Strafrecht

Transkript:

Strafrecht I Allgemeiner Teil 1 Tatbestandslehre Prof. Dr. D. Klesczewski

Materialien https://strafrecht.jura.uni-leipzig.de/ Strafrecht I AT 1 Hinweise Zum Vertiefen: Klesczewski, AT, 3. Aufl., Rn. 77-93, 111-118 Nächste Woche keine Vorlesung wegen Reformationstag Zur Vorbereitung auf die AG: Klesczewski, AT, 3. Aufl., Rn. 155-176 24.10.2017 Tatbestandslehre - Prof. Dr. Klesczewski 2

Wiederholung Höchstwert = Menschenwürde ( Rechtsfähigkeit) Straftat = eigenmächtiger Angriff auf fremde Rechtsfähigkeit Bestimmtheitsgrundsatz Verbot unbestimmter Gesetze Analogieverbot Verbot von strafbegründendem Gewohnheitsrecht Rückwirkungsverbot 24.10.2017 Tatbestandslehre - Prof. Dr. Klesczewski 3

Deliktsaufbau I. Tatbestand II. Rechtswidrigkeit III. Schuld IV. Sonstige Strafbarkeitsbedingungen 24.10.2017 Tatbestandslehre - Prof. Dr. Klesczewski 4

Deliktsaufbau I. Tatbestand II. Rechtswidrigkeit III. Schuld IV. Sonstige Strafbarkeitsbedingungen 24.10.2017 Tatbestandslehre - Prof. Dr. Klesczewski 5

( System -) Tatbestand Garantietatbestand Fehlen v. Rechtfertigungsgründen Fehlen v. Entschuldigungsgründen 24.10.2017 Tatbestandslehre - Prof. Dr. Klesczewski 6

Tatbestand des Vorsatzdeliktes I. Tatbestand (Tb) A. Obj. Tb. B. Subj. Tb.: Vorsatz 24.10.2017 Tatbestandslehre - Prof. Dr. Klesczewski 7

Tatbestand des Vorsatzdeliktes I. Tatbestand (Tb) A. Obj. Tb. (1. Tatsubjekt) 2. Erfolg 3. Handlung 4. Kausalität 5. Obj. Zurechnung B. Subj. Tb.: Vorsatz 24.10.2017 Tatbestandslehre - Prof. Dr. Klesczewski 8

Tatbestand des Vorsatzdeliktes I. Tatbestand (Tb) A. Obj. Tb. 1. Tatsubjekt: z. B. 348 I: Amtsträger 2. Erfolg 3. Handlung 4. Kausalität 5. Obj. Zurechnung B. Subj. Tb.: Vorsatz 24.10.2017 Tatbestandslehre - Prof. Dr. Klesczewski 9

Tatbestand des Vorsatzdeliktes I. Tatbestand (Tb) A. Obj. Tb. (1. Tatsubjekt) 2. Erfolg 3. Handlung 4. Kausalität 5. Obj. Zurechnung B. Subj. Tb.: Vorsatz 24.10.2017 Tatbestandslehre - Prof. Dr. Klesczewski 10

Tatbestand des Vorsatzdeliktes I. Tatbestand (Tb) A. Obj. Tb. (1. Tatsubjekt) 2. Erfolg a) Verletzung des Tatobjekts (z. B. Gesundheitsbeschädigung, 223 I StGB) b) Kein Einverständnis (z. B. 123 I StGB) oder keine Einwilligung des Verletzten (-> 28. 11. 17) 24.10.2017 Erfolg - Prof. Dr. Klesczewski 11

Tatbestand des Vorsatzdeliktes I. Tatbestand (Tb) A. Obj. Tb. (1. Tatsubjekt) 2. Erfolg 3. Handlung 4. Kausalität 5. Obj. Zurechnung B. Subj. Tb.: Vorsatz 24.10.2017 Handlung - Prof. Dr. Klesczewski 12

Handlung (i. S. d. obj. Tb) Die A fuhr mit ihrem PKW bei offenem Seitenfenster auf eine leichte Kurve zu als eine Fliege in das Wageninnere gelangte. Während A die Kurve durchfuhr, flog das Insekt in ihr Auge. Dies wahrnehmend, sah sich A zu einer ruckartigen Abwehrbewegung des rechten Armes veranlasst, die sich auf das Steuer übertrug und so den PKW Richtung auf die andere Fahrbahnseite fahren ließ. Es kam zu einem Zusammenstoß mit einem entgegenkommenden PKW, dessen Fahrer F infolge des Unfalls verstarb (OLG Hamm, NJW 1975, S. 657). 24.10.2017 Handlung - Prof. Dr. Klesczewski 13

Handlung (i. S. d. obj. Tb) Jedes menschliche Verhalten, es sei denn Physische Gewalt Reflexe Bewusstlosigkeit 24.10.2017 Handlung - Prof. Dr. Klesczewski 14

Tatbestand des Vorsatzdeliktes I. Tatbestand (Tb) A. Obj. Tb. (1. Tatsubjekt) 2. Erfolg 3. Handlung 4. Kausalität 24.10.2017 Kausalität - Prof. Dr. Klesczewski 15

Äquivalenztheorie Positive Formel: Jede gesetzmäßige Bedingung des Erfolgseintritts. Negative Formel: Jede Bedingung, die nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Kenntnis des Naturgesetzes nötig Fall 4.5 24.10.2017 Kausalität - Prof. Dr. Klesczewski 16

Kumulative Kausalität Überholende Kausalität Kausalität Alternative Kausalität 1 Alternative Kausalität 2 24.10.2017 Kausalität - Prof. Dr. Klesczewski 17

Kumulative Kausalität Zwei notwendige Bedingungen wirken zusammen. Fall 4.1 Kausalität des Handelns von A und B 24.10.2017 Kausalität - Prof. Dr. Klesczewski 18

Überholende Kausalität Zwei ex ante betrachtet hinreichende Bedingungen wirken auf den Erfolg hin. Fall 4.2 Die eine wirkt schneller als die andere: überholender Kausalvorgang. Handeln von B ist ursächlich. Die andere wird von der ersten verdrängt: überholter Kausalvorgang. Handeln von A ist nicht ursächlich. 24.10.2017 Kausalität - Prof. Dr. Klesczewski 19

Alternative Kausalität 1: Doppelkausalität Zwei ex ante betrachtet hinreichende Bedingungen bewirken den Erfolg Fall 4.3 Ex post sind sie zu notwendigen Bedingungen reduziert: Sonderfall der kumulativen Kausalität Sowohl das Handeln von A als auch das von B ist ursächlich. 24.10.2017 Kausalität - Prof. Dr. Klesczewski 20

Alternative Kausalität 2 Zwei ex ante betrachtet hinreichende Bedingungen werden gesetzt. Fall 4.4 Es ist nicht geklärt, ob eine von beiden allein gewirkt hat, und wenn ja, welche. Es ist nicht geklärt, ob beide zusammen gewirkt haben. Keine Kausalität feststellbar, nicht bei A und nicht bei B! NK-StGB/Puppe, Vor 13 Rn. 80 ff. 24.10.2017 Kausalität - Prof. Dr. Klesczewski 21